Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Morgenblatt — 1842

DOI Kapitel:
No. 174
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0706

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
702

fahrt Deutschlands erweise. Die Zeit schreite langsam und stätig vortwärts, und
die Ideen, welche de» Kenn des Lebens in sich tragen, werden von selbst aufgchen.
Der Redner verweist noch aus den Gang der Entwickelung des öffentlichen Lebens
in England und schließt sich dem Antrag des Abg. Schaaff an.
Sander. Der Hr. Abg. wird, um seinen Grundsätzen Raum zu verschaffen,
nichts Besseres thun können, als dem Antrag des Abg. Welckcr sich anzuschließen,
denn dieser gebt dahin, die Hindernisse aufzuheben, die man dem Gang der Zeit
in den Weg gestellt hat.
Platz. Ich stimme :em Antrag des Abg. Welcker nicht bei, aus dem Grun-
de, den der Abg Schaaff angeführt hat, indem ich nämlich nicht glaube, daß der
Abg. Welckcr, durch seine Reden uns diese Guter bringt, sondern wir eher in den
Besitz derselben kommen, wenn er schweigt.
(Fortsetzung folgt.)
Carlsruhe, 22. Juli. 24. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer. Präsi-
dent Bekk. — Regierungskommission: Staatsrath Zoll-, Ministerialrath Lamey.
Helbing überreicht eine Petition der Conkurrcnzgemeinden Bahlingen, Eich-
stettcn, Nimburg, Neuershausen und Notzingen mit Oberschaffhausen, die Vollen-
dung des Dreisamkanals betreffend.
Müller überreicht eine Eingabe des Handelsstandes von Rastadt, die Aufhe-
bung des Hausirhandels betreffend. Die Petition geht an die Kommission über die
Motion des Abg. Rettig.
v. Jtzstein legt eine Petition des Kirchcnvorstandes der katholischen Gemeinde
Heirsheim vor, die Abhaltung des sonntäglichen Gottesdienstes betrff.
Welcker überreicht mehrere Bitten der Wahlmänner des 4. Wahlbezirks:
1) den Entwurf des neuen Straßcngesetzes betreffend; 2) die Entschädigung der
Schwarzwälder für das Bahnen der Straßen im Winter; 3) eine Petition um
Herstellung der Preßfreiheit; 4) die Prüfung und Revision des Forstgeseäes, bezüg-
lich der Waldräumung. Endlich eine Eingabe vou 63 Bürgern von Bettmarinzen,
ihre Berechtigung in den Waldungen ihrer Gemarkung betreffend.
Der Präsident eröffnet die allgemeine Diskussion über das Budget des Ju-
stizministeriums.
Baum bringt Klagen über den schleppenden Civiljustizgang zur Sprache, wäh-
rend die Aemtcr so stark besetzt seien, daß die Geschäfte leicht aufgearbcitet werden
könnte». Wenn Justizsuchendc Beschwerden dagegen einreichen, so komme eine neue
viertellädrige 'Verzögerung hinzu; der Beschwerdeführer habe die Kosten zu tragen,
und der Beamte finde Mittel, ohne Nachtheil für ihn, die Verzögerung noch weit-
ter hinauszuschiebcn. Dies sei ein Uebelstand, auf dessen Beseitigung das Justizmi-
nisterium bedacht sein sollte.
Gerbcl hat sich die Aufgabe gesetzt, das schon oft Gesagte zu wiederholen,
um endlich einmal zum Ziel zu kommen. Seit 26 Jahren feien die Gebrechen der
Justiz hier besprochen worden, aber keine wesentlichen Verbcsiermigen erfolgt. In
Welckers Motion seien tenc Klagen ebenfalls hcrvorgehobcn und er, als Mitglied
der Kommission, habe er übernommen, diejenigen Pnnkte, deren Erledigung bereits
durch eine förmliche fürstliche Zusage verheißen sei, hier vorzubringen. Durch
landesherrliches Reftript vom 10. Juni I8ZI, welches der Redner verliest, sei dem
