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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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Beilage zum Mannheimer Morgenblatt No. 156
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0634

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632

verwirklicht sind, da haben Ke sich bewährt, da sind sie die Freude, der Stolz des
Landes, so wie z. B. die Landwehr in Preußen, Öffentlichkeit, Mündlichkeit und
in allen Rheinlanden, die Trennung der Administration von der Justiz in Wür-
temberg. Der Geist unserer Nation fordert sie als altes Recht, als Tilgung gro-
ßer Schuld einer unheilvollen Vergangenheit. Dieser wiedererwachte Nationalgeist
wird nicht Nachlassen in seinen Forderungen, bis sie erfüllt sind und die Erfüllung
wird, wie der Kauf der spbilinischen Bücher, mit jedem Zögern theurer werde». Die-
ser Geist unserer aus langer Schmach sich wieder erhebenden großen Nation geht
gleich lenem königlichen Geiste in Hamlet — ein guter Minirer unter der
Oberstäche der wechselnden Tageserscheinungen seinen ernsten Gang. Er setzt seine
Mahnungen so lange fort, dis^ie Schuld getilgt, das heilige Recht des Vaterlan-
des hergestcllt ist. Seien die Söhne und Vertreter des Vaterlandes kräftiger in
dieser Herstellung, als jener Königssohn es war, so wird sie erfolgen ohne tra-
gischen Untergang!
Erlauben Sie mir den eenen Grundgedanken ineiner acht verschiedenen und
doch einheitlichen Anträgen mit den Worten eines der ruhmvollsten und edelsten
aller Staatsmänner, mit den Worten des frhrn. v. Stein Ihnen ans Herz zu
legen. Er spricht in seinem politischen Testamente von der Ursache des furchtbaren
preußischen Unglücks >806 und von den Mitteln neuer Herstellung und dauernder
Größe. Er sieht das Mittel in einem in allen Theilen der GeseUschaftsciurichtung
freien und öffentlichen Zusammenwirken des Volks und seiner Vertreter mit den mi-
litärischen und bürgerlichen Regierungsbeamten, die in diesem Zusammenwirken
unentbehrlich und wohlthätig find, die ohne dasselbe aber, der Natur der
Dinge und der Geschichte nach, zuletzt in Verderben und Kastengeist fallen und
dann als eine verdorbene, kastenmäßige Bedientenklaffe, zuerst servil, dann treulos
gegen den Herrn, stets das Volk unterdrücken und das Mark des Landes aussau-
gen. Die Worte jenes herrlichen Mannes aber sind: »Wir werden von besolde-
ten, buchgelehrten, interessen- und eigenthumlosen Büreaulisten re-
giert. Das geht, so lange es geht. Diese vier Worte enthalten den Geist unse-
rer und ähnlicher RegicrungSmaschinen. Besoldet, also Streben nach Erhaltung
und Vermehrung der Besoldeten und der Besoldungen; buchgelehrt, also lebend
in der Buchstabenwelt, und nicht in der wirklichen; intereisenlos, also alle Be-
wegungen des Eigenthums treffen sie nicht. Es regne oder scheine die Sonne, die
Abgaben steigen oder fallen, man zerstöre althergebrachte Rechte oder lasse sie be-
stehen — alles das kümmerte sie nicht. Sie erheben ihren Gehalt aus der Staats-
kasse und schreiben — schreiben im Stillen in ihren mit verschlossenen Thüre» ver-
sehene» Bureaus, unbekannt, ungerühmt, und ziehen ihre Kinder wieder zu gleich
brauchbaren Staatsmaschincn auf. — Eine Maschinerie, die militärische, sah ich
fallen 1806, den 14. Oktober. — Hoffentlich werden auch die Schreibmaschinen ihren
>4. Oktober haben. — Das ist das Gebrechen des theuern Vaterlandes: Beamten-
gewalt und Nichtigkeit seiner Bürger. — Wie über die Krankheit, so ist auch über
das Heilmittel für die Vaterlandsfreunde kein Zweifel; Oeffentlichkeit heißt es und
wahre (überall durchgehende) Verlrctungen.»
Geh. Referendar Eichrodt bemerkt, er wolle jetzt keine Verhandlungen über die
Motion verantassen; aber er müsse bemerken, daß das Bild, welches der Herr Mo-
tionssteller von den Zuständen des badischen Landes entworfen habe, Views enthalte
dem er durchaus seinen Widerspruch entgegensetzen müsse. — Daß derselbe sich eine
Abschweifung erlaubt habe, die eine Stimmung über die Landeszustände Hervorbrin-
gen würde, welche die Negierung in einem unverdient tadelnswerthen Licht erschei-
nen lasse.
Welcher entgegnet: Er habe mit Wissen auch nicht in dem kleinsten Zuge das
Bild der bad. Stände nachtheiligcr entworfen, als es in der Wirklichkeit sich dar-
stelle. Grundlose Widersprüche würden eben so wenig Wirksamkeit haben, als
grundlose Behauptuugeu. Die Meinung des Landes werde entscheiden.
v. Jtz stein unterstützt die hochwichtige Motion des Abg. Welcker und trägt
auf den Vorausdruck an. Seine sämmtlichen Anträge finde er so wichtig und be-
gründet, daß er auch nicht Einem die Unterstützung versagen möge. Uebrigens
werde cs die Geschäftsordnung nicht erlauben, dieselbe in einem gemeinsamen An-
träge an die erste Kammer zu bringen. Die Abthcilungen und die durch sic zu er-
wählenden Kommissionsmitglicder werden zu prüfen haben, welche verschiedenen An-
träge abgesondert, oder welche vielleicht in gemeinschaftlicher Verbindung zu be-
handeln seien. Der Antrag des Redners auf Verweisung der Motion in die Ab-
theilungcu und Borausdrück wurde vielseitig unterstützt und durch große Stimmen-
mehrheit beschlossen.

