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Dehio, Georg
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (Band 5): Nordwestdeutschland — Berlin, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.11108#0378

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Miin

— 365 —

Mün

Wiederum älter ist die Gliederung der beiden Seitenwände. Die
beiden 4 teil. Ark. Gruppen des Erdgeschosses liegen in der Achse
der Türme und müssen mit diesen in einem früheren Zustande in
Verbindung gestanden haben. Über ihnen, in halber Höhe der
Mauer, ein in Sil. und Rundbgg. geöffneter Laufgang. Eine Tür
in der Rückwand desselben führt in die obere Turm-Kap. und von
dieser aus setzt sich der Laufgang an den Fronten und der OWand
des Qsch. fort. Er wird hier von einer spitzbg. Blendengliederung
des Erdgeschosses getragen, während die Hochmauer stark zurück-
springt. Die Schildwände im N und S in große Radfenster auf-
gelöst.

2. Langhaus. Der großartige Raumeindruck kann nicht darüber
täuschen, daß im Aufbau viel Wunderliches und Willkürliches vor-
liegt, welches auf die Annahme hindrängt, es müsse während der
Arbeit eine eingreifende Veränderung, und zwar vom Gwb.System
ausgehend, eingetreten sein. Die bestehenden Gwbb. sind Hänge-
kuppeln mit 8 untergelegten Rippen. Die Quergurten sind spitzbg.
und sehr breit, Schildgurten sind nicht vorhanden, vielmehr erhält
die Schildwand einen konstruktiv unzweckmäßigen Umriß aus ge-
brochenen, kleeblattförmig zusammengesetzten Bg.Linien. Sodann
hätte die für die Gwbb. gewählte Form logischerweise einen quadr.
Gr. verlangt; derselbe ist aber nicht unerheblich Überquadrat.
(12,4: 14,6 m). Auch die Sschiffe haben nur 2 J.; es sind Kreuz-
gwbb. mit ungewöhnlich starker Streckung des Gr. (5,6:15 m).
Geteilt wird das Lhs. durch ein einziges Pfl.Paar, im Gr. rck.
(1,6:4,2 m), im Aufriß völlig ungegliedert, eigentlich nur Mauer-
stücke. Der Gurtbg. ruht auf einer Vorkragung. Zu beiden Seiten
der Scheidbgg. sind aus den Wandzwickeln Nischen mit Bg. Stel-
lungen ausgespart, gewissermaßen Rudimente von Triforien. Sie
zu einem durchlaufenden Gang zu verbinden war nicht möglich,
weil die Spitze des Scheidbg. ihre Fußlinie beträchtlich überschneidet.
Es ist nicht denkbar, daß ein Architekt, der freie Bahn vor sich
gehabt hätte, auf alle diese Eigentümlichkeiten bloß deshalb ver-
fallen wäre, weil sie ihm an sich als das wünschenswerteste er-
schienen; vielmehr ist anzunehmen, daß dem Gwb.Projekt ein
anderes mit erheblich andersartigem System vorausgegangen und
schon begonnen war. Dies erste System wäre das gewöhnliche,
gebundene gewesen; dazu hätte es ein Triforium besessen, wie ein
solches im rheinischen Überg.Stil (Köln: Aposteln, S.Martin) öfter
vorkommt. Das zweite Projekt hätte die Zwischenstützen weg-
geräumt (vgl. den ähnlichen Bauvorgang Im Magdeburger Dom)
und den Gwbb. höhere Kämpfer gegeben. Damit wurde ein
Raumbild gewonnen, das in seiner Einheitlichkeit, seiner Weite
und seiner grandiosen Rhythmik in Deutschland einzig dasteht.
 
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