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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0153

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Halbfährlich






— — — 2 — —








No. 38.

— —




— 2





Das däniſche Verfaſſungs⸗Dekret.
(Aus der Weſ. 3tg.)

Kiel, 2, Febr. Die ernſte und große Nachricht, welche uns der geſtrige
Tag brachte, fuͤhrt unſere Dinge zu einein entſcheidenden Wendepunkt. Dieſe
Konſtitution macht ibrein Urheber, dem verſtorbenen Könige, von einem gewiſ-
ſen Standpunkte alle Ehre. Der Widerſtand der Herzogthümer gegen alle Da-
niſirung, die Gefahr der Auflöſung der Monarchie hat denn endlich die Regie-
rung zu dieſer ungeheuren Konzeſſion geführt. Gewalt konnte die Herzogthü-
mer nicht unterwerfen, die Liſt ſoll verſucht werden. Dieſe
— wird ſie gelingen? Wird das ſchleswig-holſteiniſche Volk begreifen, daß
die Annahme der Konſtitution die Einſetzung eines däniſchen Reichsrathes, um
die Herzogthümer nach Art römiſcher Provinzen zu regieren, involvirt? Wird
das Volk begreifen, daß durch dieſe Konſtitution die Feſſelung aller unſerer
ſittlichen und materiellen Intereſſen bevorſteht, daß diefe Konſtitution raſch zu
einer abſoluten, kompakten, däniſchen Majorität führen, und daß dieſe Majori-
tät die Herrſchaft eines Nationalkonvents über das unglückliche Land errichten
muß, wenn ſie den raſch hervorbrechenden Widerſtand brechen will? Wird un-
ſer Voik wenigſtens Ehrgefühl genug haben, wenn es dies nicht einſehen ſollte,
dieſem Deutſchland, welches ſo brüderliches Intereſſe ihm gezeigt hat, nicht den
Rücken zu kehren und daponzulaufen, wenn es ein Stück Freiheit zu ſehen
glaubt? Freilich Deutſchland vermag ihm jetzt noch nichts voͤn Freiheit zu
bieten, Deutſchland hat ihm bisher nur Unfreiheit gegeben, hat mit den Be-
ſchluſſen von 1819 die Cenſur und mit denen von 1832 die Unterdrückung je-
des Volkslebens ihm aufgezwungen. Wird unſer Volk den Glauben haben, daß

— — — — —


Fragen hat der geſtrige Tag uns zugeführt, und Vielen vielleicht verlängerte
ſich dieſer Tag ın eine ſchlafloſe Nacht. Es ſteht für uns eine ſchwere und
ernſte Prüfung bevor. Werden wir, wie einſt der Apoſtel, in der Stunde der
Verſuchung, das, was uns das Theuerſte ſein ſollte, verläugnen?

Ich weiß nicht, — meine Hoffnung und Erwartung iſt, daß es nicht ge-
ſchehen wird. Die nächſten vier Wochen werden uns MNar ſeyen laſſen, ob wir
Deutſche bleiben oder ſchon in der nächſten Geueratzon eine Nation von Mu-
laͤtten ſein werden. ;

Ich will Ihnen nur noch über die Aufnahme ſchreiben, welche das Pa-


Jubel zu mäßigen.
men; denn der Däne hat Ehrgefühl und Nationalſtolz. Selbſt um den Preis
der politiſchen Herrſchaft will er nicht ſeine Nationalität der Vermiſchung Preis
Hier, in Kiel, war die Stimmung durchaus einig, nur die Aeußerun-
gen verſchieden nach der Gemüthsart. Die Meiſten faßten die Nachricht mit
aͤllem dem Ernſt auf, den ein bevorſtehender ſchwerer Kampf erfordert, Audere
gaben torer Entrüſtung freien Lauf, Maͤnche den humoriſtiſchen Gefühlen, die
dieſer Plan allerdings erregen kann.
Nur Wenige werden erſt auf dem Wege der Erwägung zu einer Ueber-
zeugung kommen, die freilich dann wohl um ſo feſter ſein wikd. Die Rolle,
welche die Stadt Kiel in dem Stück ſpielen wird, iſt ſchon beftinmt. „Wie
nennt Ihr das Stück? heißt es in Hamlet; „„Die Mauſefalle.““ Und wie
* Metaphoriſch 4448
Zur Ausarbeitung des allerhöchſten conſtitutionellen Verfaſſungsentwurfs
iſt eine Commiſſion niedergeſetzt, beſtehend ans dem Finanzminiſter Graf von
Moltke, gebornen Dänen, dem Etatsrath Bang, gebornen Dänen und
dem Grafen Karl Moltke, gemachten Danen.

Deutſchland.




