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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 174
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0707

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703

über das Strafgesetz habc er seine Uebcrzcugung für dasselbe ausgesprochen und in
allem Wesentliche» trete er der vorzüglichen Ausführung des gegenwärtigen Vorstandes
der Strafanstalt über diesen Gegenstand bei. —
Ministenalrath Laniep erwidert, daß der auf dem letzten Landtage sich vor-
gelegtc Plan hauptsächlich auf das pcnsplvanische System berechnet sei; doch habe
man darauf Bedacht genommen, daß er auch für das auburn'sche System benützt
werden könne. Er sei also in dem Falle, die Frage des Abg. Welcher vollkommen

Tagsbcricht.
* -s Mannheim, 24. Juli. Schon seit einiger Zeit übernachten
gar keine Dampfchisfe mehr hier. Daß büß unserer Stadt, vorzüglich
aber den Etablissements, welche einzig der Dampfschifffahrt wegen er-
richtet wurden, großen Nachtbeil bringt, versteht sich von stlbst. Aber
nicht nur die kiesigen Gewedbe kommen hierdurch in Schaden, sondern
auch bas rei'ende Publikum, weil in Mainz 6 oder 7 Dampfschiffe
üb-rnachten, was eine Uebersüllung der dortigen Gailhöfe m d alles
Unangenehme, was für die Reisenden damit verbunden ist, Hervorbringen
muß. Sollten sich keine Mittel auffinden lassen, diesen UibUstand zu
beseitigen?
— Weinheim, 24. Juli. Heute stattete der Deputirte der Aem-
ter Weinheim und Ladenburg, Herr Obergerichts-Advokat vr. Hecker
seinen hier versammelten Wablmännern einen Besuch ab, um ihre Wünsche
zu vernehmen. Eine Anzahl berittener Bürger kam ihm entgegen und
eine Reihe Chaisen folgten ihm. Sein Wagen wurde begränzi und ein
Wahlmann von Großsachsen überreichte ihm bei der Durchfahrt einen
Blumenkranz mit einem entspreche, de»' Gedichte. Bei zahlreich besetzter
Takel herrschte Frohsinn und Heiterkeit und Herr Vr. Hecker sprach
sich in einem schönen Vortrage über die Richtung aus, welche er in dem
öffentlichen Leben sich genommen und nehmen werde: nicht Aemte r,
nicht Titel noch Ordensbänder würden ihn davon abbringen. Heiterer
Jubel folgte seiner Rode. Es winden viele Toaste ausgebracht, unter
anderen auf den „eisgrauen Helden," den „feinen" Rinde-
schwender, den Hirrn Sander „mit dem kurzen Gevächt-
niß" u. s. w.
Schon am frühen Abend verließ uns Herr Vr. Hecker, weil er
schon in der morgenden Kammersitzung erscheinen wird.
Wiesbaden, 23. Juli. Die in dieser Woche auf Nachsnchen er-
folgte Entlassung unftrts Ministers Grafen von Walderdortf hat
allgemeines Aufsehen gemacht. Wie man hört, liegt die Veranlassung
in dem Verlangen unseres Herzogs, eine Eskadron Uklanen errichten
zu lassen, wofür zu wirken der Minister wegen der Kosten verweigert
haben soll.
Dresden, 20. Juli. Se. Mas. der König von Würtemberg ist
unter dem Namen eines Graten von Teck vorgestern hier eingetroffen.
Hamburg, 21. Juli. Das gestern ausgegcbene „Fünfte Vcr-
zeichniß der bei der UnierstützungSbehörde eingegangencn Geldbeiträge"
ergiebt bis zum 30. Juni Abends als Gesammisumme der eingesand
ten Unterstützungog-lder circa Mrk. Beo. 3,400,000 oder circa preuß.
Cour. Rthlr. 1.700,000.
Paris, 21. Juli. Der König ist heute um die Mittagszeit in
den Tuilerien angekommen, um die Deputationen der constituirten Kör-
perschaften und die Offiziere der Armee und der Nrtioiialgarde zu
empfangen. Die Züge des Königs sollen tiefen Schmerz erkennen las-
sen; indessen zeigte Se. Mas. bei der Audienz außerordentliche See-
lenstärke. Die Gesundheit des Königs scheint bis setzt nicht gelitten
zu haben.
— Die Debats sagen, die Angabe, als werde der Graf von Pa-
ris als Herzog von Orleans den Kammern vorgestellt werden, beruht
auf einem Jrrthnm; der E»k>l des Königs wird, wie man hört, den
Namen eines Grafen von Paris behalten.
— Uebcr die Negentschaftsfrage haben sich die Ansichten der Mini-
ster bereis modificirt; die conservativen Organe hatten sich für den
Herzog von Nemours ausgesprochen; heule sind sie nicht mehr einig
über diesen Punkt und noch weniger üb.r die Entscheidung der Frage,
ob den Kammern ein constitutiveö Grundgesetz (ein Supplement zur
Charte von 1830) oder nur ein temporäres Gesetz für den zunächst
möglicherweise cintreten könnenden Fall zur Berathung übergeben wer-
den soll. Liegt es in der Befugniß der Kammer, ein Regentschafts-
eefetz zu votl'ren, so mag xilie spätere Legislatur es wieder aufhebcn.
Dieser Grund gilt indessen für die Charte selbst. Die Omnipotenz
der Kammern läßt sich nicht gut in unübersteigliche Schranken bannen.
— Vorgestern stad außcrordendliche Abgeordnete na^ London, Ber-

