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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 176
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0717

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7l3

— Es wird erzällt, daß d.r Justizminister von Savignp sich für
Ocsfentlichkeit und Mündlichkeit in der Rechtspflege ausgespro-
chen baden soll.
Paris, 2L. Juli. Der Prinz von Joinville ist gestern im
Schloß von NiUillp argekomwen. Das Dampfschiff Tonnere, das
von Toulon aus abgeschickl worden war, dem Prinzen die Nachricht
von dem Tode seines Bruders zu üderdringen, hu sich zueist nach
Ccigliari und von da nach Neapel begeben. Auf der dortigen Rvede
erfuhr der commandirendc Schiffslicutenant, die Escadre unter Admi-
ral Hugon manöorire einige Meilen vo i Neapel. Es dauerte nicht
lange und dec Tonnere erreichte die Flotte. Die Depesche war
so unbestimmt abgefaßt, daß der Prinz glauben mußte, der Herzog
von Orleans sei ermordet worden. Erft als er an Bord des Dampf-
boots nach Toulon kam, erfuhr er den eigentlichen Zusammenhang.
Ohne sich aufzuhalten, schlug er sogleich den Weg »ach Paus ein.
Personen, die ihn gestern in Nunllp gesehen haben, versichern, er sei
ungemein angegriffen.
— Ein Gerücht, als sei dem Hrn. Thiers und dem Hrn. Bar-
rot vorgeschlagen worden worden, eine Art Mltvermu'idschust bei den
Kindern des Herzogs von Orleans zu übernehmen, darf man nur an-
führen, NM es als grundlos zu erkennen.
— Die Compagnie, welche die Ausführung der Eisenbahn von Pa-
ris rach Straßburg übernimmt, ist vollständig organisirt; einer der er-
sten Bankiers der Hauptstadt, der sich an die Spitze des Unternehmens
stellt, hat dieser Tage eine Besprechung mit dem Minister Teste.
— Die zu Paris anwesenden Minister haben eine Condolenzadreffe
an den König votirt. Der Herzog von Monlrose peäsidirte bei dem
Verein, worin der treffende Beschluß gefaßt wurde. Lord Cvwlei wird
ersucht, die Adresse dem König zu überreichen.
— Der König hat der Person des Grafen von Paris die Offiziere
oktachirt, welche zum mititärischen Hause des Vaters des jetzigen K ou-
priuzen gehörten.
— Wie man versichert, wird die Herzogin von Orleans in kurzem
mit ihren beiden Söhnen nach einem Seebad abreisen. Als man Ih-
rer königl. Hob. die Bemerkung machte, daß unter den gegenwärtigen
ernsten Umständen ihre Anwesenheit in Paris nützlich sein könnte, ant-
wortete sie: „Ich habe keinen persönlich.» Wollen. Mein Manu war
der Meinung gewesen, daß die Gesundheit unserer Kinder den Ge-
brauch von L-cebädern fordere. Was er sagte, soll geschehen. Da ich
aber meine Kinder nicht Mehr verlassen werde, will ich mit ihnen reisen."
London, 22. Juli. Iw Unterhaus wurde gestern die Motion des
Herrn Duvcombe: „die Königin zu bitten, sie möge das Parlament
so rasch als thuilich wieder einberusen, falls die Tarifbill und die
übrigen neuen Gesetze nicht zur Folge hätten, daß sich das Elend des
Volks mindere" — mit 147 Stimmen gegen 9k verworfen. — Das
Parlament soll am 10. oder il. August prorogirt werden.
— Nachrichten aus Birmingham zufolge haben auch die Kohlenar-
beiter auf der Besitzung des Herzogs von Sutherland die Arbeit ver-
lassen und durchziehen das Land in starken Trupps. Es sind frische
Truppen verschrieben worden.
— Der Standard behauptet, Ludwig Philipp habe die Thronrede
auf den Sarg des Kronprinzen geschrieben.
H o f a n s a g e.
Wegen Ablebens Seiner Königlichen Hoheit Ferdinand Philipp Lud-
wig, Herzogs von Orleans, hat der Großherzogliche Hof von heute an
auf vierzehn Tage die Trauer angelegt.
Carlsruhe, den 26. Juli 1842.
Großberzog.'iches Oberbofmarscyallamt.
Das Schießen auf den Dampfbvteu.
Der alte Gebrauch hohe, fürstliche Personen mit Kanonendonner zu
^grüßen, hat wohl bis jetzt nie und nirgends zu so vulem Mißbrauch
Anlaß gegeben, als bei der Dampfschifffahrt. Während in den meisten
Sladteii, und namentlich auch in Mannheim, kein Flintenschuß, ohne
obrigkeitliche Erlaubniß, in rer Nähe der> Stadt abgefeucrt werden darf,
fällt ks um so Utkhr auf, daß die Dampfschifffahrtödehörde oft bei der
geringfügigsten Veranlassung, sowohl auf den Schissen wie an den
Landungsplätzen (wahrscheinlich zu ihrem eigenen Vergnügen) Böller-
Salven zum Besten gibt. So geschah es z. B. schon öfter daß der
Namenstag eines Capitäns auf diese Weise den erstaunten Bewohnern
der Nheinufer verkündet ward. Geht nun der Unfug in dieser Weise
fort, so Wird bald vom Steuermann bis zum Schiffsjungen herab, je-