Drei⸗Fabriken Frage zum Abſchluß. Nach einer fünfitündigen Verhandlung, an
welcher Geh. Rath Nebenius, die Staatsräthe Bekk, Trefurt und Regenauer,








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der Landſchullehrer ſo befannt iſt, wie etwa der Blinde mit den Farben, aber,
von dem bekannten Profeſſor Stern influenzirt, ſich durch ſeine jugendliche
Unerfahrenheit doch nicht abhalten laſſen konnte, den Angriffen der Geiſtlichen
auch ſeinen Senf beizufügen, und wie ein ungezogener Knabe gegen ſeine
Amtsbrüder zu ſchlagen. Das Mannheimer Mörgenblatt, ebenfalls in einer
geiſtlichen Korreipondenz, erklärt die Petition für eine Ausgeburt des Radika-
lismus, und die Süddeutſche Zeitung gar für eine ſolche des Kommunismus.
Der letzte der vier Artikel, in No. 11 und 12 der Suͤddeutſchen Zeitung, iſt
in ſeiner Art merkwürdig; er ſoll von einem Freiburger Geiſtlichen hexrühren,
und ergeht ſich in eincti Tone, deſſen, wie das neue badiſche Volksſchulblatt
bemerkt, der niedrigſte Gaſſenbuͤde ſich ſchämen würde. — Und was iſt es denn
mit dieſer angefochtenen Petition? Sind die Bitten der Schullehrer wirklich
unbeſcheiden, kirchenfeindlich, radikal oder kommuniſtiſch? Nichts weniger alg
das. Die Denkſchrift, welche die Bitten begruͤndet, und welche, wer ſich da-
für intereſſirt, überall haben kann, da ſie geoͤruckt an alle Schullehrer vertheilt
wurde, hät den Zweck, darzuſtellen, daß die Verhältniſſe der Schullehrer in
Beſoldung, Berufsbildung, Rechtsverhältniſſen und dienſtlicher Stellung von
der Art find, daß ſie keine Bürgſchaft für das Emporkommen des Schulweſens
leiſten, ſondern daſſelbe vielmehr auf einer niedrigen Stufe feſthalten.

Dieſe Darſtellung iſt mit ſchlagender Gründlichkeit durchgefuhrt, und
man liest aus jeder Zeile heraus, daß es den Bittſtellere nicht ſo ſehr um
ihre Perſonen zu thun iſt, als um die Verbeſſerung der Jugendbildung, auf








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fall verſagen! Wer demnach den Grund der Unzuͤfriedenheit der Schullehrer
in rabifafen und kommuniſtiſchen Tendenzen ſucht, der muß Radikalismus und
Kommunismus in einer tüchtigen Bildung des Volkes erblicken und ſeinen
Z3weck in die Verdummung deffelben ſetzen! Die Bitte um eine ſachverſtaͤn⸗
dige Berückſichtigung, die jetzt durch zehend fehlt, ehrt die Schullehrer um ſo
mehr, als die ſaͤchverſtändige Anſicht gewiß die ſtrengere iſt, ſelbſt, wenn
ſie nicht in derſelben Nähe dusgeübt wird, wie die nicht ſachverſtändige Local-
Jnſpektion. Daß ſich gewiſſe Geiſtiiche dadurch gekränkt fühlen iſt begreiflich;
daß ſie aber ein kircheufeindliches Beſtreben dokumentirt, iſt unwahr, denn mit


ſichtigung gehört, iſt ſicher der Kirche beſſer gedient, als mit einer ſchlechten,
wozu vor Allem eine nicht fachverſtändige Aufſicht gehoͤrt. Nur der kann dies
verkennen, der ſich — ſtatt der Kirche im Auge hat. In dieſer Beziehung hat
das neue badiſche Volksſchulblatt treffend hervorgehoben, daß die Schulfeinde
ſich hauptſächlich durch zwei fixe Ideen charakteriſiren: „der Pfarrer iſt die
Kirche“ und: „der Pfarrer als ſolcher iſt Pädagog.“ Da dieſe firen Ideen
zur Zeit aber nichis weiter ſind, als eben fixe Ideen, an die kein vernünfti-
ger Menſch glauben kann, ſo ſieht es mit dem daraus abgeleitelen Rechte
und der ebenfalls daraus abgeleiteten Befähigung der Geiſtlichen zur Bes
aufſichtigung der Schulen, d. h. der Schullehrer, eben ſo windig aus, als mit
einem arithmetiſchen Lehrſatz, der auf das Axion gebaut iſt: „2X2 S5.“ Die
Süddeutſche Zeitung iſt ſogar ſo weit gegangen, zu behaupten, ſchon der Stu-
dioſus der Theologie verſtünde Padagogik, wozu das neue baͤdiſche Volks-
ſchulblatt ironiſch bemerkte, daß ſie bei der nächſten Petition waͤhrſcheinlich be-
haupten werde, der Geiſtliche ſei ſchon in den Windeln ein ſachverſtändiger
Schulaufſeher! *

