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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 184
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0750

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746

Die Größe und Macht eines gesitteten Staats ist gegenwärtig vor allem auf
die, freie, vollständige, unv ihrer Gründe unv -Zwecke sich wohlbcwußtcn Verbindung
der Bürger zur Staatsgcsellschaft gebaut und diese Verbindung beruht wieder, in
ihrer Vollständigkeit und Stärke, vor allem auf der Gleichmäßigkeit der nationalen
Abstammung der Glieder des Staats und auf der Anerkennung, dem Schutz und
der Pflege dieser Nationalität. Die freie Presse, die freie Erörterung sammllichcr
innerer und äußerer Angelegenheiten des Staats ist aber das beste Mittel, das
Nationaldcwußtsein zu beleben und zu bestärken. Hauptsächlich in ihr geht für alle
Verhältnisse des Staats die öffentliche Meinung, diese Haupt,nacht des Jahrhunderts
zu Tage. Diese öffentliche Meinung wird alsdann durch die freie Presse auch in
Beziehung auf die äußern Verhältnisse dem Ausland erkennbar, und bildet dadurch
einen bessern Maßstab der Kräfte der Nation, denn daß man nur weiß, wie viele
Regimenter und Kanone» der Staat besitzt. Man hegte in Frankreich keine große
Meinung von der Krack und Gewalt Deutschlands, weil man nirgends in der deut-
schen Presse ein Deutschland erblickte, und man stutzte daher nicht wenig, als man
auf einmal in der deutschen Presse fand, daß die Deutschen sich wie ein Mann er-
heben würden, um einen Angriff auf seine Rheinlande zurückzuschlagen. Gerade in
solchen schweren Zeitocrhältnisscn kommen aber die deutschen Regierungen gegenüber
dem Ausland durch ihre eigene Censur in nicht geringe Verlegenheiten. Zn Län-
dern »nt freier Presse enthalten die Zeitungen die Acußerungen freier Bürger über
die Verhältnisse zum Ausland, für welche keine Verantwortlichkeit der Regierung
besteht, während bei uns in Deutschland durch die von der Regierung geübte Cen-
sur alle Zeitungen so zu sagen Organe der Regierung sind.
(Schluß folgt.)

CarlSruhe, 2. August. 31 öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident
Vekk. — NegierungSkommission: Geh. Rcf. Eichrodt.
Eingegangcne Petitionen: Vom Abg. Welcker:
1) Petitionen der Gemeinden Altglashütte, Bärenthal und Falkan, Bedachung
der Häuser betreffend.
2) Ehrerbietige Bitte des Altbürgermeister Schrcckcnfuchs zu Ebcrsingen, Amts
Stichlingen, und 44 Mitbürger wegen gesetzwidriger Aufstellung des Vertheilungs-
süßes für das Biirgergabhotz zu Gunsten der größeren Gutsbesitzer der dasigen Ge-
meinde betreffend.
3) Nothgedrungenc Bitte des Anton Sticgler zu Nirkendorf, Amts Bonndorf,
wegen Wegnahme seines elterlichen Guts durch Joseph Vogt und Simon Morath
betreffend.
