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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 261 - No. 286 (1. November - 30. November)
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Abonnement in Mannbehn viertellabrlicht fl. 24 fr., durch vie Poſt Aa Daben ; Ö
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1 ; ® Zuferate die geſpaltene Zelle in Petitſchrift oder deren Raum vier Kreuger, — Driefe unb Gelber; fret einzuſenden.
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P Wien. Sofort erſtahet Schmitt Bericht über den Geſetzentwurf, die Erhebung der
2 ; S an - Steuern für die Monate Januar, Fehruar und März 1849 nach dem bisherigen
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Ein neher OO ND S * Umlagefuß betreffend! Die Commiſſion trägt auf Bewilligung und auf Bera-
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aufs Neue mit léwenmuthiger %pgea’ficru_ng in den %obegfmnpf geworfen; 08
ſcheint nun keine Wahl mehr, muß Stanb halten und ſiegen oder * als ein
Trümmerhaufen untergehen. Wir hahen ihr freudig zugejauchzt, als ſie den
heranziehenden Barbarenthume ein gebietendes Halt entgegengedonnert, als ſie



Behandlung der Sache im ordentlichen Wege verlangt, wird verwoͤr—



ren Bundesgenoſſen, von den n ſie im Augenblicke der Gefahr verlaſſen zu ſein
ſchien. Zwei Tage lang hat ſie dem faſt unaufhörlichen Donner Trotz geboͤten,
der aus zahlloſen Feuerſchlünden gegen ihre Mauern brauste, zwei Tage und

maͤnnlicher Faſſung ertragen; kühn und ſtandhaft harrte das ſtolze Bolk aus
und trug kämpfend den Tod in die Reihen der Barbaren.

Aber immer noch wich der Feind nicht, und immer trügeriſcher geſtalteten
ſich die Ausſichten auf fremde Hülfe; es nahten keine Metter, das Ende ſchien
unabſehbar. Da ſank auf einen Augenblick der Muth der tapfern Bürger ; fte
unterhanbelten, Siegestrunken ſprengte bereits der übermüthige Feldherr die
Botſchaft ihrer Niederlage, der Niederlage der Freiheit durch die Gallen Deutfch-
lands, daß die Tyrannen aufathmeten und neue Gedanken zur Unterdrückung
der Völker nährten. ;

Schon wähnte der zohe Barbar die freien Männer zu ſeinen Füßen liegen zu
ſehen und an ihren fruchtloſen Zerknieſchung ſich weiden zu können; ſchon wa-
ren die Opfer bezeichnrt, die ſeiner Mordlaͤſt fallen ſollten; Wiens Schickſal
ſchien entſchieden. Da — eine Rauchwolke in der Ferne! Ein Signal! Neuer
Muth durchzuckt plötzlich die ganze Stadt; Alles regt ſich, Alles ifi Leben; zer-
rißen ſind die Unteswerfungsanträge; die Waffen blinken wieder in Aller Hände
neue Anſtalten zur Vertheidiguug find getroffen; zum letzten, zum entſcheidenden
Kampfe erhebt ſich die kühne Stadt; mit einer nie gekaͤnnten Todesverachtung
ſtürzen ſich die wackeren, Bürger auf die Unterdrücker ihrer Freiheit! Wohin
ſich der Sieg wenden wird, wer kann vor dem wirklichen Ausgang darüder
eine Gewißheit haben? aber wie möglich iſt es, daß Windifchqräß Diefelben
Stufen, auf denen ihn ſeine telegraphiſchen Depeſchen zum Siege emporſteigen


anzugelangen.

So Liel iſt wenigſtens ſicher, daß ſeine Lage ſchon jetzt eine ganz andere
geworden. Die Täuſchungen, die er bis dahin übek feine Stellung zur Stadt
gu verbreiten wußte, ſind zerriffen. Der Unmuth und Ingrimm der Provinzen
über die Beſchießung der Hauptſtadt, der bereits an maͤnchen Drten ene w Ive
Aufregung hervorgerufen, der durch die falſchen Nachrichten nur mühſam ge-
dämpft wurde, muß jetzt in vollem Maße mit allex Gehalt zum Ausbrüch fom-
menz Die Kunbde von dem neuen muthigen Angriffe Wiens wirft einen Funken
in die Gemüther der zu einem mächtigen Brande emporlodern mwird. Bereits
hoͤren wir daß der Landſturm an pielen Orten im Aufbruche iſt. Und dazu
noch die Ungarn. Mag das neuerliche Treffen günſtig oder ungünſtig für ſie
ausgefallen ſein, ſo viel leuchtet wenigſtens aus den verſchiedenen Nachrichten
ein, daß ſie keinenfalls fo großen Schaden erlitten haben, um nicht ſofort zu
einem abermaligen Angriffe bereit ſein zu konnen. \

