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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 187 - No. 208 (6. August - 31. August)
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1848.















Hecker.

Von den verſchiedenſten Seiten her vernehmen wix die Nachricht, daß Hecker
zur MAugwanderung entſchloſſen ſei, um jenſeits des Weltmeers eine neue Hei-
mat zu ſuchen, die ſeinem freiheitsdurſtigen Herzen Befriedigung gebe, Ein
Schreiben aus Frankfurt in der Mannh. Abendztg. deutet inzwiſchen die nä-
hern Beweggründe zu Hecker's Schritt an. Er glaubt damit die traurige Lage
zer Berbannten zu beendigen. Allein er irrt hierin. Seine Entfernung würde
den Gegnern das Herz entlaften und viele Freunde entmuthigen. Sie würde
das Vaterland einer geiſtigen Kraft berauben, deren es keinen Ueberfluß hatz
aber feinen Unglücksgkfährlen würde er dadurch nicht dienen, Wir begreifen,
daß Hecker unmuthig und entrüftet iſt über den Gang der Dinge im engern


wandexung nicht. Es iſt nicht genug, Gerialität, reiche Kenntniſſe, feurigen
Muth und die höchſte Opferfähigkeit der Sache der gemeinſamen Freiheit zu


andern überwindet; wir erwarten, wir fordern ſie auch von Hecker. Wir wer-
den uns nicht von ihm, er wird ſich nicht von der gemeinſamen Sache tren
nen. Das Schwert hat gegen uus entſchieden, der Geiſt wird für uns entſcheiden


fuͤhrt. Dieſe Zeit vorzubereiten, ſind jetzo die Tage. Viele Wunden ſind zu
heilen, der materielle Untergang muß bekämpft werden, dazu ſind uns Hecker's
Kräfte ſo nöthig, daß wir ſie ohne großen Nachtheil nicht entbehren mögen.
Wohl wird er hinweifen auf ſeine einfame Stellung in der Verbannung. Er
mag ſich beruhigen und gedulden — ein ſchweres Wort für ihn — wir wer
den ihn wieder einführen in die Marken des deutſchen Baterlandes, trotz aller
Polizeiſeelen und politiſchen Katzenjammers; ſein Wort wird wiedex von der

for dern von ihm, daß er bleibe.

(Seebl.)

60. Sitzung der konſt. Nationalverſammlung.
Samſtag, den 12. Auguſt 1848.
Nach Verleſung und Genehmigung des Protokolls von geſtern interpellirt


Frage gefaßten Beſchluͤſſes, die öſterreichiſche Regierung zur Veranſtaltung der
Tückſtändigen Wahlen zu veranlaſſen. Da der Miniſter nicht zugegen iſt, ſo er-
tlärt Praͤſident, daß er die Interpellation demſelben ahſchrittlich mittheilen
werde. Schodex fragt den Verfaſſungsausſchuß, wie weit der Bericht über die
Antraͤge auf Verminderung der Cidilliſten gediehen ſei. In Abweſenheit des









No.

ſo ſind beide gleich gedrückt. (Gelächter) Der Redner weiſt den innigen Zu-
ſammenhang Welſchlyrols mit Deutſchthrol nach und verlangt auf Gruͤnd des
Prineips der Selbſterhaltung, daß die fragliche Trennung. verhindext, werde
. Prato vertheibigt den Antrag auf Entlaſſung. Süd-Tyrol ſei, ſo lange
e8 auch mit Deutſchland verbunden gewefen, immer ein italieniſches Land ge-
blieben! Bevölkerung, Sitte, Lebensweiſe, öffentliche Einrichtungen 26., Alles
ſei dort italteniſch; bebeutende deutſche Elemente kämen dort nicht vor, dem
müſſe er gerabezu widerſprechen. Deutſchland müſſe ſich bei ſeiner Abgränzung
oder an die Wiener Beſchlüſſe halten.
Nach jenem könne Welſchtyrol, nach dieſen Schleswig und Polen nicht Deutſch-


