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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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Ybonnement in Mannhrim vierteljäͤhrli
viertelſäbrlich 2 ſt. 30 im Ausland erhöht




— — —

No. 294.





S Nit dem 1. Januar 1849 beginnt ein neues halbjäh-
riges Abonnement der „Mannheimer Abendzeitung“ und
ihrer „Rheiniſchen Blätter“

Der Preis deſſelben iſt in Mannheim 2 fl. 48 F, und mit
dem Poſtanfſchlage in ganz Baden 5 fl., wozu außerhalb des
Großherzogthums ein weiterer Poſtaufſchlag konimt. In Preußen


ſtatt. Wir biten, die Beſtellungen des richtigen Bezugs wegen
möglichſt bald zu machen.

Man abonnirt auswärts bei allen verehrlichen Poſtanſtalten,
für Frankreich und die überſeeiſchen Länder bei Herrn Atexaͤndre,
Brandgaſſe No 28 in Straßburg, und rue Notre Dame No. 29
in Paris; hier bei der Expedition in Lit. E 6 No. 3 und bei
Buchbinder Oberdhan. in der Paſſage Rös.



LT Die neueſien Ereigniſſe.

Flucht ves Papſtes aus Rom, — Intervention Frankreichs,
Thronwechſelin Oeſterreich, — Auflöſung der preußiſchen
Latienalverſammlung und Verkündigung einer oetroyirten
Verfaſſung! — Es iſt vas Alles ſo mannichfallig und dabei doch wieder
ſo einfach. In Frankreich, in Oeſterreich, in Preußen andere Handlungen, in
allen aber wieder der nämliche Gedanke; Cavaignac conſpirirt, bewußt oder un-
bewußt, mit den deutſchen Fürſten gegen die freie Selbſtherrſchaft des Volkes.
Wen die bisherige Geſtaltung der inneren Zuſtände Frankreichs noch darüber
in Zweifel gelaſſen, daß die dermalige Regierung der Republik keine wahrhaft
republikaniſchen Grundſätze beſitze, ber muß durch das neueſte Probeſtück aus-
wärtiger Politik, die Cavaignaciche Intervention zu Gunſten des Papſtes, ge-
heilt fein. Die perſönlichen Beweggründe, welche für Cavaignac als Candida-
ten der Präſidentſchaft, die durch ihn vermittelte Unterſtützung des Papſtes
wünſchenswerth machten, gehen uns hier nichts an; wir halten nur die That-
jache feft und an dieſer hat jedenfalls die Regierung als ſolche den nächſten
Antheil; Cavaignac iſt bloß ihre Hand.
einen Fürſten in ſeinen angeblichen Rechten! Anders kann die Saͤche nicht anz
gefehen werden, denn es handelt ſich nicht um die kirchliche, ſendern nuͤr um


letztere begebrt es für ſich als ſein rechtmäßiges Eigenthum. In Rom alſo
tritt die franzöſiſche Regierung für die Fürſtenherrſchaft gegen die Volksherr-


ſen erſcheinen laſſen, die ihm ſelbſt in ſeiner Allgemeingeit unerreichbar ſind;


gleich auffallend in die Augen. Doch wir gehen weiter. Wir leſen eben, daß
die öſterreichiſche Regierung die Vermittlung Frankreichs in der italieniſche Frage
angenommen habe. Die öſterreichiſche Regierung ſchenkt alſo der franzöſiſchin
Regierung ſo viel Vertrauen, daß ſie die Ueberzeugung hat, ſich über die Ent-
ſcheidung ihrer Händel mit derſeiben in eine vortheilhaͤfte, Vereinbarung“ ein-
laſſen zu können., x

Die franzöſiſche Regierung beweiſt jetzt durch ihr Benehmen in der päpſt-
lichen Angelegenheit, daß ſie allerdings wohl gegen die demokratiſchen Bewegungen
in Italien zu gebrauchen iſt; ein Conflikt mit der Demokratie in Rom haͤt unz
vermeidlich einen Conflikt mit dem demokratiſchen Italien zur Folge. Wird alſo
der Demokratie in Jialien von der „honneten“ Republik in Fraͤnkreich gehöri-


zur Durchführung feiner freiheitsfeindlichen Pläne in Deutſchland. Abgeſehen
jedoch von dieſen weitergehenden Berechnungen muß ſchon die unmittelbare


geſchieht die contre-revolntionären Hoffnungen in Deutſchland ſtaͤrken; die „hon-
nete“ Republik wird ganz von ſelbſt zur Verbündeten der deutſchen Fürſten
gegen das deutſche Volk.

