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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 292
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1189

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1179

ohnmächtig nieder. So wurde er drei Tage hintereinander gepeitscht,
«der der Knabe gestand nicdtö. Bild daraus kam mein Freund T.
von der R.ise zn-ück, und es ergab sich, daß er das ve m ßre Hals,
band mit zur Stadt genommen harte, um eine nöidige Ausb fferung
daran vornehm?» zu lassen. Seine Frau erzählte ihm unter Thräuen
der Reue, was g scheh n war, und mein Freund beeilte sich, den
Malaien nebst den Knaben ruen zu lassen, um ihnen zu erklären, daß
ihre Unschuld -rwiesen sei. Auch schenkte er dem Knaben einen schönen
europäischen Anzug, den derselbe n ie Freuden annahm. D r Vater
aber zerriß das G 'chenk, und behauptete, nichts könne d.e Schmach ab-
wascken, die ihm angethan worden sei. T. wurde darüber höchst ent-
rüstet und würde den Malaien haben züchtigen lassen, wenn seine Frau
sich nicht dringend für denselben verwendet hält. Ei.-e Woche später
erhielt mftn Freund einen Brief aus Madras, der ihm mcld.le, daß
seine Scbwcst r da angekommen sei, die ihn anfforderle, sie abzuholeu.
Ich beschloß, ihn zu begleit?,?. Bei unserer Rückkehr wunderten wir
uns nicht wenig, 4. (engl.) M. von Ts. Hau»'e alle seine Diener zu
finden, die auf ihn warteten. Sie versicherten, von ihrer G?bietenn
den Befehl e,halten zu haben, ihm entgegen zu geben. T. wollte d.es
nicht glauben, uns fragte, ob seine Frau selbst diesen Befehl ertheilt
habe, worauf er d.nn erfuhr, daß de selbe von dem Malaien, der al-
lein zurück gl blieben, überbi acht worden sei. Mein Freund schien nichts
Gutes zu ahnen. Wir reiseten schnell weiter. Jedes Fenster, jede
Thüre des Hauses fanden wir verschlossen. Weder die Frau noch die
Kinder eilien uns en gegen. T. sprang wie wahnsinnig aus dem Pa>
lankin, und versuchte vergebens die Thüre des Hauses zu öffnen. Erst
mit meinem Beistände g lang cs ihm. Und was sahen wir? Vor
uns lag der alte Malaie in seinem Blute mit durchgeschnittenem Halse;
in der einen Hand hielt er das Nassirmesser, durch das er sich umge-
bracht hatte, in der andern die Peitsche, mit welcher sein Sohn gegeißelt
worden war. Wie soll ich das Uebrige beschreiben?... Wir tanben
die Gattin und die drei Kinder meines Freundes todt, offenbar im
Schlafe von dem rachsüchtigen Malaien ermordet. Der unglückliche
Knabe, der unschuldiger Weise die schreckliche That veranlaßt hatte, ent-
floh, um nie wiederzukehren. T. kehrte nach wenigen Wochen tiefer
Trauer, die in wenigen Tagen sein kohlschwarzes Haar grau färbte,
nach Europa zurück, wo er noch jetzt lebt, von Kummer nieder,zcbeugt.
-f-In einer Rrcension über einen jungen Schauspieler heißt es: „Es
steht ihm eine schöne Aussicht in Tbaliens Tempel offen."
ft Lindpaint ner in Stuttgart schreibt eine Oper, deren Vollendung
bald bevorsteht. Sie fühlt den Titel: „die sicilianische V sper" und den
Tert lieferte Hr. Heribert Rau, Verfasser verschiedener Romane und No-
vellen.