eben ſo gut Venedig, wo jeder Stein italieniſch ſei, für Aue deutſche Reichs-



nicht ſeine Mutterſprache, nicht mit völliger Geläufigkeit mächtig zu ſein, und
deshalb um Nachſtcht bittet, unterbricht die Rechte! Hr. Plathner und Graf
Schwerin an der Spitze, ihn wiederholt mit Hintanſetzung jedes parlamentart-
ſchen und andern Anſtandes durch hoͤhniſches Lachen. Die Linke ruft Pfuil
Achtung vor fremder Natignalität! Unwürdiges Benehmen, da klingelt der
Präſident und herrſcht der Linken zu: ich muß um Ruhe bitten! — Der Red-
ner fährt, übrigens in ſebr fließendem Vortrage, fort, die Gründe Flirs und
Schulers zu wiberlegen, und proteſtirt feinerfeits gegen den Vergleich mit zwei
Ochſen (Heiterkeit) und verlangt, man ſolle mindeſtens die Zweckmäßigkeit ei-
ner der italientfchen Nationalität angemeſſenen Organifation Südtyrols aner-
kennen, da die italieniſche Bevölkerung nicht die überwiegende, ſondern die ein-
zige ſei. (Beifall von der Linken)

Rerer aus Inngbruck) hält einen längern geſchichtlichen Bortrag, um das
nachzuweifen. Die Centren rufen nach


trotz aͤngeſtellter Gegenprobe kein Reſultat gibt, wird fortgefahren und Kohl-



dium ſich deſſen Arbeit befinde. Viſcher macht einige Vorſchläge zur Beſchleuni-
gung der Berathung der Grundrechte, ſie werden dem Ausſchuß für Geſchäfts-


Muflöfung der demokratiſchen Vereine übernchime, und ob dies wirklich der
Willensdusdruck des geſammten Reichsminiſteriums ſei; 2) ob dem Befehl des


digen ſolle, übexall und an allen Orten unter den im Befehl ſelbſt vorgeſchrie-
Benen Formen Folge geleiſtet worden. Auch dieſe Interpellation ſoll dem betref-
fenden Miniſter abſchriktlich zugefertigt werden

Man geht zur Tagesordnung über. Erſter Gegenſtand derſelben iſt der
Bericht des völkerrechtlichen Ausſchuſſes mehrerer Abgeordneter aus Südtyrol,
die Bezitke von Trient und Roveredo aus dem deuiſchen Bundesverband zu
entlaffen.

' v. Raumer (aus Berlin) bevorwortet die in dieſem Bericht enthaltenen


ſtelter auf den allgemeinen Beſchluß der Nationalverſammlung zu verweiſen,
den nicht deutſchen Volksſtämmen Deutſchlands ihre volksthümliche Entwicklung


Unterricht, der Literatur, der innern Verwaltung und Rechtspflege zu gewähr-
leiſten.
Wiesner und Flir ſprechen ſich für den erſten Theil des Ausichußantrags


allgemeinen Beſchluſſes, letzterer weiſt hauͤptſächlich nach, daß jene beiden
Krkiſe feit dem 14. Jahrhundert zu Tyrol und mit dieſem zu Deutſchland ge-
rechnet worden. Er zeigt in den verſchiedenſten Beziehungen die Unhaltbarkeit
der Gruͤnde, mit welchen die Welſchtyroler ihre Abtrennung von den Deutſch-
tyrolern unterſtützt und wird

nöthigen Maßregeln zu ergreifen, }
— Regierung gegen die allgemein ſchaͤdliche Theilung Tyrols zu pro-
teſtiren.

geſtellt, ſei das alte Syſtem der Selbſtſucht, das
Hätte Welſchtyrol ſeit Noah zu Deutſchland gehört,

Bunde zu gehören, wenn ſie nicht wolle-
Welſchtyrol aus dem


Selbſtſtändigkeit gewähren.
Schuler caus Juͤnsbruch): Wenn zwei Ochſen unter einem Joche ſtehen,







Abgeordueter gewagt, die Abtretung eines Zollhreits Erde von ſeinem Bater-
lande zu fordern. Geſchähe das in Rußland, ſo ließe ihm der Czaar gewiß
die Knuͤte geben. Allgemeine Mißbilligung) Er trägt daher darauf an, die
Abgeordneten, die jenen Antrag geſtellt auszuſchließen. (Widerſpruch von allen
Seiten.) Die deutſche Nationalverſammlung muß eine deutſche ſein, keine welſche
Gelächter), das iſt meine Logit, was Sie für eine haben— weiß ich nicht;
4ver ntot meiner Anſtcht iſt, hat eine Nauwerkſche Weltanſchauung. Cärm)
Beati possidentes, wir befigen Tyrol und Ddarum behalten wir es, das iſt
mein Völkerrecht. Die Deutſchthroler würden den Verſuch der Welſchthroler Cer
zerreißt ein Papiec) der Verachtung preisgeben.
Vogt: Es ſei eine ſchwere Aufgabe, nach einem ſo logiſchen Vortrage
etwas für die Südtyroler vorzubringen, zumal für einen ſo unlogiſchen Kopf
wie er. Doch wolle er es verſuchen Das Princip, das man geſtern aufgeſtellt
hat, hat heuͤte eine bedeutende Anerkennung erfahren. Sie haben gehört, daß
man. Abgeordnete wegen eines Antrags, den ſie nach beſter Neberzengung und
Gewiſſen geſtellt, ausſchließen will, und erklärt hat, ſie würden in Rußland
geknuiet, in Fraͤnkreich in’s Tollhaus geſperrt werden. Das klingt, als wünſche
man unter rufſiſcher Herrſchaft zu ſtehen (Bravo, jawohlh. Ich proteſtire Da-
gegen, alg könnte man die Nationalität nach der Scheffelzahl des Landes meſ-


