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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 2 – No. 31 (2. Januar – 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0017

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— —

31 WR 8





5 — 8 SA OS SA 28—



2 ;

4

















1548,



Deutichland.

. * Vtanuheim/ 3, Jan. Der würtembergifche „„Beobachter“ dringt faſt
taͤglich eine Anzeige über die ihm widerfahrenen Cenfurſtriche. Wir verzichten
auf fortlaufende Mittheilung folchen Sünden-Negifters, doch erwaͤhnen wir
vou unſern geſtrigen dexarligen Erlebniſſen, daß der zweite Artikel der
„Landtagsbetrachtungen“ „auf Hinderniſſe geſtoßen“ iſt.

*6* Bon Rhein, 1, Januax. (Nücblid auf das Jahr 1847).
Die letzte Stunde des alten Jahres ſchlägt. Der Silveſterabend geht zu Ende.
Hau taumelnder Fröhlichkeit leeren die Menſchen den funkelnden Becher, in

deſſen Süßigkeit ſie die bittern Sorgen und Leiden des vergangenen Jahres


Küffen! Das iſt ein luſtiger, das iſt ein toller Silveſteradend!

Es hat unr Wenige, die ſtill ſind in dem allgemeinen Jubel. Es hat
nur Wenige, die mit unruhvollem Auge in die Zukunft blicken. — —
Die Andern freuen ſich in dieſer Stunde des Genuſſes in üppigem, la-
chendem Nebermuth. Sie haben es wieder vergeffen, daß üder ihnen eiferne Be-
herrſcher wachen, und unter ihnen die drohenden Geſtalten des vierten Stan-
des. Sie laͤchen, ſie tanzen, fte küſſen, ſie ſingen, ſie trinken. Sie leden, als
ob die Gegenwaͤrt nicht ſchwul, und die Zukunft nicht voll Gefahren für ſie


Geſchicke der Voͤlker lenken, der ſieht das Gewitter in dem ſchwarzen Punkt
am politiſchen Hummel und hört ſchon im leiſen, grollenden Wehen des Win-
des den fernherkommenden Sturm. — —
Wir haben von Deutſchland geredet. Wir wiſſen wohl, daß es Laͤnder
gibt, wo die Diplomatie und die Geldariſtokratie bereits eins geworden ſind,
und nur noch der Geldſack und die Bloufe einander gegenüberſtehen. In je-
nen Ländern iſt der ſchwarze Punkt ſchon eine groͤße Wolke, und der Orkan


Sehen wir zu, wie ſich in dieſem Jahre die Dinge geſtaltet haben. Schauen
wir nach den Auſaͤtzen, aus welchen ſich eine neue Geſtaͤltung der Geſellſchaft
bervoreniwickeln wird. —

Das Johr 1847 war ein „bewegtes? Man hat behauptet, es ſei in ihm


die beſtehenden Verhältniſſe zu untergraben ſucht, iſt ſich in dieſem Jaͤhre über

die Weite ihıer Beſtrebungen und die Mittel zum Ziele wieder klarer gewor-
den. In allen Ländern hat die demokratiſche Partei kecker ihr Haupt erhoben,


„Wuͤhler⸗ ihr minirendes Geſchäft mit neuem Eifer begonnen. Ein „dämoni-


Heiligen mehr kennt, weder ım Himmel, noch auf Erden. — —
Karlsruhe, 31. Dez. In der 7 öffentl. Sitzung der 2 Kammer legte
Staaterath Trefurt felgenden Geſetzentwurf, die Geſchäftsrückſtände
vei dem Overgericht betreffend, vor:
Art. 14 In ſo lange als die Geſchäftsuͤberladung des Oberhofgerichts es
fordert, ſoll deſſen Perſonale um fünf Räthe verſtärtt werden.
Att. 2. Zu dem Ende wird das Juſtizminiſtexium ermächtigt, fünf Hof-


Dberhofgerichtsräthen in's Oberhofgericht zu berufen, und ihnen Funktionszu-
lagen voͤn je zweihundert Gulden anzuweiſen.

Art. 3. Zur Stellvertretung für dieſe fünf Hofgerichtsräthe ſind fünf
Aſſeſfforen zu ernennen. Gegeben 26. 2e.

ära Karlsruhe, 2. Jan. Das gr. Miniſterium des Junern hat ver-


vorgeſchlagenen drei Candidaten nunmehr Zittel aufzunehmen ſei. Die Be:


rechts von der dortigen Geineinde gruͤndlich verfolgt und zu Weiterungen geführt


fennung zollen. Damit Hr. Zittel unter die Candidaten aufgenommen werden konnte,
wuͤrde aus den bereits Vorgeſchlagenen Hr. Kröll zum Rucktritt vermocht.


zur großh Tafel gezogen. Man bekauptet, noch in dieſer Woche würden
die Mitgiider der 2. Kammer zuſammentreten; um alshald über die Bewilli-
gung eineg Eredits für die, durch das v. Haber ſche Falliſſement in Gefahr


yeret und MWeberei in Eulingen, Zuckerfabrik in Waghäufel) zu Lerhandeln.