Die Dienstboten.
(Schluß.)
Man klagt, daß das Gesinde nicht treu und ehrlich sei. Wir meinen,
wer gut genährt wird, braucht nicht zu stehlen, und wo das Gesinde
sieht, daß Ordnung im Hause ist, da wird es gar nicht wagen zu
stehlen, wo es aber im Hauswesen darüber und darunter geht, da
meint wohl der Dienstdote.- es nimmt doch ein böses Ende; ei, da
willst du auch zugreifen; du verdienst es ja am ersten, du arbeitest ja
allein im Hause. Das ist D.enstbotenlogik; aber die Logik der Herr-
schaften ist oft noch viel schlimmer. Auch der andere Thell muß gehört
werden, und wer hört denn die Klagen der Armuth?
Wenn das Gesinde Liede sicht und daß man es achtet und ver-
sorgt, so müßte cs wunderbar zugehcn, wenn es nicht Leib und Leben
für den Herrn einsctzen sollte. Wie viele Fälle konnte man erzählen
von Anhänglichkeit, von rührender Aufopferung von Dienstboten gegen
Herrschaften. Soll freilich der Arme, wenn ihn eine kleine Krankheit
überfällt, gleich nach Hause oder in das Krankenhaus, so verdrießt
ihn das; erwirb lau und sucht von solchen Leuten wegzukommen, nach-
dem er ihnen vielleicht auch noch etwas angedängt hat.
Wenn Herrschaften, die in ihrer Jugend sich keinen Tanz und kein
Vergnügen versagten, nun, da sie alt geworden sind, wollen, daß
ihre Dienstboten monatlang sich kein Vergnüngen machen sollen, so ge-
den sie offenbar zu weit. Die Dame des Hauses will wohl selbst auch
nicht eine Stunde im Hause bleiben, um der Magd auch eine Erho-
lung zu gönnen!
Es ist ein Zeichen von Biederkeit, Rechlichkeit und Theilnahme,
wenn Gesinde lange in einem Hause gut thut. Wer oft die Quartiere

wechselt und die Dienstboten, gegen den muß man auf s iner Hut sein,
und ich gehe Solchen gern aus dem Wege. In H nisdaliiingen, wo
das Gesinde gedeiht, g dci'ht auch wieder die Haushaltung; wo man
satt macht, ißt man sich selbst auch satt und hat doch mehr, als wo
man sich nicht satt ißt. Der Segen des Herrn ist bei guten Leuten.
Die ihre Saide mit Recht erwerben, werden nicht am Gesinde anfan-
gen, etwas zu erübrigen. Wo die Herrschaft Mitarbeiter, kann das
G finde Tag und N»chc arbeite:!, ohne zu klagen, während es bri we-
nig Arbeit oft sehr unzufrieden ist, w an eü sich nicht menschlich be-
handelt sicht.
Es kann wohl sein, daß die Klagen mancher Familie über ihre
Dienstboten gegründet sind; man sollw nur diese auch hören. Wenn
ein Gericht da wäre, das über dienstliche Verhältnisse entschiede, es
würde Manches zu hören abkommcn, was j tzt nur die Leute hören,
die den Dienstboten wieder in Dienst nehmen. W r sind der festen
Uebrrzcugung: guie H rrschaften, gute Dienstboten, und wenn wir
Luxus u d Vergnügungssucht nicht mehr so weit tr.iben, so werden
wir bald dies auch dem Gesinde nicht mehr vorwerfen können. D r
Landmann klagt nicht leicht über sein Gesinde, und auf de« Dorfe
wirs auch nicht leicht bas Gesinde über die Herrschaft laut. Wenn
Herr und F?au essen, ißt die Magd und der Knecht auch mit, und
zuar alle zusammen an einem Tvche. Die u-mttürliche Vornehmheit
oft lumpicht r Städter läßt dem Hanoe das Recht, in die Scube zu
t eten, nicht aber der Magd, und siMt sich entehrt, wenn Jemand
sähe, daß das Gesinde mit am Herrntische äße. Närrische Menschen!
Wenn der übel behandelte Knecht schlecht ackert, kann er dem Herrn
in einem Tage so viel Schaden zufügen, d-ß ec ein n Monat lang
recht gut ernährt werden komue, und wenn die Magd die Milch in
den Stall gießt aus Rache, so wirft das gerade kein gutes Licht aus
die Herrschaft. —
Wir wollen schlechtem Gesinde nicht das Wort reden; wir wollen
nur darauf aufmerksam machen, daß es auch noch an Anderem liegen
kann, wenn man, wie jetzt geschieht, m-t aller Macht gegen das Ge-
sinde loszieht. Haben wir u s keine Vorwü fe zu machen und wir
kön en uns nicht mit dem Gesinde vertragen, so wi d es Niemand
auffallen, wenn wir das letztere entfernen. Aber der Gerechte er-
barmt sich auch seines Meder: wirum sollten wir nicht barmherzig
und nachsichtig secn mit Menschen? Laßt uns nur die Dienstboten mensch-
lich behandeln: sie werden mit treuer Anhänglichkeit uns dienen; macht
sie nur zu Gliedern der Familie, so werden sie auch zur Familie hal-
ten und doch wissen, daß sie Dienstboten sind. Es gibt Haushaltun-
gen, wo dies der Fall ist und die darin einen eigenen Tact haben;
sie ziehen alles Gesinde gut, wenn es auch sonst nicht viel werth war,
und die Leute wollen gern Dienstboten aus diesen Häusern. Laßt uns
solche Leute beobachten und cs machen, wie sie. F.

