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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 197
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0802

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798

die Materialien bei der Regierung hinreichend vorhanden seien. JunghaunS und
Schaaff außer» sich noch über diesen Gegenstand, worauf der Antrag der Kommis,
sion einstimmig angenommen wird.
Beschwerde von 63 Bürgern von Bettmaringen, Amts Bonndorf, die Benu-
tzung ihrer Waldungen betreffend. Die Petenten haben sich noch bei keiner höheren
Behörde als dem Forstamte beschwert. — Tagesordnung.
Posselt berichtet 1) über die Bitte der Wittwe deS Landchirurgen und Bür-
gcrmeisters Väth in Kütsheim, Amts Tauberbischofsheim, Erhöhung ihres Witt-
wcngehalts betreffend. Die Kommission findet den Anspruch an den Staat nicht
gegründet, und verweist die Petentin auf ein Gesuch an die betreffende Stelle um
Unterstützung ans dem Gratialfond. — Tagesordnung.
2) Zur Bitte deS eschloffermeisters Melchior Seebcr zu Hardheim, Entschädi-
gung wegen Räumung seines Hofes betreffend. Da das Gesuch nicht enthört ist,
geht der Antrag aut Tagesordnung.
Bissing. 1) Zur Bitte des Sebastian Schäfer in Neuthart, wegen gesetzwi-
drigen Verfahrens bei einer gegen ihn vollzogenen Gant. Da es sich um eine
Justizsache handelt, wird die Tagesordnung beschlossen.
2) Zur Bitte der Gemeinden Muckenthal u. a. Die Auflösung der Gemeinde
Rineck, Amts Mosbach, betreffend. Der Gegenstand ist schon ans früheren Land-
tagen gründlich erwogen worden. Der Antrag geht, wie früher, ans Uebcrwcisung
an das Großherzogliche Staatsministerium. (Forts, folgt.)

Carlsruhc, l9. August. Einundvierzigste öffentliche Sitzung der zweiten
Kammer. Vorsitz Präsident Bekk. — (Vorläufiger Bericht.)
Gegenstand der Sitzung war die Diskussion über die Motion des Abg. V. Jtz»
stein, die Reskripte betreffend. Das Resultat der Abstimmung war, daß der Kom-
miffionsantrag (Siehe Morgenblatt Nr. 176 Seite 712) mit 34 gegen 24 Stim-
men angenommen wurde.
Folgendes ist die namentliche Abstimmung.
Dafür stimmten: Bader, Baffermann, Baum, Binz, Bissing, Blankenhorn-
Äraft, Bleidorn, Dörr, Gerbel, Gottschalk, Grether, Hecker, Helbing, Hoffman»,
Hundt, v. Jtzstein, Knapp, Lenz, Martin, Mathy, Meyer, Mördes, Müller, Pos-
selt, Reichenbach, Richter, Rindeschwender, Sander, Schmidt, Wclcker, Weller,
Welte, Zittcl, Züllig.
Dagegen stimmten: Bannwarth, Böhme, Fauth, Fischer, Gastroph, Goll,
Herrmann, Jörger, Junghanns, Lang, Leiblcin, Löffler, Metzger, v. Neubronn,
Platz, Rettig, Schaaff, v. Stockhorn, Seltzam, Trefurt, Vogelmann, Waag,
Wagner, Wetzel.
Abwesend waren: Regcnauer, Schanzlin.