4) Bitte der drei Gemeinden Ober-, Mittel- und Unterschefflcnz um Vollzug
der Gesetzesbestimmungen vom 10 Juni 183t. Voni Abg. Löffler: Wiederholte
untcrthänige Bitte der Metzgerzunft in Offenburg um Linderung in den allzu harten
Abgaben dcS Fleischaccises. Vom Abg. Scltzami Geziemende Bitte der 1>r. Vanth'S
Wittwe zu Äülsheim, Amts Tauberbischofshcun, die Bestimmung ihres Wittwen-
aehatts betreffend. Vom Abg. Hecker: Gehorsamste Vorstellung des Bürgers und
A>ck»icidcrmeisters Fr. Gülich von Weinheim über das Verfertigen der Hosen für
das aroßhcrzoalich badische Militär, tn «peeto die dabei einzuführciidc Ersparmß-
daß nämlich von der Quantität Tuch, welches bisher nur zu lv Paar Hosen aus-
reichte, nunmehr 11 Paar gefertigt werden können. ^ ^
Welcker. Ich habe die Ehre, der hohen Kammer eme Neche schriftlicher Dar-
stellungen über die Wahtbehcrrschung in Bonnvorf und über die dortigen Verhält-
nisse zwischen den Beamten und Auitsuntergebenen wahrend und nach den Wahlen
zu übergeben. Ich bitte die Hrn. Sekretäre, von diesen Papieren den Hin. Präsi-
denten des Ministeriums des Innern, wie die einzelnen Kaniinermitglieder eine be-
liebige Einsicht nehmen zu taffen. Einesthcils wird mir dieses bei der Diskussion
des Berichts über die Wahlbeherrschungen die Ausübung meiner Pflicht der Mitthei-
liina und Rüge solcher tadelnswerthen Wahlbeherrschungen erleichtern und verkürzen;
zugleich aber habe ich noch eine andere Veranlassung zu dieser Uebergabe und
Bitte. In der Sitzung vom 2». Juli machte ich, wie ich mich ausvrnckte, in
Folge wiederholter dringender Aufforderungen und nach mir glaubhaft scheinenden
Mitthetlungen dem Ministerium des Innern die pflichtmäßige Anzeige von den in
Bonnoors durch leidenschaftliche, verletzende Amtshandlungen gestörten Verhältnissen
zwischen den Bonndorfer Beamten und ihren Amtsuntergebencn und zwar zu dem
ausdrücklich angegebenen Zweck, daß das Ministerium nach Untersuchung der an
mich gebrachten Klagen noch unglücklichere Störungen in diesem von mir vertrete-
nen Bezirke baldigst verbinden möchte. Seitdem nannte der Bezirksamtmann von
Reichtin in der Carlsrnhcr Zeitung vom 3l. Juli die in jenen Klagen erwähnten
Thatsachcn boshafte Verläumdungen. Er greift auf's Neue auf das leidenschaft-
lichste mehrere meiner bedrängten Committentcn und selbst die Ausübung meiner
Deputirtenpflicht an. Lesen Sie nun, meine Herren, lese der Hr. Präsident des
Ministeriums des Innern die von mir übergebenen Darstellungen von drei der ge-
achtetstcn Bewohner des Amtssitzes. Wenn der Beamte einen derselben als Verbre-
cher bezeichnet, weil er ihn in Untersuchung brachte, in welcher er bereits richter-
lich frei gesprochen wurde — nun, so ist dieses, wie die ganze Darstellung des
Bezirksamtmanns, der beste Beweis Dner. leidenschaftlichen Verletzungen, Diese
Papiere aber werden Ihnen ein solches anschauliches Bild geben von höchst tadelns-
würdigen leidenschaftlichen Wahlbeherrschungcn und damit in Verbindung gesetzten
Criminal- und andern Untersuchungen, von inhumanen tief das Lebcnsschicksal der
Amtsangehörigen verletzenden Beamtenmaßregcln, ein Bild, welches Ihr mo-
ralisches und rechtliches Gefühl, eben so wie das meinige verletzen wird. Sie ent-
halten wiederholt alle lene einzelnen Thatsachcn, so wie ich sic neulich in den von
mir vorgebrachtcn Klagen erwähnte, nur noch zehnmal mehrere. Sie beschwören
mich eben so wiederholt, diese Thatfachen, für deren vollständige Wahrheit sie sich
ausdrücklich verbürgen, möglichst bald in der Kammer zur Schützung ihrer verfas-
sungsmäßigen Rechte, wie zu ihrer Sicherheit und zur Verhinderung größeren Un-
glücks der Kammer und der Negierung zur Anzeige zu bringen. Dieses that ich
und mußte es doppelt bet dem entzogenen Schutze der freien Presse, für die bürger-
liche Sicherheit und das Verfafsungsrecht thun. Ich handelte nie pflichtmäßiger.