.# Der Augsb. Poſtzeilung“ ſchreibt man aus Wien: Die Ausſichten
für die nächſte Zukunft in öfterreichifh Stalten jind, wie man giqubt!
nicht beruhigend. In Verbindung damit keht, die bedeutende Vermehrung des
dolügen Armeccorps. Denn außer der Verſtärkung der acht itelieniſchen 48
gimenter um zwei Lompagnien, dann der anbefohlenen Vorrückung der In-
fanterieregimenter Heß, Schwarzenberg, Wocher und Erzherzog Karl, dann
deg Uhlanenregimenigs Kaiſer, haben ſo chen die erſten Bataillene des Szluiner,


fegen, um fogleidh, wenn es der Feivmarjehall Sraf AA
oilte, nach SItalien vorzurüden. Als Concentrirungspunfkt für Diefelben f
“Ptqu beſtimmt.

— 30. Dez. Einem unverbürgten Geruͤchte zufolge wäre der we-


ſeiner Fluchuin Sachien von der dortigen Poltzeibehörde. ergriffen worden und
ſoll heute unter ſicherer Begleitung hierher gehracht werden.




Berlin, 24. Dez. Der Berliner Witz ſpielt feit dem Landta haͤufig
ing Politifhe. Auf dem Weihnachtsmarkt hat er ſich fogar, Was Ver.
Staͤnden verwehrt iſt in die augswärtigen Angelegenheiten gemiſcht! Dreizehn

Buden geradeüber dem Dom iragen in Fähnen und Schildern den Na-







e und Gelder: fret einzuſenden. 0, 4.

— — —

men ,„Leidgenoſſenſchaft“, LEidgenoſſen, Kanton Nr. 1 — 13“ Die Noth
der theuern Zeit diftirte den Inbabern jenen Namen; doch der 13, Kanton ge-
währt einen tiefern Blick in diefe Witzpolitik. Da lieſt man auf verſchiedenen
Schildern Infchriften, wie: „der Sünderbund iſt auf dem “‚'?““27'#„::23;‘‚‘*“;?
Gern!“ „O⸗burger Rlapperpuppen‘ 2c, Außerdem begegnen Devijen, wie „Pans
toffeln a la reine, anglaise‘, „Jerrano. befingt feine Sfjabella”, „Baieriſche
Rluͤpferde“, „Federmeffer a Ia Prasiin“, „Chinefifhe Pfeife, nach der alle
Abgeordneten tanzen‘“. Den kundigen Inländer mußten die Neuenburger
Ktaͤpperpuppen zumeift anziehn, feitdem er in der offiziellen Zeitung im In«
Jande die Meuendurger Angelegeuheit, und außerhalb die deutſchen Bundes-
ſtaaten abgedruckt findet. (Deutfh. 3.)
Berlin, 29. Dezbr. (Ausweiſungen und Preßprozeffe.) (Magde Zto⸗)
Die Ausweiſung mißliebiger Schriſtſteller fheint von Neuem eine vielfach zur
Auwendung kommende Maßregel unſeres Goupernemente werden z wollen.

.....

In diefem Augenblide haben nicht weniger als 3 vausländifhe«, in den deut-
fchen Bundesſtaaten anfäfflige und geborne Schriftſteller, Horarıl und Yenefy
in Halle und Jellinek in Berlin den Befehl erhalten, die preußiſchen Staaten
binnen kürzeſter Friſt zu verlaſſen. —— 4 —
Ludwig Bubhl, der noch bis vor Kurzem unfreiwillig ein Bewohner
Magdeburgs war, haͤt ſchon wieder einen Preßprozeß zu beſtehen! Er iſt der
Etregung von Vichoerguügen angeflagt, weil er in einem in den „ECpigonen“
abgedruckten Aufſatze ſeinen früheren Prozeß veroͤffentlichte, und bei 4
legenheit die fruͤheren inkriminirten Stellen, welche damals feine Verurtheilung
zur Folge hatten, wieder hat abdruͤcken iaſſen. In der Mitte des nachften
Monats ſteht der Termin zur öffentlichen Verhandlung der Sache an.
Berlin, 29. Dez. Wenige Tage vor dem Weihnachtofeſt wurde hier
ein neues Gedicht von dem bekannten Dichter Titus Ullrich, dem Verfaſſer
des 1845 erſchienenen lyriſchen Epos, „das hohe Lieda, mit Beſchlag belegt.
Der Titel der neuen lyriſch epifchen Dichtung iſt -Victort, der Juhalt, ſo-
weit ich ihn aus einer Einſicht in das Manaſtript vor dem Druck kennen
lernte, die entgegenſetzende Darſtellung der Philanthropie und Mifanthropie
in zwei Charakteren, deren Leben geſchildert iad. Aberx die Anreden und
Aufrufe Bictoris an das Volk, aus Dumpfhen und Eleud ſich zw erbeben,
ſcheinen der Berliner Polizei ein Stein des Anſtoßes zu ſein, obwohl das
Gedicht ohne jeden Iofalen Boden in großen Theils erdichteten Verhaͤltuiſſen
ſich bewegt, und auch die politiſche Aufwallung nur als Symptom einer be-
ſouderen Seelenſtimmung kurz vor des Helden Untergang erſcheint. Am mei-
ſten auffallend iſt die Art der Beſchlagnahme. Das Buch ſollte bei dem hieſi-


