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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 184
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0751

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717

auf die Kunde von diescm Verluste vorgestern in Begleitung rincs aus-
gezeichneten hiesigen Criminalbeamten nach Polen abgereist, um Versuche
zue Wiedererlangung seines Eigentums zu machen.
Nürnberg, 1. August. Aus einer öffentliche» Anzeige über den
Ban eines Luftschiffes von Metall m,t Dampfkraft und be-
liebiger Richtung ist folgendes zu entnehmen: Eine Gesellschaft da»
hier hat, nach gewonnener.Einsicht von der AusführungSmöglichkeit des
von dem Mechaniker Leinberger erfundenen, auf neuen, in der Ae-
ronantik noch nie angcwe >dcte» Principien beruhenoen Luftschiffes, 500 fl.
zum Bau des Bahnhofes, des großen Directions- und Nuder-
rads, und des Gaserzeugers vvrgeschessen, nun aber auch, um
das wichtige Unternehmen noch im laufenden Jahr zum Vollzug zu
bringen, 1000 fl. zu diesem Zweck deponirt; überdem sind bereits 134,
Heiiräge zu 5 fl. in Nürnberg und auswärts gezeichnet und nur noch
66 Karlen zu 5 fl. anderweit »nterzubungen.
Nach dem V llzug des Ninernehmens sollen die Karten mit 20pCt.
Benefics, also mit 6 fl., wieder eingelöst werdem Das Material zum
Ballon ist bestellt und der Bau hat bereits begonnen.
Hamburg, 1. August. Nach dem sechsten heute ausgegebenen
Verzeichnisse der bei der UnterstützungS-Behörde eingegangencu Geldbei-
träge betrugen dieselben bis zum 15. Juli Abends die Summe von
3,030,000 Bco. Mrk., oder circa 1,815,000 Rchlr. prcuß. Crt.
Paris, 2. August« Die Herzogin von Orleans hat den Wunsch zu
erkc nen gegeben, während ihrer Trauerzeit mit den zwei Prinzen, ih-
ren söhnen, den Palast Elysee Bourbon zu bewohnen, weil sie der
Aufenthalt im Pavillon Marfan zu schmerzlich an ihren großen Verlust
erinnere. Der König hat darüber die Minister gehört und dann, wie
cs heißt, der Herzogin eröffnen lassen, da cs nicht wohl angehe, daß
der Gras von Paris, getrennt von der übrigen Familie, anderswo als
in den Tuilerien weile, so solle der Florapavillon zur Aufnahme für
die Frau Herzogin und die beiden Prinzen eingerichtet werden.
ä- Der König hat 300,000 Fr. bestimmt zur Befreiung von Schul-
dengefangenen in dem Arresthaus der Straße Clichp. Ueberdem wer-
den alle Pfänder auf dem Leihhaus, die um 3 Fr. versetzt sind, auf
Kosten der Civilliste ansgelöst.
— Der König und die Königin der Belgier sind von Ncuilly ab-
gereist, um nach Brüssel zurückznkehren.
— Man hat Nachrichten aus Algier vom 25. Juli. Die östcr-
rrichi'che Fregatte Bellona, commandirt vom Erzherzog Friedrich,
war am 21. Juli von Tiieg zu Algier angekoinmen. Der Erzherzog
landete und begab sich unter Eecorte einer Schaar Jäger mit dem
österreichischen Consul nach M.dah. Am 25. Juli hat der Gcneral-
Gvuverncur Bugeaud nebst mehreren seiner Offiziere an Bord der
Bellona zu Mittag gespeist.
Ostende, 31. Juli. Nachstehender fürchterlicher Vorfall ist der
Gegenstand der allgemeinen Unterredung. M. D., Chef der letzten El-
senbahü Station, war schon seit Langem hinterbracht worden, daß zwi-
schen seiner Frau und einem Seekadetten, Namens L..., ein unerlaub»
ter Umgang bestehe. Entschlossen, sich von der Wahrheit zu überzeugen,
nahm er «ne Reise nach Brüssel zum Vorwände. Er ging mit
der Eisenbahn bis^Brügge und kehrte dann auf einem andern Wege
zurück. Aus der Station vernahm er, daß L... sich erkundigt habe,
ob D... abwesend sei und wie lange er es sein werde. D... ver-
barg sich in einem Wagen und begab sich zwischen 11 und 12 Uhr,
wit zwei Pistolen bewaffnet, ,'n sein Haus. In seiner Schlafstube an-
gekommen , überzeugte er sich vgi, der Untreue seiner Frau; er schoß
auf den jungen L... und verletzte ihn schwer; mit einem zweiten
Schüsse todteie er ihn völlig. Hiermit begnügte sich aber die gerechte
Rache des Mannes nicht; er verließ das Zimmer und schloß seine Frau
bei der Leiche ihres Mitschuldigen ein. Diesen Morgen bei Tagesan.
bruch berief Herr D... Zeugen, um die Thatsachen zu konstatiren und
entbot die Behörden, denen er den Hergang zu Protokoll gab. D...
ließ sich freiwillig ins Gefängniß bringen; seine Frau ward ebenfalls
dahin geschafft.
Brüssel, 2. August. Der Eroberst Parent ist vom Assiscnhof zu
Brüssel wegen Verläumdung des Assisenpräsidenten Page und der Jury
rn der Comfllottsache zu dreijährigem Gefängniß verurthcilt worden.
St. Petersburg, 26. Juli. Der kaiserliche Hof hat vorgestern
die Trauer für Se. k. Hoh. den Herzog von Orleans aus 12 Tage
Die Nachricht von dem Ableben des Herzogs von Orleans
ist hur am 23. d. M. mit dem Dampfboot aus Havre angekommen
und hat auch hier sehr viel Theilnahme erregt.

