er-
n⸗
hr
8
nd
ick-
nn
rn
oſe
is-
ire
{
r
2
2
@ Jur preußiſchen Verfaffung.
Berlin, 11. Dezbr. Je länger wir die nene Verfaſſung uns betgachten-
deſto entſchiedener ſtellt ſie ſich uns als ein Weck eer hintliſtiaſtel 24
dar, deſto klarer wird es uns, daß man MM Potsdam eben nur beab_fzd)t\tgte‘
den Gewaltſtreich der Auflöſuug und Verfaſſungsvex weigexung en liberales Män-
telchen umzuhängen, daß man ſich aber Dabei zahlloſe Hinterthüren offen. zielt,
uın durch tie Beſtimmungen des einen Artikels den ſcheinbar freiſinnigen Ver-
fprechungen des andern zu entgehen. (
ren bedeutendfte wir ſofert angeinanderfeßen werden, enthält aber die neue
Verfaſſung auch poſitive Uageſetlichkeiten, Widerſprüche gegen die rechtsfräftig
beſtehenden Geſetze. Es gilt dies namentlich von dem Verhaͤltniß der Artikel
des letzterwähnten Geſetzes, Ausnahmsgexrichte und außerordentliche Commiſ-
ſionen für durchaus unſtatthaft erklärt, beſtimmt Art. 7 dex Verfaſſung, „ſie
fuͤr den Fall eines Kriegs oder Aufruhrs ein, da in 4 Fällen Art, 7
zeitz und diſtriktsweiſe fuspenbirt werden kann. Dieſe Beſtlihmung des Art.
dem S.8 des Geſetzes zum Schutze der perſoͤnlichen Freiheit, welches rie zeit-
und diſtriktsweiſe Suspendirung ausdrücklich nur für die Beſtimmung jenes
© 1 u © ıe aber für den hier in Rede ſtehenden S, 5 zuläßt. Da ferner
Faile veroronet, Art. 110 der Verfaſſung aber hiervon nichts erwähnt, im Ge-
gentheil ſagt: „Die näheren Beſtimmungen hierüber bleiben einem beſondern
Geſetze vorbehalten“, ſo iſt es fehr fraglich, ob durch den nächſtfolgenden Satz
deſſelben Artikel: „Bis dahin bewendet es bei den in dieſer Beziehung beſtehen-
den Vorſchriften,“ die Beſtimmung des S. S über ſofortige Zuſammenberufung
der Volksvertretung aufrecht erhalten wird, oder nicht.
Ueberhaupt iſt dieſer Art. 110 die größte und offenliegendſte jener oben er-
ſtitutios heraus in das Gebiet ſeiner frühern Willkürherrſchaft zurückſchreiten
kann. So lange aber die zeit- und diſtriktweiſe Suspenſion der perſönlichen,
der Preß- und der Aſſociations-Freiheit bloß nach den beſtehenden Vorſchriften
verhängt werden kann, ſo lange können ſich auch die Gewaltſcenen von Köln
ſ. w. wiederholen. Denn Vorſchriften
find, man vewerte vtes wobl, nicht btoß Gefetze fondern auch Eabinetsordres
und Inſtruktionen, die allenfalls auch aus deimn Jahr 1809 datiren und die
bürgerliche Freiheit in die Häude eines brutalen Feſtungskommandanten legen
fönnen. Welchen praktiſchen Werth übrigens die Verfaffung, die ja feit dem
6. Dezember Geſetzeskraft beſitzt, für uns hat, dafür braucht es wohl keiner
ſchlagendern Bewerſe, als ver, in den Berlinex Zuſtänden enthaltenen. Und
ſolche Zuſtände auf jedem andern beliebigen Punkte der Monarchie und an jedem
andern beliebigen Tage der nächſten Monate herbeizuführen, das eben ift die
Aufgabe des Art. 110, der die Verfaſſung innerhalb ver Verfaſſung ver-
nichtet.
