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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 209 - No. 234 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0973

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— — —





















Einladung.

Die Beſtellungen für das mit dem Iten Oktober beginnende Vierteljahr
der täglich mit Ausnahme des Montags erſcheinenden

Mannheimer Abendzeitung.

und ihres wöchentlich drei Mal erſcheinenden Unterhaltungsblattes, der
„Nheiniſchen Blätter“
bitten wir des vollſtändigen Bezuges wegen möglichſt bald zu machen.

Es iſt ſichere Vorſorge getroffen, daß die Leſer der Abendzeitung durch die-
ſelbe fortwährend in umfaſſendex Weiſe von den wichtigen Tagesbegebenheiten
zuverläſſigen Bericht erhalten. Die Redaltion wird, wie bisher, unermüdlich
und unerſchütterlich auf die endliche Verwirklichung aller dem Volk und allen
Einzelnen gebührenden Rechte, insbeſondere auf Durchſetzung der auf dem Prin-
zip der Volksſouveränität beruhenden freieſten Staatsforin und der unerläßlichen
ſozialen Reformen hinarbeiten. Entſchiedene Volksfreuͤnde und Bolfsvereine werz
den uns dabei kräftigſt unterſtützen.

Man abonnirt in Mannheim bei der Expedition Lit. M 6 Nro. 3, aus-
wärts bei allen verehrlichen Poſtanſtalten; für Frankreich und überſeeiſche Län-
der vei Hrn. Alexaudre in Straßburg, Branbgaſſe Nro. 29. Paris, Notre-
dame de Nazareth, Nro. 28; für England bei Hın. Elwer und Comp. New-
gate-Street, 72, London.

S Zu amtlichen und nichtamtlichen Anzeigen aller Art empfiehlt ſich die
Zeitung ihrer ausgedehnten Verbreitung wegen noch beſonders.

— Abonnenten, welche von heute an ſich abonniren, erhalten die Blätter
bis Ende Septembers gratis.

Anſprache

der in den Klubbs des deutſchen und holländiſchen Hofes (Donners-
berg) vereinigten Linken an das deutſche Volk.

Deutſches Volt!

Der Beſchluß der deutſchen Nationalverſammlung vom 5. d. Mts, betref-
fend die Einſtellung der zur Ausführung des Waffenſtillſtandes von Malns vom
26. Auguſt ergriffenen militäxiſchen und ſonſtigen Maßregeln, wurde als der
vexheißende Vorbote einer glücklichen Wendung der Dinge freudig begrüßt. Aber
wie ein Blitzſchlag aus heiterer Luft traf uns die endgültige Entfcheidung vom
16, d, M., urch welche dex auf Nichtgenehmigung gerichtele Antrag der Mehr-
heit des Ausſchuſſes mit 258 gegen 237 Stimmen verworfen, dagegen ein Ver-
beſſerungsantrag der Abgtordneten Francke, Droyſen, Michelſen und Neergardt
angenommen wurde, nach welchem die Vollziehung des Waffenſtillſtandes nicht
länger gehindert werden ſoll. Zwar iſt zur Linderuͤng der deutſchen Niederlage
hinzugefügt: „ſoweit ſolchex nach der gegenwärtigen Sachlage noͤch ausführbaͤr
iſt“, auch die Centralgewalt aufgefordert „auf Grund einer angeblich däniſcher
Seits erkläxten Bereitwilligkeit zu Veränderungen, eine Verſtändigung herbei-
zuführen. Es liegt aber am Tage, daß weder die erſte ſich von felbſt verftehende
und völlig grundſatzloſe Hinzufügung, noch auch die zweite einen an ſich ver-
wexflichen Beſchluß irgend zu beſchoͤnigen vermäg, da in Ermanglung jeder
Uebernahme beſtimmter Verpflichtungen! Alles von dem bloßen Belieben der
däniſchen Regierung abhängig iſt. Dieſer ſomit weſentlich als angenommen zu
betrachtende Waffenſtillſtand enthält, abgeſehen von der Ungunſt deſſelben für
die Wiederaufnahme des Kampfes und für die Heilung der dem deutſchen Han-
del geſchlagenen ſchmerzlichen Wunden, ſchon jetzt die Einleitungen zu einer po-
litiſchen Geſtaltung der Herzogthümer, wodurch die Früchte der ruhmvollen Er-
hebung dieſes deulſchen Volksſtammes geradezu anfgeopfert werden.