Mannheimer Schaubühne.
Mittwoch den 7-Dezember, zum ersten Mal: „Die Memoiren des Teufels." Lustsp.
in 3 Abth. nach dem Franzäflschen von Arago und Vermont», von B. A. Hirrmann.
Heute den 7. Dezember wurde zum ersten Male gegeben „Die Memoiren des
Teufels" ein zur Gattung der modernen Jntriguc - Stücke gehörendes Lustspiel, in
der sich jetzt die Pariser Theaterstückfabriken gefallen. Eine Reihe sehr lose anein-
der geknüpfter Spuren, ohne eigentlichen inncrn Zusammenhang, die noch überdies
auf großen Unwahrscheinlichkeiten baffirt sind, kann die Piece trotz der angeführten
Mängel bei gutem Zusammenspiel Aller und bei sehr rascher Darstellung die den
Zuschauer nicht über die Gehaltlostgkcit zur Besinnung kommen läßt, wohl andert-
halb Stündchen unterhalten, da das Ganze mit sichtbarer BühnenkenntniA und pi-
kanten Momenten ausgestattet ist, und also nur in einer gelungenen Darstellung
sein Heil finden kann. Die heutige ist, manche Schwäche abgerechnet, immerhin zu
den Bessern zu zählen. Hr. Quien dem mit der Nolle des Robert fast die ganze
Last allein aukgcbnrdet ist, löste seine schwierige Aufgabe zur Zufriedenheit eines
großen TbeilS des Publikums. Im letzten Acte sprach er uns am meisten an, er
spielte mit Innigkeit und Wärme, in den beiden ersten Akten aber vermißten wir
jenen originellen Humor, jene conversationelle Leichtigkeit, die den französischer»
Darstellern solcher Charactere so eigen ist.
Von Seiten seiner Umgebung wurde er so ziemlich unterstützt. Fräulein Pich-
ler spielte namentlich die Szene auf dem Ball recht ansprechend. Mad. Haus-
mann, Hr. Gedrig und Hr. Mühldörser gaben sich sichtlich Mühe, wobei Letz,
terer am meisten reufirte. Hr. Bauer, dessen Rolle nächst der des Hrn. Ha usmann von
den Nebenparthieen die hervorstehcndstc ist, schien entweder nicht recht mit sich ei-
nig, bei welchem Zipfel er sie anfafsen sollte, oder er machte sich nichts daraus,
oder hatte nicht gut memorirt; wir wünschten, er hätte diese Rolle von dem fran-
zösischen Repräsentanten gesehen, der sie bei der, in unserer Nachbarschaft spielen-
den franz. Truppe gab und sie zu einer wirklichen Bedeutung erhob. Fr. v. Busch
ab ihre Rolle mit Würde und Anstand, Hr. Hausmann die seinige mit guter
aune und Hr. Brandt seinen Maurer mit Gefühl. Wir hoffen, daß das Siück
bei Wiederholungen immer runder und fleißiger zusammengehe und es wird <dariü
noch öferS gerne gesehen werden.
 
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