Daß ferner die geſetzgebende Gewalt der Kammern ſo wie die in Art. 64
ihnen zugeſtandene legislative Initiative durch das in Act. 40 und 60 vem
König implieite zugeſtandene abſolute Veto, ſowie durch die Beſtimmung des
Ausnahme der norwegiſchen Verfaſſung, die andern modernen Conftitutionen,
namentlich die franzöſiſche von 1840 und die belgiſche, dem König das abſolute
Veto ebenfalls zugeſtanden. Aber ſoviel wir zu wiſſen glauben, findet ſich in
keiner dieſer Verfaſſungen, eine Beſtimmung gleich der des zweiten Alinea
von Art 61. Und dieß iſt inſofern von Bedeutung alg die wiederholte Ver-
werfung eines Geſetzvorſchlages in ein und derſelben Seſſion mit weit größeren
politiſchen Schwierigkeiten verknüpft iſt, daß alſo jedenfalls eine Kriſis, ein ent-
ſcheidender Kampf zwiſchen Volk und Einzelnwillen, raſcher herbeigeführt wird,
als dies innerhalb der neuen preußiſchen Verfaſſung möglich wäre.
Ueberhaupt iſt übrigens das Veto an und für ſich eben nur eine große
Hinterthür für den Abſolutismusz es iſt gerade der Cardinalpunkt, um den ſich
der ganze Kampf der wodernen, der bemofratifchen Staatsverfaſſung gegen
die mittelalterliche, abſolutiſtiſche dreht. Die Aufnahme des Veto fur den Kö-
nig in einer Verfaffang ſtempelt dieſe ſofort zu einer Lüge nach der einen
oder der andern Seite hin. Denn es tritt entweder der Fall ein, der in Eng-
land ſeit 1707 herxſcht, d. h. daß der König von ſeinem Veto keinen Gebrauch
macht, und dann iſt die königliche Gewalt faktiſch aufgehoben: oder der König
verſucht ſein Recht geltend zu machen und dann entſtehen Kämpfe gleich der
Juli-Revolution. Welche von beiden Eventualitäten auch eintrete, ſoviel muß
ſedenfalls Allen, die dieſe wollen, Mar werden, daß im conſtitutienellen Syſtem
nicht eine wirkliche Transaction und ein ungetrabtes Nebeneinanderbeſtehen zweier
gleichberechtigten Gewalten möglich iſt, ſondern nur ein Kampf, der wie jeder
andere Kampf mit dem Unterliegen der ſchwächern Partei endet, Der gefunde
Bolfsfinn hat die Abſurvität dieſes Schaukelſyſtems und die Unvereinbarkeit des
königl. Velo mit wahrer Volksherrſchaft ſchon läugſt eingeſehen. Davon zeigen
die bekannten Kämpfe der erſten franzöſiſchen Revolution gegen Monsieur el
Madame Veto; davon mag unter anderm auch der Volkswitz zeigen, der am
Rhein und anderswo die Conſtitutionellen in „Kunftſtücksnelle“ umgetauft hat.
Sollte die neue preuß. Berfaſſung überhaupt noch ſo lange beſtehen, daß ſie
praktiſch ins Leben tritt, ſo dürfte auch ihr Achilles ebenſowahrſcheinlich dieſe
Frage vom Veto ſein.
Deutſchland.
AB Vom See. Schauerlich iſt die Erinnerung an die franzöſiſche Revo-
tion des vorigen Jahrhunderts; doch blicken wir auf unſere eigene Revolution,
ſo darf uns wohl mehr Schauder überfallen.
