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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 306
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1235

Nriza, wo man die Nacht zubringen wollte, näherte. Einige Meilen
von diesem Orte, fing die Diligenze an, einen Hügel hinanzufahren,
und mehrere von den Passagieren stiegen aus, um den Hügel hinauf
zu wandern.
(Forts, folgt.)

L v n t e S.
s Einst schrieb Dr. Lange, der wegen seiner Fehden mit dem
großen Philosovhen Wolf in Halle in der geehrten Welt sehr bekannt
geworden ist, sollendes ia ein Stammbuch:
Ich weiß ein dreifach W., so großes Weh gemacht:
Tue Weiber, die den Fall in duse Welt gebracht;
Der Wein, so Ursach ist zu vielen bösen Thaken;
Das D-itte nenn ich nicht, mein Freund Du mußt's errathe».
Die Weisheit nehm ich aus. die bringet Gutes ein »
Doch wird das dritte W. in ihrem Mißbrauch sein.
Ich würde es gar leicht Dir deutlich sagen rönnen;
Doch zu gewisser Zeit darf man den Wolf nicht nennen.
Der Hofrath Wolf, welcher die Deutung leicht finden konnte, schrieb
auf die Nebenseitc des nämlichen Blattes:
Ich weiß ein dreifach W., das großes Wohl gemacht,
Die Weisheit, die der Neid, selbst als was Guns acht;
Die Wahrheit, die von Gott den Ursprung hergenommen.
Und die vom dritten W. ein großes Licht bekommen.
Wer ist, der böses W. zu unserer Zeit nicht kennt,
Ob man den Wolf gleich nicht bei s inem Namen nennt?
Doch gicbtS ein dreifach L., so diesem W. entgegen,
Von dösen, will ich Dir nur zwei vor Augen legen.
Das Lästern, das die Welt anjetzt zur Tugend macht,
Die Lügen, die jüngst der höllische Feind erdacht.
Das dritte nenn ich nicht, man kennts an seinen Thaten,
Wer dieses nicht gewußt, der müßte Lange rothen.

-j- Bei Karl Moor'S Worten: „ich kenne dich Sptklberg!" schrie
kürzlich Jemand von der Gallerte: „das tst ein alter Wipl"
s Das ist gräßlich! In England herrscht leider noch immer das
Verfahren, daß man einem Mitschuldigem Straflosigkeit zusichert, und
ihn dann als Zeugen gegen seine Geroffcn auftretcn läßt, um diese
zu überführen. Ein zum Tode verurtbeilker Verbrecher in Irland trieb
damit ein förmliches Gewerbe. Er gestand wegen der, Von der Ne-
gierung bewilligten Belohnung schon öfter als Zeuge ia Criminal«
Sachen ausgetreten sein, von denen er gar nichts gewuß»; später, in
Ermanglung von verkommenden Vrlbrechen, schnitt er selbst tinem Kna-
ben die Kehle ab, um dann — als Zeuge, einen anderen za beschul-
digen, und somit — das, von dem englischen Gerichte für solche Zeu-
genschaft ausgesetzle Blutgeld verdienen zu können!

-j- Wie spät ists? fragte beim Schill er feste ein benebelter Dich-
ter seinen Freund. — Halb Eins. — Dann muß ich fort. — Warum?
— Weil ich das Gelübde gethan, jeden Abend mit dem Glockenschlage
Zehn zu Hause zu sein.

-j- In Berlin ist eine Carricatur'Zeichnung auf Fanni Elßler
die ge eierte Tänzerin zweier Weltiheile erschienen. Amerika wird als
eine Figur mit ungeheurer Nase vorgestellt, auf der die Sylphide des
Ballets herumtanzt, und Sand in die Augen der Figur streut. Euro-
pa steht daneben, und ruft: Mir auch! Im Hintergründe des Bildes
zeigt sich die englische Bank mit ihren Schätzen, Fanni weist darauf
hin, und spricht: Dort will ich ruhen, auf englischem Gold und ge-
brochenen amerikanischen Herzen.
Z In Regensburg verfertigt man jetzt Biergläser, deren Boden ein Spie-
gel ist; die Säufer sollen sich jedesmal ins Angesicht sehen können, wenn sie
einen Humpen geleert, und bemerken lernen, wie ihr Gesicht immer wider-
licher, die Augen immer düsterer re-, werden. Verdient Beherzigung.
Heber Vas höhere Bürgerschulwesen überhaupt.
Die Abendzeitung und wiederum daS Mannheimer Morgenblatt ha-
ben unlängst über die höhere Bürgerschule in Mannheim und nament-
lich über einen Neubau für diese Anstalt daselbst einige Worte gespro-