Hieraus fährt die Tagesordnung auf Begründung der Motion des Abgeordneten
Baffermann, eine Aenderun^ des Steuersystems zur gerechten Mittheilung der
Steuern betreffend. Der Hr. Antragsteller schlägt vorerst folgende Veränderungen

1) Man schaffe die Kanfaccise ab; die Erbschastsaccise mag vorerst fortbestehen.
21 Man ziehe von dem Grund-und Häuscrsteuer-Kapital den einzelnen Steuer-
pflichtige» die auf ihren Liegenschaften ruhenden Hypothekarschulden ab, so oas, diese
diegenschaftsvesiher nicht Summen versteuern müssen, die nicht ihr Eigenthiim sind.
Den durch diese Maßregeln der Gerechtigkeit entstehenden Ausfall decke man dadurch.

O fß/k Grund, und Häusersteuer der Gcwerbsteuer alcichstelle, wodurch sie vo»
19 auf W kr. vo», Hundert erhöht würde.
v Besitzet der auf den Liegenschaften vcrhhpothccirten Summen
Mit einer Steuer belege,
3) Daß bisher noch gar nicht bezogene , bewegliche Vermögen,
mit A snahme des landwirthsch»stiichcn Betriebskapitals und des MobilarvcrmögenS
einer mäßigeil Steuer unterwerfe, »nd endlich:
4) Daß man die NM zu nieder tarirten Waldungen nach ihrem wahren
Werthe zur Stcner bklZlehe.
Der Abg. Mathh unterstützt die Motion und auf seinen Antrag wird sie »ach
einigen Bemerkungen des Abg. Negcnauer, fast einstimmig in die Abtbeilungcn ver-
wiesen und der Druck beschlossen.

