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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 91 - No. 118 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0417

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— —
2






















2








m vier Kreuzer. — Briefe und Gelver: frei einzufenden.












No. 102.

Vierteliahr bitten wir möhlichſt bald zu machen.



*

S Weitere Beſtellungen für das
Monarchie vder Nepublit᷑?
— (Schluß)
Hier iſt die Rede von Deutſchlanb im Ganzen.
der wir ſprechen, iſt die Bundesreyublik.! Was die einzelnen Staaten betrifft,
aug denen Deutſchland beſteht, ſo werden einige von ihnen unfehlbar ſich batd
in Republiken verwandeln; gudere werden vielleicht noch eine Zeit lang mo-
narchiſch vleiben — das läßt ſich nicht mit voller Beſtimmtheit vorausſehen.
So viel aber iſt gewiß: 1) daß die beiden großen Staaten, Oeſterreich und
Preußen, zum Wohle Deutſchlaͤnds wie aug inneren Gründen in ihre Plo-
vinzen zerfallen und viele der kleinen Staaten ſich mit einander verſchmeizen
muſſen. Der Uebergang von dır Monarchie zur Republik wird auf dieſe
Weiſe erleichtert werden.
Wır ſprechen alſo für eine republikaniſche Bundes verfaſſung, nnter wel-
her für den Aufang eine Miſchung republikaniſcher und monarchiſcher Glieder
ſteheu mdye; daß der Geiſt, weicher in der Bundesverfaffung herrſcht, ſich


yon ſelbſt, und die Unverräglichkeit entgegenge] ster politiſcher Grundfaͤtze in


im Mannheimer 72 erſt — — gemacht zu werdin. *
Zaͤſſen wir nun die Gegner der Repubiit us Auge,- Sie beſt

drei Klaffen, welche find : f W

* 1)'Die Anhänger der Feudalmouglchie und des Geburtsadels.

2) Die Anhaͤnger der abfolute Monarchie und des Beamtenadels.

3) Die Auhaͤnger der Fonftitutignellen Monarchie und des Gaͤdaͤdels.

Jede der drei Klaſſen hat ihre Liberalen. Die Vidberalen der erſten Klaſſe
bilden den Uebergang zur zweiten, die der zweiten den Uebergang zur dritten,
und die der dritten ſind nichis anders als ſchüchterue Repudlikaner. Jede Dies
ſer drei Klaſſen hat auch ihre beſonderen Ulcbergänhe in eine Beftimmte Form
der Republit. Der Geburtsaͤdel, wenn er ſich von der Monarchie loszuma-
chen ſucht, ſtrebt nach einer Adelsrepublik mıt Patriciat, der Beamtenadel
nach einer Beaͤmtenrepublik mit
Geldadel nach einer Krämer- vnd Wechslerrepublik. Aber alle Diere Rich-
tungen gehen nur auf eine politiſche Vitzbildung aus. Der wahren demokra-
tiſch·ſgcialen Repubuit ſind aue in gleichem Geade feindlich. *

Die Hegner der erſten und zweiten Klaſſe ſind indeſfen der Sache des
Volkes nicht mehr gefährlich. Sie ſind theus zu verbaßt, theils zu lächerlich,
418 Dap ſie iegendD eine Hoffnung fur die Zuͤtunft Yütten ‚ ja die ber erſten
Klaſſe, zu denen der König von Preußen bis auf die Berliner Kaͤtaſttophe
gerecnet wexden mußte, ſiud nır noch Curioſitäten des Jahrhunderts, letzte
Mohikaner der alten Weit. Die einzigen‘ Gegner, mit denen es ſich der
Mühe verlohnt ein Work zu reden, ſind die Anfänger der konſtitutionellen
Monarchie und des Geldadeis. —7— ꝛ — *

Die kouſiitutionelle Monarchie — diefes Machwerk einer politiſch un-
fähigen Periode, welche ſoeben in Frantreich einen welthiftorifen Bankrott
Erlitten, jollte die allgemeine Staatsform des deutſchen Volkes werden? —





der abſolaten Mouarchie und der Republit, eines ſtillen Krieges , der endlich
einmal offen ausbricht, und deſſen Entſcheibung entweder ein Rückfall in jene
oder ein dortſchrut in dieſe ſein muß. Die konſtitutionelle Konarchie {f
zichte als eine politiſche Kriſis; die Eyre, eine befondere Stadtsform zu ſein,
kemnt iyt gar mıdt zu, Sie hat zwaͤr die befondere Kafte der Seibv.
arifofratır jamın: dem Anhange derſelben für ſich, die, wie ein ſpitzbuͤdi-
ſher KriegSlieferant, aus Diefem“ Kriege entgegengefetzier politiſcher Grund-
laͤtzt ibren Vortbeil zeht. Aber unter ihren ſcheindaren Anhangern verbergen
ſch we YArıen von Geinden, die hetmrichen Aof olutiſten und die heim⸗—
lichen Rcpublitaner. WE 4 A

