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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 209 - No. 234 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0937

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8























7, Sitzung der konſt. Nationalverſammilung.

Donnerſtag, 14. Sept. 1848.
„ übergroßem Zudrang zu den Gallerien, von denen noch Viele wegen
an Raum zurückgewieſen werden müſſen, beginnt die Sitzung gegen
Fuhr. Das Protokoll vom Dienſtag wird vorheleſen und ohne Recla-
2 cnehmigt. Präſident zeigt an, daß v. Möhring und Dröge in den
i gewählt worden; und zeigt die Candidaten für den Ausſchuß
Vclaflobtdnung an! * —*
für Die Tagesordnung, Berathung über den Waffenſtillſtand mit Dänemark,
nnt, Die Anträge der Majorität und Minorität der vereinigten Ausſchüſſe
. * vellefen. Auffällig iſt es, daß der Bericht der Minorität die Ueber-
** naͤgt: Bericht der vereinigten Ausſchüſſe 20,, alſo darin verſchwiegen
* yaß der Bericht nur von der Minderzahl ausgeht. Die Anträge Iauten
42 ganzen Aushehnung wie folgt:

A, Der Majorität: .
gu Erwägung, daß der am 26. Aurguft zu Malmö abgeſchloſſene Waffenſtillſtand, ver-
möge der In feinem MIl und IX, Urtifel, im fünften « eparatartifel und den beiden
Zufaßartifeln enthaltenen Beftimmungen weſenliche Setbſtſtandigkeitsrechte verletzt,
Beiche durch die zefhlüffe der Nationalverſamnilung allen in ihr reprafentirten
EStämmen gew hrleiſtet ſind! ;
in Erwägung, daß Dder von der, Krone Preußen nach Malmö abgefandte Unterhändler
in wefentlichen Punkten die ihm von der deutſchen Centralgewaͤlt ertheilten Voll-
machten überſchritten hat, namentlich in Bezug auf die Dauer des Waffenſtillſtandes,
die Trennung der ſchleswigſchen Truppen von den holſteiniſchen die in den Herzog-
thümern Echleswig und Holſtein beſtehenden Geſetze und das Perſonal der für bewde
Herzogthümer zu bilvenden proviſoriſchen Regierung, nicht minder in Bezug auf die
Lagẽ des Hexzogthums Lauenhurg während des Waffenſtillſtandes;
in Erwägung ferner, daß die Ausführung mehrerer politiſchen Punkte des Malmöer
Verträges, vermöge der einſtimmigen Weigerung der ſchleswigtholſteinifcheu Landes-
verſammlung ihnen nachzukommen, unthunlich geworden iſt, während dagegen es
thunlich und wuͤnſchenswerth erſcheint, eine Waffenruhe zum Zweck ſchleunihek Frie-
dehsunterhandlungen anzubahnen ; 7
in Erwägung alles deſſen Lefchließt die Nationalverſammlung: 1) der Malmöer Waffen-
ſtillſtand vom 26. Auguſt wird von der deutſchen Nationalverſammlung nicht genehmigt;
3) das Reichsminiſterſum wixd aufgefordert, die zur Fortſetzung des Krieges erxforderlichen

Unte

die Friedensuͤnterhandlungen mit der Centralgewalt des deutſchen Bundesſtactes ſogleich zu.
eröffnen. —

B, Der Minorität:

Die deutſche Nationalverſammlung beſchließt: Im Hinblik auf eine. durch die königl.
wreußifche Regierung vermittelte Erklatung der doniſchen Regiexung, daß ſie guf das Ein-
Leten des @rafen Carl v. Noltke Nünſchau in vdie interimiſtiſche Regierung der Herzogthumer
Schleswig-Holſtein verzichte, und auf Modifikationen und Conceſſionen, welche für die Ruhe
der Herzogthümer wünſchenswerth erſcheinen, berettwillig eingehe; in der Vorausſetzung,
daß die Erklärung der däniſchen Regierung quch für das Herzogthum Lauenburg zu ver-
ſtehen ſeiz in der Vorausſetzung, daß die erwähnten Zuſagen fofort durch Vermittluͤng der
Centralgewalt in Erfullung gehen werden; 1) daß der Waffenſtillſtand vom 26 Aug l. F ıhrere
ſeits nicht weiter beanſtandet werde; 2) daß die Friedensunterhandlungen mit Danemark
durch die proviſoriſche Centralgewalt direkt und unverzüglich zu kröffnen feien. Die Naͤtto-
nalverfammlung beſchließt ferner: Daß ſie nach Einſicht der Verhandlungen über die Ver-
hältniſſe Deutſchland's zu Schleswig, vom 2. April bis zum 26. Kkug. I. 3., den Tusfchuß
für Centralgewalt beauſtrage, uber das von dex preußiſchen Regietung der proviforiſchen
Centralgewalt gegenüber eingehaltene Verfahren der Nationalverſammlung zu berichten.

Außerdem ſind folgende Anträge eingegangen:

Von v. Lindenau:

Die Nationalverſammlung möge den Waffenſtillſtand unter folgenden Bedingungen ge-
nehmigen: 1) vaß die darin angeordnete ufhebung der ſeit dem 17. März erlaffenen Ge-
ſetze in Wegfall komme; 2) daß die Vorſtände der Commiſſionen zur interimiſtiſchen Ver-


zu beſchli ßenden Grundrechte gleichzeitig
land zur Geltung gelangen ſollen; ) vaß
Centralgewalt vom 28. Sult d. &.

in den Herzogthümeru wie im übrigen Deutfch-
in dem kuͤnftigen Frieden das Gefetz über die
und die Beftimmungen der Wiener Schlußakte zur An-

Von Srande, Droyſen, Michelſen und Neergaard Clauter Schleswiger
und Holſteiner!)

1) die Vollziehung des Waffenſtillſtandes, ſo weit ſie noch ausführbar, nicht länger zu
die nöthigen Schritte zu thun, Damit-auf
Grund der Denifcher Seits erklarten Bereitwilligkeit über die nothwendigen Viodificationen
des Vertrags baldigſt eine Verſtandigung eintrete; 3) dieſelbe aufzufordern; wegen ſchleu-
niger Einleitung von Friedensunterhändlungen alsbald das Erforderliche wahrzunehmen.

Von Wedekind:

Die Nattonalverſammlung möge beſchließen: 1) der Waffenſtillſtand ſei zwar als un-
verbindlich zu erachten; 2) die Waffenruh aber fortbeſtehen laͤſſen; 3) die Centralgewalt
aufzufgrdern, unmittelbar mit der daniſchen Regierung Friedensunterhandlungen anzuknüpfen.

Von Winter: ;
1) ver Waffenſtillſtand iſt nicht zu beanſtanden; 2) den Schleswig-Holſteinern iſt bet


holſteiniſchen Abgevrdneten in der Nationalverſammlung verſteht ſich von ſelbſt; wird
das Vertrauen ausgeſprochen daß die Schleswig-Holſteiner durch billige Forvderungen den
Frieden befördern werden. (Gelaͤchter.

Amendement zum Minoritäts-Erachten von Blömer:

1) Die Rechtsgultigkeit des von dem Neichsminifterium in der Sitzung vom 4. Sept.
D, &. vorgelegten Waffenſtillſtandsabſchluſſes, d. d. Nalmöe, den 26, Auguſt 1848, ferner
nicht zu beanſtanden. 2) Die proviſoriſche Centralgewalt aufzufordern, ihre der Lentral-
gewalt, — völkerrechtliche Anerkennung dem Auslände, und insbeſondere Oänemark gegen-


Her den Ybfchluß eines, den Rechten der Herzogthümer entſprechenden Friedens fortan in
eig ne Zand zu nehmen.