Und schon diese ausführlichen, doppelten und dreifachen Darstellungen jener
Männer werden Sie überzeugen, daß ich auch, abgesehen von noch mehrseitigen >
mündlichen und schriftlichen Bestätigungen anderer Ehrenmänner, allen Grund
hatte, jene Anklagen nicht als frivol znrückzuweisen, sondrrü vielmehr als zur An-

klage und Untersuchung hinlänglich glaubwürdig zu finden, wie ich sie noch sitzt
Mwc, trotz der Abläugnungen des Beamten. Wenn nun jener Beamte selbst qc-
gen die Ausübung meiner heiligsten Amtspflicht seine Schmähworte wendete so
muß er folgerichtig nicht blos jeden Staats- unv Votksanwalt, der noch acrichlsich
zu bestätigende Anklagen erhebt, sondern vor Allem sich selbst f„r einen boshaften
Vcrlaumder erklären. Er selbst gesteht, den Gastwirth Ri eg gier dem Gemeinde-
rath als Majcstätsvcrbrccher angezcigt zu haben und dieser Rieggier wurde gericht-
lich freigesprochen. Dieser Beamte setzte nun der Rieggler'schcn Verläumrungs-
klage in semer Einrcveschrift entgegen: wenn inan nicht wissentlich erdichte,
vollends wenn man in öffentlicher Pflicht handle, oder wenn man sich fremde
Mittheilung beziehe, so finde durch mS keine Vcrläumdung statt. Und dieser selbe
Mann wagt es nun, meine ehrliche, pflichtmäßigste Amtsthätigkeit mit der Bezeich-
nung vcrlanmderisch beschmutzen zu wollen. -
Unter solchen Umstanden gehe ich natürlich in die Sache weiter nicht ein und
wünsche nur Ermittlung und Avhülfe der von jenen ehrcnwerthen Bürgern ii, ihren
bürgerlichen Pflichten erhobenen Beschwerden. Rohe, unter meiner Würde stehende
Angriffe, wie die vorliegenden, habe ich stets mit ruhiger Verachtung abgewiesen,
unv muß, so wie neulich der Abg. Sander von einem andern Beamten erklärte
von diesem erklären, daß er sich des Rechts auf eine Antwort von mir verlustig
gemacht hat. Zu bedauern ist cs, wenn, wie tn den beiden berührten Fällen,
manche Beamten weder von den Pflichten noch von der Stellung und Würde eines
Votksabgeordneten richtige Begriffe zu haben scheinen. Noch mehr ,u bedauern iS
cs, wenn irgend Jemand glauben sollte, durch die Unannehmlichkeiten solcher ro-
hen Angriffe konnten die Abgeordnete» von der Vertheidigung der Düracr und ibrer
Rechte gegen Gewalt und Mißbrauch abgehalten werden. Freilich wtdria aenua
sind diese Berührungen mit dem Rohen und Gemeinen; widriger selbst als die
Gefahren vor der Gewalt. Aber von der Ausübung der Pflicht dürfen sie nickt
abhalten. ^
So lange dieses Herz gesund ist und der Geist frisch, und so lange Hand und
Mund ihren Dienst nicht versagen, werden auch sie mich nicht ermüden, das Recht
unv die Freiheit meines Volkes zu vertheidigen.
Der Präsident bemerkt, daß diese Eingaben an die Petitlonskommission ae-
Horen; inzwischen könne es keinen Anstand finden, dieselben zur Einsicht der Mit-
gltcder im Sekretariat aufzulegcn.
