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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 61 - No. 90 (1. März - 31. März)
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— E

*



2*
















Halbfährli







und Gelder: fret einzuſenden.












ſl. 45 &, worauf





Deutſchland. *
*** Mannheim, 7, März. Ber deutſche Bunhestag ſprach vor eini-
gen Tagen in einem offiziellen Artitel ſeine politiſche Ueberzeugung aus, über
die gegenwärtige Lage des Vaterlandes, und erlaubte ſich Unter Berufung auf
die deliſche Geſchichle / vertrauensvoll“ den Regierungen und Vö
Rathſchtäge zu ertheilen. Dagegen haben wir nichts einzuwenden. (
Einſicht des deutſchen Volkes“ überlaſſen, wie weit es die Ueber-
zeugung jener 1% Diplomaten achten will, die jedes hoͤhern Gedankens unfähig,
aller deſchworenen Pflichien für Vaterland und Menſchheit uneingedenk, auf
Koſten des Gememwohls ſteis nur ihre beſondern Zwecke verfolgt haben, welche
Ruckſicht es nehmen wil auf die Rathſchläge von Mannern, deren ganze
Staatsweisheit darin beftanden hat, länger als ein Menſchenalter hindurch,
eine große edie Nation ın politiſchem Stillſtande zu erhalten, jede auch die be-
ſcheidenſie Bute patriotiſcher Bürger nach einer Zeitgemäßen Neform von vorn
yetein als „anmaßend“ als „revolutionar“ zu bezeichnen und eine ſolche Po-
litik den Regierungen alg die einzige Garanne der Erhaltung der Ruhe und
Ordnung fortwährend anzupreiſen. Daß ſolche Pygmaen, wie die Frankfurter
Diplomaten, die im Wideripruch mit allen Lehren der Geſchichte das unter-
nommen und durchſetzen zu können geglaubt haben, was ein Rieſe wie Na-
polelon nicht vermocht hat, den Geiſt des Jahrhunderts zu beſiegen, Ideen
zu unterdrücken durch die rohe Gewalt der Fäuſte, daß die noch wagen dürfen,


verſchämt erſcheinen, wenn es nicht gar zu lächerlich wäre.

Auch das ſoll dem Bundestag unbenommen bleiben, je nach Belieben Ver-
ſprechungen zu machen, wie von ſeinem Standpunkt aus Alles aufbieten zu
wollen, um gleich eifrig für die Sicherheit Deutſchlands nach Außen, ſo wie
die Forderung der nationalen Intereſſen und des nauonalen Lebens im Innern
zu ſorgen“.
die Slaatspapiere von ſchlechtem Eredit ſind. Jene Herren, die die kräftigſte
Schutzwehr der Völker gegen fremde Bedrückung, das Recht und dre
Freiheit des Volts und aller feiner Srieder, den Bund mit dem
Polenmörder von jeher durch alle Mittel der Verdummung der Corruption und
der Gewalt medergehalten haben, jene Herren, die alle die, welche mit Math
für eine große machtige und geochtete Nauon in die Schranken getreten, als Re-
vellen, ais Verbrecher, die aus den entehrendſten Motiven haͤndelten, erklärt und
behandelt haben, wollen ein nationales Leben, nationales Interefſe
förden. Welcher Hohn! Da wo aber der deutſche Bund ſich aumaßt, der


tereſſen, rechtsverbinduche Beſchluſſe faſſen zu wollen, müſſen wir mit aller
Energie proteſtiren. Diejenigen deutſchen Boͤlker, die jetzt bereit ſind, keine


Führ und Unordnung, einen feſten geordneten Rechtszuſtand zu ſetzen, können


tern keine Inſtructionen empfangen, in beliebiger Weiſe über die erſten Rechte
des Volkes beſchließen wollen.