Tagsbericht.
* Gerchsheim, Amts Grrlachshcim, 16. August. Bei uns ist die
Dürre so groß, daß sie endlich Besorgnisse erregt. Aecker und Wiesen
sind kahl und gleichen einer Wüste; die Hälfte Vieh mußte schon ab-
geschaft werden. Die Früchte halten sich gleichwohl in mäßigen Prei-
sen. Neues Korn ist zu 6 fl. pr. Malter zu haben. — Man war schon
lange auf eine höhere, jedoch auf keine solche hohe Hundstare gefaßt
wie sie die großh. Regierung in der Ständekammer beantragte. Unsere
müßigen Leute, die gern ungestört nächtliche Gewerbe treiben, freuen
sich auf das große in Aussicht stehende Hundsblurbad, daß aber auf
Dörfern so viele, und auf Höfen so wenige nächtliche Diebstähle Vor-
kommen, wird wohl daher rühren, weil Hunde bessere Wächter als die
Menschen sind.
Carlsruhe. Der erledigte katholische Schul-, Meßner- und Or-
ganistendienst zu Umkirch, Landamts Freiburg, ist dem Hauptlehrer
Friedolin Schlupp zu Sadbach, Amts Breisach, Übertrager, und da-
durch ist der katholische Schul-, Meßner- und Organistendienst zu
Sadbach, AmtS Breisach, mit dem gesetzlich regulirten Diensteinkommen
von 173 fl. jährlich, nebst freier Wohnung und Antheil am Schulgeld,
welches bei einer Zahl von etwa 183 Schulkindern auf ein jährliches
Aversum von 90 fl. zur Zeit festgesetzt ist, erledigt worden. Die Com-
petenten um den letztgenannten Schuldienst haben sich bei der Grund-
Herrschaft von Girardi zu Sadbach, als dem Patron, innerhalb 6
Wochen nach Vorschrift zu melden.
Durch die Versetzung des Schullehrers Hettmannspergr nach
Wolsenweiler ist die in die dritte Klaffe gehörige evangelische Schullehr-
stelle zu Hornberg, Bezirksschulvisitatur Hornberg, mit einem Gehalt
von 230 fl. nebst Wohnung und dem gesetzlichen Antheil an 45 kr.
Schulgeld, von jedem Schulkind in Erledigung gekommen. Die Be-
werber um dieselbe haben sich binnen 6 Wochen bei ihren Bezirköschul-
visitaturen zu melden.
Magdeburg, 15. August. Leider ist in unserer Nähe wieder
ein sehr großes Brand-Unglück eingetreten, das den Beistand der
Menschenliebe mehr in Anspruch nimmt, als alle andere Unfälle der Art,
von denen bereits diesen Sommer berichtet wurde. Die zum Negie-
rungs-Bezirk Magdeburg gehörende Stadt Möckern (nicht mit dem
gleichnamigen Ort bei Leipzig zu verwechseln), ungefähr 200 Häuser
und 1100 Einwohner zählend, ist vorgestern, bis auf 15 Häuser in
dem alten Theile des Städtchens, ein Raub der Flammen geworden.

