— —
— 2 — —
Deut ſch Lan d. *
0 Frankfurt/ 27. Mai. Die „deulſche Zeitung“, die Zeitung
durch und fuͤr Hofrathe, fährt ruhig fort in ihren Denunziationen und Ver-
läunidungen; ſie beſtrebt ſich mit rüſtigem Eifer, den entſchlafenen „Rhein. Be-
obachter‘“ den frauernDden Lefern zu erfeßen, In ihrer heutigen Nummer er-
wähnt ſie mit vieler Gemüthlichkeit der Ausweiſung zweier deutſcher Män-
ner; ſie treibt in ihrer vornehmen Ahgeſchloſſenheit, die affektirte Nichtbe-
achtung aller Menſchen, die nicht Hofräthe ſind, ſoweit, zu ſagen, unter den
Ausgewiefenen ſei ein gewiſſer Pelz, welcher ſeiner Zeit an einer |.. g. Bolts-
zeitung geſchrieben haben ſolle. Ich dächte, die Volkszeitung hätte ihrer Zeit
der Hofrathszeitung oft genug empfindliche Beweiſe ihres Daſeins gegeben.
Die /deutſche Zeitung‘“ erzählt mit vieler Satisfaktion, die Verſammlung habe
Hin. Schlöffel nicht hören wollen, als er über die Ausweiſung ſeiner Freunde
yätte „los ziehen“ wollen. Sie findet es ſehr natürlich, daß die Verſammlung
auf dieſe „polizeiliche!“ Maßregel nicht habe eingehen wollen. Es iſt ſehr be-
zeichnend für den politiſchen Standpunkt der Hofrathszeitung, daß ſie in dieſer
unter den“Augen der Nationalperſammlung begangenen, der deutſchen Einheit
frech Hohn ſprechenden Ausweiſung nur eine untergeordnete polizeiliche Maß-
regel fieht. Wenn die alten Prlizeiwilfürkehkeiten beſtehen bleiben, ſo helfen
ung alle Verfaſſungen nicht zur Einheit und Freiheit. Die „deutſche Zeitung!
Lügt aber förmlich, wenn fie behauptet, die Ausgewieſenen hätten die Arbeiter
gegen die Nationalverſammlung aufaeiviegelt.*) In der beregten Verſammlung
am Sonntag iſt nur eine Adreſſe zu Gunſten der Pelen beſchloſſen. Ein Frank-
furter Herr, ich glaube Dr. Juͤcho, hat die Arbeiter vor ſolchen politiſchen
Fraͤgen gewarnt, Damit ſie nicht einem zweiten Blangut anheim fielen. Diefe
yöchſt unpaſſende Rede eines Gaſtes haben die Arbeiter hingehen laſſen, höch-
ſtens ſie verlacht. In dem Ausweiſungsdekrete ſteht nur, daß die Herren Pelz
ind Eſfellen duͤrch Aufreizungen im Arbeiterverein und der Arbeiterzeitung einem
Theile der Bürger Frankfurts mißfällig geworden ſeien. Läge efwas gegen ſie
vor, ſo würde man ſie vor Gericht geſtellt haben. Vor dieſem Mißfallen der
Republikaner-Bürger von Fraͤnkfuxt kaun natürlich Aſſoziationsrecht! Preßfrei-
heit, Freizügigkeit nicht beſtehen. Die Arbeitex haben ihre Petition der Natio-
nalverfammlung nicht felbſt überreicht, ſobald ihnen geſagt wurde, daß es nicht
gefetzlich ſei, fondern durch Hrn. Zitz, wenn ich nicht irre, überreichen laſſen.
Hicht die mindeſten Exzeſfe ſind vorgefallen; wohl aber hingen die Arbeiter
mit vieler Liebe an den Ausgewieſenen.
ten, welche ſich die Preußen ſeit längexer Zeit in Mainz erlaubten. Iſt nur
die Hälfte wahr, ſo dürfen die Preußen wahrlich nicht von Aufreizung reden,
fo geneigt man auch ſonſt ſein mag, bei folchen Naufereien die Schuld auf
beide Parteien zu vertheilen. Ich erwähne nur zwei Thatſachen nach dem
Kampfe, die mir von glaubwürdigen Leuten mitgetheilt find. Am Montag
furz vor 12 Uhr, dem Termine, wo die Waffen abgeliefert ſein ſollten, kam
gine Deputation in die Eitadelle.