Durch eine Trennung der ſchleswig'ſchen und holſtein'ſchen Truppen iſt
das Bruderband deutſcher Soldaten, welches die Liebe zum Vaterlande geknüpft
hatte, zerriſſen, die innige Verbindung deutſcher Lande wieder in Frage geftellt;
durch die Einſetzung einer im Namen des Königs von Danemark, in feinet
Eigenſchaft als Herzog von Schleswig und Holſtein handelnden Regierung, mit
einem Mann an der Spitze, der in Ibehoe kaum angelangt, ſich vor der Volks-
erbitterung ſofort wieder zurückziehen mußte, iſt die Tchließliche Beibehaltung ei-
nes Verhältniſſes angebahnt, durch welches ein edler deutſcher Volksſtamm zur
Sache, zum Gegenſtaͤnde der Herrſcherbenutzung eines ausländiſchen Fürſten her-
abgewürdiget wird; — durch die Aufhebung ſämmtlicher Geſetze, Verordnungen
und Verwaltungsmaßregeln, welche feit dem 17. März erlaſſen wurden, find
unfere Brüder in die alten Zuſtände ſchonungslos zurückgeſtoßen!

Vergebens beriefen wir uns auf das Recht der Selbſibeftimmung der Ein-
zelnen wie der Völker, vermöge deſſen die Dänen den Dänen, die Deutſchen
den Deutſchen ſich zuwenden möchten; vergebens mahnten wir an die von Vielen
im Mundt, von Wenigen im Herzen getragene Volksſouverainetät, auf deren
Boden allein die Trümmer jedes aus innerer Unnatur und Haltloſigkeit zu-
ſammengeſtürzten Völkerbaues zu einem dauernden Tempel der Zufriedenheit und
des Ölüdes errichtet werden können; die Mehrheit der Verfammlung vermochte
ſich nicht zu dem Entſchluſſe zu ermannen, die Freiheit eines deutfchen Volts-
frammes den Anſprüchen eines auswärtigen Fürften, welcher zuerſt alle Bande
durch rechtswidrige Gewalt gelöſt hatte, das Anſehen Deutſchlands den ebenſo
ungegründeten als gefahrloſen Enigegnungen des Auslandes, die einheitliche
Fhre des geſammten Vaͤterlandes der Ehre eines feitdem bereits geſtürzten preuͤ—




lands, fondern hauptfächlich eine unheiloolle Nachgiebigkeit gegen die Sonder-
gelüfte der preußiſchen Regierung hat uns diefen Waffenſtillſtand gufgedrungen.
Dieſe preußiſche Regierung haͤt denfelben abgeſchloſſen gegen Befugniß und






Juni d. J und gegen die ertheilte Vollmächk? fie hat ihn abgeſchloſſen im ei-
genen Namen und im Namen des zertrümmerten deutſchen Bundes, während
fie nur als Bevollmächtigte der Ceniralgewalt in deren Namen abfchließen
konnte und durfte.

So hat die preußiſche Regierung der Centralgewalt getrotzt und ſie vor-


lung aber hat dies rebelliſche Verfahren anerkannt und zur Fortſetzung deſſelben
ermuntert.

Der Beſchluß der deutſchen Nationalverſammlung vom 16. September 1848
hat der Freiheit, dem Anſehen und der Einheit des geliebten Vaterlandes eine
Wunde geſchlagen, deren Heilung nicht ohne die gefteigerte Wirkſamkeit der tief-
ſten, innerlichſten Lebenskraft des geſammten deuͤtſchen Volkes bewirkt werden
fann. — ,

Wenn ſchon frühere Mißtrauensadreſſen es bezweifeln ließen, ob die Zu-
ſammenſetzung der deutſchen Nationalverſammlung noch dem raͤſch fortgefchritte-
nen Bewußtſein der Natton entſpreche, ſo geben die zahlreichen Proteſte gegen


trauensgdreſſen an Mitglieder der Mehrheit, welche gegen die Siſtirung deſſel-
ben geſtimmt hatten, zu der gegründeten Vermuthung Anlaß, daß inoͤbeſodere
bei der vorliegenden Frage die Mehrheit der deutſchen Volksvertreter, worun-
ter ſich auch die Stimmen der zu Miniſterialſtellen berufenen Abgeordneten bes
fanden, und welcher zum entgegengeſetzten Erfolge nur 11 Stimmen zu man-
geln brauchten, den Willen der Mehrheit der deutſchen Nation nicht ausge-
ſprochen habe. In der Ueberzeugung, daß der Eintritt eines ſolchen Mißver-
yältniſſes, wodurch jede Volksvertretung den ſittlichen Inhalt der Wahrheit ver-
liert, den nächſten Anlaß zum Abweichkn vom friedlichen Wege des Geiſtes zu
Thaten der Gewalt zu geben vermöge, ſtellten Mitglieder der Minderheit
gleich in der folgenden Sigung vom Montag den 18. Linen Antrag auf An-
ordnung neuer Wahlen, welchẽ ſpäteſtens bis zum 18. October vollendet ſein,
und während welcher die Sitzungen ihren ruhigen Verlauf haben ſollten. Die
Mehrheit jedoch erachtete diefen Antraͤg nicht für dringlich! Unterdeſſen hatte
der Beſchluß der Nationalverſammluns im Volke eine große Aufregung her-
vorgerufen.