Nationalilät, alg Preußen. Welſch-Tyrol heißt doch wohl nicht Welſch Tyrol,
weil Deutſche darin wohnten, — die Länderfreſſerei der Deutſchen, des Zopf-
thums neueſte Phaſe, fei jeßt in's Unglaubliche gewachſen; man greife hierhin
und dorthin unter dem Vorwand des Nationalitätsprincips; für Ermittelung
der Natibnalität eines Bezirks gäbe es aber nur ein Mittel, das abgeſchwaͤckte
Mittel der Abſtimmung, ünd dieſe würde beweiſen, daß es kein deutſches Ele-
ment in Welfch-Tyrol. gäbe. Die ſüdtyroliſchen Abgeordneten verlangten ühri-
gens nicht mehr, als Preußen in Poſen gewährt habe, eine befondere uatio-
nale Verfaſſung, und die Billigkeit dieſes Verlangeüs ſei ſelbſt vom Ausſchuß
anerkannt worden. — 2

Was die beantragte Ausſchließung betrifft, ſo macht er auf Frankreich auf-
merkſam: nur 2 Stimmen hätten ſich für Proudhons Borfchlag, der wohl ei-
ner größtren Beherzigung werth geweſen (Erſtaunen), erklärt, aber trotz der
allgemeinen Indignatibn, die er hervorgexufen, habe Niemand daran gedacht,
Prbudhon auszuſchlteßen (Beifall). Deuͤtſchland ſei es angemeſſen, ein Beiſpiel
Froßartiger Geſinnung zu geben, und die nicht deutſchen Beſtgndtheile ihren Nas
fionalitäten zurückzugeben. Man habe mit Ungeduld einen Reduer gehört, der
ſich mühſam ausgedrückt. (Widerſpruch von der Rechten. Präſident: Die Un-
geduld richtet ſich gewöhnlich daxnach, ob der Redner von der einen oder der
andern Seite ſprichh. Hätten die Tyroler deutſche Abgeordnete wählen können,
die beſſer deutſch ſprächen, ſo würden ſie es gewiß gethan haben, um ihre In-,
lereffel hier kräftiger vertreten zu laſſen. Hierin liegt der beſte Beweis, Ddaß
ſie italieniſch ſeien. Der Redner unterſtützt den eventuellen zweiten Antrag der
Südtyroler; könne man jene Bezixke aus ſtrategiſchen Gründen nicht losgeben,
fo behalte man ſie alg gute Freunde, gwähre ihnen nationale Verfaſſung, na-
tionale Vertretung, kurz alles, was jcher Antrag will, ſo werden ſie ſich auch
bel ung wohl fühlen Geifallj. Die Vexhandlung wird geſchloſſen.

v Raumer ſpricht zum Schluß. Die Anträge von Flir werden unterſtützt;
eben ſo die a Prato's (den Antrag auf Trennung der Centralgewalt zur Be-
gutachtung vorzulegen und die Zweckmäßigkeit einer der italieniſchen Nationa-
lität angemeſſenen Organiſation Südtyrols anzuerkennen). Bei der Abſtimmung
werden die Anträge a Prato's verworfen, die Anträge des Ausſchuſſes mit gro-
ßer Majorität angenommen; die Flir's ebenfalls verworfen.
Es folgt die Berathung des Berichts deoſelhen Ausſchuſſes⸗ den öſterrei-
chiſch-italieniſchen Krieg betr. Nach den Berichterſtatter ſpricht Reitter a. Böh-
me die Baͤnke werden leerz MM ſelt!!!!

' Nauwerk, Es fei nicht der geeignete Zeüpunkt, die italieniſchen Verhält-


 
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