Frankreich wurde durch eine, dem König hündiſch ſchmeichelnde Camarilla,
durch einen ſich alle erdenkliche Vorrechte anmaßenden Geld- und Geburteadel,
und endlich durch das, jedes Unheil ſtiftende Pfaffenthum beherrſcht; dieſes und
der durch völlige Ausſaugung des Landes eingetretene finanzielle Ruͤin, laſteten
ſchwer auf dem Volke, und eine Revolution, die ſich freilich humaner geſtaltet
haden würde, wenn ſie anders geleitet worden wäre, war die unmittelbare Folge
pievog, Die Hährung hatte mehrere Jahre gezauert und als endlich der Sturm
zum Ausbruche kam, da wollten die Einen die Revolution verläugnen und un-
Erdrücken, die Andern aber waren zu ſchwach, den Grundſätzen derſelben ohne
Anwendung der Gewalt allgemeine Anerkennung zu verſchaffen. ı
Die Einführung der Guͤillotine ſchien das ſicherſte Miıtel zum Zwecke der
Ausrottung aller volksfeindlichen Elemente. Ein Blick in die Geſchichte zeigt
uns eine große Menge theils Schuldiger, theils aber auch Unſchuldiger, die ihr
Haupt durch das Fallbeil verloren. Es wird gewiß Niemand ſolche Zeiten
wünſchen und doch, müſſen wir nicht ſehen, daß gewiſſe Leute ſie herauf
beſchwören? Wer, iſt ſo blind, daß er nicht beinahe eine ähnliche Zukunft vor
ſich aufrollen ſieht? Ein Kurzſichtiger muß es ja einfeben, daß unſere Revo-
Thöricht wäre es, die Revolution zu verläugnen, denn ſie iſt ja zum offe-
nen Ausbruche gekommen und wurde nur durch die Uebermaͤcht der Bajonnete
zurückgedrängt; die Revolution iſt im Gedeihen, dies deweifen'die täglichen Be-
richte aus allen Gegenden, ſie wälzt ſich fort, wie eine Lawine, die endlich,
zur böchſten Größe gelangt, zerſtoͤrchd auscinander platzt. *
Der Revolution ſich anzuͤſchließen iſt jedes braven Bürgers Pflicht — wenn
er nicht eine große, unverantwortliche Schuld, wenn er nicht den Fluch der
Nachwelt, auf ſich laden will.
Die deutſche Revolution iſt ein Kampf für die Freiheit, ſie iſt ein Kampf
zwiſchen dem Volk und ſeinen Unterdrückern, ſie iſt ein Krieg mit der unheil-
vollen 38 Felder-Wirthſchaft, ein Befreiungskampf von der Knechtſchaft und
dem Sklaventhum, in welchem ein zur Freiheit gebornes Volk ſchmaͤchiet.
Dieſe Revolution ſoll darnieder gehaͤlten werden mit Hülfe der Soldateska!
Sie wird es aber gewiß nur ſo lange bis der Soldat zum Bewuͤßtfein und
zur Ueberzeugung gelangt ift, daß er gegen ſich ſelbſt, d. H. gegen ſein eigenes
politiſches und materielles Intereſſe kämpft. *
Ein anderes Mittel gegen die Revolution iſt das von dem /Miniſterium
Bekt“ als approbat erfundene, ſämmtliche Revolutionäre hinter Schloß und
Riegel zu ſtecken; doch dazu reichen die vorhandenen Gefängniſfe nicht aus,
und zu derlei Neubauten wird der Bürger wohl keinen Heller geben
mögen.
Febt Attila-Windiſchgrätz und Wrangel, die leibhaftigen Men-
ſchenfreſſer, werden nicht im Stande ſein, die Keime der Revolution zu erſticken,
wenn ſie auch Tauſende ſchlachten und zu Tode maͤrtern laſſen. Mit einem
Wort, die Revolution hat in Deutſchland begonnen, und verbreitet ſich immer
weiter; ſie wird blos durch rothe Gewaltthaͤten dar niedergehalten, und
wird, ſei es über kurz oder lang, zum neuen Ausbruche kommen.
Und was wird der Ausgang ſein? Man braucht es nicht zu verhehlen,
das Volk iſt erbittert, und wird immer erbitterter, je mehr es ſich
hingehalten ſieht mit papiernen Verſprechungen, je mehr es ausge-
ſesen wird vurch den Druck der Soldatenherrfchaft, je mehr ihm
ſeine, Errungenſchaften verkümmert, je mehr die Sefängniffe‘ gefüllt werden.
3O ſtelle noch einmal die Frage: Was wird das Alles zur Folge haben?