Sanver besteigt die Rednerbnhne und begründet seine Motion: Die aroßhcr-
zogliche Regierung zu ersuchen: 1) die Wiederherstellung eines gesetzlichen Zustan-
des der Presse im Großherzogthum in thunlichstcr Bälde zu bewirken; 2) von ihrer
Seite dazu beizutragen, daß in Befolgung des Art. 18, N der deutschen Bundes-
akte, der Presse in den deutsche» Bundesstaaten ein fester und freier Ncchtszustand
gegeben werde.
Wir haben bereits in Nr. 183 des MorgcnblatteS angefangen diese Beqrüi».
düng unfern Lesern mitzutheilen.
v. Jtzstein. Ich unterstütze die Motion des Abg. Sander und würde an mir
selbst verzweifeln, wenn ich nicht das freie Wort, die freie Presse, welche nicht Recht
sondern Gewalt dem Volk entzogen hat, znrücksordern würde. Uebrigens halte ich
nicht für nöthig, dem wohlbegründeten Anträge, den vielen früher« Erörterungen
über diesen Gegenstand, den vielen Werken über diese wichtige Angelegenheit noch
weitere Ausführungen beiznfngen. Wer die Augen nicht freiwillig schließen und
lieber im Dunkel, in der Unwahrheit fortwaudeln will, muß dem Anträge auf Wie-
Vergabe des freien Wortes beistunmen, er wird mit mir beklagen, wenn die Bitte
die wir abermals beschließen werden, bei der Negierung wieder keine Erhörnng
finde», wenn diese cs ferner noch vorziehcn würde, der Wahrheit die Thürc
verschließen und sich dadurch selbst die Mittel zu nehinen, die Wünsche des Volkes,
die Gebrechen der Verwaltung kennen zu lernen. Ich trage darauf an, die Mo-
tion in die Abtheilnngen zu verweisen und den Druck zu beschließen.
(Fortsr folgt.)

Tagsbcricht.
Karlsruhe, 3. Anglist. Gestern Abend ist Sc. Erl. der Mini»
ster des großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, Frhr. v.
Blitiersdorff. von seiner Badereise nach Kissingen zurück h:er eingetroffen.
Karlsruhe. Der Schnlkandidat Ludwig Brehm aus Riechen
ist auf seine Bitte aus der Liste der Schulkanbidatcn gestrichen worden.
Die neu errichtete zweite Hauptlehccrflelle an der katholischen Volks-
schule zu Darladen, Landamts Earlsruhe, ist dem Schulkandidaten
Franz Xaver Albicker von Schweuzcn, Amts Waldshut, bisherigen
Hilfslehrers zu St. Blasien, übertragen worden.
Durch das erfolgte Ableben des evangelischen Schullehrers Ulrici
von Gundclfingen ist die zur 2. l-asie gehörige Schule daselbst, Schul-
bezirks Freiburg mit dem neu regulirten Gehalt von 188 fl. io kr.
nebst freier Wohnung und einem Gulden Schulgeld von jedem Schü-
ler, worauf jedoch eine Kriegsschuld von 2 fl. L9 kr. hastet, welche der
neu ernannt werdende Schullehrer zu bezahlen hat, in Erledigung ge-
kommen; die Bewerber um dieselben haben sich binnen 6 Wochen bei
ihre Bezirksschulviffsaturen zu melden.
Berlin, 28. Juli. Ein hiesiger Bankier hatte einen seiner Com-
mis mit der bedeutenden Summe von 60 bis 70,000 Thlr. in Kassen-
Anweisungen nach Warschau geschickt. Der junge Mann, der in Po-
len mit der Post reiste, hatte um der größer» Sicherheit willen die
Geldpapiere in seinen Rock um den Leib eingenähet. Als er auf der
Reise eines Morgens im Postwagen, in welchem außer ihm nur noch
ein Passagier gewesen sein soll, erwachte, fand er sich allein mit abge-
st'.nüsenem Rocke und aller seiner Gelder entblößt. Der Bankier ist
 
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