lin, Wien und Haag mit D.peschen abgegangen; man will wissen,
die Regierung wolle durch diese dringende Missiionen die Ansichten der
Höfe in Bezug auf die R'gent'chaktsfrage «»holen. Schon haben zwi-
schen Hrn. Guizot und den Ministern der genannten Höfe mehrere Confe-
renzen stattgesunden; man erwägt, was am Nördlichsten scyn dürfte —
die Herzogin von Orleans oder den Herzog von Nemours mit der Re-
gentschaft zu bekleiden.
— Die Regierung will den Kammern Vorschlägen, dem muthmaß«
lichen Thronerben bis zu seiner Volljährigkeit eine Dotation von 500 000
Fr. auszusetzen.
— Der König der Niederlande hat seinen ersten Adsudanten, Ge-
neral Neppen, an den König der Franzosen abgeschickt, um Höchstdem-
selben ein Condolenzschreibcn überreichen zu lassen.
— 22. Juli. Die zehn Bataillons Jäger zu Fuß, deren Bildung
dem Herzog von Orleans übertragen war, sollen nach dem W llen des
Königs forthin den Namen Lüstiseurr ct'Orloans führen.
— Der Herzog von Nemours ist zum Oberbefehlshaber des Ope-
rationscorps an der Marne ernannt worden.
— Der Prinz von Joinville ist (nach einbr telegraphischen De-
pesche) am 21. Juli, zu Toulon angekemmcn und wird dis zum 24.
in Neuillp erwartet.
— Die Mutter der Herzogin von Orleans wird gegen Ende des
laufenden Monats zu Paris eintreffen.
— Aus Madrid vom 17. Juli erfährt man, daß der Regent
gleich u -ch Empfang der Nachricht von dem Tode des Herzogs von
Orleans Hoftrauer für 40 Tage angeordnet hat.
— Mehrere Mitglieder des Municipalratbs zu Marseille haben
sich geweigert, eine von demselben von'rte Condolenzadresse an den Kö-
nig zu unterzeichnen. — Zu Bordeaur haben 130 deutsche Commis,
meistens H mburger, dem Consul der Hansestadt Hamburg eine Katzen-
musik gebracht, weil er bei der Nachricht von dem Tode d s Herzogs
vo> O leans das b rlömmüche Zeichen der Theilnahme, die Auspflan-
zung der Nationalflagge, unterlassen hatte. Auch dem holländischen Con-
sul wurde aus demselben Grund ein Charivari gebracht.
London, 20. Juli. Während die Noch an vielen Orten noch
immer im Zunehmen ist, erfährt man zwei tröstliche Nachrichten: Die
Getraideerndte fällt in England selbst über Erwarten gut aus. noch
weit besser aber in den Vereinten Staaten; man vernimmt, daß aus
der nordamerikanischen Union auf die enorme Ausfuhr von Sechs
Millionen Fässer Mehl gerechnet werden kann.

Buntes.
* Den Lachlustigen steht reichlicher Stoff in Aussicht! — Nestroy,
Wien's ergötzlicher Komiker, wird im nächsten August als Gast aus un-
serer Bühne erscheinen. — Bei dieser Gelegenheit gehen zwei seiner
neuesten Stücke in Scenen: „Einen Jur will er sich machen," und
„Das Mad't aus der Vorstadt."
* Die Differenz des Herrn Bauer mir dem Theater-Comite hat
in einem neuen fünfjährigen Engagement, (gewiß zur Freude des Thea-
ter-Publikums), dieser Tage ihre Erledigung gefunden.
-f E neu Tag vorher, ehe Schumann, Direktor der verunglückten
deutschen Oper in Paris, nach dem Schuldcngefängniß Clichy
gebracht wurde, gingen ihm drei Choristen stark zu Leibe, sie hatten
beschlossen ihn durchzuprügeln, als sie aber in sein Zimmer traten, tra-
fen sie ihn über einem Halbdutzend gebackener Eier, und mehr hungrig
als racheschnaubcnd, nahmen sie ihm die Eier weg und aßen sie.
ch Ein englischer Lord wünschte lange, den Dichter Johnson keiinea
zn lernen; er bat ihn also zur Tafel. Johnson erschien, wurde aber
wegen seiner nachlässigen Kleidung vom Pförtner abgewiesen. Es ent-
staubtem Zwist unter ihnen, und endlich kam der Lord dazu. Als er
den Streit erfuhr, sah er den Dichter an und sagte: „Es ist nicht
möglich, daß Sie Johnson sind! Sie sehen ja aus, als könnten Sie
nicht Mä zu einem Cchaaf sagen." „Mä!" rief Johnson, und sah den
Lord starr an._
Berichtigung.
In der Aufgabe in No. 167 des Morgenblattes haben sich 2 Fehler eingcschlj.
chcn. Es muß heißen: Zeile 14 von unten „163,27" statt „16327", Zeile 6 von
unten: Gewicht eines Kubikfuß Wasser statt Speetf. Gewicht eines Kub. re. Erster
besteht also in Weglassung des Dezimalkomma, letzter in Verwechslung des absolu«
t<"> Gewichtes mit dem spccifischen.
 
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