Die Untwort iſt nicht ſchwer zu geben. * *
Die erbitterte Maſſe könnte die Guillotine fo gut handhaben, wie
Roberspierre; ſie würde nicht lange im Criminalgefetzbuch nachſuchen, was
für eine Strafe dieſer oder jener Beamte, Volksverräther u. f. w. verditnt, ſie
würde ſich zicht an die Unverletzbarteit gewiſſer Perſonen halten, ſondern
ſie würde nach dem Briſpiele des berühmten öſterr. Feldherrn ver-
fahren, und ſich volle Genugthuung für alles frühere verſchaffen. 2
Wer ſchauert nicht zuruͤck bei diefem blutigen Gedanken? Wen bewegt nicht
das Wort -Buillotine?? Wer fragt ſich nicht, wie bewahren wir uns vor der
Guillotine? Täuſche ſich Niemand über den 4 Weg: ;
Eine zur Wahrheit gewordene Revolution verläugnen, fa ihr entgegentreten
zu wollen, das führt zum Unheil; es giebt nur ein Mittel, die Nevolutton von
Abwegen zu bewaͤhren, und das iſt, — ſich ihr anzuſchließen.
Mögen Diejenigen, welche bisher ihre Stüße der revolutionaͤren Bewegung
der Rtevolution beſchränken, die Revolution ſelbſt aber zur Anwendung außerge-
wöhnlicher Mittel herausfordern, mögen ſie bedenken, daß nicht ein geringer
Theil der Schuld ihnen anheimfällt, wenn das Volk am Ende das Schreckens-
wort in den Mund nimmt: — Guillotine! A
Aus dem badiſchen Obexlande, im Dezbr. Die Predigten des
Herrn Dr. Eremites Buß fangen an ihre Früchte zu tragen; Herr Dr. Buß
So hat ſich jetzt auch in Frei-
burg ſeloſt, dem Sitze des Erzbiſchoffs und des Dr. Buß, eine deutſchlaͤtholiſche
Gemeinde gebildet; und das Nämliche wird In einigen anderen Orten des badiſchen
Oberlandes erwartet. —— —
Nürnberg, 11. Dez. Wißt Ibr Buchhändler Deutſchland's wie die
Buchhändler Wieu's den am 9. Noy. erfolgten Tod ihres Kollegen Robext
Blum ehren? — Sie verfaſſen eine demüthige Dauk- u. Exgebenheits-Adreſſe
an den Fürſten Windiſch-Hrätz und bitten ferner um ſeine hehe Gnade und Huld
So iſt es geſchehen in Wien am 26. Nov. auf Veranſtaltung der Herrn Beck
n⸗
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@ Jur preußiſchen Verfaffung.
Berlin, 11. Dezbr. Je länger wir die nene Verfaſſung uns betgachten-
deſto entſchiedener ſtellt ſie ſich uns als ein Weck eer hintliſtiaſtel 24
dar, deſto klarer wird es uns, daß man MM Potsdam eben nur beab_fzd)t\tgte‘
den Gewaltſtreich der Auflöſuug und Verfaſſungsvex weigexung en liberales Män-
telchen umzuhängen, daß man ſich aber Dabei zahlloſe Hinterthüren offen. zielt,
uın durch tie Beſtimmungen des einen Artikels den ſcheinbar freiſinnigen Ver-
fprechungen des andern zu entgehen. (
ren bedeutendfte wir ſofert angeinanderfeßen werden, enthält aber die neue
Verfaſſung auch poſitive Uageſetlichkeiten, Widerſprüche gegen die rechtsfräftig
beſtehenden Geſetze. Es gilt dies namentlich von dem Verhaͤltniß der Artikel
des letzterwähnten Geſetzes, Ausnahmsgexrichte und außerordentliche Commiſ-
ſionen für durchaus unſtatthaft erklärt, beſtimmt Art. 7 dex Verfaſſung, „ſie
fuͤr den Fall eines Kriegs oder Aufruhrs ein, da in 4 Fällen Art, 7
zeitz und diſtriktsweiſe fuspenbirt werden kann. Dieſe Beſtlihmung des Art.
dem S.8 des Geſetzes zum Schutze der perſoͤnlichen Freiheit, welches rie zeit-
und diſtriktsweiſe Suspendirung ausdrücklich nur für die Beſtimmung jenes
© 1 u © ıe aber für den hier in Rede ſtehenden S, 5 zuläßt. Da ferner
Faile veroronet, Art. 110 der Verfaſſung aber hiervon nichts erwähnt, im Ge-
gentheil ſagt: „Die näheren Beſtimmungen hierüber bleiben einem beſondern
Geſetze vorbehalten“, ſo iſt es fehr fraglich, ob durch den nächſtfolgenden Satz
deſſelben Artikel: „Bis dahin bewendet es bei den in dieſer Beziehung beſtehen-
den Vorſchriften,“ die Beſtimmung des S. S über ſofortige Zuſammenberufung
der Volksvertretung aufrecht erhalten wird, oder nicht.