An der Zahmheit der bisherigen republikaniſchen Regierung in Frankreich


ihr der bereitwillige Ezaar vor den Mund hält, mit aller Behaglichkeit ein-
ſchlürfen; die dienſtfertigen Geiſter, die ihr zu Gebote ſtehen, verſcheuchen in-
deſſen mit Pulver und Blei die läſtigen Mücen, welche ihr den Genuß zo
verkümmern brohen. ;
Der Nachricht über die Unterſtützung des Papſtes durch die franzöſiſche
Regierung, folgten auf dem Fuße die Nachrichten aus Oeſterreich und Preußen;
in Oeſterreich hat die Kamarilla den verbrauchten Ferdinand bei Seite geſchoben, und
ſich mit einem jungen Kaiſer rekrutirt, um Durch ihn die „Verjüngung“ des
öſterreichiſchen Reiches zu vollenden; in Preußen hat Friedrich Wilhelni auch den
letzten Schein einer Anerkennung des ſelbſtſtändigen Volkswillens von ſich ge-


wieder auf den alten Standpunkt des Abſolutismus geſchwungen, und dem
Volte eine Verfaſſung vorgeſchrieben, d. h. einen beftimmten königlichen Willen
aufgenöthigt.

Es ſoll hier nicht behauptet werden, daß die neueſten Eniſchließungen der
Reaktion in Oeſterreich und Preußen durch einen von Frankreich ausgegaͤngenen
Anſtoß wirklich hervorgerufen wurden; es bedurfte einer ſolchen dußeren Anre-
gung nicht mehr; der Zuſammenhang iſt vielmehr ein innerer, der in dem gleich-







mäßigen Verlauf, den die Revolution in Frankrrich und in Deutſchland durch


men haͤt, feinen Grund findet; aber merkwürdig bleibt es doch immer, daͤß die,
offenbarſte Enthüllung der volksfeindlichen Principien der jetzigen republiani-
ſchen Regierung in Franfreich mit den entſchiedenſten Schritien der deutſchen
Contrerevolution in den nämlichen Zeitpunkt zuſammenfallen; der beſte Beweis,
daß wir an einem allgemeinen Wendepunkt der Ereigniſſe angelangt ſind.

Oeutfchlande

Karlsruhe, 5. Dezbr. Die bodenloſe Feigheit der Reaktion iſt eine
Thatſache. Sie wird nur dann übermüthig und PFraͤhleriſch, wenn ſie die Baz
jonnete, der Kroaten oder einer andern irregeleiteten Solvat.$fa zur Stüge hat mit
denen ſie wähnt, die Jdeen der Zeit niederzufhmettern, Nicht lange mehr
wird das deutſche Militär ſich alſo zum Werkzeuge des Despotismus und der
Polizei geprauchen laſſen, vielfache Symptome deuten dies an. Die Feigheit
der Reaktion hieſigen Orts iſt ordentlich Eckel erregent. Zeigt ſich das Volk
allgemein unwillig, ſo zittert unſere Polizeiherrſchaft

Als der Hecker ſche Zug und das Eindringen der Pariſer Legion dieſen
Frihling vor ſich ging, wurden die Hofdiamanten riligſt eingepadt, felbft heim
letzten Struve'ſchen Zuge bebten anfangs unfere Regierungsſchergen.

Als der ſchmähliche preußiſche Waffenſtillſtand mit Dänemark überall Zorn
und Erbitterung erregte und den Namen des Königs von Preußen, waͤre es
möglich, mit noch groͤßerem Volkshaſfe belegte, rief ſelbſt unſre Reattion Cho-
rus gegen das fluchwürdige aber ſyſtematiſche Handeln der Berliner Hofe
Camarilla; die Carlsruher Zeitung, Organ unferer traurigen Regierung ſtimmte


die Politik des Waffenſtillſtandes, d. h. die preußiſche, von der Reichs-
ehnmacht und der Majorität des Frankfurter Parkaineuͤts geduldete, eine
Politit des Vexderbens und des Untergangs , eines Selbſtimor-
des, gebe die Reichsverſammlung ihre Zuſtimmüng,' ſo gehe ſie moraliſch
zu Grunde und vernichte den letzten Halt unſeres Baterlandes. „Ferner —


