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Heidelberger Wochenblätter (33) — 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.29903#0698

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692

wie er seine Sache anfangen sollte. Nachdem
Mörder und Hcnker sich eine Weile mit den ver-
schiedcnartiglten Gefühleu angesehen, packre der letz-
tere mic Zagen den Verurtheilren und wollte ihn
auf das Einschiebebrett schnallcn, ließ es aber aus
Ungeschicklichkeit und Schrecken fallen und stand
wieder bcwegungslos und mic schlorrernden Knieen
dem Misserhärer gegenübcr. „Nun", rief der
merkwürdig standhafce Vcrbrecher ungeduldig, „du
sollst mir den Kopf abschlagen, so eile, daß es vor-
über ist." „Jch weiß nichr wie rch es machen soll,"
antworteie der Scharfrichter mit erbärmlichem An-
gestchte. Todenstille herrschre immcrforr während
dieses gräßlichen Dialoges zwischen Henker und
Mörder. „ Srecke deinen Kopf da hinein," sagre
nach einiger Ueberlegung der Scharfrichrer, und
wies dem Delinquenren den Ausschnitt der Maschine.
Der Verurtheilce, der vor der Guillorine untcrdes-
sen, von unten durch zwei Leure mit Stricken ge-
halten, immer auf und abspazierte, betrachrcte sich
die Sache, sah aber ein, daß cs doch nichr so ge-
hen könne, und leistete dicser Einladung keine Folge.
„Nein," rief er — „nein! Soldaren, seid barm-
herzig, schießr mich lieber nieder, laßr mich nic^
langer die Qualen der Todesangst erleiden!" Der
Scharfrichcer verließ das Gerüst, indem er wieder-
holtc, er wiffe nichr mit der Maschine umzugehen.
Laurlose Srille herrschre rings, ein Schauder be-
mächrigtc sich jeden Zuschauers; der noch im Wa-
gen sitzende zweite Dclinquent sah sich immer um,
ob sein Gefährre noch nichr geendet. Der Umstand,
daß kein höherer Iustizbeamtcr, weder der Sraars-
prokurator noch sonst ein Bcvollmachrigrer zugegen
war, setzte die niedern Polizeibeamren in große
Verlegenheit, und es blieb keine andere Wahl,
als einen Kurier nach dem eine Srunde enrfernten
Arhen zu senden, um Sr. M- den Dorfall zu
melden und neue Lefehle einzuholen. Dcr Platz-

hauptmann sprengte ab, und einc erwartungsvolle
Pause von r V2 Ltunden ging an dem versammel-
ten Publikum vorüber, welchcs scinen gerechten
Unwillen über die schlcchtcn Dorkelnmngen der
Iustiz unverlwlcn laur werden ließ. Alle Köpfe,
narürlich auch die der Delinquenren; waren nach der
Straße nach Arhen gerichter, als man eine große
Staubwolke aufwirbeln sah, die sich immer nähcr
wälzte; man sah Lanzen und Säbe! blinken, end-
lich auch ein weißes Tuch unaufhörlich in den Lüf-
ten schwingen. Ein donnerndes Pardon erscholl
wie aus Einem Achem aus dcn Kehlen dcr Menge;
die Begnadigten küßten das Kreuz. »Es lcbe der
König!" waren ihre ersten Worre rn ihrem neu
geschenktcn Leben und das begeistertc Einstimmen
des Publikums gab den Chor zu diesem frommen
Texte. Zn einem Triumph ging es nach Arhen
zurück. Die Nachricht der Begnadigung rnußte sich
wie ein Lauffeuer in der Sradr verbreiret haben,
allc Straßen waren gedrangt voll und desNufens: - Eö
lebe der König^ war kein Ende. Die Weiber be-
kreuztcn sich, schlugen die Hände zusammen und
weinten, als sie die begnadigtcn Verbrecher an der
Seite ihrer Geistlichen im Wagenj aufrecht stehcnd
sahen, das Crucifix in der Hand, und nebst Gott
immer nur dem Konig laut dankend für ihre^glück-
lichr Errettung. Eine drei Stunden^lange Scene
so voll Schauer und wieder so voll Freude muß
man mit angesehen haben, um zu bcgreifcn, wic
schwer es ist, ein schwaches Bild davon erzählend
wieder zu gebcn. Bon der Milde des Königs licß
sich nichrs Anderes erwarren als die Bcgnadigung
dieser Verbrecher, welche zchnfache Todcsangst aus-
standen; man wünschr nur, daß dafür eine gerechte
Ahndung die Zustizbeamten treffe, die durch ihre
Schuld solch einen öffenrlichen Skandal bereireten,
der bei minder klugem Benehmen dcö Dolkes zu
argen Auftrircen hätte führen können.

Obrigkeitliche Bekanntmachungen.

Die von den hi'esigcn Bäckermeistern vom 1. biS 15. September l. I. vorschristsgemäß aufgestellten Brodpreise
sind folgende:

K u n d e rr b r 0 d.

Tafelbrod.

W e i ß b r 0 d.

_i

E>n ganies
ü 4

E>» halbes !
a 2 !

20Loth

L

lOLoth

Wasserbrvd
ü 4 kolh

Wcck

ü5Lvrh

Milchbrvd!
ü 3/, Lvih !

kr.

Pl.

kr.

Pf-

kr.

kr.

kr.

kr.

kr

13

2

6

3

4

2

1

1

1

mit LuSnahme des BLckermeisters Georg Reiffel, welcher das Kundenbrod all 4 Pfund zu 13 kc. und das Halb-
Aundenbrod ru 6^2 kr. abläßt.

Die Preise des Fleisches dei den hiesigen Metzgeru sür den Monat September l. I. sinb dieselben wie ;ene im
Monat August d. I. waren.

Heidelberg, den 30. August 1839. . ^ ^

^ Großherzogl. Oberamt.

D e u r e r.

vllr Steiaacker.
 
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