Dieſt beiden Varteicu ſind eigentlich in der konſtitutionellen Monarchie
witkenern Wa
x Diefem Syſtem ausgefprocen ſiud beutet nur den zwiſchen jenen beiden ge-
‚führten ſtillen Krieg fur ſich auı Zu den Vortheilen dieſer Ausbeutung draugt

— —


Yfien Me Gejellfchaft der Raͤubet! * und” waͤhrend ſie ſich untereis
Staat entweber den Abſolutiſien oder den
Republilanern in die Hände. Dies iſt der Gange der
weichen Fraukreich ſoeben duͤrchgemacht hat.
der Demoraliſation, welches dort, der Welt zum warnenden Beiſpiel/ zur Er-
ſcheinuͤng gefommen war, }

N

zumaden! — Sage man ung,

$



‚werden, weil fie in der Natur der Fonftitutionellen Monarchie- liegen. Die
44 und Lüge ift der Natur der Saͤche nach die Hauptwaffe in dem
ſtillen Rrieg, der ihr Leben auemacht. Wir haͤben in Deutſchland freilich ſchon
7 — Stanten gehabt, und wir fönnen ihnen bisher noch nicht diefe
Sünde voͤrwerfen. Aber diefe Staaten haiten dis jetzt noch nicht vom Baume
der Erfenninig gegeflen. Seit einigen Wochen ift e& anders. Der Angriff




Republık über, ſo iſt diegefähtrdete Vonarchiegezwun gen / die nämlichen Mitte!
zu benüßen, welche Lolis Philipp benüßt hat, Sehen wir nicht jetzt ſogleich
gur Öicpubif über, fo müffen‘ wır dürdy allen‘ den Schmug der Entfitlihung
waden, von dem ſich Deuͤlſchland zum Theil noch frei gehaͤlten hat, um über
kurz oder lang doch zur Republik zu kommen. Das deutfehe Bolf wird dann
nicht reifer für die Republit ſein als jetzt, ſondern umgekeyrt, weil die Repu-










blik tugendhafte Bürger braucht, und wir quf dieſem Wege einen Tyeil der
unferem Bolfe noch Innewohnenden Tugend verlieren werden, Es Febt dem
politifden Syſteme der Fonftitutionellen Monarchie eine ihin eigene Geweinheit
au. Alles was groß und und erhebend iſt Alles worin der Aeel der Menſch-
bit zum Vorſchein tommt, iſt ihm fremd. klich ei
edler Menſch wäre, ſo müßte er ſich leichter euͤtſchlleßen fonnen, freiwillig von
ſeinem Throne herabzuſteigen und der erſte Bürger einer Repuͤblit zu werden,
als ſich zu der nichtihen Nolle berzugeben, die er in der louftitutionellen Mo-
uardhte {pielen muß. Wer ſieht nicht ein, daß die Stellung des Praͤſideuteu
einer Republik, der mit verfönlicher Berantwortlidhfkfeit für ſeine
Haͤndiungen einſtehen muß, unendlich viel eyrenvoller iſt alg die eines con-
ſtitutionellen Fuͤrften, der entweder ein mit nidtefugender Würde bekleideter
Strohmann iſt, oder, wenn ihm ein Reſtcheu meuſchuchen Willens und menſch-
licher Thaitraft übrig bleibt, ſich hintet die Berungwortlichkeit feiner Minifter
vekkriechen muß, weiche die Roile des Peugeljangeu in der ebemaligen Prin-
zeuerziehung ſpielen, der die Schläge befam, wenn das Prinzchen unartig ge-
weſen war! — GHlauben Sie!, hat Napoͤleon zu Sieys gefagt, „daß irgend
ein Menſch vou Geiſt und Charaͤkter ſich zu der verächtlichen Rolie eines
Schweines auf dem Miſte einer Cuvilliſie hergeben wud?“ Es ift entwüra


ben. Dies aber iſt das Verhaͤltniß des Fürſten in der zur vollen Entwickelung
gekommenen couſtitutionellen Monarchie.