Bogen überſchteitet, war es ohne Cenfur gedrudt worden und, der Vorſchrift
gemäß, wurde am 20. Dez., dem Tage vor der beabſichtigten Ausgabe, ein
Exemplar dem Polizeipräſidium eingereicht. Dies geſchah um Mittag! Abends


ihn zu verpflichten, daß er kein Exemplar vor Genehmigung der Polizei eus-
gebe, und ihn für den nächſten Tag auf das Poltzeipräftdium zu beſcheiden.
Hr. v. Schtöter ging jene Verpflichtung ein. Dennoch erfuhr er am fol-
genden Tage, als er ſich mit dem Verfaͤſſer nach dem Polizeipräſidium bege-
ben haͤtte, daß, ohne ihn zu benachrichtigen, man bereits ſämmtliche Exem-
plare von dem Drucker und von den Buͤchhindern abgehelt und in polizeili-
chen Gewahrſam gebracht habe. Nur 13 Exemplare fehlten an der Auflage
und mußten noch herbeigeſwafft werden, Man hatte alſo den Verleger von
der Beſchlagnahme ſeines Eigenthums gar nicht unterrichtet, ihn nicht dabei
zugegen ſein laſſen, ja ſelbſt, daß er ſie am folgenden Tage erfuhr, verdankte .
er zunächſt einem Zufall, da er ein anderes Exemplar als das der Polizei
überſendte im Polizeizimmer liegen ſah— ; (Oiſch. 3.)

** Aus Schiefien, 30. Diz. Die preuß. Allgemeine ereifert ſich ſehr über
einen Artikel der Hamburger Börſenhaͤlle, der ven Zerrüttungen in den preußi-
ſchen Finanzen ſpricht, und ſucht beſonders dadurch dieſe Behauptung zu wider-
legen, daß Minderungen in den Steuern ſtattgefunden hätten! Wie weit ſie
Recht hat, können wir ſchwer unterſuchen, da wir die xreußiſchen Finanzver-
hältniſſe nicht ſo überblicken konnen, wie waͤhrſcheinlich fie, aber 6
glauben mir, bezweifelt außer ihr Niemand, daß &ie voͤn ihr angeführte Her-
abſetzung der Saizfteuern eine blog ſcheinbare war. Doch das daͤhingeſtellt,
bitten wir ſie, uns doch zu erflären, was das iſt, daß den Regiexungen an-
hefohlen worden; ſo viel Perfonen als irgend möglich in die vier oberſten
Klaſſen der Klaſſenſteuer einzuſchätzen, alſo in die Klaͤſſen die Jährlidy 24, 498,


50,000 Tylr. Werth ift, (ob verfhuldet oder nicht, foll gleich fein) befigen und
die ſonſt in der Drüten Klaſſen franden, fortan in die hoͤchfte Klaſſe kommen,
und dem entſprechend Ddie Uebrigen naͤchrücken, und Ddafß damit keine Ers
mäßigung der unterſten Steuerſtufen verbunden worden ift, im Gegentheil die


anlaſſungs-Liſten der unterſten Stufen um etwa 100 Thir. jährlich vermindert
einre ichlen? * *4
Damit man uns übrigens nicht über Etwas zu befahren brauche, was
wir ebenfalls ſchon wiſſen, wollen wir hier anführen, daß wir, da wir prin-
cipiell für Eiakommenſteuer ſind, auch glauben, daß wenn der Häusler 2
Rthlr. Steuer dezahlt, esangemeffen iſt, daß der, der ein Gut für 50,000 Rthlr.
beſitzt 144 Rthlr. Steuer bezahlt/ und daß hier wohl die Regierung Rechthaben mag,
uur wünſchten wir dann befläuftg zu wiſſen, was die geben werden, die Ole
ter von 50,000 bis zu Millionen beſitzen, und hauptſächlich was der Staat,
da ſeine Finanzen jetzt ſchon ſovobl geordnet und üherſchießend ſind, mit der
Million maͤchen wird, die er durch die neue Erhöhung der Klaſſenſteuer ge-
winnt? —
Ans Oberſchleſien, 30. Dez. Die Serhaftung des geheimen Hofrath
Wedeke iſt bei uns Tagesgeſpraͤch. Die Art ſeiner Gejhäfte, deren er viele in
unfrer Gegend machte/ Fannte man wohl, man wußte, daß die von Vinkler-

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