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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 5): Nordwestdeutschland — Berlin, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.11108#0127

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Emd

— 114 —

EMDEN. Hannover RB Aurich.
Große Kirche. Backsteinbau mit Hausteineinfassungen. Geräumige
spgot. Anlage (61 m 1.), nicht einheitlich, in den Einzelheiten viel-
fach entstellt. Lhs. Hllk. mit quergestellten hölzernen Tonnengvvbb.,
im Msch. von einer Längstonne durchdrungen (holländisches System).
Der Chor 3sch. erweitert. — Bedeutende Ausstattungsstücke der
Renss. sind der Fürstenstuhl und besonders die Fürstengruft,
eingerichtet 1548 von Anna, der Witwe des Enno Cirksena, Grafen
von Ostfriesland. Sie nimmt den s Nebenchor ein. Vom Lhs. ab-
gesondert durch eine steinerne Schranke. Das traditionelle Gitter-
werk klingt in der Komposition noch nach, ist aber in allen Einzel-
heiten in monumentale Architekturformen umgebildet. 5 Arkk. von
einer jonischen Sl.Ordnung eingeschlossen, die Öffnungen mit einer
kleinen Ordnung ebenfalls jonischer Sil. ausgesetzt. Dieses an sich
schon reiche architektonische System ist Träger einer Unsumme von
figürl, Plastik. In den 5 Bogenfeldern und an den Friesen ent-
wickelt sich der ganze Leichenzug, an den Sockeln trauernde Frauen
in friesischer Tracht, die SIL (und zwar sowohl die der großen als
der kleinen Ordnung) in rhythmischem Wechsel durch Karyatiden
und Hermen ersetzt. Diese sind von überaus phantastischer Er-
findung, dabei in der Formenauffassung doch nicht barock. Die
Rückseite, an der das Figurenwerk fehlt und nur die Architektur
spricht, wirkt sogar klassisch streng im Sinne der französisch-nieder-
ländischen Hochrenss. Der obere Abschluß ist zerstört, es dürfen
sehr reiche statuarische Krönungen vermutet werden. Inmitten der
Kap. auf hohem, allseitig freiem Katafalk die liegende Fig. des
Grafen. Hier ist sehr vieles zerstört und nur teilweise und mit
Willkür whgest. Ungewöhnlich das halb gestreckte, halb durch
das Rückenkissen gehobene Liegemotiv. Der Kopf ganz neu. Der
Meister dieses großartigen dekorativen Ensembles war zweifellos ein
Niederländer, doch nicht, wie bisher angenommen wurde, Comclis
Floris (Hedicke setzt ihn in den Kreis des Jakob Collyns). — Der
Fußboden des Chors mit Grabsteinen bedeckt. An der Wand eine
vorzügliche gravierte Messingplatte für den Magister Hermann
Wessels f 1507.

Franzikaner-Klst. Nur der Kirchenflügel (sog. Gasthaus-K.) er-
halten, spgot., 2sch., Holzdecke. — Beschädigter Grabstein des
Häuptlings Uko f 1432.

Neue Kirche (reform.) 1643, kreuzf. Anlage mit Holzgwbb.
Rathaus. Erb. 1574—76 vom Stadtbaumeister Laurens van Stcen-
winttel (aus Antwerpen). Die Erinnerung an das Rathaus in Ant-
werpen in eine im besten Sinne gerade und schlichte Ausdrucksweise
übertragen. Die Front 41 m I., 14,3 m h., bis zum Dachfirst 22,5 m,
aufgelöst in lange Reihen hoher, schmaler, dicht gestellter Fenster;
 
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