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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 187 - No. 208 (6. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0845

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63. Sitzung der konſt. Nationalverſammlung.
Montag, den 2t. Auguſt 1848.

Die Sitzung wird heute wirklich einmal ſchon 5 Minuten vor Uhr


144 interpellirte Miniſter duf ſämmtliche Interpellationen wirklich ſchon

nächſten — Freitag am 25. d. M. antworten werden.
Reichsminiſter Heckſcher zeigt an, daß er folgende Geſandte ernannt habe:




Präſtdent erklärt, er habe am Schluß der letzten Sitzung die Tagesord-


Baſſermann will die eingeſchriebenen Redner heute, die andern morgen TE
den laſſen, (waͤhrſcheinlich, um dann heute oder morgen auf Schluß antragen
zu können, und ſo doch die Redner, die ſich nicht bereits einſchreiben laſſen, um
das Wort zu bringen.)

M, Mohl, es iſt eine Frage der Loyautät, daher ſoll man ausſetzen.

Wernher will die Berathung. —

Präſident ſchlägt vor, die eingeſchriebenen Redner heute zu LOreN, die Ein-
ſchreibung aber für morgen nicht geltch zu laſſen, ſondern am Schluß Dder heu-



den Haag Compes, für Brüſſel Rotenhan, für die Schweiz Raveaux; ein Ge-
ſandter für Petersburg werde demnächſt ernannt werden.


Centralgewalt die Theilnahme an Abſchließung eines gexechten Friedens zu
ſichern. In Schleswig ſei ein Waffenſtillſtand in Ausſicht, der Unterſtaats-


ſichten der Centralgewalt zu ermitteln, Zum Theil ſehr alte Neuigkeiten!


führen.
ches die Anerkennung enthalte, — wenn auch nicht vollſtändig — und ein Ge-


die von der Nationalverſammlung geforderte

beſonders eetheilten Vollmacht
Der Miniſter verliest das

unumwundene Anerkennung ſchriftlich bewirkt habe.


Dänemark einige Nachrichten über die Anfänge der Bildung einer deutſchen


Fregatte und mehrere Kanonenboote, zum Theil mit großen Aufopferungen Ein-
zelner, vollſtändig ausgerüſtet ſeien. &s handle ſich darum, dieſe Schiffe von
Seiten der Centralgewalt zu übernehmen, wozu die nöthigen Einleitungen be-
reits getroffen wären. -

Reichskriegsminiſter erklärt, daß er bereits den Anfang gemacht habe, die



alle erdenkliche Müh
Verſicherungen zu geben.

v. Bederrath muß doch auch etwas ſagen, und ſagt in Ermangelung von
etwas, daß er nichts zu ſagen habe, aber nächſten Freitag etwas fagen werde
über den Stand der verſchiedenen Reichskaſſen.

Hierauf kündigt Eiſenmann eine Interpellation an den Reichsminiſter des
Innern an, wegen des Verfahrens der öſterreichiſchen Regierung in Betreff der
deutſchen Farben, und wegen des ganzen politiſchen Syſtems deſſelben.

Präſident verkündigt anderweite Eingänge zur deutſchen Flotte.

Tagesordnung: Der Bericht des Verfaſſungsausſchuſſes über den Viſcher-
ſchen Antrag wegen Ausſetzung der Berathung von Art. HL und IV. der Grund-
rechte; darin wird vorgeſchlagen, über dieſen Antrag, ſo wie über drei andere,
die Form und Reihefolge der Berathung der Grundrechte betreffend, von Scho-
der, Eiſenmann und Kuenzer, nebſt zwei Amendements zu dem erſtern, zur
Tagesordnung überzugehen.

Viſcher erhält das Wort, um ſeinen Antrag nochmals zu vertheidigen.
Sein Hauptgrund iſt, daß Kirche und Schule in der Berathung nicht getrennt
und dieſe Berathung nicht eher eintreten könne, bis einige Vorlagen über das
Verhältniß zwiſchen beiden gemacht ſeien, weßhalb man den Bericht des Aus-
ſchuſſes für Schulangelegenheiten abwarten ſolle.

