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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 61 - No. 90 (1. März - 31. März)
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fe und Gelder: frei einzuſenden.





— R — :—












Deutſchland.

das Bürgerthum endlich einen erfreulichen Aufſchwung genommen habe, ſolche


deutſche Volt) Es iſt eine auf tauſendfache Erfabrung gegründete That-
ſache, daß, wenn einmal eine Perſon oder Korporation den erßen Shritt
vom Pfade des Rechts der Ehre und der Pflicht abgewichen iſt, daß ſie dann


des Abgrundes, in deſſen Tiefe ſie heil- und rettungslos verenden muß.

Dieſe unwiderlegliche, durch die Geſchichte und Erfaprung aller Zeiten
beſtaͤtigte Wahrheit „bewährt ſich denn auch neuerdiugs wieder an dem f. g,
deuiſchen Bundestag“. Hervorgegangen aus einer grohen bewegten Zeit, aus
einer Zeit, in welcher die deutſche Nation, die, von Napoleons Allgewalt
mächtig erſchütterten und der Einſturz nahe gebrachten Tbrone der deutſchen
Fürſten, mit dem Schweiß, mit dem Blute und den Thränen ihrer edelſten
Kinder wieder feftgefittet hatte, trat dieſer ſ. g. „Deutjdem Bundestag in
Fraukfurt am Mam zuſammen, um nach den unter Gottes freiem Himmel
feierlich ausgeſprochenen und mit einem Eidſchwur bekräftigten Zuſagen, das
Wohl und die Rechte der deutſchen Nation nach beſten Kräften zu ſchützen
und erſtarken zu machen. ; }

Wie aber hat dieſer ſ. g. „Deutiche“ Bundestag ſeine Aufgabe ſeit der
30 Jahre ſeines Beſteheus . gelößt YY Y — Darüber geben die von ihm
niedergeſetzte Zentralunterſuchungstommiſſion von Mainz, die Karlsbader Bes
ſchluͤſſe, die Bundesbeſchlüſſe von 1832, die geheimen Wiener Konferenzbe-
ſchlüſſe, und alle die Tauſend und Tauſend Gewaltſtreiche womit derſelbe das
deutſche Volk in ſeiner Geſammtheit ſowohl wie auch in einzelnen ſeiner Ver-
treter auf die Marterbank den gräßlichſten Qaalen hingab und mit ächt je-
ſuitiſcher Schadenfreude zuſah, das beſte und ſchlaͤgendſte Zeugniß, ſo zwaͤr,
daß eine weitere Ausfuhrung hierüber offenbare Zeitvergeudung wäre.

Wenn man aber im Hinblick auf alle dieſe Verhoͤrungen und Mißband-
lungen, auf dieſen Majeſtatsbeleidigungen dieſe Verrath am Volk, begangen
von einer Handvoll befoldeter Fürſten-Sclaven „Bundestag“, genannt, — zu-
letzt gar noch den an das deutſche Volk ergangenen Aufruf ließt, dann weiß
man nicht, ſoll man lachen oder weinen, ob der grenzenloſen Frechheit und
Nuverſchamtheit, daß dieſe armſeligen „Oiplomaten- in Frankfurt es wagen,
heute dem deutſchen Volte, in einer vom Liberalismus erborgten Spraͤche
Dinge als nothwendig zu empfehlen, gegen deren Verwirklichung ſie mit allen,
der Gewalt zu Gebot ſtehenden, ſeibſt den jeſuitiſch ſchlechleſten Mitteln ſeit
langen, langen dreiſig Jahren angekämpft haben. —


lomatiſchen Täuſchungen genug erlebt. 2 *
77 Mannheim, 6. März. Die deutſche Bundesverſammlung hat ihr
Wort geſprochen und wenn es möglih war, neue Schmach auf ſich gehäuft.
Das aiſo iſt das Pfand des Vertrauens, bas das Pfand drutſcher Einheıt,
welche uns die Kraft geben ſoll, den drohenden Stürmen der Zukunft Trotz zu
bieten.
Es ſteht den einzelnen Regierungen frei, ob die Cenſur noch ferner wü-


tung haben ſoll.
Wo bleidt denn die Einheit Deutſchlands?