Wax es ein Wunder, wenn das Volk ſich daſſelbe Recht beilegte, welches
ſich die Einzelxegierungen durch widerholte Mihachtung der Beſchlüſſe der Na-
tionalverfammlung angemaßt hatten? Blutige Seeuen haben ſich unter unſern
Augen entwickelt, die wir eben ſo tief bedauern, als wir feſt uͤberzeugt ſind,
daß ſie hätten vermieden werden können, wenn man zur rechten Zeit die geeig-
neten Maßregeln ergriffen hätte, welche wir nach Kruͤften anriethen.

Niemand kann und wird dieſen Aufſtand ohne Plan, Vorbedacht, Leitung,
Vorkehrungen, Verbindungen und verſtändige Schätzung der Angriffs- und Wi-
aus dem Draͤnge des Augen-
Aber Niemand
darf ſich auch von der Parteileidenſchaft fo weit verblenden laſſen, zu verlennen,
daß das Gefühl für Deutſchlands gefährdete Ehre, Freiheit und Einheit den-
ſelben hervorgerufen und Männer in den Tod getrieben hat, die gewiß freudiger
den Tod gegen den auswärtigen Feind, als im Bruderkampfe gefunden hätten

Frankfurt ſteht jetzt unter der ehernen Zuchtruthe des Belagerungszuſtandes
und Kriegsgeſetzes, d. h. der Rechtsloſigkeit; die Reaktion erhebt mächtig und
übermüthig ihr Haupt und macht Mienẽ, vie freiheitsgetreue Minderheit gänz-
lich zu unterdrücken. Wir aber werden trotzdem die Grundſätze der Freiheit und
Einheit Deutſchlands unerſchütterlich vertreten wie bisher, was auch geſchehe!

An Dich aber, deutſches Volt! ergeht der Aufruf, Dich offen über die
Virxkſamkeit deiner Vertreter auszuſprechen. Denn das Einverſtändniß zwiſchen
Wählern und Gewählten iſt die ficherfte Bürgſchaft der friedlichen Freiheit. —

Frankfurt, den 22. September 1818.

Die Klubbs der vereinigten Linken im deutſchen und
holländiſchen Hof.

Deutſch Land.

„ Mannheim, 26. Sept. Das Regierungsblatt vom Heutigen ent-
hält die Erklärung der Amtsbezirke Schopfheim, Schönau, St. Blafien, Sala
kingen, Waldshut, Jeſtetten, Stühlingen, Bonndorf und Neuſtadt in Kriegs-
zuſtand; außerdem die Publikation eines dereits bekannten Erlaſſes des Reichsverwe-
ſers vom 20. d. M, Vom Kriegsſchauplas im Dberland Feine neuen Nach-
richten von Erheblichkeit. ;

* Heidelberg, 22. Sept. Wenn ein Krebsſchaden einen Menſchen
lange auf das Siechbette warf, ſo können alle Anſtrengungen der Aerzte die
letzten Spuren kaum verwiſchen; ſo verhält ſich's auch mit dem geſtürzten Sy-
ſtem, der Spionage, dem Mißtrauens? und Verdummungsſyſtem. In allen
Zweigen des Staalslebens, in der ganzen Geſellſchaft ließ es Spuren zurüch
welche mit der letzten Kraftanſtrengung des Volkes endlich verſchwinden müſſen.
Soll ich dex langſamen Unterſuchungsart gegen die ſog. politiſchen Verbrecher
erwähnen, ſoll ich die Scenen beſchreiben, welche ein gewiſſer Unterſuchungsrich-
ter W. in Sinsheim und der Umgegend aufführte? wo er 3. B. einen Mann,
welcher die ihm fälſchlich dennuncirten und von ihm für wahr präſumirten That-
ſachen widerſprach, einen „Lügner“ nannte; einen Andern, welcher auf bloßen
Verdacht hin 100 Tage von feiner Arbeit enifernt im Gefängniß gehalten wurde,
weitere 100 Tage einzuſperren drohte, wenn er ſich nicht für ſchuldig erkläre,
obgleich des Tags vorher alle Entlaſtungszeugen für die Nichtſchuld des Gefane
Ein ſchlagender Beweis für Alle!

Die Caxlsbader und Wiener Eonferenzbeſchlüſſe ſind bekanntlich ſogar vom
höchſtſeligen Bundestage aufgehoben; eine Confequenz hieraus ift, daͤß die akader
miſchen Bürger allen andern Staatsbürgern gleichgeſtellt ſind, alfo jedenfalls
was der Miniſter Bekk auch der Studentendeputalion erklärte) auch das fleit





 
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