Ueberhaupt iſt dieſer Art. 110 die größte und offenliegendſte jener oben er-
ſtitutios heraus in das Gebiet ſeiner frühern Willkürherrſchaft zurückſchreiten
kann. So lange aber die zeit- und diſtriktweiſe Suspenſion der perſönlichen,
der Preß- und der Aſſociations-Freiheit bloß nach den beſtehenden Vorſchriften
verhängt werden kann, ſo lange können ſich auch die Gewaltſcenen von Köln
ſ. w. wiederholen. Denn Vorſchriften
find, man vewerte vtes wobl, nicht btoß Gefetze fondern auch Eabinetsordres
und Inſtruktionen, die allenfalls auch aus deimn Jahr 1809 datiren und die
bürgerliche Freiheit in die Häude eines brutalen Feſtungskommandanten legen
fönnen. Welchen praktiſchen Werth übrigens die Verfaffung, die ja feit dem
6. Dezember Geſetzeskraft beſitzt, für uns hat, dafür braucht es wohl keiner
ſchlagendern Bewerſe, als ver, in den Berlinex Zuſtänden enthaltenen. Und
ſolche Zuſtände auf jedem andern beliebigen Punkte der Monarchie und an jedem
andern beliebigen Tage der nächſten Monate herbeizuführen, das eben ift die
Aufgabe des Art. 110, der die Verfaſſung innerhalb ver Verfaſſung ver-
nichtet.
Daß ferner die geſetzgebende Gewalt der Kammern ſo wie die in Art. 64
ihnen zugeſtandene legislative Initiative durch das in Act. 40 und 60 vem
König implieite zugeſtandene abſolute Veto, ſowie durch die Beſtimmung des
Ausnahme der norwegiſchen Verfaſſung, die andern modernen Conftitutionen,
namentlich die franzöſiſche von 1840 und die belgiſche, dem König das abſolute
Veto ebenfalls zugeſtanden. Aber ſoviel wir zu wiſſen glauben, findet ſich in
keiner dieſer Verfaſſungen, eine Beſtimmung gleich der des zweiten Alinea
von Art 61. Und dieß iſt inſofern von Bedeutung alg die wiederholte Ver-
werfung eines Geſetzvorſchlages in ein und derſelben Seſſion mit weit größeren
politiſchen Schwierigkeiten verknüpft iſt, daß alſo jedenfalls eine Kriſis, ein ent-
ſcheidender Kampf zwiſchen Volk und Einzelnwillen, raſcher herbeigeführt wird,
als dies innerhalb der neuen preußiſchen Verfaſſung möglich wäre.
Ueberhaupt iſt übrigens das Veto an und für ſich eben nur eine große
Hinterthür für den Abſolutismusz es iſt gerade der Cardinalpunkt, um den ſich
der ganze Kampf der wodernen, der bemofratifchen Staatsverfaſſung gegen
die mittelalterliche, abſolutiſtiſche dreht. Die Aufnahme des Veto fur den Kö-
nig in einer Verfaffang ſtempelt dieſe ſofort zu einer Lüge nach der einen
oder der andern Seite hin. Denn es tritt entweder der Fall ein, der in Eng-
land ſeit 1707 herxſcht, d. h. daß der König von ſeinem Veto keinen Gebrauch
macht, und dann iſt die königliche Gewalt faktiſch aufgehoben: oder der König
verſucht ſein Recht geltend zu machen und dann entſtehen Kämpfe gleich der
Juli-Revolution. Welche von beiden Eventualitäten auch eintrete, ſoviel muß
ſedenfalls Allen, die dieſe wollen, Mar werden, daß im conſtitutienellen Syſtem
nicht eine wirkliche Transaction und ein ungetrabtes Nebeneinanderbeſtehen zweier
gleichberechtigten Gewalten möglich iſt, ſondern nur ein Kampf, der wie jeder
andere Kampf mit dem Unterliegen der ſchwächern Partei endet, Der gefunde
Bolfsfinn hat die Abſurvität dieſes Schaukelſyſtems und die Unvereinbarkeit des
königl. Velo mit wahrer Volksherrſchaft ſchon läugſt eingeſehen. Davon zeigen
die bekannten Kämpfe der erſten franzöſiſchen Revolution gegen Monsieur el
Madame Veto; davon mag unter anderm auch der Volkswitz zeigen, der am
Rhein und anderswo die Conſtitutionellen in „Kunftſtücksnelle“ umgetauft hat.
