Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0241

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
*
A

— —




















— — — —











Deutſchland.

*Volksverſammlung in Mannheim.
Mannheim, 27. Febr. Die großartige Revolution, welche Frankreich
plötzlich von einer, ungeachtet der Formen des Repräſentativſtaats, abſoluten Mo-
narchie in einen F eiſtaat umgeſtaltete, veraulaßte die Einwohnerſchaft unſerer
Stadt, am heutigen Tage die großen Fragen des Tages in Erwägung zu zieben.
Eine Verſammlung, zahlreich wie niemals zuvor, fand demzufolge heute Nach-
mittag um 3 Uhr ſtatt. Der geräumige Aul-Saal war kis zum Erdrücn \
voll, vor demſelben ftanden wohl noch 1000 Menſchen, welche keinen Patz
darin mehr fenden. Den Vorſitz führte Adem Itzſtein. Von Abgeordne-
ten waren in der Verfenmlung anweſend: Baſſermann, Mathy, Sachs,
Soiron. Hecker war durch Krankheit verhindert beizuwohnen.
eröffnete in ciner richtig überzeugenden und tief begeiſterten Rede die Diskuſſion,
nechoem Dre Eller und Hr. von Itzſtein einige einteitende Worte geſprochen
hatten; v. Struve unterſtützte denſelben und laͤs ſofort den Entwurf einer an
die Kammer zu richtenden Petition vor, welcher allgemeinen Beifall fand und
machte den Vorſchlag, dieſelbe durch eine zahlreiche Begleitung perſönlich nach
Karlsruhe zu bringen. Die Abgeordneten Baſſermann, v. Soiron und Mathy
erklärten, daß ſie mit der Petition und die beiden Letzteren, daß ſie auch da-
mit einverſtanden ſeien, derſelben auf geſetzliche Weiſe den erforderli-
chen Nachdruck zu geben. Der Abg. Baſſermann übernahm die von ihm ſelbſt
As undantbar erkannte Rolle, die begeiſterte Stimmung der Verſammlung durch
Worte der Bedenklichkeit zu dämpfen und an Beſonnenheit zu mahneg, indem
er die glücklichen Zuſtände nuſeres Landes pries! — Mathy wies darauf hin,
daß Petitionen nicht genügten und daß man weiter gehen müſſe, ohne jedoch
beſtimmte Vorſchläge zu machen. Dr. Hammer und v. Struve machten den
Abg. Baſſermann und die Verſammlung darauf aufmerkſam, daß allzugroße
Bedenklichkeit und Mangel an Entſchloſſenheit von jeher die Urſache der Um:
ſtände geweſen ſeien, welche Deutſchland beklage.
Die Petition wurde einſtimmig gut geheißen und der Beſchluß gefaßt,.





Die Petition lautet:

* 1) Volkobewaffnung mit freien Wahlen der Offiziere.
) Unbedingte Preßfreiheit. Da P 8
3) Schwurgerichte nach dem Vorbilde Englands.
9 Sofortige Herſtellung eines deutſchen Parlamentes.

wannhecin, den *. Feor. 1848.

** Eine großartige Kundgebung fand heute hier Statt und wird ſicher im
‚ ganzen Vaterlande Anklang und Nachahmung finden.
Eingeladen durch einen heute Bormittag ausgegebenen Aufruf verſammelten
Eigwohner der Stadt Mannheim im Aulafaale,
Schon eine halbe Stunde vor der feſtgeſetzten Zeit waren aͤlle Räume des
Saales und der Gallerie dicht gedrängt angefüllt, Manı an
an Kopf ſtand die Menge wohl einige Tauſend; Gänge und Treppen waͤren
dicht gedrängt, und ebenſopiele als die Zahl der Anweſenden mußten ſich ent-
fernen, weil ſie keinen Platz fanden. ;
Um 3 Ahr exſchienen die hier anweſenden Abgeordneten v. Itzſtein, Mathy,
Baſſermann, v. Soiron, Sachs; Hecker waͤr durch Unwohlſein verhindert. —
Beim Eintritt empfing ſie jubelnder Zuruf. ; ; ;


yuf %, Söitein 3u Ihrem Präfidenten, Er nahm alsbaldden. Siß ein. und
mahnte die Berfanunkung mit tief eingreifenden Woͤrten an den Ernſt des Au-
genblids und an die Noͤthwendigkeit des entſchloſſenen,
Wirkens. a} { 8L j |
Als erſter Redner trat Buchhändler Hoff auf; mit Haver., feſter, durch
äufigen frürmifchen Beifall unterbrochenen Rede ſchilderte er die erniten, gro-
hen teitverhältniſſe, Den Zuſtand des deutſchen Vaterlandes, die Rath⸗ und
und Thatloſigkeit der Machthaber, und hoß die Nothwendigkeit eines lebendigen,


