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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 217
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0885

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883

Ehelicher Himmel.
Ein Ehestands-Gespräch, die Reise ins Bad betreffend!
Sie. Wir reisen doch im kommenden Jahre wieder ins Bad, lie-
bes Kind?
Er. Ich dächte, wir bleiben in Zukunst zu Hause, meine Liebe.
Sie. Aber warum willst Du nicht, mein Schatz?
Er. Ich habe keine Lust, mein Engel!
Sie. Keine Lust, mein Bester?
Er. Ich kann es nicht bestreiten, liebes Herz!
Sie. Warum nicht bestreiten, lieber Mann?
Er. Es kostet unendlich viel, liebe Frau.
Sie. Entsetzlich viel! Und der Assessor Weber geht doch wieder,
wie er sagt, mit feiner ganzen Familie ins Bad, das weißt du, Mann.
Er. Ja, der Assessor ist ein Narr, und seine Frau nicht besser als
er — Frau!
Sie. Sie sollten doch von meinen Freunden nichts Böses reden —
mein Herr!
Er. Ich will das Beispiel ihrer Freunde nicht nachahmen —Ma-
dame!
Sie. Wenn Sie nicht Hinreisen wollen, so will ich, damit Punk-
tum Herr Gemahl!
Er. Gut, aber ich gebe Ihnen keinen Heller dazu, Frau Ge-
mahlin.
Sie. Das kann man von Ihnen haben — Sie — Sie Tyrann.
Er. Lassen Sie mich in Ruhe — Sie — Sie — Sie Lantippe!
(Schlägt die Thüre zu, und geht ab — Griseldis weint!)

V u ri t e S.
f- Das beste Mittel gegen Bienen-, Wespen-, o. s. w. Stiche soll
kor Honig sein, mit dem man die verwundete Stelle reibt.
fl Der königliche Pflanzengarten in Paris hat neulich ein Geschenk
mD einem lebendigen dreibeinigen Bock erhalten, der so leicht geht,
als wenn er vier Beine hätte. Statt der beiden »ordern Beine hat
er nur eins und ziemlich in der Mitte der Brust, so daß er beim Gan-
ge nicht aus dem Gleichgewichte kommt.
fl In Paris ist jetzt eine absonderliche Spekulation auf die Frei-
heiiöliebe der Französen in Gang gekommen. Die Sache ist sehr spaß-
haft. An Spaziergängen und öffentlichen Plätzen sitzen Weiber mit
Käsigen, die von Vögeln wimmeln. Sie bieten dieselbe nicht zum Kauf,
sondern zum Freilassen. „Die armen Gefangenen!" heißt es; „o wie
schön die Freiheit!" Die Bcfreiungspreise sind aber verschieden. So
kostet ein freigegebener Spatz 2 Sous, eine Schwalbe 6 Sous rc. Es
finden sich immer gefühlvolle Frauenzimmer und Kinder, die ihre Sous
auf diese Weise anbringen, und eine sehr schätzbare Ucberzeugung „et-
was Gutes gestiftet zu haben" mit nach Hause nehmen. Die Weiber,
die täglich die Vögel einfaugen lassen, stehen sich sehr gut dabei.
fl Es ist wieder ein chinesisches Aktenstück angekommenf eine kaiser-
liche Proklamation, in welcher cs unter Anderem heißt: „Voriges Jahr
hat die ausgesandte Armee sechs Tage und Nächte hinter einander mit
dm Engländern in Ting-Hai gekämpft und unzählige barbarische Ban-
diten in der Schlacht gctödtet. Was die übrigen Truppen betrifft,
welche aus anderen Provinzen kommen, so müssen die Offiziere fähig
sein, sie einzuüben und ihren Much anzufeuern. Aber, warum laufen
sie weg, ehe sie zur Schlacht kommen? die rebellischen Barbaren sind
weder stark noch tapfer; warum sollen sie denn nicht auSgcrottet wer-
den? Es sollen Belohnungen und Strafen gerecht vertheilt werden.
Zu diesem Zwecke habe ich 50 große Pfaufedern, 50 blaue Pfaufedern,
80 Daumcnringe, 40 Rohrfedern, 90 kleine Messer, 75 Tabaksbeutel
und Flintnsteme, 60 Knöpfe vom sechsten Range und 80 Knöpfe vom
siebenten Range ins Lager geschickt."