Carlsrnhe. Durch das am 3. Juni l. I. erfolgte Ableben deS
Schullehrers Karl Ludwig Waag ist die ev. Schulstellc zu Auenbeim
Schulbezirks Kork mit dem neuregulirten Gehall von 175 fl. nebst frei
er Wohnung und dem Schulgeld zu einem Gulden von jedem Schul-
kind in Erledigung gekommen; die Bewerb r um dieselbe haben sich
Vinnen 6 Wochen bei ihren Bezirksschulvisitature« zu melden.
Die freiherrliche von Schreckensteinische Präsentation des Hauvt-
lehrcrs Anton Gut zu Biethingen, Amts Blumenfeld, auf
den erledigten kalhol. Schul-, Meßner- und Organistendienst z» Billa-
fingen, Amts Ueberlingen, Hai die Staatsgeneymigung erhalten. Hier-
durch ist der kathol. Schul- Meßner- und Organistendienst zu Bietig
heim, Amts Blumenfeld, mit dem gesetzlich regulirten Dienfteinkommen
von ILO fl. jährlich nebst freier Wohnung und dem Schulgelde, welches
bei einer Zahl von etwa 86 Schulkindern auf 1 fl. 12 kr. jährlich ?ür
jedes Kind festgesetzt ist, erledigt worden. Die Eompetcme» um diesen
Schuldienst haben sich bei der freiherrlich Hornsteinischea Grunvherrschaf»,
als dem Patron, innerhalb 6 Wochen nach Vorschrift zu m-lden.
Der neuerrichtete kathol. Schul- und Meßnerdienst in Unterschwan-
dorf, Amts Stockach, mit dem gesetzlich regulirten Dienfteinkommen von
ILO fl. jährlich nebst freier Wohnung und dem Schulgeld, welches bei
einer Zahl von etwa 70 Schulkindern auf 1 fl. jährlich für jedes Kind
festgesetzt ist, wird mit dem Bemerken ausgeschrieben, daß sich oje Eom-
pelenteii durch ihre Bezirkschulvisitaturen bei der Bezirksschulvisitamr
Stockach innerhalb 6 Wochen zu melden haben.
Der erledigte kath. Schul- Meßner- und Organistendienst in Wies-
loch ist dem Hauptlehrer Damian Riegel zu Heidelsheim, Oberamis
Bruchsal übertragen worden.
Der erledigte kalh. Schuldienst in Heidelsheim, Oberamts Bruch-
sal, ist dem Haup-levrer Willigis Letzeiser in WieSloch Überträge u
worden.

LZ u n r e S
P Peele, der Sohn eines englischen Pachters in der Provinz Suf.
folk, hatte einen merkwürdigen Abscheu vor dem Gktde. Wo er dies
sah, oder klimpern Höne, entfernte er sich sogleich. Sein Vater hielt
dies Anfangs nur für Einbildung und steckte 'ihm zwei Mal Geld in
die Tasche. Doch als John Pcele dies zufällig ergriff, bekam er Zu-
ckungen, und so mußte jedes fernere Erperiment aufgegcven wer-
den. Diese Zuckungen sind doch besser, als solche, durch welche Leute
verlockt werden, wenn sie daö Geld Anderer in die Finger bekommen,
es in ihre Tasche zu stecken.

-j- Der Herzog von Bure leuch in London gab am 1L. Jum der
dortigen vornehmen Welt ein „Gabelfrühstück", zu welchem sich die er-
sten Gäste um 3V- Uhr Nachmittags einsanven, während die letzten
erst um 6^/: Uhr kamen. Gegen acht Uhr Abends war das „Frühstück"
zu Ende.
ss In dem Berichte eines Verwalters heißt es unter Anderin: „Der
Unterzeichnete glaubt der Meinung zu sein rc."

ssFanni Elßler hat, englischen Blattern zufolge, eine echte
Havanna-Cigarre zum Ge,che»ke erhalten. Diese haben ihr die
Damen daselbst verehrt, und ssls besteht aus einem in Form einer Ei-
garre gearbeiteten schwarzen stein, ver mit Brillanten dergestalt, be-
setzt ist, daß sein Werth ans 700 Pfund Sterlinge angeschlagen wird.
Diese Cigarre, an deren einem Ende ein prachtvoller Rubin gefaßt ist,
wahrscheinlich Vas feurige Glichen der Cigarre darstellend, war i» eine
e -glische Banknote gewickelt, aus 1000 Pid. Sterl. lautend. (Siehe
auch letzte Nummer ves Morgenblaites.)

-j- Im F..-Wochenblatt stand folgende Danksagung: „Dank,
unaussprechlicher Dank dem Herrn Doctor N. N., welcher mich und
meine Ehehälfte dem Unvermeidlichen Tode entrissen hat.
-tz Das Dampsschjss Columbia ist in zehn Tagen von Neupork
nach Liverpool Ende Juni gekommen find die damit eingelaufrmen
Briefe »id Zeitungen wurden in sechs Stunden auf der Eöeubahn von
Overpoo! nach London (230 engl. Meilen) befördert. Dies ist das
Höcpfle und Wunderbarste, was ver Dampf bis heute de
wirkt hat.
 
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