Iſt das die gleichmäßige Beſtimmung über die Freiheit der Preſſe, welche
* deufſche Bundesakte vor mehr als 3C Jahren dem dentſchen Volte gewähr-
eiſtete? X 8 ‚ ‚ *

Glücklicher Weiſe ſteht es den deutſchen Regierungen nicht frei, die Cen-
ſur beizubehaͤlten. Die Freiheit der Preffe 'iſt von der Fraͤtion proklamirt, deren
Organ die Bundesverſaſumlung nimmer war und jetzt am wenigſten iſt.

ihre heiligſten Gutex, ihre ganze Exiſtenz gefährdet ſein ſollen. Dieſes Organ
iſt das deutſche Volesparlament, deſſen unverzügliche Einberufung jede Stunde


Eilet es zu thun, ihr Mächtigen, ehe auch dieſem Eurem Worte die Weltge-
ſchichte antwortet: / Es iſt zu ſpät.“

. *0* Sarlsrube, 5. vtarz. So eben vernehmen wir, daß geſtern Nach-
Fitiag der Leibjager (Bediener) des Miniſters von Ouſch, verhaftet wor-


A labien Brandes des Miniſterial-⸗Gebaudes der auswärtigen Angelegenheiten
‚ Wie das Gerücht weiter erzählt, ſollen

jögar gewiſſe Herren in Frankfurt über den Unfalt nicht ſehr betroffen ſein.

_ * Bon der Pfinz, 4. DMärz. Die improviſitte Voltsbewaffnung in


hytechniker, haben ſich bei ihren Muͤburgern des Obderz und Unterlandes, die
in den jüngſten Tagen nach Karlsruhe kamen, um ihren Petitionen durch per-
wnliches Erſcheinen Nachdruck zu geben, in einem bedeutungswidrigen Lichte
erſcheinen laſſen, ſie haͤt gezeigt, auf welcher Stufe politiſcher Bildung ſie
ſteht. Wehrloſen Bürgern dus dem Sber! und Unterland wurden die deut-
ſche Kokard en und Bändchen, die ſie an Hüte und Mutzen trugen, von
Laxrlsruyex v Dürgernw herabgeriſſen, andere, die ſich dieſe Schaͤndlichkeit
nicht gefallen leben wurden arretirt. Während die Karlsruher Bürger ihre
auewaͤrtigen Mitbürger hatten mit Jubel begrüßen und mit ihnen auf geſetz-


Feinde, ja ſie betrachteten ſie gleichſam als Banditen und Räuber, und wa-
rum? — weil ſie — die auswärtigen Bürger, die als Deputationèn der vers
ſchiedenen Städte und Landestheile hierher gekommen waren, die deutſche Nas
tionatfarben trugen. Wir ſind weit entfernt allen Bürgern in Karlsruhe
den Vorwurf der Inpertinenz und Bornirtheit zu machen, allein wir müſſen
Lief beklagen, daß in einer Stadt, worin man ſich rühmt, daß ſeit einem Jaͤhre

-


(* Wie die Karlsruher ſich in den Waffen und in der brutalen Grobheit
übten, haben wir erfahren! Es iſt traurig aber wahr! Die Setzer.)
— Pforzheim, 3. März. Eine freundlichere Zukunft lacht uns entgegen.
Ein * Leben hat ſich auf dem Gebiete der Politik enttaltet, freier Tritt
Ein kleiner Anfang iſt ge-








ſo lange wir baten, erbhielten wir nichts, nun wir verlangen, gewährt man.
Deshalb, deutſche Nänner, verlaßt den, mit ſo großem Erfolg betretenen Weg
nicht m.hr, beharret feſt bei euerem Verlangen und vor Allem ſeid ei nig

Auch bei uns in Pforzheim nehmen die Bürger immer mehr Antheil an
dem, was uns noth Ee, dieß haben {l wieſen bei der jüngft abgehaltenen
Bürgerverſammlung, die überaus zahlreich beſucht war. Mit großem Jabel
wuͤrde die Mannheimer Petition begrüßt, überall erſcholl, der Ruf nach „Ein-
heit“. Zwar ſuchten der Bürgermeiſter und Conſorten eine, eigens von ihnen


von den Radikalen vorgeſchlagene Mannheimer P, zu verdraͤngen, allein ſolche
Koſt behagt uns nicht. Es gab eine Zeit, wo Pforzheim im ganzen Lande
guten Klang und Namen hatte. Dieſe Zeit müſſen wie wieder herbeiführen.
Darum weg mit allem Vorurtheil, fort mit dem Kaſtengeiſt. Bürger von
Pforzheim, es ſind 2 Scharten aaszuwetzen! Nur rührig und rüſtig geblie-
ben, und es kann uns nicht fehlen, den Rang in den Herzen unſerer deutſchen


ner beinahe verdraͤngt hatten. Seit wach und einig! Es gilt, noch Vieles,
gar Vieles zu erringen.