Justizministerium aufgetragen worden, Vorlagen zu machen über Trennung ter
Justiz von der Administration und eine Strafprozessordnung mit Oeffentlichkeit und
Mündlichkeit des Verfahrens. Dieses Rescript habe nicht die erwartete Wirkung
gehabt, indem die Hauptvorlagen unterblieben; 1835 wurde ein weiteres höchstes
Rescript vorgelegt, wonach mit einer neuen Gesetzordnung zugleich ein neues
Strafgesetz auf die Trennung der Justiz von der Administration vcrsproochcn wurde,
es wurden nun zwar Vorlagen gemacht, aber kein Resulsat erzielt; eine Civilpro-
zeßvrdnung dagegen trat ins Leben. Zu den Vorbereitungen für das Strafgesetz
wurden große Summen verwendet und cs sei zu bedauern, daß Baden, welches in
andern Zweigen der Staatsverwaltung voranschrcite, in der Justiz keine Fortschritte
machen wolle. Hätte man gewußt, daß mit Einführung der Civilprozeßordnung
die Sache stillstehen werde, so würden die Stände sie schwerlich genehmigt haben;
denn sie war berechnet auf Trennung der Justiz von der Aouiinistration. Jetzt aber
ist die Justiz in den Händen von Anfängern, waS viele Nachtheilc hat. Noch stär-
ker ist die Klage rn Beziehung ans Criminaljustlz, wo es noch viel gefährlicher ist,
wenn Anfänger über Leben und Ehre der Bürger bei verschlossenen Thüren Unter-
suchung Pflegen und der urtheilendc Richter den Angeklagten nicht zu sehen bekömmt.
Diese Gebrechen lassen sich nicht cpcr heilen, bis geschieht, was in dem höch-
sten Rescript geboten ist. Auf diesem Landtage werde sich freilich nicht viel bewir-
ken lassen, allein cs wäre doch gut, tröstliche Zusicherungen zu erhalten. Schwer
sei die Ausführung ohnehin nicht, da der Entwurf eines Strafprozesses mit Ocffent-
lichkcit und Mündlichkeit ausgearbcitet sei. Sollte aber das Strafgesetz ohne einen
solchen Strafprozeß wieder vorgebracht werden, so wäre besser cs zu unterlassen;
denn ohne jene Garantien werde es nicht angenommen werden. Er möchte gerne
den Grund erfahren, warum man jenen Entwurf znrückhalte; ob cs vielleicht darum
geschehe, weil man Oeffentlichkeit und Mündlichkeit als Concesstonen für die De-
mokratie betrachte? Zum Schluß sagt er, daß die allgemeine Meinung dem Justiz-
ministerium, hinsichtlich der Gesetzgebung, nicht günstig sei; aber auch in Beziehung
auf die Verwaltung sci dieselbe eine mißbilligende, wenn man bedenke, daß die
tüchtigsten Mitglieder der Gerichtshöfe durch die bekannten Versetzungen ihrem Wir-
kungskreise entzogen worden seien. Der Redner stellt nun den Antrag: Es möge
die Negierung den Vollzug der, die Gesetzcsvorlagc über Trennung der Justiz von
der Administration, insbcsondcre den Criminalprozeß mit Oeffentlichkeit, Mündlich-
keit und Anklageverfahren betreffenden höchsten landesherrlichen Rcscripten n'cht
länger verzögern.
Knapp unterstützt den Antrag, um so mehr, da es schon 1822 gestellt und
Versprochen wurde, demnächst die verlangten Einrichtungen in's Leben treten zu lassen.
Staatsrath Jollp. Der Abg. Gerbel habe anerkannt, daß von Seiten der
Justizverwaltung Manches geschehen sei; man habe eine Civilprozeßordnung, ein
Strafgesetz sei vorgelegt l .n, und cs sei zu wünschen, daß cs bei nochmaliger
Berathung von den Ko ' .n angenommen werden möchte. Der Abg. Gerbel habe
aufgezählt, was m- un übrig sei. Er habe die Ansicht, daß man allmählig
za Werke a-' ^ finde nicht zweckmäßig, wenn sich die neuen Gesetze zu
sehr hä»' pse Richter in Verlegenheit kommen, wenn sie z. B. ein