Ihn widerlegt Reinhard. Aendere man einmal die Ordnung in der Be-
rathung, ſo würde eine wahre Springfluth von Anträgen auf neue Ahänderun-
gen einkommen, indem ‚man die verſchiedenſten Anſichten über die Wichtigkeit
der einzelnen Anträge haben werde. Hätte man von Anfang das Princip per-
folgt, die für das Volk wichtigſten Artikel vorauszuberathen, ſo hätte man nicht
über Adel, Titel und Orden, Dinge die dem Volk vollkommen gleichgültig, ſo
viel Zeit verloren. Uebrigens erkenne das Volk gerade die Wichtigkeit des 3.
Artikels, wie die vielen Petitionen die Kirche und Schule betr. beweiſen. Im
Volke herrſche Aufregung, hervorgerufen durch die Beſtrebung einer Partei, die
die Bewegung rückwärts treibe und nichts davon wiſſe, daß die Uhr 1848 ges
ſchlagen. Sie verſchreie die Trennung der Schule von der Kirche als einen Ab-
fall don der Religion, als ein Attentat auf alles Heilige. Dem Volk müſſe
man, um jene Aufregung zu beruhigen, beweiſen, das dem nicht ſo ſei. Und
komme man dabei auf Prinzipfragen, ſo würden dieſe von Männern nicht ge-
ſcheut, die Haare auf den Zähnen hätten. Die Volksſchule habe lange warten
müſſen, es ſei nicht einmal ein Miniſter für Schulangelegenheiten ernannt, dar-
um darf man ſie nicht noch länger warten laſſen, nicht die Berathung darüber
bis in das Jahr 1849 vertagen! (Lauter Beifall.)

Jahn ſpricht von Ariſtoleles, Hegel und Eulenſpiegel und will zunächſt
das Aſſociationsrecht berathen wiſſen.

Dagegen vertheidigt Fü ky den Ausſchußantrag unter ſcharfem

eidigt Fürſt Lichnows
Viderſpruch gegen den Inhalt dex einzelnen Anträge. Man ruft lebhaft nach

Schluß. Die Verſammlung entſcheidet ſich für denſelben und nimmt die An-
räge des Ausſchuſſes mit großer Stimmenmehrheit an. *

Präſident will zur Berathung des Artikel 3 übergehen.
Vogt widerſpricht.
es hätten viele Redner, die nicht gewußt hätten, daß diefe Berathuͤng ſtattfin-
den ſolle, ſich weder vorbereitet noch zum Worte gemeldet, ſo daß die Bornahme
dieſer Berathung eine Ungerechtigkeit fei. Er proteſtirt daher gegen dieſe Be-
athung und verlangt Schluß der heutigen Sitzung.






ſich erſt heute zu morgen melden, abgeſchnitten werde, erklärt ſich die Verſamn-
lung mit ſeinem Vorſchlag einverſtanden und Weiſſenborn (Profeſſor aus Eiſe-


Unabhängigkeit der Kirche vom Staate; Biedermann desgleichen, will aber aud
völlige Unabhängigkei des Staats von der Kirche und ihren Einflüſſen; die
Schuͤle dagegen undebingt unter den Staat ftellen, Nehmen Sie das Syſtem
an, aber ganz, Halbheit(Ill) iſt, wenn irgendwo, hier gefährlich.

Paur (aus Neiße) will keine Macht, welche eine religiöſe Ueberzeugung
zu vernichten berechtigt ſei, und volle Berechtiging im Staat für jede Nebers
zeugung, ſelbſt für die, weiche man kaum noch eine religiöſe nengen Fönne. Alſo
volle religiöſe Freiheit. Ebenſo Freiheit der Schule. Doch ſoll die Kirche wie
jede andete Geſellſchaft unter der Obhut des Staats ſtehen. In keinem Falle

ben vor dem andern bevorzugen. Darum auch kein chriſtlicher Staat; der bis-


er, der Redner, das Ehriſtenthum verſtehe.