Der deutſche Bund hat in einem Beſchluſſe vom 3. Mai /jedem Bundes-
ſtaate freigeſtellt, die Cenſur aufzuheben und die Preßfreiheit einzufuhren.
Eine ſolche Erklarung mag paſſiren, obſchon ſie durchaus überflüſfig iſt. Die
Bölker, welche ihre Regierungen durch ein entſchloſſenes und energiſches Auf-
treten genöthigt paben, die Preſſe freizugeben, haben vorher beim Bundestag
eben ſo wenng nachgefragt, als in den dreißiger Jahren die Braunſchweiger
thaten, als ſie einen rebeltiſchen bürſten ım Intereſſe der Ruhe und Drds


/
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lich würde, „vder empörte Haufen

tritt unmöglich machen würde.“ dleich 7 ſchreter * deu Auc


unvergeſſen ſein, und während der ſtürmiſchen Zukunft benützt werden, die mög-
licherweiſe Deutſchland nicht fern ſteht.“ *
Karlsruhe 5. Maͤrz. Einem Gerücht zufolge waͤre
dorf zu dem Geſandtſchaftspoſten zu Berlin deſignirt.
(+) Bruchſal, 7, März. Während die Buͤrger Mannheims durch ihr
ehrenhaftes, entſchiedenes und geſetzmaͤßiges Auftreten behufs der Erringung


leuchten, und jeder Verſuch der voltsfeindlichen Partei, Storungen der öffentlichen
Ordnung zu veranlaßen, von vorneherein dort hätte ſcheitern müſſen, haben wir
in unſrer guten Stadt, u welcher die Pfaffenherrſchaft noch
wie ein ſchwerer Alp auf den Geiſtern laſtet und ſie in einer wohlbe-
rechneten politiſchen Armſeligkeit niederhau, die deklagenswertheſten Pöbelerceſſe
erlebt. Glauben Sie nicht, wenn ich von Pöbel ſpreche, daß ich hier im Sinne


welche kein Geld im Sacke und keinen feinen Rock auf dem Leibe, wohl aber
ein ehrliches Gewiſſen im Buſen haben, nein! ich verſtehe darunter alle jene,
welche jedes Seelenadels baar, von einem gemeinen Sinne niedertraͤchtiger
Abſichten voll, kein Mittel verayſcheuen um ihre ſchlechten, ſelbſtſüchtigen, frei-
heitsfeindlichen Zwecke zu erreichen, die das Volk zu bethören, die den Bürger
gegen Bürger zu hetzen, und ſich dann ſchlau von den Folgen zu bewahren


gehen, ſollte er hinter großen Geldſäcken ſich hochmuͤthig Ipreizen, hat das
Volk, dem e& bei dem ſeitper durchgeführten Serdummungsſyſteme an aller po-
litiſchen Budung fehlt, zu abſcheuuchen Gewaltthaͤten verführt, woruͤber jeder


ſein muß.


aufgehetzt von dem vorneßmen und reichen Pöbel durch aufreizende RNeden,


Zerlorengen an dem Eigenthum ihrer iſraelitiſchen Mitburget vorzunehmen,



gekommen waͤre. Am Sonntage zeigte ſich viefelbe feindliche Stimmung, man


nun emanzipirt werden wollten, man billigte ſelbſt von Sriten folcher Bürger,
welche fonſt als intelligent gelten wollen, den Haß gegen die Juden und etwaͤige
Angriffe auf ihr Eigenthum und ſo ſchien es, daß der Abend unausblriblich
die durch Wein und aufregende Worte exaltirte Menge zu argen Schandthaten
pinreißen werde. —


geeigneten Maßregein ergriffen haben, um Eigenthum und Leben zu ſchützenl


lachen, weil er gegen Leute gerichtet iſt, die ihnen mißfällig ſind.




ten Jenen erklären! „Dieß darf nur unter Garantie geſchehen, welche die
andern deutſchen Bundesſtaaten ſo wie den ganzen Bund gegen Mißbrauch der
preſſe ſicher ſtellen «. Welche Garantien hier gemeint ſind, damit würde mun
erſt hervortreien, wenn die Aufregung der Völker weiter beſchwichtigt, der gute
Michel wieder eingeſchläfert ware. In dieſer Beziehung „vertraut die Ver-
ſammlung noch immer mit voller Zuverſicht auf die in den ſchwierigſten Zeiten
era bewährte alte Treue“. Aber man taͤuſcht ſich gewaltig. Wenn Rrvolutionen
des Rechis an den Thoren der Palläſte klopfen, und Schiffe bereit ſind, ge-


geforderten Conzeſſionen zu machen. Abex kaum iſt das Neue vorüber, dann
werden die niedrigſten und veraͤchtlichſten Mittel nicht geſcheut, um die Früchte
eines blutigen und ſchönen Sieges ſchon im Keime zu erſticken. Das wiſſen
die deutſchen Völker darum werden ſie wachſam ſein. 4