Eine Anstellung.
(Fortsetzung.)
Der neu Angekommene ging eine Treppe hinauf und stellte sich un-
bekümmerten Blickes auf ein?,, Platz im ersten Stocke, welcher statt ei-
nes Vorzimmers diente; hier blieb er zwei Stunden lang allein. End-
lich kamen die Büreaudiencr an, dann die Supernumerarien, die Er-
pcditwnärs, die Commis, die Unterchefs, die Edeis der Bureaus, der
Dioistonschef; die im Range höher Stehenden natürlich zuletzt, die an
Gehalt niedriger Stehenden, wie sich von selbst verficht, zuerst. —
Die Bureaudtcner schienen Anfangs verwundert, ei» Gesicht zu sehen,
was ihnen ganz unbekannt war; der neue Ankömmling aber behaupte-
te und versicherte, daß er dasselbe Recht, wie sie habe, den Dienst zu
versehen, da aber jeder von ihnen einen bestimmten Platz, einen Tisch
und einen Studl hatte, sn blieb er stehen um Niemand zu belästigen.
Er schwn jedem Gespräch: ausweichen zu wollen, weil er fürchtete,
daß er hier zu nähern Erörterungen gedrängt werden würde; dagegen
zeigte er sich überaus gefällig; die Büreauoiener konnten sich nach ih-
rer Gemächlichkeit ausruhen und müßiggehcn. er übernahm mü größ-
ter Zuvorkommenheit ihre Geschäfte und gefiel ihnen durch dielen Ei-
fer nicht übel. In den Büreaus betrachtete man ebenfalls mit Ver-
wunderung den neuen Diener, dessen Name Allen unbekannt war.
Auf einige Fragen, die an ihn gerichtet wurden, antwortete er mit
einer Art von zweideutiger Offenheit und in einer solch ausweichenden
Weise, daß cs immer ungewiß blieb, was wahr, und was nich wahr
sey. So ging am ersten Tage Alles vortrefflich, und er merkte sich
mit vieler Umsicht die ganze Einrichtung der Büreaus.
Am andecn Tage erschien er wieder auf seinem Posten und dieß-
wal grüßte er schon den Schweizer; drei Tage nachher lächelte er ihn
an uno warf chm einen wohlwollenden Blick zu.
Seinen Dienst versah er fortwährend mit der größten Pünktlichkeit;
er hatte sich einen Platz und einen Stuhl verschafft und von Hause
brachte er sich einen Tisch mit, denselben, an welchem seine Familie
ihr Mahl cinzunehmci! Pflegte, ein einfaches Möbel von weisem Holze,
welches er sich vor vielen Jahren bei seiner ersten häuslichen Einrich-
tung «»geschafft hatte.
Wer diese Oibnungcn sah, dachte nicht anders, als daß er Recht
und Fug habe, diese Stelle einzunebmen. Nur das Amtskleid fehlte
ihm »och, und er betrachtete deßhalb immer mit Begier das Kleid,
welches diejenigen trugen, welche er seine College» nannte. Dicß war
ein Gegenstand, der »hm viel Schmerzen verurschte. Trübsal anderer
Art blikd auch nicht lange aus.
Das Ende des Monats kam heran und mit ihm die Freuden der
Gchalisausiheckung; unter seinen Augen ging die Auszahlung vor sich,
nur er — allein unter allen — bekam Nichts.
Seine College» staunten — aber sie schwiegen, aus egoistischer
Rücksicht aus sein gefälliges, dienstfertiges Benehmen.
Unter den Zeugen dieser sonderbaren Ausnahme, die ihm bei der
Auszahlung widerfahren, befand sich aber auch ein junger Büreauchef,
welcher schon öfters versucht hatte, das räthselhafte Dunkel, welches
über dieser geheimnißvollen Person schwebte, aufzuklären. So oft ge-
schellt wurde, war es immer der Unbekannte, welcher zuerst herbcieilte,
auf jede Frage aber, antwortete er immer ungefähr in dieser Weise:
— J,l der Herr unzufrieden mit mir?
— Nein; aber so sagt denn endlich cimal, wer seyd Ihr denn?
— Ich thue mein Möglichstes.
— Ich gebe das zu, aber wo kommt Ihr denn her?
(Schluß folgt.)

Buntes.
ff Dem Fremden fallen in Meriko die Modehandlungen auf, denn
in diesen sieht er nicht selten zwanzig bis dreißig gr»ße starke Männer
mit Schnurrbäten — welche Muslinhäubchen, Blumen re. verfertigen.
ff Man schreibt aus Leipzig: „Am zwanzigsten vorigen Monats er-
reichte die hiesige homöopathische Heilanstalt, nach langwierigem Siech-
thum, ihr Ende. Von Hahnemann verketzert-, von einem ihrer früher
vorstehenden Aerzte lächerlich gemacht und verrathen, und endlich von
den beitragenden Mitgliedern nur mit homöopathischen Gaben bedacht,
mußte sie aufhören. —
 
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