chen, wobei zum Theil auch das Schulgeld und daS Berhältniß einer
solchen Schule zur ärmer» Bürgerklasse zur Sprache kam. — Nichts
ist vollkommen auf der Erde; aber durch Belehrung, Erfahrung und
durch öffentliches Besprechen gelangte man schon ott zu einem glückli-
chen Resultate und erreichte, was man vielleicht sonst nicht erreicht
hätte. U bec den Zw-ck solcher Anstalten und namentlich über das Ziel
solcher Schulen, zumal in kleinern Städten auch einige Worte zu sa-
gen, dürfte daher wohl auch nicht überflüssig sein, besonders da es noch
manche Leute gibt, die nicht wissen was für eine Aufgabe zn lösen eine
Bürgerschule hat, und cs noch Manche giebt, die glauben, eine solche
Anstalt sei nur ein umgetauftcs Kind und bereite blos für die höher»
Klassen eines Gymnasiums vor, und noch Manche sind die wähnen,
daß, wo eine lateinische Schule bestehe, eine höhere Bürgerschule kei-
nen großen Werth habe, ja sogar unnöthig sei. Dem ist aber nicht
so; sondern jedes dieser Jnstüme gevt seinen eigenen Weg und muß
seinen eigenen Weg gehen, weil beide von einander verschieden und
beide sehr von einander abweichende Anstalten sind. Wir führen zur
Bekräftigung dieser Behauptung die Worte eines vortrefflichen Schul-
mannes, des Herrn August Spilleke, Direckvrs des königl. Fried.
Wilhelms-Gymnasiums uns der Realschule zu Berlin an, welcher in
seinen gesammelten Schriften, Berlin 1823, S<iie 126 sagt: „Ich
glaube in meinen früher» Schulschri ten bewiesen zu haben» daß in den
Knaben, nachdem die Elementarbildung zurückgelegt ist, sich zwei ver-
schiedene Richtungen entwickeln, die eine nach der wissenschaftli-
chen, die andere nach der praktischen Seite hin, und daß auf diese
Weise auch nothwendig zwei verschiedene Arten von Schulen ge-
geben sind, die G-lhrten- und Bürgerschule, von denen jede den Zweck
hat den wissenschaftlichen, düse aber insbesondere den prakti-
schen Sinn zu entfalten, und die deßhalb um so sicherer ihre Bestim-
mung erreichen, je schärfer die Grenzen sind, durch welche sie gegen-
seitig sich von einander trennen, und je eigenthümlicher die Ge-
genstände und deren Behandlungsart sind. Wie sich aber diese Tren-
nung schon in dem Wesen der Sache gegründet zeigt, so hat sie sich
mir auch durch die unmtttrlbare Erfahrung als heilsam bewährt. Sehr
häufig ist mir der Fall vorgekommen, daß Knaben, welche »uf daS
Verlangen der Eltern in das Gymnasium gebracht waren, und die,
was die einzelnen Kenntnisse betraf, auch eine hinlängliche Vor-
bereitung erhalten hatten, dort so wenig Lust und Anstelligkeit zeigten,
daß sie nicht allein selbst keine Fortschritte machten, sondern auch durch
idre Schwerfälligkeit und Unbehvlfenhcit ihre Mitschüler zurückhielren.
Diese Knaben brachte ich mit Zustimmung ihrer Ellern auf die Real-
schule, und ich wurde selbst davon überrascht, da ich sah: daß meh-
rere von ihnen in kurzer Zeit bedeutende Fortschritte machten, während
dann auch die Schüler der Gymnasialklasse, in welcher sich jene befun-
den hatten, mehr ein in sich zusammen gehöriges Ganze zu bilde«,
und die Fortschritte auch hier sichtbarer sich zu zeigen anfingen. Diese
Thatsache scheint mir den unläugbaren Beweis zu geben, daß je stren-
ger die Gclehrtenschule auch schon in den untern Klaffen von der Bür-
gerschule getrennt wird, diese auf beide nichts anders als einen er-
sprießlichen Einfluß haben kann; daß dagegen wenn man ihre Gren-
zen verkennt, und ohne Rücksicht auf Fähigkeit und künftigen Be-
ruf die Knaben unter einander vermischt, ein solches Verfahren für das
Gedeihen des Ganzen auf alle Weise von nachtheiligeu Folgen sein
muß. Wie wäre diescs auch anders möglich? Ein Knabe, welcher ent-
weder durch seine äußerlichen Verpältniße oder durch innern
, Trieb sich zu einem bürgerlichen Geschäfte berufen fühlt, kann zu
dem, was die gelehrte Bildung erfordert, keinen regen Eifer mit-
bringen, und wird Alles entweder völlig lässig, oder doch »ur aus
Zwang und mechanisch treiben, und deßhalb hemmend auch auf die
übrigen Schüler einwirkcn.""
Ueberhaupt eine lateinische Schule, Gymnasium muß hauptsächlich
bewirken, daß die Schüler, die cs entläßt, und für reif erklär , im
Stande seien, die höhern und schwerer» Wissenschaften zu begreifen und
zu verstehen, welche die Hochschule lehrt, und muß die Grundlage zu
demjenigen Wissen legen, welches der gelehrte Stand verlangt , damit
das weitere Fortschreiten und Eindringen bis zum Kern der Wissen-
schaften aus der Hochschule nicht durch Lücken in den Elementen auf-
gehalten werde. Es hat daher die Aufgabe, die Bekanntschaft mit den
Wissenschaften bis zu einer gewissen Stufe forizuführen, und der Uni-
versität dann die Vollendung zu überlassen und überhaupt diejenige
Vorbildung zu geben, welche allen Mitgliedern des gelehrten Stau-
des, als solchen nothwendig ist. (Fvrts. folgt.)
 
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