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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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vtertelfährlich 2 M, 30 kr Muslaud erhöht

-



S ; . Deutſch Land.

m Mannheim, 23. Deibt. Die reaktionäre Partei in Deutſchland
baut auf die Wahl Louis Napoleons zum Präfibenten der franzöfiſchen Repub-
Jif die übertriebenſten Hoffnungen; Louis Napolton wird das Katferthum, Louis
Napoleon wird den Thron wieder herſtellen; faſt 6 Millionen franzöſiſche Bür-

7


monarchiſchen Blätter mit ihrem Anhangè, daß Frankreich nichts von der Re-



Werkzeug betrachtet, an das ſie ihre Wünſche und Pläne knüpft; die Abneigung




ſetzt: Frankreich muß durch Louis Napol'on wieder eine Monarchie werden.


Leuis Napoleon Bonaparte iſt Vräfident von Frankreich. Bald wird ſich
das Alättel wenden. Nur glauben Sie nicht, was Ihnen deutſche Blätter ſa-
gen, daß er die Republik ſtürzen will, er iſt ächter und guter Nepublikaner,
i® habe vor 14 Tagen ſelbſt mit Napbleon geſprochen in Paris! Freuet Euch,
Ihr republikaniſch geſinnten Maunheimer, Euͤer Joch wird bald gebrochen wer-


++*" arlsruhe, 22. Dez. Bei der heutigen Verſammlung des groſ-


hoben:
1, Die bisherige Erhebung des Städtiſchen Oetroi auf Fleiſch, Mehl'2c.
für weitere 3 Jahre;
Il. die Erhebung eines Octroi von Wein, den Private einlegen;
H. die Erhebung eines Octroi auf eingehende Arbeits-Gegenſtaͤnde, als Schuhe,
Kleider, Meubles 2C.; * *
IV. die Erhebung eines Octroi von 15 bis 20 fl per Ohm auf eingehendes Bier.

** derſelben Sitzung wurden zu Mitgliedern in den Gemeinde⸗Rath ge-

Ciefer, Seifenfieder mit 133 Stimmen,
Bauz, Kaminfeger 2

Müller, Buͤchhaͤndler — —

Ettlinger, Advokat u 0O 7
Der ausgetretene Advokat Ziegler erhielt nur 51 Stim-
men, weil er dem demokratiſchen Prinzip huldigt und die Mehrzahl der hieſigen
Bürger, wie Buchhändler Müller bei der Vorberathung ſich ausdrückte ‚einmal


JAus dem Laudamt Karlsruhe, 21. Dezember. Zu den vielen


lich den Wünſchen des Voltes Gehoͤr gegeben werde, an Rammer und Regie-
rung gelangten, bis jetzt aber durchaus noch keinen Erſolg hatten, gehören


ten dieſe Hardtgemeinden das unbeflrittene Recht, in dem Hardtwalb Streu zu


lei Vorſpiegelungen vieſes Recht entzegen und feßt müffen die Bauern, wenn








Der Abgeordnete Mez begründete vor einigen Tagen in der Kammer eine


Regierung und Kammer anerkannten, daß hierin Etwas geſchehen müſſe. Nun,
an die Gemeinden iſt ein nicht uubedeutendes
Miitel, um wenigſtens dem Wohlſtand des Bauernſtandes aufzuhelfen. Wer


Sache vielleicht geringfügig erſcheinen, allein die Bauern — und das beweifen
die aus allen Theilen des Landes eingebrachten Petitionen — kennen den großen
Wenn die Bauern nicht genug Streu haben,
genug Dung, und die Ergiebigkeit des Feldes, zu-
mal in dem Sanbboden der Hardtgegend, muß daruͤnter leiden. Haben die


Landwirthſchaft angemeffener Viehſtand erzielt werben. Im Wald draußen liegt
das Lauh, und man laͤßt es lieber verfaulen, als den Gemeinden, denen es
zu erlauben, es einzuſammeln und in ihrer