Schlag 12 Uhr würde das Bombardement unnachſichtlich begonnen haben. Die
Bepufation bat, ſie möchten doch mit ſoxgen, daß man aus dem unerträgli-
chen Zuſtande heraus wieder in das alte Geleiſe käme.
Rein, ſchrien die Offiziere, wir müſſen unſere Soldaten an euch rächen.
Die Soldaten waren 15 Schritt davon aufgeſtellt und ſtimmten natürlich ein
in den Ruf. Ob die Offiziere ihn wohl für ein Beſänftigungsmittel gehalten
haben? ;
‚, Ferner hat der Gouverneur den Verleger der „Mainzer Ztg! zu ſich kom-
men laffen und ihm erflärt: Wenn Sie einen (mir oder Preußen, das weiß
ich nicht mebr genau) mißfälligen Artifel aufnehmen, ſo übergebe ich Ste,
Ihre Familie und Yr Haus der Rache meiner Soldaten!“ Ueber Undeutlich-
teit fann man ſich bei dieſer Deduktion der Preßfreiheit wenigſtens nicht bekla-
gen! Mich foll wundern, ob man den Goͤuverneur wegen ſo hrutaler An-
drohung von Gewaltthätigkeiten wohl von Amts wegen zur Unterſuchung
Hen . — .
Ueber die Nationalverſammlung hörte ich heute beim Herausgehen ein tref-
fendes Urtheil. „Du kannſt dich darauf verlaſſen!, fagte ein Arbeiter zu ei-
nem andern, „die Majorität hier drinnen iſt Lie Minorität hier draußen.“
Hr. Graf Arnim hat auch ſchon heute erflärt, die Konſervatigen, oder
Reaktionäre würden trotz der kurzen Bekanntſchaft ſchon heute mit Vergnügen
ihr Verfaſſungswerk in die Hände dieſer Verſammlung legen. Das iſt ein
kaͤgliches Bertrauensvotum, was einem Armuthszeugniß derzweifelt ähnlich ſieht.
Pgigermaßen hat es die Verſammlung durch ihre heutige Abſtimmung für den
Wernher ſchen Antrag abgelehnt.
O Deutſche National-Verſammlung. Achte Sitzung. Tages-
rünungt Der Antrag Raveaur's.
Nach langen, zum Theil ſtürmiſchen und intexeſſanten Debatten hat die
National? Verſaͤmmlung heuͤte Abend 8 Uhr den Antrag Werner's ange-
nommen, durch welchen die Natibnal⸗Verſaimmlung, als das aus dem Willen
und den Wahlen der deutſchen Nation hervorgegangene Organ zur Begrünz
ſtinnmungen einzelner deutſcher Verfaſſungen, welche mit dem von ihr zu grün-
denden Verfaſſungswerke nicht übereinſtimmen, nux na Maßgabe des Legte-
ren als gültig zu betrachten ſind, — ihrer bis dahin beſtandenen Wirkſam-
keit unbeſchadet. 7
Doie Linke (Schaffrath) gab ihr radikaleres Sondergutachten auf. Die Cen-
tren folgten dieſem Beifpiel von Takt und Mäßigung. Kur die äuherſte Rechte,
Graf Arnim, Or. v. Binke mit wenigen Getreuen beharrten auf dem Ver-
trauensvotum. Das Nähere morgen. ; ;
Das iſt eine Berläumdung , um das Urtheil des Publikums zu gewinnen, nachdem
*
*
—
++ Mannheim, 26. Mai. Die jüngſt vergangene und gegenwärtige
Zeit hat uns um fo maͤnche bittere Erſahrungen reichex gemacht. Nan mag
über die letzten politiſchen Unterfuchungen in dem Großherzogthuri Baden ur-
ſich nicht verkennen und nicht kiugnen, daß e5
felbft bei frattgebabten Mißgriffen ein Zug der Vaterlandsliebe war, Dder fie
herborrief. Es wäre Ddaher von dieſer Seite betrachtet zu erwarten geweſen-
daß das moraliſche Urtheil über die Urheber und Anhänger des mißglückten
Unternehmens nicht zu hart ausftele, um ſo wehr, als die Erfahrung gelehrt
hat, daß in der Politik heute zum größten Recht werden kann, was vyrgeſtern
für das hoͤchſte Uurecht und ſtärkſte Verbrechen galt. Leider beurtheilt man/
namentlich zum Theil in Manuheim, dieſe Saͤche nicht von dieſer Seite,
Während der guimüthige Deutiche weit entfernt war, an Die Rückkehr der
Redetion zu glaubeu, ſpannen ihre Anhänger alle Segel auf, um ſie wieder,
wo möglich, in Schwung zu bringen, theils im Geheimen mit den gehäſſigſten.