1- Kürzlich rannten an dem Strande von Tramore eine kurzsichtige
Dame und ein kurzsichtiger Mann aneinander, baten sich um Verzei-
hung, machten Bekanntschaft und heiratheten sich. — Kurzsicht^keit ist
übrigens der Grund der meisten Heiratheu.

fl Die Urbewohner der Insel Sumatra, welche die innern Gebirg,
bewohnen und Battas heißen, sind wirkliche Menschenfresser. Bei ih-
ren abscheulichen Festen verzehren sie das noch zitternde Fleisch der Kriegs-
gefangenen, so wie der Verbrecher. Die Unglücklichen, deren Kopf
mit einem Stück Zeucheö, mit einer großen Schüssel voll Salz und
Citronensaft bedeckt wird, werden an einen Pfahl gebunden, um den
sich die Battas mit gieriger Wuth herumdrängen. Man wirft mit Lan-
zen nach ihnen, und wenn sie töbtlich verwundet sind, so stürzen sie
auf sie los, hauen sie mit ihren Messern entzwei, tunken die Stücke
davon in das Salz und den Citronensaft, lassen sic leicht rösten und
verschlingen sie mit wilder Bezirke.

fl In Magdeburg debütirre neulich ein in der ganzen Stadt be-
kannter Koch als Hofmarschall Kalb unter dem fürchterlichsten Geläch-
ter des zahlreich versammelten Theaterpublikums. Bei der Stelle in
der Rolle des Kalb: Aber was soll ich denn machen? Sie sind ein
fiudirter Mann, Herr Präsident! aber wenn Seine Durchlaucht mich
morgen aus dem Hvfoienst entlassen, was fang ich dann an? — gab
eine Stimme tactfest und sonor die Antwort: „Nun, so kochst du wie-
der Mehlsuppen." Der Jubel im ganzen Theater über diese treff-
liche Kritik war ein beispielloser. Der Koch betritt die Bühne nicht
wieder.

fl Der unermüdliche Wasserfreund Professor Dr. Oertel in Ans-
bach hat eine kleine Schrift: „über die unglückliche Fahrt und Cur des
Herzogs von Orleans," Nürnberg b. Campe drucken lassen, worin er
behauptet: wenn man den Verunglückten, anstatt mit Aderlässen, Blut-
egeln und starken Arzneien, nur mit frischem Waser behandelt hätte,
so würde er wohl den Seinigen und Frankreich erhalten worden sein.
Der Beweis ist freilich nicht wohl zn geben.
fl Ein angesehener Kavalier war durch leichtfertiges Spielen so in
Schulden gerathen, daß er mit seinem ganzen Vermögen auch nicht
den zehnten Theil derselben tilgen konnte. Seine Gläubiger beschlossen,
ihn in Masse zu bestürmen und zur Bezahlung aufzufordern. Als sic
den Juden Aaron an der Spitze bereits in das Vorzimmer des Kava-
liers eingcdrungen waren, und derselbe ihnen nicht mehr entrinnen
konnte, löstet er sich durch einen Pistolenschuß. Ach, schrie Aaron,
dem nun ein Strich durch die Rechnung gemacht war, ach! auf sich
hat er geschossen und unü hat er getroffen.
Ein Werwaltung-rath.
Auf dem Dampfschiffe der kölnischen Gesellschaft „Stadt Kehl,"
hat am 18. August auf der Thalfahrt zwischen Jffetsheim und Mann-
heim ein Auftritt ganz eigenthümlicher Art statt gefunden. Die Passa-
giere wurden nämlich vorab wie gewöhnlich befragt, ob sie an der
Tadle ck'dote kpeisen würde», unv demzufolge gegen 1 Uhr in die Ca-
jüte verwiesen, wo für zwanzig Personen gedeckt war. Die Bedienung
bei Tische war aoer so mangelhaft, daß nur nach großen Zwischenräu-
men etwas aufgetragen wurde, und selbst dann noch vereinzelt, so daß
die zusammengehörenden Speisen nicht einmal gleichzeitig aufgesetzt wur-
den. Die allgemeine Mißbilligung, die sich darüber aussprach, veran-
laßt Mehrere, sich bei dem Capitain über diese nachlässige Bedienung
zu beschweren, was indessen zu nichts führte. Doch hörte man bei die-
ser Gelegenheit, daß man die Ehre habe den Verwaltungsrath Herrn
C — an Bord zu haben, der diese Unordnung verschulde, weil der-
selbe auch eine Tafel für sich und sechs Andere oben auf dem Verdeck
habe anrichten lassen, welche die aus 2 Personen bestehende Tischbe-
dienung mit oder vielleicht vorzugsweife in Anspruch nehme. Einige
spätere Erörterungen mit dem betreffenden Herrn Verwaltungsrathe ver-
anlaßt« ihn am Ende hinsichtlich der Beschwerde eines der Betheilig-
ten zu sagen:
„und wenn sie damit nicht zufrieden sind, so gehen Sie zum
Teufel!"
Einer solchen Sprache und einem solchen Benehmen, sollte man
sagen, müsse man von Seiten eines VerwaltungS-Raths, als im
Dienste der Dampfschifftahrths - Gesellschaft stehend, nicht ausgesetzt sein,
so daß durch die Veröffentlichung dieses Verfahrens mancher für die
Folge so vorsichtig sein wird, ehe er ein Dampfschiff der kölnischen Ge-
sellschaft besteigt, sich zu erkundigen, zur Verhütung ähnlicher oder an-
derer Unannehmlichkeiten: ob nicht auch ein Verwaltungsrath sich
auf dem Schiff, befinde? - (Rheinland.)
 
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