neues Gesetzbuch nach einer Frist von ein Paar Monaten in Anw.nduna zn brin-
gen haben. Der Redner erkennt an, daß Aendcrungcn zunächst bei der Strafpro-
zeßortriling nöthig seien. Er begreife aber noch nicht, warum sich die Kammer im
Jahre 1831 bei Vorlage des von dem Abg. Gerlel verlesenen Rescriptes, welches
ein Gesetzentwurf gewesen, nicht damit beschäftigt habe. Es werde immer rathsam
sein, das, was man auch für minder gut hält, anzunchmen, „m doch etwas zu
erhalten. — °
Was der Abg. Baum über Justizverzögerung gesagt, würde er beklagen wenn
es wirklich so wäre; die Hofgerichte sollen solche Beschwerden sogleich erledigen und
wenn es nicht geschehe, so möchte man einzelne Fälle zur Anzeige bringen. Der
Abg. Gerbei habe geglaubt, noch einen allgemeinen Tadel bezüglich auf die Vcr.
setzungcn von Gerichtspersonen aussprcchen zu müssen. Das Justizministerium habe
dies nicht insbesondere gethan; es sei eine Regierungsmaßregel, die nach dem Dic-
neredikt vorgenommen werden konnte, wodurch das Recht der Regierung hinreichend
begründet sei.
Gerbel glaubt, daß der Chef des Justizmiuisteriums ein Hauptwort zu sprc-
chen habe, wenn solche Anmuthungen an ihn geschehen; Er seinerseits würde lieber
von seinem Posten abgetreten sein, als daß er seine Einwilligung dazu gegeben bätte.
Sander findet die Bemerkung des Abg. Baum durch die Erwiederung des
Hrn. Redners der Regierung nicht widerlegt. Allerdings sollten Beschwerden über
Justizverzögcrungen möglichst bald erledigt werden, aber es gejchche oft nicht, und
es sei daher nicht überflüssig, die Gerichtshöfe darauf aufmerksam zu machen, daß
sie solche Geschäfte beschleunigen möchten. — Es besteht aber bei solchen Beschwer-
den noch der schlimme Grundsatz, daß der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen
hat; dies sci eine Art Verbot der Bcschwcrdeführung und in dieser Beziehung sei
«S billig, bei dem Sportelgesctz darauf Rücksicht zu nehmen und für die bezeichne-
ten Fälle Tar- und Sportelfreiheit zu verfüge». (Forts, flgt.)

CarlSruhe, 23. Juli. 25. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident
Bekk. Rcgierungskommiffion: Staatsrath Jollp, Ministerialrath Lamep. —
Welcker übergibt eine mit zahlreichen Unterschriften von Bürgern des vor-
maligen Amtes Löffingen versehene Petition um Wiederherstellung der Preßfreiheit.
Dem Abg. Löffler wird ein Urlaub von acht Tagen ertheilt
v. Jtzstei» bemerkt dem Herrn Präsidenten, daß die Wahlacten von Wein-
heim, welche Wahl am 14. stattsanv, nach der Erklärung des Herrn Präsidenten
des Ministeriums des Innern noch immer nicht hier cingctroffen seien. Man muffe
dies glauben; allein cs sci auffallend, daß die Akten noch nicht hier sc!» sollen, da
doch der Wahlkommiffär in Mannheim, also in der Nähe wohne; der Kammer müsse
daran gelegen sein, daß der Abgeordnete von Weinheim, der sich bereits hier bc-
finde, bald eintrete. Da der Herr Chef des Ministeriums des Innern heute nicht
anwesend fei, so ersuche er den Herrn Präsidenten, dafür zu sorgen, daß die Sache

