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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 204
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0832

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628

bedauert übrigens, daß die Diskussion dieses Berichtes heute vorgenommen werde,
wo der Berichterstatter (Welcker) durch Unwohlsein verhindert ist, in der Sitzung
zu erscheinen.
Weller bemerkt, daß Bestimmungen eines Gesetzes durch eine bloße Verord-
nung abgeändert werden können.
Ministerialrath Ziegler entgegnet, daß die Erekutionsordnnng vor der Ver-
fassung erlassen sei, zu einer Zeit, wo man nicht so genau zwischen Gesetzen und
Verordnungen unterschied und manche Bestimmungen in Gesetzen aufnahm, die nach
den heutigen Begriffen in die Vollzugsverorvnung gehören.
Hecker erklärt sich gegen die Behauptung, daß Gesetze, welche vor der Ver-
fassung erschienen sind, auf dem Wege der Verordnung abgeändert werden können.
Der Antrag der Kommission wird hierauf angenommen.
2) Die Kommission reklamirt ferner die höchste Verfügung vom 24. Febr. d. I.,
wodurch die Staats- und Kirchendiener angewiesen werden, vor Annahme einer
auf sie fallenden Wahl die Zusicherung des Urlaubs nachzusuchcn.
Nindeschwender hat den Auftrag des Abg. Welcker, die Kammer zu bit-
ten, den Gegenstand während seiner Abwesenheit nicht vorzunchmen.
Geh. Nef. Eichrodt ist damit einverstanden, La er die Ausführung des Be-
richts wegen einer Stelle, die er für die Regierung wie für die erste Kammer ver-
letzend hält, angreifc» wcrce.
Die Diskussion bleibt hiernach ausgesctzt.
Bader übergibt den Bericht über den Eisenbahnbau zum Druck.
Der Präsioent bemerkt, daß zwei Mitglieder noch im Laufe der Sitzung zu
wählen seien, um den Präsiventen bei Ueberreichung des Gesetzentwurfs über das
Steuerausschreiben für den Monat September zu begleiten.
Das Loos fällt auf die Abg. Martin und Böhme.
Diskussion des von dem Abg. Zittcl erstatteten Berichtes über den sechsten
Antrag des Abg. Welcker -mm Einführung volkömäßiger Friedens- oder Vcrgleichs-
behörden zur Verminderung der sich täglich mehrenden, verlängernden und kostspie-
lig werdenden, so unendlich verderblichen Prozesse.» Der Bericht bezieht sich auf die
Verhandlungen des Landtages von 1837 über diesen Gegenstand; er schildert die
nachtheiligen Folgen der in Folge des hochgesteigerten Standpunktes der Rechtswis-
senschaft vermehrten Prozesse für die ökonomischen, moralischen und rechtlichen Zu-
stände des Volkes und betrachtet die Vergleichsgerichte als ein Organ, welches dem
Volke gegeben werden soll, um sein wahres Rechtsgefühl jener äußerlichen Gesetz-
lichkeit gegenüber auszusprechen. Das Ergebniß der weiteren Ausführung,n des
Berichtes findet sich in folgendem Anträge der Kommission. „Seine Königliche Ho-
heit den Großherzog in einer unterthänigen Adresse ehrfurchtsvoll um die Vorlage
eines Geseßes zu bitten, welches folgende Bestimmungen enthält: 1) Es werden in
allen Gemeinde» des Großherzogthums Schiedsgerichte eingesetzt, durch welche eine
außergerichtliche Beilegung von «Streitfällen versucht werden soll. 2) Jedes dieser
Schiedsgerichte besteht aus einer Anzahl in dem Orte wohnender, von der Gemeinde
frei erwählter, aber von der Staatsbehörde bestätigter Staatsbürger. 3). Die
Schiedsgerichte sind von den Gerichten getrennt und mit keinen richterlichen Attri-
butioncn bekleidet, aber als öffentlich konstituirt zu betrachten. 4>An sie sind alle
Streitsachen zu bringen, bevor ein Prozeßverfahren eingclcitet werden kann; diese
Nöthigung erleidet jedoch folgende Beschränkungen: a) Niemand kann gcnölhigt
werden, seine Sache durch ein anderes Schiedsgericht verhandeln zu lassen, als
durch das seines Wohnortes, oder vor einem andern als diesem zu erscheinen.
(Wenn aber ein auswärts wohnender Bethciligter sich freiwillig an das Schiedsge-
richt des Wohnorts des Gegners wendet, so muß dieser die Vermittlung entneh-
men.) d) Ausgenommen hievon sind nicht blos solche Streitfälle, welche sich ihrer
Natur nach nicht vor ein Schiedsgericht eignen, wie Concnrssachen, bürgerliche
Standesklagen und Interventionen, sonder» auch solche, in welchen eine Verzöge,
rung der Klage ohne Rechtsnachtheile nicht möglich ist. c)'Es wiro gesetzlich eine
möglichst kurze Frist bestimmt, nach deren Ablauf der Kläger nicht mehr gehalten
ist, vor dem Schiedsgerichte zu erscheinen oder seine Klage zu verschieben.
Die Schlußworte des Berichtes lauten wie folgt: Meine Herren! Blicken Sie
auf das mannigfache Verderben, welches aus den, sich steigernden Prozeßgeiste her-
vorgcht, auf die Verluste an Geld unv Zeit, welche so schwer auf dem Wohlstände
lasten, auf die Störung des Friedens, die oft auf Generationen sich foripflanzen-
Len Feindseligkeiten und Zerwürfnisse, auf die beklagenswerthe Abstumpfung des
wahren Rechtgefühls unter dem Volke, und die Verdrängung des ächten deutschen
Biedersinnes durch eine kalte formelle Gesetzlichkeit; und ergreifen Sie das Mittel,
welches, obgleich nicht das einzige, doch gewiß eines der wirksamsten sein wird,
diesem vielbeklagten Uebel zu steuern, dazu ein Mittel, welches mit keinen Kosten
verbunden, in seiner Ausführung sehr leicht ist und von dem Volke allgemein ge-
wünscht wird; ertheilen Sie dem Anträge auf Einführung von Schievsgerichtcn
ihre Zustimmung, und bieten Sie damit dem Volke eine eben so freundliche, als
für die Folgezeit segensreiche Frucht des Landtages von 1842.
Zu dem Antrag l wird nichts erinnert; zu Ziffer 2 bemerkt Nindeschwender,
er würde cs für angemessen halten, wenn auch Männer aus den nächstgelegeneu
Orten gewählt werden dürfen.
Meyer unterstützt diesen Zusatz. (Fortstzg. folgt)