der auf dem Bote Beschäftigte auf gleiche Ehre jAnspruch machen'
Solche jedoch, welche wahrhafte, aus dem Herzen kommende Ehren-
bezeugungen leerem Pompe vorzuziehen w ffen, werden für solche knal-
lende Begrüßung, welche durch die Erschütterung erst den Weg des
Trommelfelles zum Herzen suchen muß, ernstlich danken, um so mehr,
da sie sich mit so vielen ihrer Untergebenen dmAn zu ihetten haben.
Als Beispiel welcher Nachtheil ans diesem Mißbrauche theils schon er-
wachsen tst, theils noch zu befürchten steht, mag folgende Thatsache
dienen: Eine Frau, die fick der Hoffnung Mutter zu werden erfreute,
sah, durch den heftigen Schrecken, den ihr das unvorhergesehene Schie-
ßen bereitete, diese Hoffnung zu Grabe tragen. Kaum von den Folgen
genesen, zwingt sie die Nothwendigkeit abermals zum Reisen und aber-
mals donnerten, einer geringfügigen Ursache wegen, die Geschütze. Es
bleibt nun jedem Fühlenden überlassen sich die Seelcnangst der armen
Frau und ihrer Umgebung auszumalen, die sic so lange zu erdulden
hatte bis die Ueberzeugung, daß keine Gefahr mehr drohe, sie davon
befreite. — Welchen Ünglücksfällen sind nicht die Vorüberfabrenden
ansgesetzt, wenn, wie es hier geschieht, das Schießen, ohne vorherige
Bekanntmachung, dicht beim Fahrwege statt findet?! Sollte erst ein
bedeutender, offenkundiger Unglücksfall sich ereignen müssen, bevor die
betreffende Behörde hier einschreitet?! — Ist es überhaupt zu Dampf-
schiffereisen ermunternd, wenn man den Passagieren. wooon doch
ein großer Thett zum weiblichen Geschlechte gehört, unnöthigen Schre-
cken bereitet? Unter allen Reisenden ist vielleicht ein Zehntel aufzufin-
den, die an vergleichen Knalleffeckt Genuß finden; ein ferneres Zehntel
auf die es gar keinen Eindruck macht, während alle klebrigen, mehr
oder minder, davon unangenehm berührt werden. Ist es nun recht die
Minderzahl auf Kosten der Mehrzahl zu ergötzen? Sollte es nicht im
eigenen Interesse der Dampsschifffahrtsgesellschaft liegen, das Zuviel
was hierin bis jetzt geschah, aufzuheben, und lieber den Herren Prä-
sidenten und andern hochgestellten Personen, durch Pflichttreue und
Eifer für Las Wohl des Institutes, ihre Anhänglichkeit und Ergeben-
heit zu beweisen, als ducch solche üdertnebenee Huldigungen?!! Schon
manche schwachncrvige, und deßhalb auch ängstliche Frau wurde da-
durch von Dampfschiffreisen abgchalten, (Einsender dieses kennt selbst
eine solche) während, ohne diesen Unfug, gerade diese Art zu ressen
für schwächliche Personen die geeignetste wäre. Wenn nun bei sehr
wichtig--,! und festlichen Veranlassungen das Schießen nicht zu umgehen ist, so
sollte man mindestens das Publikum auf irgend eine Weise davon in Kennt-
nis, sitzen, (all-»falls durch das Aufziehen einer bezeichneten Flagge
au: den Gebäuden der Erpcditionen) und dann diufte es nur in größl-
möchlichster Entfernung von den Landungsplätzen und Chausseen statt finden.
Eichender dieses glaubte im Sinne des größer» PuplikumS zu han-
deln wenn er die bisher von manchen Seiten ergangenen Klagen ver-
öffentlichte, und hofft von den bltreffenden Behörden, daß sie die Sache
einer kleinen Prüfung und wahrscheinlich daraus hervorgehenden Aen-
deiung unterwerfen möchten.
Mannheim im Juli 1842.

BunteS.
ff Ein bekannter Autor arbeitet an einem Werke: Tausend und
eine Nacht, oder Geschichte der Königreiche Baiern und Hanvver, im
romantischen Gewände.
ss Das Berliner Jntclligenzblatt brachte folgenden Antrag: Eine
junge Person von guter Erziehung und unbescholtenem Betragen, wel-
che in diesem Fache als Gesellschafterin oder Jungfer erforderliche
Kenntnisse besitzt, wünscht in oder außerhalb Berlin, auch auf Reisen,
ihc Unterkommen.
-s In dem Wappen der Stadt Cöln bedeuten, wie man sagt, eilf
Flammen die^xsiftausend Junasrauni: also tausend Jungfrauen aus eine
Flamme gerechnet. Bel unser» jetzigen Jungfrauen ist es umgekehrt,
da hat oft Eine ihre tausend Flammen.

ss Wie sich mit drei Würfeln ohne Wunder mehr als Achtzehn wer-
fen lassen: Soldaten sollten um's Hängen würfeln. Dem Ersten fielen
drei Sechsen. Der Zweite warf doch in der Wuth der Verzweiflung.
Ein Würfel sprang, und da lagen drei Sechsen und ein Aß.

Doclor H., ein eifriger Jäger, nahm stets eine Flinte mit wen»
er über LanD zu Patienten mußte. — „Das ist bloße Vorsicht," fugte
Swift, „im Fall er den Kranken etwa mit dem Recept verfehlte."
 
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