Desgleichen voy Jahn:
“ Den Waffenftillftand zu genehmigen;
Modlfteationen desſelben nitt det Danifch
handlungen anzuknüpfen.

Desgleichen von Adams:

1) vie Ceniralgewalt zu veranfaffen, fich wegen der nöthigen Modificationen des Wafe
fenſtillſtandes, mit der dänifchen NRegierung in Verbindung zu feßen;z 2) einen befondern
Ausſchuß zu beauftragen, das Verfahren der preußifchen Regierung zu pküfen und Bericht

die Centralgewalt zu ermächtigen, ſich über die
en Regterung bald zu einigen und Friedensunter-


Besgleichen von Eilauer und Mulley:

die Centralgewalt zu veranlaſſen, wegen eines Waffenſtillſtandes oder Friedens mit
Dänemark Unterhandlungen anzuknüpfen.








Desgleichen von Maltzahn:

Die Natignalverſammlung möge beſchließen: 1) der Waffenftillſtand iſt nicht welter zu
beanftanden; 2) die Centralgewalt ift aufzufordern, unmittelbar -mit vder Krone Dänemark
wegen er zu freifenden Modificationen und wegen des Friedens in Unterhandlung zu tre-
ten, und darüber der Nationalverfammlung weitere Vorlagen zu maͤchen.

Veſendonck beantragt, die Verfammlung von den zahlreich eingelaufenen
Adreſſen, welche die Berwerfung des Waffenſtillſtandes verlangen, in Kennt⸗—
niß ıu fegem. 2222

; Präſident erklärt ſich wegen des großen Zeitverluſtes dagegen; will jedoch
die heute eingegangenen ordnen laſſen, um ſie im Laufe der Verhandlungen zur
* Verfammlung zu bringen. Vielfacher Zuͤruf: nicht blos dieſe, fonz
dern alle! ; ;


ſer, faſt ganz unverſtändlicher Stimme, vielfach vom Zuruf: laut! Schluß!
unterbrochen. Der unermüdliche Redner läßt ſich jedoch nicht ſtören. Naͤchdem
er geendet, betritt Heckſcher die Tribüne (unruhe).

Präſident mahnt zur Ruhe. Wigard vom Platz! und unſer Antrag wegen
der Gallerie? Präſident: das liſt nicht'meine Sache.

Der Erminiſter Heckſcher ſpricht hierauf zwei Stunden lang
von der „ſchmerzlichen Sehnfucht“, womit er diefem Augenblic
entgegengefehben, von der hohen Bedeutung deſſelben für den völkerrechtlichen
Beſtand der Centralgewalt und die Berangvortlichkeit ihrer Diener, Deutich-
lands Einheit, Europa's Frieden u f. w. — Er habe Vieles hören müffen,


überfchritten, Aber es ſei zu gefährlich, das Veto der Reichsgewalt zu intet-
ponixen. Die Bedingungen des Waffenſtillſtandes ſeien allerdings „mangel⸗—
baft“, aber man ſolle doch nicht eigenſinnig ſein. Daß Dderfelbe 7 Monate
dauern ſolle, habe auch Preußen „überrafcht“ aber Schweden habe es nicht
anders gethan! 1So mußte natürlich Deutſchland nachgeben! Der Erſatz der
in Jütland xequirirten Gelder ſei nicht mehr als billig. Auf einige 100,000
Thlr. komme es doch nicht an.
(für Deutſchlands Ehre hat der deutſche Miniſter kein Wort), daß die „Foms


uͤcheten und ihre Beſchlüffe aufgehoben würden. Man müſſe das auch nicht
ſo boch, aufnehmen. Wenn dex Vertrag, für den „Preußens Ehre verpfänder“
ſei, nicht ratifizirt werde, ſo ſei Preußens völkerrechtliche Stellung kompromit-
tirt, Es wäre nur zu wünſchen, daß das künftige Miniſterium an treuer
Pflichterfüllung, Contequenz und Muth C) dem abgetretenen gleich-
kommen möge. (Ein boshafier Wunſch!) —
Benevet.