Jordan (aus Marburg)? Der Menſch ſei früher untergegangen geweſen,
im Bürgerthum wie im Kirchenthum. Die Reformation habe die Kirche der
Seylla entriſſen, um ſie der Charybdis, dem Staate zuzufchleudern. Bei der

läßlich. Dabei müſſe die Kirche alg eine äußere Macht, als eine Macht über
die Gewiſſen, die über die Reinheit des Glaubens wache, fallen (Beifall) und
nur noch alg religiöſe Geſellſchaften gelten. Die katholiſche Kirche habe klar
Kirche ſei die Geiſt-
lichkeit, die andern nur die Schafe (Bravo); in der proteſtantiſchen Kirche ſei
es nicht beſſer (Bravo). Die Geiſtlichkeit der Paſtoren u. ſ. w. ſpräche viel

noch manche, die gar zu gern Scheiterhaufen errichteten. (Anhaltender Beifall.)
Darum müſſe die Gewalt der Kirche zertreten werden (Beifall), es dürfe im
Staate nur eine Gewalt geben. Mit der Trennung der Kirche allein ſeies
nicht gethan; man müſſe ihr die Gewalt nehmen, einen Glaubenszwang aus-
zuüben. Scharf rügt der Redner den jetzigen Religionsunterricht, ebenſo Das
religiöſe Leben nach Entlaſſung aus der Schule. Ein Verſuch, ihn zu unterz:
brechen, wird durch allgemeinen Widerſpruch zuw Schweigen gebracht. Die
Trennung der Kirchen, wie ſie jetzt ſind, vom Staate, könne gefährlich werden-
da ſie dann ihre Sonderbeſtrebung ungeſtört fortſetzen wuͤrden; die Kirchenge-
walt muß untergehen, damit die Staatsgewalt unabhängig und kraftvoll erſte-
yen kann. (Allgemein anhaltender Beifall)
Plathner vertheidigt eine Reihe von i
ſchläge:
„Niemand iſt verpflichtet, ſeine religiöſe Ueberzeugung
oder ſich irgend einer religiöſen Geſellſchaft anzuſchließen.“
„Niemand darf ſeiner religiöſen Ueberzeugung wegen benachtheiligt oder
zur Verantwortung gezogen werden.“ 4
„Kein Recht im Staate und kein ſtaatliches Verhältniß darf von An
erkennung irgend eines religiöſen Glaubensſatzes oder von Vornahme s
gend einer religiöſen Handlung abhängig gemacht werden.“
„Niemand darf durch Anwendung weltlicher Zwangsmittel
lung religiöſer Pflichten angehalten werden.“
„Zum Zwecke der Ausübung der Religion darf jede üb
Handlung vorgenommen werden.“
Etine geſetzwidrige Handlung wird dadurch nicht entſchuldigt, daß ſie
aus religioſer Ueberzeugung hervorgeht.“ 2
Die Vereinigung zur Erreichuyg religiöſer Zwecke, namentlich die Bil-
dung neuer Religionsſekten, iſt nach den allgemeinen Geſetzen über Ver-
einigung überhaupt zu beurtheilen.“
„Wer unter Berufung auf ſein Gewiſſen die Erfüllung einer ſtaatsbür-
gerlichen Pflicht verweigert, hat keinen Anſpruch auf den Genuß des vol-
len ſtaatsbürgerlichen Rechts.“

Wedekind will für die proteſtantiſche Kirche eine Centralgewalt, entſcheidet
ſich für die Trennung der Kirche vom Staat alg Ideal, in der Praxis aber
dagegen, weil ſie unausführbar ſei, gerade ſo wie er alg Ideal Handelsfrei-
heit, im Leben Schutzzölle begehre!!! und bevorwortet einen von ihm geftellten
Antrag.

Katter erklärt ſich gegen alle Amendements und für die Anträge des Aus-
Er verlangt Unterordnung der kirchlichen Geſellſchaften unter den
Staat, ohne welche man fürchten müſſe, morgen wieder Jefuiten eingeführt zu
ſehen. (Beifall), Darum Freiheit des Glaubens, aber Unabhängigkeit für die
Staatsbürger von allem Einfluß der Kirchengeſellſchaft.

Vogel eifert mit dem groͤßten Feuer für die katholi
geboren zu ſein er für die größte Gnade Gottes anerkennt.
bei zur Linken, dieſe ruft: grade aus!

Präſident: Sie haben wohl nicht Urſache ſich zu beſchweren, wenn *
Redner gegen Sie ſich wendet! (Gelächter, die Linke, ruft: o ja! Doch, dochh
Er will kein kirchliches Regiment, das ins weltliche eingreife, kein Pfaffenregi-

hm eingebrachter Verbeſſerungsvor-

zu offenbaren,

zur Erfül-

erhaupt erlaubte

ſche Religion, in welcher
Er wendet ſich da-


 
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