XHeidelberg, 4. März. Vorgeſtern Abend fand in der Reſidenz eine
Feuersbrunſt unter nicht allein auffallenden, ſondern vielmehr ſehr verbächtt:
gen Uinſtanden Statt; das Gebäude des Miniſteriums des Großh. Hauſes
und der auswärtigen Angelegenheiten iſt ein Raub der Flammen geworden.
Ich ſage unter auffallenden und verdächtigen Umſtänden: Denn man müßte
doch wohl geraume Zeit, bevor der Feuerlärm ertönte, in dem nicht unbewohn-


blicke auch aus den Fenſtern des untern Stockes loderte. — Dieſer Brand,
der unmöglich ein zufälliger war, mußte ſchon ſtundenlang vor ſeinem allge-
meinen Ausbruch, ſich durch Grauſch und Geruch angckuͤndigt haben. Das
Feuer brach auch noch zu ſo früher Stunde aus (7'/, Uhr), daß der rechte
Zeitpunkt zum Lärmmachen nicht verſchlafen worden ſein kann. Dicht neben,
an dem Fürſtenberg'ſchen Hauſe, ſteht Tag und Nacht eine Wache. Eine gleiche


Dieſe Wachen werden an den in Cartsruhe fo lebhaften Tagen und Näch-
ten des Iten und 2ten Maärz nıcht gefehlt haben; es iſt vielmehr anzunehmen,
daß ſie verſtarkt waren.

ohne daß der Portier Keuntniß davon nimmt. Im Innern ſind ohne Zweis,



wohl verſchloſſen. Und doch hat es in den Speichergaͤngen und in dem Bu-
reau des Erdgeſchoſſes zugleich gebrannt! —. Doaͤteich nun während des
Brandes weder auf der Feuerſteile ſelbſt, noch irgend fonft wo in der Stadt,


feinen verdachigen Menfchen, keinen bewaffneten Nann zu Geſicht befant, al®


Die Unwahrſcheinlichkeit ſolcher Annahme liegt aber fo helt voͤr Lugen,
daß, man davon geblendet werden könnte. An dem Tage, wẽ die Boifolache
durch die einſtimmigen Beſchlüſſe der Kammer über die wichtigſten Gegenſtände
die ja dort berathen wurden, den größten Sieg feierte; an dem. Boradbend
des Tages, wo durch eine erwählt? Deputation von 4 Abgeordneten, die
dringenden Wünſche und Forderungen des Volkes in einer Adreſſe vor den


den Garantien kines wahrhaft verfaſſungsmäßigen Rechiszuſtaudes uͤnd geſetz-
licher Freiheit ſchwelgten, an einem ſolchen Taͤge wolte man ſie der Mord-
brennerei beſchuldigen!!

abzulenken, um eine Bewegung zur Veränderung der Dinge daſelbſt zu ma-
chen, ſo würden ſie doch gewiß nicht dasjenige Gebäude gewählt haben, {n


beabſichtigte Bewegung doch ſchwerlich unverſucht geblieben. — Wie ſteht
8 auch mit dem um Mitternacht nochmals ausgebrochenen blin den Feuer-
lärm und mit den lügenhaft ausgeſtreuten Gerüchten, es ſei noch an mehres
ren andern Orten in der Stadt Feuer angelegt geweſen? Niemand konnte
ſagen wo? — Wer und woher ſind die Braͤnbſtifter, die nach der Carls-


Das Alles verſchweigt die Carlsruherin. —


ſagen; „Dieſer Brand ſei von den Liberalen geftifitet.n Ia
wahrlich er mag ihr Werk ſein, aber nur iudirect und unverſchuldet. Es gidt
Leute in Earlsruhe, welche die Freude über die ſchönen Erfolqe für die
Volksſache keineswegs theilen und denen, als Gegenfüßter der Liberalen, ge-
wiſſe Paläſte und Bureaux nicht hermetiſch verſchloſſen ſind. — Es liegt



 
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