die ich vorzugsweiſe im Auge haben werde. * *
Der Reoner thut hierauf der Centralgewalt die Schande an, nachzuweiſen,
daß ſowohl der Bundestag,






Wrangel, der für ſeine Perfon keinen Waffenſtillſtand abſchließen wollte, ehe
Deutſchland fei
noch ziemlich würdig im Aucland vertreten geweſcn, bis die Centralgewalt er-
richtet worden ſei.
wenn man geachtet ſein wolle. Seit der Beſchluß der Verſammlung vom 5.d.
M. bekannt geworden ſei, zeige ſich Dänemark ziemlich kleinlaut und zu Con-
zeſſionen geneigt; bleibe man ſich konſequent, ſo werde es noch zu weit andern
Zugeſtändniſſen ſich bequemen. Der preußiſche Bevollmaͤchtigte, General Be-



ſchrieben; er werde es ganz in der Ordnung finden, daß man ihm vor er-
folgter Ratiftkation von den Bedingungen des Waffenſtillſtands gar keine Mit-
theilung mache“; damit ſei die Centralgewalrwie eine auswärtige Maͤcht behan-
delt. Dieſe alte ſchmachvolle Separatpolitik, fährt der Sprecher fort, muß auf-
hören, auch auf die Gefahr eines Krieges hin, damit wir nur erſt wieder Eins


land kommt. Das preußiſche Volk wird viel lieber mit uns zum Kampfe zie-
hen. Die Männer von Fehrbellin, von Roßbach, von der Kazbach ꝛe. werden
nicht fehlen, wenn es ſich um einen Kampf für die Ehre Deutſchlands handelt.
WVielſeitiges Bravo) Der alte Arndt deflamirt viel von ſeinen Erinnerungen,
ven der Meeresküſte und den alten Sachſen, verſichert, es handle ſich nicht um
Kieinigkeiten, ſondern um Großigkeiten, geht ſchließlich von ſeinem Borum
im Ausſchuſſe ab und ſtimmt, um den Hader ſchnell zu euden, für die Ratift
kation mit einigen Aenderungen. 2*
Etiſenmann will ſelbſt einen nicht ganz günſtigen Waffenſtillſtand aner-
kennen, wenn die Einheit dadurch gefördert werden kaͤnn! Daͤs preußiſche Ka-
binet aber habe die deutſche Eintralgewalt verhöhnt. Alles ſei aufs Aeußerfte
aufgeregt gegen den Waffeyſtillſtand, nicht nur die „rothen RNeyublikaner“, fon-


Man möge nur die Adreſſen hören. Welche Achtung könne wohl die Central-
gewalt vom Ausland erwarten, wenn deutſche Staafen ſie ſo behandelten? —
Der Redner ſtellt ſchließlich den Antrag auf Verwerfung des Waffenſtillſtandes
und Erwirkung annehmbarer Bedingungen durch die Centralgewalt; ferner
darauf, daß letztere aufgefordert werden ſolle, ſich ſofort die unbedingte Aner-
kennung von ſämmtlichen deutſchen Regierungen zu verſchaffen und Ddenfelben


gen akkreditirt ſeien, zu befehlen.

Franke aus Schleswig ergeht ſich in einer weitſchweifigen Schilderung
der Kriegsgefahren; obſchon er zuͤgeſtehen muß, gegen die Stimmung in den
Herzogthümern zu ſprechen, verlangt er Genehmigung des Waffenſtillſtandes mit
einigen unbedeutenden Modifikatiogen. ; . ' ;
. v. Herrmann, der mit der Bildung eines Kabinets Beauftragte, betritt
unter geſpaͤnnter Aufmerkſamkeit des Hauſes die Tribüne. Er iſt überzeugt, daß

*


 
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