die Petition mit männlicher Ruhe und Entſchloſſenheit ohne Leidenſchaft aber
/mit dem Bewußtſein ſeiner unwiderſtehlichen Kraͤft zu dem hohen Ziele ihrer
Wiedergeburt und Erſtarkung nothwendig fet.
Ihm folgte v. Struve, der nach kuͤrzen, einleitenden Worten den Entwurf

dex oben mitgetheilten Petition und zum Schluſſe den Antrag ſtellte, ſolche
nächſten Mittwoch den 1, ,Da M. in Perfon Karlſruhe der zweiten Kam-
mer zu übergeben. Lauter Zuruf erkläͤrte die Zuſtimmung der ganzen Ver-

wlung gu dieſem Antrag. ä

wies auf die Berhältniffe zum Ausland und auf die Nothwendig-

gen Volksgeiſtes hin, um Verbeſſerungen im Innern und Kraft

alten. ; — ——

nne ſich der Petition und ihrer Neberbringung in Perſon ent-
mahne zur Beſonnenheit und zur Umfehau auf die üb-
— — — folgt.)-—

Febr Neunundzwanzigſte öffentliche Sitzung der

Präſidium Baaders. (Sortf.)

em Abg. Soiron, daß er die Motive, die ihu zur

enmit beſtimmt haben, ſo männlich dargelegt hat.

chrochen werden; denn das politiſche Syſtem, das

bolleherabdrückt ift ſich in ſeinen Vertretern gleich

nes politiſche Syſtem, welches in den Kaͤrloͤbader

8 Wa




— ——

Beſchlüſſen in offener, und in den Wiener, durch Zufall endeckten, Beſchluffen
in geheimer Verſchwörung gegen die Volksfreiheit konſpirirt. Zwei Miniſter


ſt alſo noch ein weiterer Grund zur Beſchwerde!

Der Manı auf der Regierungsbant will uns deſchwichtiaen. Cr nn



— — 8 —



aber auch beſonnenen











tyeidigt? Wer degte, den Verfaſſungsvarggrephen über die Freihiit des Ge-
wiſſens und des Kultus in reaftionärem Sinn aus. Das war Ihr Benehnien
bei dem Petitionſturm? Sie huloigten dem Syſtem der geheimen Wiener Kon-
ferenzen. Sie achten nicht das Steuerbewilligungsrecht des Bolks. Das ha-
den Sie durch das Steuerau ſchreiben bewiefen! Auch ich habe kein Vertrauen
zum Lräſidenten des Finanzminiſterium! Der Herx Präſident beruft ſich auf
dos Vertrauen der Krone, das Vertrauen des Volkes muß mitgehen, ſo will
es das konſtitutionelle Prinzip. Unſere Finanzen ſind nicht in ſo gluͤcklichem
Zuſtande, als man glaubt. Bei der Eiſenbahnſchuldentilgungstkaſſe ſind ⁊ooſi.
za buchen vergeſſen worden, Der Eiſenbahybau ſtockt; weil man keine Mittel
bat und ſolche von andern Kaſſen hat in Anſpruch nehmen müſſen. Keine kon-
titutionelle Erklaͤrung fuͤr unfer Steuerbewilligungsrecht hat uns der Herr
Präfident des Finanzminiftertums, hegeben. Der Mann, deſſen Zögling er
ſein will, hätte ſich an feiner Stelle offen benommen, er hätte geſagt: Ich
habe much geirrt, machen Sie Gebrauch von ihren conſtitutionellen ‘ Nechten.

Wir müſſen auf der Beſchwerde beſtehen.
Schmitt verzichtet auf das Wort.