3n den Maͤrztagen zwar wurde von der Regierung das Verſprechen ge-
geben, die Gemeinden wieder in ihr Recht einzuſetzen, allein bis jetzt gings mit
dieſem Verſprechen, wie mit den übrigen, es blieb beim leeren Wort, Endlich,

werden die Petitionen nach acht Monaten in der Kammer berathen und dem
— Oder wird
ſich das Miniſterium endlich dazu bequemen, den gerechten Wünſchen der Ge-



Man muß geſtehen, wenn wir die bisherige Hand-

Miniſterium hat jetzt wichtigere Sachen zu thun, es muß noch 12,000 Mann


gehoͤrig eingezogen wird, lauter

itiel, um dem geſunkenen Woͤhlſtaͤnd wieder
aufzuhelfen. 2 am HE A

82—



















Die Sache wird halt beim Alten bleiben, die Gemeinden petitioniren, die
Lammer hält ſchöne Reden über die Mittel der Armuth zu ſteuern, und das
Bischen Wohlſtand der Bauern, das noch übrig iſt, geht unterdeſſen vollends
zu Grund. !

tVom badiſchen Oberland, im Dez. Als dieſer Tage der Mutter
des Flüchtlings Neff, der von der Behörde mit Beſchlaͤg belegte Wein, den
ſie ihrem Sohne abgekauft hatte, verſteigert werden follte, hatte ſich Niemand
eingefunden, als einige Neugierige und ein Jude, welcher ein ſchönes Profitchen
machen wollte. Als aber die Frau erklärte, daß dies ihr Eigenthum ſei, nicht
das ihres Sohnes, ſo enthielt ſich auch dieſer Kaufluſtige des Steigerns.

Die ganze Geſchichte dieſer Wein Verſteigerung rührt nämlich von dem
Obereinnehmer Dauer von Lörrach her. Weil Neff die Raffe der Obereinnehmerei
in Lörrach im Namen der proviſoriſchen Regierung in Empfang genommen hat,
ſo glaubt Dauer in ſeinem geſetzesunkundigen Sinn das Vermöheu feiner Mutter
dafür in Anſpruch nehmen zu dürfen. Dauer iſt ein Mann ohne weitere Bil-


nichis Unrechtes. —

Ein Beweis ſeiner kindiſchen Naivetät, iſt die Anſprache, mit welcher er
den Commiſſär der proviſoriſchen Regierung, als er die Einnehmereikaſſe mit
Beſchlag belegte, anredete: „Sie ſind ja ein Freund,“ ſagte er, „von meinem
verſtorbenen Sohn geweſen, und Sie werden mir, dem Vater, das nicht zu Leid
thun, daß Sie die Hexrfchaftskaſſe wegnehmen, mein Sohn felig iſt ja auͤch ein
Radikaler geweſen ꝛc.“ '

Von einem ſolchen Manne, der ſolche Begriffe vom Staat, von der Grün-
dung der Republik hat, der glaubt, daß man wegen Freundfchaft mit feinem
verſtorbenen Sohn mit der Einziehung der republikaniſchen Kaffe, welche ja
immer nur dem Volke gehört, bei ihm eine Ausnahme mache, von einem ſolchen
Mann, mit ſolchen konfufen Begriffen kann man wohl erwarten, daß er in das
Privateigenthum der Verwandien eints Schuldigen kommuniſtiſche Eingriffe
made, Den Soldaten gefällt es bei uns recht gut. Das Wetter iſt praͤchtig,
der Wein iſt gerathen. Sie ſind getheilt in zwei Parteien. Die einen find
republikaniſch, die andern monarchiſtiſch. Die republikaniſchen laſſen oft beim
Weine den Hecker und Struve hoch leben. — Von Frankreich erwartet jetzt,
nach der Wahl Louis Napoleons, das Volk des Oberlaͤndes auf das beftimm-
teſte eine baldige Intervention nach Deutſchland zu Gunſten der Republik. Nach-
dem Preußen und Oeſterreich ſeine eigenen Wege gehen, unbekümmert um die
Beſchlüſſe des Parlaments, hat auch das Parlament bei den günſtigſten Ober-
ländern das leute Fünkchen von Anſehen verloren. Qeterum censeo: löſet die


Vom Wiefenthal im Dez. Bet unſerer Confeription fehlt ein gro-
ßer Thril der Mannfehaft. Diejenigen, welche in der Schweiz als Handwerker
arbeiten, wollen nicht heimfommen , bis es eine Republik gebe. Viele, welche
zu Hauſe ſind, gehen fort nach der Schwetz oder Frankreich. Wer nicht fort-
gehen kann, iſt entrüſtet über dieſe neue und ungeſetzliche Conſeription.