Sollte die neue preuß. Berfaſſung überhaupt noch ſo lange beſtehen, daß ſie
praktiſch ins Leben tritt, ſo dürfte auch ihr Achilles ebenſowahrſcheinlich dieſe
Frage vom Veto ſein.
Deutſchland.
AB Vom See. Schauerlich iſt die Erinnerung an die franzöſiſche Revo-
tion des vorigen Jahrhunderts; doch blicken wir auf unſere eigene Revolution,
ſo darf uns wohl mehr Schauder überfallen.
Frankreich wurde durch eine, dem König hündiſch ſchmeichelnde Camarilla,
durch einen ſich alle erdenkliche Vorrechte anmaßenden Geld- und Geburteadel,
und endlich durch das, jedes Unheil ſtiftende Pfaffenthum beherrſcht; dieſes und
der durch völlige Ausſaugung des Landes eingetretene finanzielle Ruͤin, laſteten
ſchwer auf dem Volke, und eine Revolution, die ſich freilich humaner geſtaltet
haden würde, wenn ſie anders geleitet worden wäre, war die unmittelbare Folge
pievog, Die Hährung hatte mehrere Jahre gezauert und als endlich der Sturm
zum Ausbruche kam, da wollten die Einen die Revolution verläugnen und un-
Erdrücken, die Andern aber waren zu ſchwach, den Grundſätzen derſelben ohne
Anwendung der Gewalt allgemeine Anerkennung zu verſchaffen. ı
Die Einführung der Guͤillotine ſchien das ſicherſte Miıtel zum Zwecke der
Ausrottung aller volksfeindlichen Elemente. Ein Blick in die Geſchichte zeigt
uns eine große Menge theils Schuldiger, theils aber auch Unſchuldiger, die ihr
Haupt durch das Fallbeil verloren. Es wird gewiß Niemand ſolche Zeiten
wünſchen und doch, müſſen wir nicht ſehen, daß gewiſſe Leute ſie herauf
beſchwören? Wer, iſt ſo blind, daß er nicht beinahe eine ähnliche Zukunft vor
ſich aufrollen ſieht? Ein Kurzſichtiger muß es ja einfeben, daß unſere Revo-
Thöricht wäre es, die Revolution zu verläugnen, denn ſie iſt ja zum offe-
nen Ausbruche gekommen und wurde nur durch die Uebermaͤcht der Bajonnete
zurückgedrängt; die Revolution iſt im Gedeihen, dies deweifen'die täglichen Be-
richte aus allen Gegenden, ſie wälzt ſich fort, wie eine Lawine, die endlich,
zur böchſten Größe gelangt, zerſtoͤrchd auscinander platzt. *
Der Revolution ſich anzuͤſchließen iſt jedes braven Bürgers Pflicht — wenn
er nicht eine große, unverantwortliche Schuld, wenn er nicht den Fluch der
Nachwelt, auf ſich laden will.
Die deutſche Revolution iſt ein Kampf für die Freiheit, ſie iſt ein Kampf
zwiſchen dem Volk und ſeinen Unterdrückern, ſie iſt ein Krieg mit der unheil-
vollen 38 Felder-Wirthſchaft, ein Befreiungskampf von der Knechtſchaft und
dem Sklaventhum, in welchem ein zur Freiheit gebornes Volk ſchmaͤchiet.
Dieſe Revolution ſoll darnieder gehaͤlten werden mit Hülfe der Soldateska!