Ais Napoleon von der Inſel Elba zurückkehrte und die deutſchen Throne, die
eben erſt durch die begeiſterte Erhebung des deutſchen Volks gerettet, von neuem
zu wanken drohten, da appellirte man von neuem an die Voͤlker. Man ver-
ſprach ihnen Preßfreiheit, Repräſentativverfaſſungen, Religionsfreiheit, Han-
velsfreiheit, Ortsbürgerrecht u. ſ. w. Aber wie bitter das Volk, welches un die
Heiligkeit eines feierlich gegebenen Fürſtenworts glaubte, getäuſcht wurde, das
erfuht es bald, als zu Carisbad jene freiheitsmordenden Beſchlüffe gefaßt wur-
den / die noch zur Stunde wie ein Alp auf dem Norden Deutſchlands laſten.


auch in Deuͤtſchland in Bewegung ſetzte und bedrängte Frſten durch die Ges
oalt der Umſtände genöthigt wurden, ihre, vor 15 Jahren gegebene Verheißun-
gen zu erfüllen, da vereinigien ſich die Könige mit einer Energie, die ſich den
förmligen und feierlichen Danfk des Beherrfchers aller Neußen
erwarb, zu einem Bund und beſchloſſen, „daß die in Folge der Revolten den
MRegierungen, notoriſch abgedrungenen Konzeſſionen null und nichtig waͤren.“
Diefer Befchluß wurde in das tiefſte Dunkel gehüllt, weil, wenn er veröffent-

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niß für ıpr Eigenthum ſahen die ſüdachen Einwohner mit ſchmerzlichem Gefuͤhle
ſur die Ebre der Starr ſahen die wenigen Gutgeſinnten unter den Buͤrgern
dem heceindrechenden Dunkel entgegen. Und es ſollien dieſe Beſorgniffe nicht

Auf dem Marktplatze rottete ſich ein, vom Wein erhitzter, haufe mit Stei-


haß von jeher gepredigt haden; die man faſt taͤglich in die Kirche, die man


Gott zu belugen hoffen, zur öffentlichen Schau zu tragen, und die nun durch

thendſte Art zu fanatiſiren ſuchten. Noch war es nach dem Zeugniſſe aller ver-
nüuftiger Zuſchauer möglich, die bethoͤrten Haufen zu zerſtreuen, allein es ge-



Gaſthauſe zum Zähringerhofe, alſo gerade in der unmittelbarſten Naͤhe des
Skandals, dei einer Partie Tarrock und ſoll trotz der au ihn geſchehenen An-
zeige des gefaͤhrlichen Auflaufs, ruhig ſeine Spelpertie beendigt yaben, ehe er


der Menge gingen auch bald in Erſüllung. Man zog vor einzelne Judenhäu-
ſer, zertruͤmmerie Thüren, Läden und Fenſter, zerſtörte Waaren und ſonſtige
Moͤbilien, leerte Mehlſäcke aus, daß die Straße ganz von Mehl bedeckt war,
warf Fahrniſſe, darunter ein Kanapee, in den Bach — kurz man beging die
Alles unter den Augen der Behoͤrden, gleich-
ſam mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung.


fanatiſchen Menge ſagte, „wenn ihr jetzt nicht ruhig ſeid, laſſe ich, hol nich
Goit, Militär kominen la und zu einem andern Haufen: „jeßt ſchreit noch ein-


ten, zerſchmetterten fie die Fenſter der Judenhäuſer. *
4 wenigen Bürger hatten natürlich auf dieſes Volk keinen
Einfluß, und der Bürgermeiſter, welcher noch in der letzten Weche die Beru-
fung einer Gemeindeverſammlung zur Berathung zeitgemäßer Petitionen ver-
weißert hatte, ſchien die gehörige Kraft und Umſicht nicht zu beſitzen. *
Aber ſchmerzlich muß es ſodaun ſein, wenn er hört, daß fogar aufmun«
ternde Bürgerſoldaten, die zur Handhabung der öffentlichen Sicherheit unter


 
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