Zittel: Es ir geſagt worden, daß das jetzige Syſtem das nämliche iſt,
wie das frühere; das klingt monarchiſch, weil man meint, man verzebe der
Deonarchie etwas, wenn , man eine Acndexung zugebe. Ich muß doch bitten,
u bedenfen, was es bedeutet, dent Scheine nach ein Syftem zu behaupten.
S werde, Zonen, nächers, „‚Jagen, meine Herren auf der RNegierungsbauk,
welch! Grundjäge das Miniſterium Blittersdorf gehabt, beſonders hinfichtlich


ſcheue mi vor Feinem Mifirauensvofum; allein es kann nicht moroviſirt wer-
Dazu iſt die Darlegung. des ganzen Syſtems ‚nöthig. . ¶ Dazwifcheuruf:

v. . Soiron: Das hat tein Menfch. gethan.. 44
Trefurt: Wenn wahr wäre, duf das vorize. Miniſterium gegen die
Freiheit war, dann hätte der Abg. Hecker recht. Beim Syftem einer Regie-


Hecker; Beſtehen die geheimen Wüner Coufekenzbeſchluͤſſe nicht mehr,


Biſfing iſt für Beſchwerden gegen alle, die an den Ueberſchreilungen

Er ſtellt den Autrag, auch gegen den fruͤheren Chef des Finanz-
Unterdeſſen iſt Staatsraih Bekk eingetreten.) R 8
Lhriſt: Wenn ein Antrag auf Prüfung des gaͤnzen Regierungsſyſteins

oder des Finanzminiſteriume in dieſes Haus gebracht wird, ſo werde ich ihm
nicht ausweichen. Heute gehört nur das Brauͤhaus dierher und es fcheiul mir,


yerlaſſen will. Ich frage den Herrn Berichterſtatter, welches Verſehen den
jehigen Praſidenten des Finanzminiſteriums triffe? *
Diardyı: , DMeine Ahnung hat mich nich« grtauſcht. Man bat die Butde
get Kommiſſion, man hat ihre ſämmtliche Mitglieder beſchuldigt, ſie haͤtte ihre
Notive verheimlicht. Das weiſe ich im Namen aller gebührend zurüd.. Die
Lammer hat bier ein warnendes Beiſpiel. Schon deim e:k n Eredit hatte die
Fammer Bedenken. Auf dem vorigen Landtag hat die Regierung den Verkauf
yerkangt. Der Abg, Schaff hat zugegeben, daß der Berkauf nur ein Seheintauf
’ } x Man hat ung
mit hohem Ertrag vertroͤſtet, feit 1842 weiß man von keinem Ertrag meht. Aus
den Erkiärungen ſchöpfe ich noͤch neue Gründe fuͤr unſern Antrag. Man hat
Es hat immer einex den andern zur Ver-
antwortung gezogen und es iſt nur zu bedauern, daß nicht der Banmeiſter auch
ſeine Geſellen zur Beraniwortung gejohen haͤt, damit die Reihe von oben nach
unten vollſtändig geworden wärc. Der Director der Hofdomänenkammer hat
berichtet, es ſei Alles iu der Ordnuͤug. Ar D '
Man ließ es bei eiger Rüge gegen,den Baumeiſter bewenden. War das
genug, ‚gegenüber der Berorduung vom Jahre 1839? Eine Unterfuchung,
wie ſie Diefe Bexordnung vorfchreibt, wird nicht durch einen Bericht abgethan.
Daß die Regitrung a:cht verpflichtet ſein foll, Rechnungsnachweiſungen vorzu-
legen, iſt rigtig. Man hat aber nach dein Jaht 1845 noch Ausgaben genug,
mehr alg 17,000 ©ulden, gemacht daruͤber hätte man eine BVorlage um Bes
willigung machen ſolen. Das, Finanzminifterium hat fhon im Febr. 1845
nif X er Sache gebabt, und im Mai ift der Landtag erft berufen
worden. Man hat lieber Anftände über Kleinigkeiten erhoben, Was man un-
gefähr brauchen werde, dafür mußte, mal .alg e8;Zeıt war, eine Bewillia
gung, verlaugen, Wenn man ſagt, das Land habe Feinen Schaden gehabt,
darauf kommt es nicht an, fondern auf die Fonftitutionelle Frage, ob das Steuer-
bewilligungsrecht der Staͤnde verietzt worden ifk, oder nidht. Es handelt i
um den im Jahr 1846 nidt verlanaten und doch verwendeten
Credin Gehen die Ausdehnung der Beſchwerde auf den früheren Mini-
ſter habe ich nichts zu erinnern. Man hat von ſeiner Perſon geſprochen, ich
laſſe meine perſoͤnlichen Verhaͤltuiffe außerhalb des Saalg. Wenn wir beſchlieſ·
ſen, daß Rothhaus verkauft werden ſoll, ſo ſagen wir nicht, daß es ſogleich ge-
ſchehen fol, * (Schiuß folst




 
Annotationen