Sie wird es aber gewiß nur ſo lange bis der Soldat zum Bewuͤßtfein und
zur Ueberzeugung gelangt ift, daß er gegen ſich ſelbſt, d. H. gegen ſein eigenes
politiſches und materielles Intereſſe kämpft. *
Ein anderes Mittel gegen die Revolution iſt das von dem /Miniſterium
Bekt“ als approbat erfundene, ſämmtliche Revolutionäre hinter Schloß und
Riegel zu ſtecken; doch dazu reichen die vorhandenen Gefängniſfe nicht aus,
und zu derlei Neubauten wird der Bürger wohl keinen Heller geben
mögen.
Febt Attila-Windiſchgrätz und Wrangel, die leibhaftigen Men-
ſchenfreſſer, werden nicht im Stande ſein, die Keime der Revolution zu erſticken,
wenn ſie auch Tauſende ſchlachten und zu Tode maͤrtern laſſen. Mit einem
Wort, die Revolution hat in Deutſchland begonnen, und verbreitet ſich immer
weiter; ſie wird blos durch rothe Gewaltthaͤten dar niedergehalten, und
wird, ſei es über kurz oder lang, zum neuen Ausbruche kommen.
Und was wird der Ausgang ſein? Man braucht es nicht zu verhehlen,
das Volk iſt erbittert, und wird immer erbitterter, je mehr es ſich
hingehalten ſieht mit papiernen Verſprechungen, je mehr es ausge-
ſesen wird vurch den Druck der Soldatenherrfchaft, je mehr ihm
ſeine, Errungenſchaften verkümmert, je mehr die Sefängniffe‘ gefüllt werden.
3O ſtelle noch einmal die Frage: Was wird das Alles zur Folge haben?
Die Untwort iſt nicht ſchwer zu geben. * *
Die erbitterte Maſſe könnte die Guillotine fo gut handhaben, wie
Roberspierre; ſie würde nicht lange im Criminalgefetzbuch nachſuchen, was
für eine Strafe dieſer oder jener Beamte, Volksverräther u. f. w. verditnt, ſie
würde ſich zicht an die Unverletzbarteit gewiſſer Perſonen halten, ſondern
ſie würde nach dem Briſpiele des berühmten öſterr. Feldherrn ver-
fahren, und ſich volle Genugthuung für alles frühere verſchaffen. 2
Wer ſchauert nicht zuruͤck bei diefem blutigen Gedanken? Wen bewegt nicht
das Wort -Buillotine?? Wer fragt ſich nicht, wie bewahren wir uns vor der
Guillotine? Täuſche ſich Niemand über den 4 Weg: ;
Eine zur Wahrheit gewordene Revolution verläugnen, fa ihr entgegentreten
zu wollen, das führt zum Unheil; es giebt nur ein Mittel, die Nevolutton von
Abwegen zu bewaͤhren, und das iſt, — ſich ihr anzuſchließen.
Mögen Diejenigen, welche bisher ihre Stüße der revolutionaͤren Bewegung
der Rtevolution beſchränken, die Revolution ſelbſt aber zur Anwendung außerge-
wöhnlicher Mittel herausfordern, mögen ſie bedenken, daß nicht ein geringer
Theil der Schuld ihnen anheimfällt, wenn das Volk am Ende das Schreckens-
wort in den Mund nimmt: — Guillotine! A
Aus dem badiſchen Obexlande, im Dezbr. Die Predigten des
Herrn Dr. Eremites Buß fangen an ihre Früchte zu tragen; Herr Dr. Buß
So hat ſich jetzt auch in Frei-
burg ſeloſt, dem Sitze des Erzbiſchoffs und des Dr. Buß, eine deutſchlaͤtholiſche
Gemeinde gebildet; und das Nämliche wird In einigen anderen Orten des badiſchen
Oberlandes erwartet. —— —
Nürnberg, 11. Dez. Wißt Ibr Buchhändler Deutſchland's wie die
Buchhändler Wieu's den am 9. Noy. erfolgten Tod ihres Kollegen Robext
Blum ehren? — Sie verfaſſen eine demüthige Dauk- u. Exgebenheits-Adreſſe
an den Fürſten Windiſch-Hrätz und bitten ferner um ſeine hehe Gnade und Huld
So iſt es geſchehen in Wien am 26. Nov. auf Veranſtaltung der Herrn Beck