Boxberg, 18. Dezbr. Auch wir feierten geſtern eine Todten- und
Ehrenfeier für Roͤbert Blum. Die Bürgerwehrleute aus Unterſchlupf und an-
dern Gemeinden kamen in geordneten Zügen und es fammelte ſich aus der ganzen
Gegend eine ſolche Menſchenmenge, daß der Saal, welcher zu dieſem Feſte herge-
richtet und geſchmückt war, ſie nicht faͤſſen Fonnte und man das Freie zur Ausfüh-
rung wählen mußte. Blums Bild wurde vorangetragen und die Fahnen waren
mit Flor umhängt, Trauerlieder wurden geſpielt und geſungen und in tieffter
Stille und unverkennbarer Rührung wurde vom Volke die Feſtrede vernommen


und Wünſche, Hoffnungen und Forderungen : in ſeinem Herzen trägt.

* Darmftadt, 21. Dezember. Die Kammer hat durch ihre heutigen
Beſchlüſſe wieder gezeigt, weß Geiſtes Kind ſie iſt. Die Abſchaffung der Stell-
vertretung beim Deilitär iſt verworfen und dafür die Lufhebuͤng der Stellver-
tretungsanftalt beſchloſſen worden; bei dem Unfug felbſt bleibt es demnach und
der glückliche Bourgeois iſt nach wie vor in den Stand geſetzt, ſein Soͤhnchen
den Laſten des Militärdienſtes zu entziehen. Ein Antrag Heldmanns, „bei der
beabſichtigten Vermehrung des Militärs die Lehreompahnien und Inſtrukturen
ſo zu verbreiten, daß die Rekruten ihren häuslichen Beſchäftigungen nicht ganz
entzogen würden“, ward gleichſalls verworfen. Darauf wurde die Berathung
über das Wahlgeſetz fortgeſetzt! Dabei ward die Regierung und ihre Partẽi
durch die Oppoſition in eine kleine Ueberraſchuͤng verſetzt; dieſelbe ſtellte naͤm⸗
1i Dden Antrag: , _ .

* „In, Betracht, daß bei der geſtrigen Abſtimmung über Art. 1 des
Wahlgeſetzes die nach Art. 110 der Verfaſſungsurkunde nothwendigen?.
der Abſtimmenden nicht für die Regiexungsvorlage, reſp. das Zweifam-
merſyſtem geſtimmt haben, dieſer Artikel als verworfen zu betraͤchten fei
und ſie darauf antragen, nunmehr über die von ihr geſtellten Amende-
ments abzuſtimmen.“


Sitzung. * 2—
Die Regierung hat alſo Zeit ſich zu beſinnen, wie ſie ſich aus der Ver-


O. Frankfurt, 21. Dezbr. In der heutigen Sitzung der National-
verſammlung wurde die Berathung über die Grundrechte durch Annahme des
Einführungsgeſetzes beendigt. So hat denn endlich das deutſche Volt auf dem
Papiere „Preßfreiheit, Unverletzlichkeit der Perſon und Wohnung, Schwurge-
richt, Religions- und Vereinsfreiheit, und wenn es ihm. bei all' dem doch nicht
gefällt, auch die Auswanderungsfreiheil! Al diefe Rechtt, wornach e& ſich
ſo lange heißer petitionirt, werden noch dieſes Jahr im Reichsgeſetzblatte pran-
gen, — und daneben wird der Belagerungszuſtand auf hreiteſter Grundlage
den ordnungs widrigen Gebrauch derſelben verhindern, damit du beides habeſt,
deutſches Volk, Preßfreiheit und Cenſur.


 
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