Paris, 17. August. Der Bericht über das Regeutschastsgesctz ist
nicht so ausgefallen, wie cS Dupins großer Ruf erwarten lieg. Die
wesentlichen Schwierigkeiten der Frage werden umgegangen. »einig, ns
hat die Kammer den Bericht mit Ruhe angchört: man ist einig, den
Gcsetzvorschlag ohne lange Diskussion anzunehmen. Die Parlamenta-
rischen Gefechte bleiben für die nächste Session ausg> sitzt. Des Dpu-
tirten Lherbetie Antrag, wornach es noch vor der Beratvnng über y».
Regentschaft zu Interpellationen, d. h. zu einem Angriff auf das Ca-
binet Guizot, kommen sollte, ist mit großer, Stimmenmehrheit verwor-
fen worden. Thiers und Barrol hatten sich verstanden, die unzei-
tige Proposition nicht zu unterstützen. Die Debats sind dafür h ute
sehr zufrieden mir der friedlichen Tactik der Opposition.
— Es herrschen gegenwärtig viele Krankheiten in dieser.Hauptstadt;
alle Spitäler sind stark besitzt.
London, 15. August. Die Unruhen in den Fabrikbezirken neh-
men einen ernsten Charakter an. Die Aufregung nimmt zu und hat
bereits eine politische Bedeutung erlangt. Es sind nicht mehr bloß die
Arbeiter, die sich über Lohnherabsetzung beschweren, sondern die
Chartisten, die den ganzen Socialzustand krank finden und auf ihre
Weise heilen wollen, denen die Regierung durch strenge Maßregeln
entgegentreten muß. Man hat Truppen in Bewegung gesetzt, die Un-
ruhen mit Gewalt zu stillen. Bon Stunde zu Stunde lauten die Nach-
richten bedenklicher. In den Straßen von Preston ist es zu einem Ge-
fecht gekommen mit Arbeiter und Chartisten, wobei etwa 13 Indivi-
duen auf dem Platz blieben. Nach dem letzten Cabinetsconsiil wurde
sofort Befehl gegeben, daß von Woolwich ans eine Abtheilung von
150 Artilleristen mit vier Geschützen nach Manchester anfbrechen solle.
Von hier aus ist das 3ie Bataillon Gardegrenadiere, 600 Mann stark,
in derselben Richtung abgegangen. Beim Abmarsch dieser gegen die
empörten Arbeiter ziehenden Mannschaft zeigte sich das Volk, das fick»
in starken Massen zudrängte, sehr erbittert. Besonders wäre» vtc Offi-
ziere das Ziel des wilden Geschreis der Menge. Den Soldaten rie-
fen die Leute zu: „Vergesset nicht, daß wir Brüder sind." Boa
Portsmouth aus sind 600 Mann vom 34. Regiment auf der Eisen-
bahn nach dem Schauplatz der Unruhen gebracht worden. Eine Prok-
lamation ist aus Windsor vom 13. August erlassen worden, worin
jedem, der die Rädelsführer des Tumults oder die Theilnehmcr an der
Friedenstörung entdeckt und zur Haft bringt, eine Belohnung von 50
Pfd. Sterl. zugesichert wird. — Zu Preston haben sich die Arbeiter
mit den Chartisten verbunden. Truppen und Polizeiagenten, welche
die tobenden Haufen zersprengen wollten, fanden ernstlichen Widerstand;
ein Steinregen brachte die Mannjchaft in die Nothw.ndigkeit, zur ei-
genen Vertheidigung Feuer zu geben. Fügt man diesen so traurigen
Nachrichten noch hinzu, daß alle Arbeiterklassen gegenwärtig i» einer
Stimmung sind, die sie gar leicht mit sortrechen könnte zu'ungesetzli-
chen Handlungen, und daß hier von Hundert Tausenden die
Rede ist, die zu beschwichtigen oder niederzuhalteu sied, so wäre ge-
wiß Anlaß vorhanden zu großer Befürchtung, schöpfte man nicht wie-
der Beruhigung aus der Haltung der Londoner Börse.

Der Galeere ns kla v e.
(Ein Beitrag zur Geschichte der neuern französischen Rechtspflege, mitgcthM
von A. St-P.)
Es war an einem Abend zu Anfang des Monats August 1835, als
das Gerücht einer schauderhaften Umhat sich mit Blitzesschnelle durch
die Straßen von Air, der freundsichen und lebhaften Hauptstadt der
Provence, verbreitete. Aus allen -^Hellen der Stadt strömten zahlrei-
che Neugierige herzu und sammelten sich vor einem Hause in der „Ilue
c!u Lollogo." Nur mit Mühe machte An Untersuchungsrichter des Tri-
bunals, gefolgt von einem Schreiber, sich Platz durch den gaffenden
Haufen. .. . ^
Die Blicke der Menge hingen erwartungsvoll an den hell erleuchte-
ten Fenstern der Parterre-Etage des bezeichneten Hauses, wo es ziem-
lich lebhaft zuging. Die Sporen mehrerer Gensdannen klirrten auf
den Steinplattender Flur; Polizei-Agenten wehrten zu beiden Seiten
der Hausthüre dem Eindringen des Volkes, und auö emem Zimmer
rechts zunächst am Eingänge tönte zwischen einer starken Männerstimme
hindurch abwechselnd anhaltendes heftiges Schluchzen-
Eine ergreifende Scene fand im Innern des bezeichneten Gemachrs
statt. Auf mehreren zusammengestellten Stühlen ruhten, — ein grau-
samer Anblick! — zwei mit Blut überströmte weibliche Leichname. Der
eine war der einer bereits ältlichen Dame; das edle Gepräg ihrer Züge,
 
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