Denunziationen, theils unter dem Zeheuchelten Scheine des Libexalismus gegen-
über dem Republikanismus, und kein Mittel iſt es, das unverſucht bleibt, kein
Beweggrund, der nicht jetzt an der Zeit ſcheint heroorgehonn werden zu wüſ-
fem, Brivative, politiſche, ja die abgenutzte religiöſe Lirdſchaft⸗ die es vegten
dereinſt einen Ehriſtus zum Politiker uumzuͤſtempeln, tritt wieder wirkend in den
Vordergrund. Die Untexſuchung wegen der letzten Vorgänge dahier ſoll Dafür
merkwürvige Belege darbieten. Bereits ſind mehrere ſolcher ehrenhafter Theil-
nehmer des edlen Denunciationsgewerbes an das Tageslicht gekommen unD,
wenn einmal die gefhloffene Unterfuchung Ddenen, die Da ſehen Fönnen und
ſehen werden, die Gelegenheit hierzu darbietet, ſo wird auch dieſer Denun zan-
tenbande ihre Maske abgeriſſen und dieſe ſelbſt mit den Namen ihrex Mit-
glieder dem Weltgerichte zur Aburtheilung übergeben werden. Bis dahin mag,
dieſe Andeutung genügen! — —2—0
8 Mannbeim , 27. Mai. Die Nachricht von der Wahl des Vrinzen
voͤn Preuͤßen für die preußiſche conſtituirende Verſammlung hat allerdings die
Fraͤgẽ über deffen Rückkehr ſchnell und überraſchend entſchieden; die Bolfsfous
veraͤnität, auf den Barrikaden von Berlin momentan eXrungen , hat die König-
liche Hoheit aus der Stadt und vem Lande gejagt und diẽ Bolfsfouveränitat,
theilen, wie man will / ſo läßt
RKreife Wirfig. derart geltend gemacht, daß ein vom größten heile Des yreus
{chen Bolkes Geächteter von einem Heinen Besirke uicht nur zurüc, foxDEl
auch zu ſeiner Vertretung berufen wurde. Diefe Thatſache drängt uns bei den
wielen in Baden noch vorzunehmenden Wahlen für das deutfche „Parlament die
Üag f b dic Los Der-Regierungsgewalt fiüchtigen Bolfsmänne icht in
aͤhnlicher Weiſe vom Volke zurückberuͤfen werden ſollten. Sind Männer wi
Hecker und Struve in Berückſichtigung ihrer früheren großen Verdienſte
um vas badiſche und um das große deutſche Vaterland, in Berückſichtigung ih-
ſchen Sefinnung , die von einem großen Theile des Volks anerkannt iſt, nicht
würdiger, Plätze auf den Bänken der deutſchen Volksvertreter einzunehmen, als
der pleußiſche Prinz in Berückſichtigung feines königlichen Geblüts auf den
Baͤnken der preuͤßiſchen Vertreter? die Waͤhl dieſer Männer müßte die Frage
entfcheiden, ob königliche Flüchtlinge, die voͤm Volke verjagt ſind, mehr Recht
genießen, als flüchtige Volksmänner, die von königlichen Truppen verjagt ſind?