Es iſt gewiß, hinter Windiſchgrätz's Rücken zicht ſich ein neues Gewitter
zuſammen; er wird genöthigt ſein, ſeine Kräfte zu theilen; Wien wird vdann
erleichtert. Die Möglichkeit eines Sieges liegt näher als je; denn jetzt erſt iſt
der Augenblick gefommen, wo die Stadt beinahe foͤrmlich gezwungen ift, zu kämpfen
bis auch ihre letzten Kräfte verſiecht find. Sie hat von einer unbedingten Ueber-
gabe nichts zu hoffen, Alles zu fürchten. Der Zorn Windiſchgrätz's über die
gebrochene Capitulation würde ein fürchterliches Strafgericht heraufbeſchwören
Wien iſt nunmehr auf einem Punkte angelangt, wo alle Bedenklichkeiten ſchwei-
gen müſſen; es kann nicht mehr anders, es muß kämpfen mit dem Muthe der
Verzweiflung; es hat einen Weg aͤngetreten, der jede Rückkeht unmöglich

macht.
Deutſch Land.

LCarlsruhe, 4. Nov. Sitzung der 2. Kammer. Bei Gelegenheit
einer on ibm vorgelehten Petition der Bürger von Bühl verlangt Nichter
vom Niniſterium Aufſchluß über das Ergehniß der Unterfuchung gegen den






— in Folge „Döherer“ Verwendung ungeſtört eine Penſion von nahezu 2200 fl
nießt, obſchon Thatſachen gegen ihn vorliegen, auf deren Orund eine ſofor-
tige Suspendirung der Penſion hätte erfolgen müffen, -

Bekk ſucht Letzteres in Abrede zu ſtellen, bemerkt übrigens, die Unterſu-
chung ſei noch nicht erledigt.
Lehlbach übergiebt Line Petition der Gemeinde Hagsfelden um Auflöſung
der Kammex, worin gelegenheuͤlich einer Beſchwerde üder das Verfahren der
Regiexung in Bezug auf politiſche Prozeſſe auch der Verhaftung zweier Bürger
aus Carlsruhe, Lanzano und Goll, Erwähnung geſchicht, welche wegen an-
4 in Hagsfelden gehaltener Redell auf eine fälſchliche Denunziatton hin
erfolgte.

Dlanfenhorn beeilt ſich, in Bezug auf diefe fehr bifftg zu bemerken
„wenn dieß der gleiche Lanzano iſt, der * * 4* 44
gehaust hat, ſo. i{ft er gewiß mit Necht werhaftet worden. Fragen ſie nur
die Oberweiherer, die könnens Ihnen erzählen!

Der Präſident zeigt die von den Abtheilungen vorgenommene Wahl zweier
Neuen Commiffionen an; diejenige derſelben, welche das neue Standrechts-
geſetz in Bexathung nehmen ſoll, beſteht aus dem Abgeordneten Huber, Stöſ-
er, Kiefer Siegle, und Wolff.






klären. (Brentano und Kapp treffen erſt ſpäter ein.)
Die an die Lommiſſion zurückgewieſenen Paragraphen des Verwaltungs-


der Abg. Junghanns, um ſeinen bereits neulich angekündigten Antrag in


Am Eingang dieſes Geſetzes finden wir die Worte: „Leopold von Gottes
Ich ſchlage Ihnen vor, die Worte: „von Gottes Gnaden“ zu ſtrei-
Dieſen Antrag habe ich ſchon am letzten Dienſtag angekündigt und er-
laube mir nun, ihn zu begründen. Sie alle kennen den Urfprung dieſer For-
melz ſie verdankt ihre Entſtehung der Theorie, daß der Fürſt ſeine Gewalt
unmittilbar von Gott habe. Die Anhänger dieſer Doetrin zogen daraus die
Folgerung, daß der Fürſt in keinem Vertragsverhältniß mit dem Volk ſtehe,
keine Zwangsverbindlichkeiten gegen das Volt habe und für ſeine Regenten-
; Ja ſie kamen
zu dem alle Freiheit vernichtenden Schluß: Daß das Volk dem Fürſten nicht
nur zu ſtaatsbürgerlichem, verfaſſungsmäßigem Gehorſam, ſondern zu blinder-
unbedingter Unterwürftgkeit verbunden, und daß felbſt der paſſive Widerſtand
gegen rechtswidrige, tyranniſche Regentenhandlungeu ein Verbrechen ſei.
Dieſe Lehre war zu keiner Zeit unbeſtritten; ſie wurde namentlich verwor-
fen von den deutſchen Fürſten, welche ſich der Reformation angeſchloſſen hatten,
in dem Augsburger Glaubensbekenutniß vom Jahre 1530. Aber die Fürſten, welche
ſie dem Kaiſer und Reich gegenüber verwarfen, machten ſie gegen ihre eignen
Unterthanen geltend, ſo oft ſie es vermochten, und erſt der Neuzeit war 5
vorbehalten, ihr den Stab zu brechen. Wenn ich von der Neuzeit ſpreche, weiß
ich wohl, daß ſchon Ariſtoteles die Lehre vom Vertragsſtaat In ſeinen Schriften
entwickelte, allein erſt unſere Zeit errang ihr den vollſtändigen Sieg.
Die neuere Staatswiſſenſchaft findet den Entſtehungsgrund der Staaten


