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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0641

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Heidelbergcr Wochcnblattcr.

X«. 158. Dinstag, den 13. August 1839-




Erei gnisse.

Karlsruhe, 29. Juli. Diskussion dcs Kom-
missionöderichtö des Abgeordneten Aschbach über
dic Monon deö Abgeordneken v. Rotteck auf Wie-
derberstcllung einigen Nechtözustandeö in Sachen
der Presie; alö Nachtrag zu unserem Berichte übcr
die ü5. offenkiiche Sitzung der H. Kammcr. (Forls.)

Abg. Bekk fahrr fort: Waö unter diese Ka-
tegorie gehört, oder waö nach unsern Landeö-
gesetzen als Dergehen zu betrachten ist, alö:
Znjurie, Hochverratl), Auffordcrung zum Aufruhr,
zur Wtdersetzlichkeit:c-, daö sind Dergehen, welche
von den Landeögesctzen mit Strafe bedroht sind,
und Druckschrifren, welche derartige Vergehen ent-
halten, sollen nichc gcdruckt werden, und eben so
nach H. ü deö Bundeöpreßgcsetzes dicjenigen nichr,
weiche die Würde der deutschen Bundeöftaatcn an-
greifcn rc. Wenn die Censur weirer geht, so han-
delr sie willkührlich und dcr bestehenden Gesetzge-
bung zuwider. Alle Klagen, die wir aber gchört
haben gegen die Censur, beziehen sich nicht von
fernc auf derlei Dinge, die nach diesen gcsetzlichen
Bestimmungen nichk gedruckr werden können, nicht
von ferne auf Sckriften, welche solche Prcßverge-
hen enil)iclten. Größrentheilö nur Mißfälligkeiten
wareu der Fnhair der gcstrichcnen Aufsätze, und
mirunter erfolgte der Srrich nur auö Dummheit.
Der Censor ift in Aengstlichkeit, ob er nicht einen
Verweis bekomme, und deßhalb streicht cr auch un-
gebührlich. Würde der Censor nur das ftreichen,
zu desien Streichung er durch daö Gcsetz angewiesen
ist, so wären wohl gar keine großen Klagen je
entstandcn, denn wenn wirklich ctwaö Strafbareö
zum Druck gegeben wird, so wird jeder dem Censor
Nechr geben, doß er daffelbe gcstrichcn har. Wenn also
eine Einrichtung möglich wärc, welche vcrhütcte,
daß wirklich nichts Anderes, als waö daö Gesetz
gestrichen wisien will, gestrichen werde, so wäre
eine Beschwerde gegen die Censur nicht vorhanden,
oder wenigstenö nicht in einem bedeutenden Maaße.
Die Hauptsache ift also wohl hier die Fürsorgc,
daß nichlö gestrichen wird, waö nack dem Gesetze
nicht gcstrichen werden soll. Zn dieser Veziehung
l)at nun der Herr Prasident des Ministeriumö des
Innern auch Andeurungcngemachr, abernichtnähcr
angegcben, worin die Ctnrichtung, die cr beabsich-
rigt, bestehen soll. Der Hauptfel)ler scheint darin
zu liegen, daß der Censor nichr nnabhängig censirr,
wndern in sterer Angst seyn muß, gerügt zu wer>

den, wenn cr nach der Ansicht Andercr zu viel pas-
sircn läßt. Cö licgen, wic gezcigt, bcstimmte Ge-
setze vor, waö zu streichen ist, und wenn dcr Cen-
sor auösprichr, daö darf nichr gedruckt werden,
so sudsumirr er den konlreren Fall unter eine all-
gemeine Strafgesctzbcstimmung, und er übt ein
Richteramt, eine richrerliche Gcwalt auö. Darauö
sollrc solgcn, daß der Censor nnabhangig seyn
müsie, daß er sür die Nichtigkeir sciner Anstcht nicht
vcrantwortlick sey, daß cr anch, wenn cr sich gc-
irrt hat, keinen Derweiö crhalren dürfe. Da, wo
auch der Richrer verantworrlich ist, wärc dicö na-
türlicherweise auch der Censvr, er wäre abcr cben
so, wie der Nichter, nic verantwortiich wegen bto-
ßer unrichliger Ai'sicht. Cö soll dem Censor in
diescr Beziehung kein Derweiö erlhcilt wcrden kön-
nen, wenn gleich die Nekuröbel)örde clwa eine an-
derc Ansichr har. Die Unabl)ängigkeit dcö Crnsorö
wärc cine Garantie, dic unö dem Aicle naher führte.
Dazu kommt, daß der Censor bci scinem Amte sick
seiner auch bewußt scyn muß. Er soll den Grund,
warun, er streicht, kennen, und zu diesern Behufe
daö Faktum unrer eine Bcstimmilng deö Strafge-
setzcö subsumiren und sich damit klar machen, od
Grund znm Strcichen gcsetzlich vorhandcn scy. Er
wird also angeben müssen, alö waö sür ein Ver-
brechen er kaö Gesirichenc ansieht, und daö wird
ihn in den meisten Fällen zu dem Iiichkigen süliren.
Vei näi)crer Erwägung, welches Vergrhen vorliege,
wird er ost kein solchcs finden, und cö wird ihm
an allen Anlialtöpunkten fehlen, nm nur sagen zu
können, warum cr streichen wolle. Eö ist ja selbst
bei den gericbtlichen Crkennrniffen die Vcrfügung
des Entscheidungögrundeö erforderlich alö Garantie,
daß der>cnige, welcher Necht sprichr, anch gründ-
lich erforscht l'at und nichr blos in dcn Tag hinein
sein Urrheil wacht. Hier kann dcr Censor natür-
licherwcist keine eigenrlichcn Enrscheidungsgründe
machen, aber er soU doch das Dergel'en bezcichnen,
welcheö nach seinerAusicht den Skrich nöthig niacht.
SoU aber über diese Dinge eine Vcstimmung gege-
ben werden, zum Schutz gegen Mißbrauch der
Ccnsur, so glaube ich, daß dieselbe nur im Wege
der Gesetzgedung gegeben werdcn dürfe, einma!,
weil sie ihrer -Valur nach zum Kreise der Gesetzge-
bung geliörr, und fürö andcre, weil olme solche
nichlö bcstelit n,id nichtö abgeändert wcrden kann.
Daher ist schon in Beziehung aus diese Censur-
sache, abgeschen von dcn übrigen Mangeln deö
Preßgesetzeö, ejn Gesetz nöthig, und ich nniß wie-
 
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