beschleunigt werde.
Der Präsident crwiedprt, daß er sich deshalb mit dem Herrn Chef des Mi-
nisteriums des Innern benehmen werde.
Welcker fügt bei, er sei erstaunt, daß die Vorlage der Wahlakten wiederholt
so sehr verzögert werde.
Der Präsident eröffnet die Diskussion des von dem Abg. Trefurt erstatteten
Berichtes über den Aufwand des Großherzoglichen Justizministeriums, worüber bei
dem aufgelöten Landtag-dcr Abg. Weller berichtet und die Kammer am l. Februar
verhandelt hatte.
§ 1. Einnahmen und Lasten der Strafanstalten, bleiben unverändert.
§. 2. Eigentlicher Staatsanfwand. Titel 1. Ministerium. Wie früher, so wird
auch jetzt auf die Bewilligung der Besoldungen, Gehalte und Bureankosten mit
22,940 fl., angetragcn. Desgleichen Tit. II. Oberhofgericht, 53,890 fl-i Tit. Hl-
Hofgerlchte, l42,3lä fl.; eine Mehrforderung von 1000fl. für Besoldungen war in
dem Bericht des Abg. Weller schon dadurch begründet, daß von 46 Coilcgialmitgttedcrn
18 weniger als das Minimum des Normaletats hatten und eS ungerecht wäre, ge-
rade dicienigcn Staatsdicner, an welche die höchsten Anforderungen in Beziehung
ans Bildung gemacht werden, hinter den übrigen zurückstehen zu" taffen. Tit. IV.
Rechtspolizeiverwaltung, 290,744 fl. Tit. V. Zucht- u. Corrcktionsanstaltcn, 103,155
ft. für 1842 und 102,244 fl. für 1843. - Tit. VI. Verschiedene und außerordent.
liche Ausgabe» 2000 fl.
In dem nachträglichen Budget werden zu Tit. IN. Hofgerlchte, noch weitere
700 fl. für das erste und 2800 fl. für das zweite Budgetfahr für die Anstellung
eines Direktors am Hofgerlchte zu Constanz gefordert. Die vorige Kammer hatte
die Forderung nicht genehmigt und die Budgetkommission stellt den gleichen An-
trag, mit Ausnahme des Berichterstatters, welcher die Mrdcrung für begrünedct
erachtet. Für die Anstellung eines Direktors werden die Vermehrte Geschäfte bei
dem Konstanzcr Hofgcricht angeführt, welche auch durch den hohen Ertrag der Taren
und Sporteln nachgewiesen werden. Dagegen wird cingewendet, daß dieser Ertrag
auf irrigen Ansätzen oder sonst auf einem Jrrthum beruhen muffe; die Vermehrung
der Geschäfte könne nur vorübergehend lein, da die Seelenzahl viel geringer als
in den übrigen Kreisen ist, da in Konstanz nur 8 Advokaten sind, wahrend z. B.
in Rastadt 24 leben, und da Z. B. ln Mannheim ein Kollegialmitglied eben so
viele Geschäfte zu besorgen habe, wie vermale» eines in Konstanz.
Unter Tit. V. "Zucht- upd Korrektionsanstalten« werden nachträglich 163 fl.
für das erste und 325 fl- kur das zweite Jahr gefordert, um einen neuen Aufseher
für die Strafanstalt in Bruchsal anstcllen zu können. Die Kommission trägt am
Genehmigung an.
Der Gesammtantrag geht dahin für 1842: für 1843:
Die Bcteäge des ordentlichen Budgets mit. . 614,274 fl- 614,663 fl.
Den frühern Nachtrag mit. 8v« " 500 „
Den neuesten Nachtrag mit.^..^63 „ 325 „
zusammen 615,237 ff. 614,488 fl.
zu bewilligen, ,
Welcker fragt bei der Position über Zucht- und Korrcktionsanstalten, ob wirk-,
lich das neue Strafhaus in Bruchsal nach dem der Kammer vvrgclegtrn Plane und
in der Art ausgeführt werde, daß dort das pensplvanrsche Beffernngssystcm durch-
geführt werden könne. Schon in früheren Verhandlungen und in seinem Bericht
 
Annotationen