Carlsruhe, 23. August. ^ 44. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Bekk. Regierungskommlssion: Geh. Kriegsrath Vogel, Hauptmann v. Böckh,
Ministerialrath Ziegler.
ES werden Petitionen angezeigt und übergeben: vom Sekretariat: 1) eine
Petition des Spnagogenratho der israelitischen Gemeinde Mannheim, Ertheilung
des Religions-Unterrichts an die israelitischen Schüler der höher« Bürgerschule in
Mannheim betreffend; 2) eine Petition des Melchior Hahn in Grünsfcldzimmcrn,
Amts Gerlachsheim, Beschwerde gegen Amtmann Gaß, wegen willkührlicher An-
ordnung; 3) eine Petition des Altvogts Barth in Lauf, Amts Bühl, wegen Wald-
kultur und Zehntablösung; 4) Zwei Petittonen der Gemeinde Rauenberg, Malsch,
Philippsburg rc., ») das Stirum'sche Legat, insbesondere dessen Ausfolgung und
Verwendung der Zinse für arme Schulkinder betreffend; i>) Absonderung dieser Ge-
meinde von der allgemeinen Brandversicherungskasse und Bildung einer eigenen
Anstalt betreffend. Vom Abg. Nindeschwender: eine Petition vieler Bürger in
Mundklfingcu, Bachheim, Döggingen, Einführung einer Landwehrverfassung betr.