oder Grundholden anderſeits, ſondern ſie kennt nur die bürgerliche Geſellſchaft,
an deren Spitze ein Oberhaupt ſteht, welchem die Bürger die Ausübung der
Staatsgewalt anvertraut haben.

walthaber. Die Regierungsgewalt, welche dem Fürſten zuſteht, beſitzt er kraft
des allgemeinen Volkswillens, deſſen Vollſtrecker er iſt. Ein Volk aber, das
auf Ehre hält und eiferſüchtig auf ſeine Rechte iſt, datf nicht zugeben, daß die-
ſer Urſprung der Fürſtengewalt vertäugnet werde; ein Volk, das die Waͤhr-
yeit liebt darf nicht geſtaͤtten, daß jedes feiner Geſetze eine Lüge an der Stirne
trage. Darum meine Herren, ſtelle ich als Vertreter des bad! Volkes den An-
trag:

Die hohe Kammer wolle heſchließen, daß in dem Eingang des vorliegenden
Geſetzes die Worte: „von Gottes Onaden“ , zu ſtreichen feien.

Betk entgegnet, es könne nicht Sachẽ der Discuffion in diefem Hauſe
ſein, wie der Großherzog ſich betitle; dieß ſei einzig und allein deſſen eigene
Sache und die Kammer habe nichts daruͤber zu beftimmen. Sie habe ſich
nur mit dem Gegenſtand der Geſetze zu befaſſen! Uebrigens könne der fragliche
Gegenſtand im Wege der Motion zur Berathung gebracht werden; jetzt aber
ſei darüber nicht zu diskutiren. Es ſei jedoch eine beklagenswerthe Erſcheinung,
daß man vom Walten einer göttlichen Gnade heutzutage nichts mehr wiſſen
wolle. Gleichſam aus Haß gegen die göttliche Gnade wolle man yun auch
dieſes Attribut des Fürſtentitels geſtrichen wiſſen. Jetzt ſei hierzu vollends nicht
der Zeitpunkt, da das Volk ohnedem genug auf Abwege gerathen. Dies ſei
der Grund, warum er ſich gegen den Strich erkläre, nicht das Feſthalten an
der von Junghanns angeführten Theorie. Das ſittliche und religiöſe Gefühl
werde dadurch verletzt, deßbalb ſolle man auch nicht fo hrevi manu über den
Gegenſtand aburtheilen, ſondern denſelben zum mindeſten in reifliche Erwägung
ziehen. ;

Lamey ſucht die vom Antragſteller angeführten hiſtoriſchen Data als une
richtig darzuſtellen und dem Ausdruck „von Gottes Onaden“ eine andere Be-


Redoer ſpricht ſodann von einem „Recht des verjährten Beſitzſtandes-, von
„Röckſichten, die wir unſern Vorfahren tragen ſollten“, erflärt ſich am Ende
mit der Abſchaffung einverſtanden, nur ſolle veshalb ein beſonderer Antrag ge-
ſtellt werden, der ſich auf alle Geſetze und Verordnungen erſtrecke. —2

Richter macht auf den Beſchluß der Nationalvekfammlung aufmerkſam,
wonach alle Titel, die nicht zur Bezeichnung des Amtes, das der Inhaber ver-
waltet, erforderlich ſind, abgeſchafft werden, und auf andere deutſche Staaten,
wo das Gottesgnadenprädikat bereits in Abgang dekretirt worden iſt. Er ſtellt
den Antrag, in dieſer Sitzung über den Gegenſtand abzuſtimmen. 2

Sachs iſt im Intexeſſe der Zeiterſparniß und wegen der Geringfügigkeit
des Gegenſtandes gegen die Verweiſung in die Abtheilungen und die Begrundung
einer eigenen Motion in dieſem Betreff. Er weist naͤch, daß jetzt gkrade der
beſte Zeitpunkt zur Abſchaffung des Gottesgnadentitels vorhanden und dieſe
ſchon darum zu wünſchen ſei, damit dem Gefühl des Spottes und Hohns, das
Jeder bei Lefung deſfelben empfinden müffe, nicht ferner Nahrung gegeben
werde.




 
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