Wir unſerſeits haben zu dem aͤngſtlichen Streben, eine nicht ſachverſ-
ſtändige Schulbeaufſichtigung aufrecht zu halten, zu bemerken, daß es eine
entſchieden volksfeindliche Tendenz dokumentirt, oder aber eine entſchiedene —
Abweſenheit von Verſtand. — Was im Uebrigen den Inhalt der Bitten betrifft,
auf den wir nicht näher eingehen können, ſo iſt derſelbe bereits gerechtfertigt
durch die Anerkennung, die ihm auf dem letzten Landtage ſowohl von der Re-
gierung, als von der zweiten Kammer gezollt wurde; und wenn noch ein gu=«
tes Zeugniß für ihn gefehlt hätte, ſo laͤge daſſelbe jetzt in den wahrhaft wüs

v. Gemmingen, Generallieutenant v. Laſollaye, Hoſdomänenkammer-Direktor
Beger und der Berichterſtatter, Frhr. v. Andlaw, Theil nahmen, wurde die
Adreſſe der Zweiten Kammer einſtimmig angenommen.

thenden Angriffen der Feinde der Volksbildung vor — denn was dieſe angrei-
fen, das ift von vornherein geadelt! Wir wünfchen der Petition, die keines-
wegs in unbeſcheidener, ſondern in freimüthiger, männlicher Sprache die zahl-
— 8*$ Aus dem Unterrheinkreiſe, im Febr. (Die Schullehrer- reichen Gebrechen der Volkeſchulorganiſation aufdeckt, den Erfolg, welchen der
vetition und-ihre Gegner.) Auffaͤllend iſt die Bewegung, in welche daraus hervorleuchtende Heiſt verdient, und hoffen, daß man ſich der Durch-
ein Theil der badiſchen Preſſe gerieth, als bekannt wurde, daß die Schulleh- führung durchgreifender Reformen zur Förderung der hoͤchſten Intereſſen eines



rey wieder eine mir zahlreichen Unterſchriften bedeckte Petition an die Regie-
runlg * Kammern übergeben würden. Dieſer durchaus geſetzliche Schritt
fant fı babtſchen Blättern eine ſo parteiiſche Mißbilligung, ihm wur-


Verdächtigung des Schullehrerſtandes vor der öffentlichen Meinung hingearhei-


der Mittelloſigkeit (den vielen unnöthigen Poſitionen des Budgets gegenüber
eine Satyre!) entziehen, daß man nicht dem alten Flickwerke, das die Spuren
verſchiedener Jahrhunderte trägt, nur wieder einen neuen Lappen aufſetzen
werde! * ;

*

tet, daß wir nicht begreifen, warum die übrige Preſſe ſich ſo theilnahmlos
verhält, und der Ehre der Angegriffenen ſich nicht annimmt. Was die Volke-
ſchule und die Verhältniſſe ihres Lehrer angeht, iſt um ſo weniger der Auf-
merkſamkeit unwerth, als ihre Niederhaltung das offene Beſtreben einer ein-

Wüürtemberg. Die Gedanken, welche am 12. September zu Of-
fen burg ausgeſprochen worden, haben in vielen Theilen Deutſchlands, ja
Europals einen kräftigen Widerhall gefunden. In ſeinen /Politiſchen Bildern



* lußreichen Partei unter den Griſtlichen iſt, von dex man weiß, daß ihr Auf- aus der Zeit“ ſpricht ſich Axnold Ruge mit großer Entſchiedenheit zu deren
in— klärung und Volksbildung ein Dorn im Auge iſt. Das Mannheimer Morgen« Gunſten aus. In einer früheren Nummer (3) thaten wir Erwaͤhnung der
abı \ blatt, die Karlsruher Zeitung und die Süddeutſche Zeitung haben dieſer Par- | Forderungen des Volkes in Rom, und heute können wir die Forderungen

tei mit bekannter Bereitwilligkeit ihre Spalten geöffnet. Die Karlsruher Zei-
tung hat drei leitende Artikel gegen die Schullehrerpetition gebracht. Zwei



des Volkes in Stuttgart mittheilen. Derſelben ſind nicht weniger als 27.

4 Darunter finden ſich übrigens manche von zeringerer Bedeutung und von nur
ſind nach ihrer Angabe von Geiſtlichen geſchrieben, von welchen der eine durch örtlichem Intereſſe. Die wichtigſten ſind die folgenden:
4 die Petition die Kirche gefährder ſieht, weil auf ſachverſtändige Beaufſichtigung 8 —
—1 des Schulweſens gedrungen wird, und der andere den Geiſt, welcher die Pe— Preßfreiheit. Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ge-
tition durchweht, für einen Geiſt des Dünkels, der Unbeſcheidenheit, der An- richtsweſens mit Geſchwornen. Volfsbewaffnung zur bedeu-
maßung und der Auflehnung gegen das Beſtehende erklärt, weil nicht die friee tenden Berminderung des Militarbudgets Das Recht der fa
cheuͤde Sprache des Bettlers, ſondern die gerade Sprache des ſich ſeiner Rechte fentlichen Berſammlungen und Bereine, Beſchickung der Zollvereins-
bewußten Buͤrgers geführt wird; der dritte Artikel aber iſt das Machwerk eis Eonferenzen durch von der Ständeverſammlung gewählte Saͤchverſtaͤndige aus



 
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