vom Abg. Junghanns: eine Petition der Paprerfahrikanien Wilhelm Waancr
Philipp Becker und Jacob Dretkens Wittwe in Dallau und Mosbach, Schutz ge-
gen die Ausfuhr von Lumpen betreffend; vom Abg. Schanzttit: l) eine Petition
der Gemeinden Grcsgen, Naich, Elberschwand, Solneck und Cadenburg, Vcfördc-
rung eines Straßengcsetzes betreffend; 2) eine Petition der Hafnerzunft in ^„dern,
Lörrach und Schopfheim, Einfuhr des Hafner-Erdegcschtrrs aus der Schwei, und
Hausiren betreffend. °
Posselt bemerkt, daß er in dem Vortrage des Abg. Hecker, Nr 119 der Land-
tagszeitung, S- 469, die Aeußernng gelesen habe, die Minister dürften als rechen-
schaftspflichtig nicht --mit hohlen Theorien, mit leerem Geschwätz» um sich werfen.
Diese Aeußerungen habe er in dem Vortrage nicht gehört, sie wären ungeeignet
und er wolle daher Anlaß geben, dieselben zu berichtigen.
Hecker erinnert sich nicht genau, ob er diese Ausdrücke gebraucht oder
nicht; habe er sie gebraucht, so bezogen sie sich jedenfalls nur auf die Aeußerungen
der Minister in den Cirkularien gegen die aufgelöste Kammer, in dem Sinne, daß
die Minister jener Kammer hohle Theorien und leeres Geschwätz vorgeworfen
haben.
v. Iß stein hat den Ausdruck --leeres Geschwätz» nicht gehört, wohl aber vir
Worte --hohle Thcorien.»
Der Präsident bemerkt, daß nach dieser Erklärung die Sache auf sich b».
ruhen könne.
Nindeschwender verliest den Bericht der Kommission über die Motion dos
Abg. Sander auf Preßfreiheit.
Diskussion des von dem Abg. Mathp erstatteten Berichtes über das Budget des
Kriegsmimsterinms.
Die ganze Sitzung war der allgemeinen Diskussion dieses Gegenstandes gewid-
met. Dieselbe verbreilete sich auch über den ersten Antrag der Kommission, die
Kammer möge den Mehraufwand (für die Erhöhung des Dienststandes nach den
neuesten Bunoesbestimmungen) als vorübergehend für die ganze Budgetperiode be-
willigen, dagegen die kräftigste Verwahrung gegen eine längere Dauer desselben
ln einer besonderen Adresse niedcrlegcn und zugleich die dringende Bitte um Vor-
lage eines Gesetzentwurfs an den nächsten Landtag über Einrichtung einer Landwehr,
als zweckmäßigste LandeSvcrtheioigung und als das beste Mittel zur Verminderung
des Aufwandes für das stehende Heer aussprcchen. — Dieser Antrag wurde am
Schluffe der Sitzung mit allen gegen zwei Stimmen angenommen. Die Abgeord-
neten Fauth und Schaaff, welche dagegen stimmten, erklärten, daß sie nur mit der
Form einer Verwahrung nicht einverstanden seien.
Oie Diskussion wurde von Seiten der Regierungs-Kommission (Geh- Knegs-
rath Vogel unv Hauptmann v. Böckh) eröffnet, welche» die Abg- Mathp und
Hoffman» erwicderteu. An der weiteren Verhandlung nahmen vle Adg. Bas-
sermann, G o ttsch a lk V o g e l »I a n n , Mordes, Sander, v. Jtzstcln, Tie-
furt und Schaaff Theil, so wie die Herren Kommissäre der Regierung.

Tagsöerichr.
Enrlsl-'tthe, 25. August. Das großherzogliche Staats- und Re-
gierungsblatt Nr. XXIV. vom Gestrigen enthält ferner:
Nachstehende Dienst Nachrichten:
Seine Königliche Hobelt der Großherzog haben dem Be-
zirksförster Baumann in Wattcrdingen die Bezirkssorftei Markdorf,
und
dem standcsherrlichen Bezirksförstcr Sattele zu Fischerhaus die
Bezirksforstei Engen gnädigst übertragen;
den Brückengeld-Erheber Camcralassistenten Bark zu Mannheim
zum Erpeditor bei der Zollmrcction zu ernennen;
die kath. Pfarrei Schonach, Amts Trpberg, dem Pfarrer Alois
Huf schmid zu Lenzkirch gnädigst zu übertragen geruht.
Sodann noch folgende Stellen, die zur Bewerbung bekannt ge-
macht werden:
1) die Obereinnehmerei Hornberg;
2) die Bezirksforstei Bohlingen;
3) die Stelle eines katholischen Stiftungsrevifvrs bei der Regie-
rung des Oberrheinfrcises;
L) die kath. Pfarrei Balzfeld, Amts Wieöloch;
5) die Pfarrei Lenzkirch, Amts Neustadt;
6) die kalb. Pfarrei Hundheim, Amts Tauberbischofsheim;
7) die evangelische Pfarrei Bodstadt;
8) die evang. Pfarrei Niefern, Deeanats Pforzheim;
9) die evang. Pfarrei Nonnenweier, Deeanats Mahlberg;
10) das evang. Diaconat Untcrfchüpf.
Bom Mhcsn, 23. August. Glaubwürdigem Vernehmen nach
wird Se. Durch!, der Fürst Metternich gegen Ende dieses Monats auf
Johannisberg eintrefsen, um wenige Tage nach seiner Ankunft daselbst
in das preußische Heerlager sich zu begeben und den Festlichkeiten am
Rheine bcizuwohnen.
Luzern. Nach dem Eidgenossen soll sich im Kanton eine kräftige
Opposition gegen Einführung der Jesuiten unter Leuten beider Par-
teien bilden.
Wien, 21. August. Der Prinz Wasa, welcher vierzehn Jahre
in der k. k. Armee unentgeldliche Dienste leistete, hat nun, und zwar
aus eigener Bewegung Sr. Mas. des Kaisers, den Feldmarschall-Lica-
 
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