Wenn die Republikaner Frankreich als das Land anführen können, wo
die conſtitutionelle Monarchie ihre niedrigſten Thaten verrichtet hat, ſo pflegen
die Anhäuger dieſes letzten politiſchen Syſtems 4uns England als das Land vor-
zuhalten, wo es ſeine höchſten Thaten vollbracht. Sehen wir aber dieſein Bei-
piele auf den Grund! — Eagland blendet uns durch den Glauz ſeiner Macht,
und Deutſchland, welches nach Macht und ehtenvoller Stellung ringt, koͤnnte
ſich durch den Glauz verführen laſſen. Abet lentfpeicht die eugliſche Staats-
eintichtaug mit der höchſten Ausbildung der Ariſtokratie, in Ddet ſich Gebuͤrte-
adel und Gadadel veleinigen, entſpricht die englifche Staatseinrichtung mit
ihrer ungeheuren Koſtbarkeit, entſpricht die en liſche Staatseinrichtung / die auf
den maßivjen Reichthum der Einen und die Armuth und das Elend der An-


machte die Zeitung in England, welche au meiſten den dort heekfiheuden Geiſt


ſchen, der Schulden habe, von MenfHenwürde reden Fönne? —



dürfen, ſoll Deutſchlands Vordild jern ! — D
Und wie ſteyt es deun mit dem muthmaßlichen Beſtand des jetzigen eng-


es ſchen in Nordamerika dargetyan! Wad wird aber in England ſelbſt er-
folgen? Das Bewußtſein der Schlechtigteit der Grundſatze, auf welchen die
beſtehenden Zuſtände Euglands beruhet ıf ſeit einer Reihe von Jahren in die
Naffen des engliſchen Volkes gedrungen. Wer in der Verſammlung engliſcher
Chattiſten und Sozialiſten geweſen; der weiß wie es mit dır Baſis der eng-
Un Staatsordnung beſchaffen iſt, und weiß, daß auch England der ſoeialen
Irpublif unaufhaltſam entgegen geßt. Und eiue Ordunung, — wenn wır nicht
lieber Unordnung ſagen woͤllen, — eine‘ Ordnung, der da, wo ſie heimiſch ift,
die Tage gezählt ND, ſeu Deutfland ig zum Waſick für feine Zukunft waͤß!

len f Deuiſchland wilt ſtait fen, uub- mecte- fet eln wie England.


— YHur weſſen Keſten ift ſie fRark? Auf {Ddie wonen Des gebrüften Volkes!
2Bie lange wird ſie ſterk ſein? Se lange das Bolt ſich den Druc zefallen
taßt! — Und wie lange wud es ſich den Bruck noch gefallen laſſen? icht
mebr lauge! — Wer iſt der Erbe der engliſchen Macht und Greße? Die
MNordamertfaner ] — Das weiß ſelbſt jeder einſichtige Englaͤnder! Sie Norda
amertfanner haben auf die englifchen Staatseinrichtuͤngen gebaut, und habeu
e$ beffer gemacht als die Engländer, Wir müſſen auf die nordamerikaniſchen


Wäre aber England hunderimal ſtärker als es iſt, was würde ſeine Macht


bei uns die Knute einführen?


Einrichtungen zu den freieſten gehörten, die die Welt aufzuweifen hatte. Dieſe
Zeit iſt vorbei, und England ſelbſt, wenn es maͤchtig bletden will, muß
ſich andere Einrichtungen ſuchen. Und üderhaupt — aus der Macht eines
Staates auf die Gute ſeiner Einrichtungen zu ſchließen, iſt nicht weiſer als
der Schluß von dem Reichtgun eiues Wenſchen auf ſeine Tugend.

Die koaſtitutionelle Monarchie iſt ein verlorenes Syſtem, welches, wie
alles Schlechie, von- Anfang an den Keim ſeines Untergaͤnges in ſich hat.
Seine bisherige Dauer in England verdankt es ſeiner Vermiſchung mit der
Feudalmonarchie. Dieſe Vermiſchung iſt der Hauptcharakter der engliſchen
Verfaſſung. Seine gerühmte Freiheit iſt nur eine Freiheit von dem Drude
des Abſolutismus und des Beamtenadels, — nur dieſe beſtimmte Freiheit, —
aber nicht auch die von den Reſten des Feudaldruckes und der Geldmacht. —.
Mit einer ſolchen Drittelsfreiheit ſiſt eiaem Volke, welches ſich in der
Mitte des neunzehnten Jahrhundertes frei macht / nicht gedient.

Die konſtitutionelle Monarchie braucht einen Adel; England hat einen
doppelten. Bei uns hat der Geburtsadel wenig mehr zu bedeuten. Aber
wenn die Verfaſſung von ganz Deutſchland nach den Grundſaͤtzen der kon-
ſtitutionellen Monarchie gebildet werden ſollte, ſo würde aus den Fürſten ein


Zuſtand mit dem doppelten Adel. Bliebe uns der Gelbadel allein übrig, ſo
waͤre das vielleicht noch ſchlimmer, weil er ſchlechter iſt als der Geburtsadel,


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