ter wie die neue (?) Freiburger Zeitung und das Manr heimer Jourral be-


ſtand nicht) ſo hat man bis jetzt nur Komövie geſpielt. Mann für Mann,
die ganze Reichkverſammlung hat die Verpflichtung den Vertrag zu verwerfen,
und am Schluſſe beißt e6; „Was aber den König von Preußen beirifft, ſo
Heinen ſich finſtern Mächte (!!) gegen ihn verſchworen, um ihn ſtets von
Neuem der öffentlichen Meinung zu entfeemden !“
So ſprachen die fervilen Blaͤtter, als Gefahr da war, gegen die öffentliche
Meinung zu ſprechen, die Feiglinge beugten ſich, einige Wochen- aber nachher,
billigten dieſelben Blätter die Annahme des Waffenftilkftandes, logen dem
Publitum vor, Dänemark werde Aenderungen zugeſtehen, und als auch dieſe
offizielle und abſichtlich erfundene Lüge vor aller Augen als eine bloße Myſti-
fitatign des deutſchen Michels da lag, da fingen die Handlanger der Frankfur-
ter, Berliner und Wiener Reaktion wieder an, mit dem frechfien Cynismus die
Reichsohnmacht und die Monarchien als den einzigen Rettungsanker zu prei-
ſen und gegen die Wühler und Republikaner zu ſchimpfen, zu erfinden und zu
verleumden. 2—
Nur, Eins fönnen ſie nicht dem Publikum glauben machen, daß nämlich
die Republitaner den däniſchen Waffenftillſtand aogeſchloſſen und Robert Blum
im ehrlojem Kampfe gefallen „denn alle Waſſer des Oceang werden dieſen
Blutflecken nicht abwaſchen!“
Bruchſal, 4 Dez. Vor einigen Tagen iſt hier eine Petition an unfere
zweite Ständckammer herumgetragen worden, welche die Herabfegung, bezie«
hungsweiſe Aufhebung, der landſtänriſchen Diäten beantragt. Hiernadh foll die
Diät von Afl. auf die Hälfte herabſinken, dagegen bei Staatsdienern und Penfionären
ganz wegfallen Auffallen muß es, wenn ein hieſiger getreue Schiltknappe des Hrr.
Staatsraths Trefurt jene Petition hervorgerufen hat, da Hr. Trefurt mit
einer Penſion von 4000 fl. in Ruheſtand verſetzt iſt, und nichts mehr die ächte
Vaterlandsliebe bewieſen hätte, als ein freiwilliger Verzicht auf etwa die Haͤifte
Würde einem ſolchen löblichen Beginnen ſich auch unfer
Landsmann, Hr. Staatsrath Regenauer, anſchließen, ſo waͤre allen mit hochlau-
fenden Penſiogen begabten Herren ein nachahmungewerther Wink gegeben.
7 Konftanz, 4 Dezbr. Geſtern wurde auch hier die Todtenfeier für


begangen.
— frühe Deputationen aus den Landgemeinden, beſonders aber aus
den Nachbarſtaͤdten Rapolfzell und Ueherlingen mit den deutſchen Fahnen ange-
langt waren, bewegte ſich der faſt unüberſeßbare Zug in ſchoͤnſter Ordnung vom
Coneil⸗Saale nach dem neuen Stadthauſe, deſſen Inneres zu dieſer Feier auf
ſinnige, geſchmackvolle Weiſe eingerichtet worden war. Frauen und Jungfrauen
yatten ſich dort ſchon vorher zahlreich eingefunden. Auf allen Geſichtern konnte
man deutlich leſen, von welch' ernſter Seite dieſe Feier aufgefaßt wurde, und
welch' hochwichtige Bedeutung ihr oblag. ;
d)iügn@be;gnä die 4 Todtenfeier durch den deutſchkatholiſchen Pfarrer
Früh, welche durch treffliche Blechmuſik und Geſang noch mehr geyoben wurde.
Herr Pfarrer Früß gab in dem ihm beſonders eigenen gemüthlichen, klaren Bors
trage Aufſchüſſe üder das Leben und die Schickſate Robert Blum’s, und ſchleß
mit einer Anſprache an die Mütter mit Hinweiſung auf den Hrief, welchen
Blum kurz vor ſeinem Tode an ſeine Gattin geſchrieben. Nun folate der po-
litiſche Theil der Feier. Dr. Würth, alg erſter Redner, wies In begeiſterter,
feuriger Nede auf den Mord Robert Blums, bezeichnete ihn als Mord an
der Nation und ſtellte dieſe verbrecheriſche, allen Geſetzen hohnſprechende Ge-
waltthat in ihrer wahren Größe dar.


 
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