db Voͤlksverrath wenlger Verbrechen iſt, als ſogenannter Hochverrath? ob die Voͤlks-
ſouveränität eine Wabhrheit, oder ein Spielball in den Händen der Fürſten iſt,
den ſie dem Volke zu ihren eigenen Zwecken, zugeworfen haben? — Badifche
Wahlmaͤnner! In Eueter Hand liegt es, diefe Fragen zur Liſung zu bringen.
O Mainz, am 27. Mai. Vor einigen Tagen iſt der Seift _ des Mittel-
alters mil feinen ganzen Schrecken aus ſeinem Grabe bei uns zum Leben wieder
aufgeſtanden. Wir ſollten wegen eines Bierhauskrawalles bombardirt werden,
und alle Anſtalten waren ſchon getroffen, die Kugeln bereits glühend gemacht,
nm diefes wlenfchenfreundliche Verfahren mitten im Frieden auszuführen. Der
Blokadezuſtand iſt in ſo ferhe aufgehoben, als die Stadtthore bis Abends neun
Uhr geöffnet bleiben, dann aber gefhloffen werden. Die anfommenden Eiſen-
babhnzlige und Dampffchiffe ſtud dek Vifitation eines Offiziers unterworfen, Dder
nach Waffen ſchnüffelt; die Stadt wird Tag und Nacht von ſtarken Patrouillen
durchzogen, dic aus Preußen und Defterreichern gemiſcht ſind und einen Stadt-
rath mit ſich führen. Die mainzer Zeitung darf nichts bringen, was den preuſ-
fifchen Junkerthum mißliebig iſt, ſie ſteht unter militärifcher Cenſur. Als Herr
Thevdor von Zabern gegen eine ſolche ungeſetzliche Willtür zu proteſtiren die
frliſinnige Vermeſſenheu hatte, donnerte ihın Se, Erceltenz von Hüſer mit den
Worten zu Boden: Halten Sie das Maul, Herr v. Zabern, oder
ich tretẽ Ihnen die Därme aus dem Leib! Aeußerungen, die in dem
Munde eines fo hochgeſtellten Mannes ehen ſo fein als human klingen. Der
Genevalftaatsprofurator Porkus, der ſich in der Nacht als Parlamentär auf die
Eitadelle begab, um einen Aufſchub des angedrohten Bombardement zu bewirken,
wurde von den Preußen durch Kolbenſchlaͤge am Arme verwundet. An keinem
Aushängfenfter darf mehr eine politiſche Carrikatur, ein Freiheitsgedicht erfheiz
nen, nur heilige Bilder ſind jetzt ausgehängt. Und doch können alle dieſe Ge-
waltmaßrẽgeln das Geſchehene nicht üngeſchehen machen, die Lerliner Ereigniſſe
ſtehen feſt, Niemand vermag ſie aus der Weltgeſchichte auszufraßen, in Die ſie
Buͤchſtaben eingeſchrieben ſind. Aus den hier ſtatigehabten Unter-
fuchungen der varlamentsnlitgliedex follen ſich fehr gravirende Sachen gegen
Das Militär , befonders gegen die Offieiere herausgeftellt haben die den gemei-
nen Mann gegen die Bürger aufgehetzt haben ſollen; auch ift e$ gewiß, daß
ſeit vierunddreißig Jahren aller Streit, der bier zwiſchen Bürgern unD Militär
(tatt fand, meiftens von preuhiſcher Seite ausging, Da eine Zwiſtigkeit mit.
den Oeſterreichern hier wirklich zu den Seltenheiten gehört. Der Handel licgt
gänzlich darnieder. Wie es noch werden ſoll, ‚mag Gott wiſſen, da es heißt,
abe den weiteren Ausſpruch in dieſer Sache von ſich abgelehnt
Wir haben nun ein Pröbchen von der
7