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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1083

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— —



















Deutſchland.

&* Mannheim, 18. Okt. Die „Oberrheiniſche Ztg.“ enthält folgenden
von Rannheims Einwohnern wohl zu beherzigenden Artikel:

Vor mehr als einem Jahr faßte die Stabt Mannheim bekanntlich den Be-
ſchluß, ihre verſchiedenen Confeſſionsſchulen in Gemeindeſchulen zu verwandeln,
und einem ganz andern, ſehr gut ausgearbeiteten Schulplan zu folgen. Die
von Seiten der Confeſſions-Repräſentanten erhobenen Schwierigkeiten veranlaß-
ten das Miniſterium, eine Vernehmung der Mitglieder jeder Confeſſion durch
den Gemeinderath anzuordnen, womit dieſer gerade beſchäftigt iſt; von einer
Bürgerſchaft, in der ſo viele Intelligenz herrſcht, iſt das Refultat der Abſtim-
mung wohl vorauszuſehen, aber die Frage drängt ſich dabei auf, ob eine ſolche
Vernehmung, welche nach dem beſtehenden Schulgeſetze von 1835 allerdings
ſachgemäß war, jetzt noch nöthig erſchien, wo die Nationalverſammlung den
Grundſatz der Trennung der Kirche vom Staate, und folgeweiſe die Losreiſ-
ſung der Schule von den Confeſſionen ausgeſprochen, eine lüchtige Volkserzie-
hung zu den erſten Pflichten des deutſchen Staates gemacht hat. Wird
dieſer nalionale Beſchluß, wie ſo Viele erwarten, bald vollzogen, ſo bedarf es
der Zuſtimmung der Confeſſionsgemeinden nicht mehr, und aͤlle von manchen
Seiten noch in Bewegung geſeßte Aufreizungen gegen die Communalſchuͤlen
werden ſpurlos verſchwinden. Jedenfalls geblihrte es den Städten Heidelberg,
Carleruhe, Freiburg, Coyſtanz ꝛc. nicht länger anzuſtehen, dem rühmlichen


keit und Liebe derſelben Schule anvertraut zu ſehen.

Das „rühmliche! Beiſpiel welches hier vorausgeſetzt iſt, wird hoffentlich
bald in vollſter Wirklichkeit beſtehen. —
¶ Mannheim, 23. Oktobex. Herr Friedrich Daniel Baffermann,
der Untexſtaatsſekretär bei der Reichsregierung hat kürzlich wieder in der Pauls!
kirche eine Rede Josgelaſſen, durch die er mit ſeinet gewöhnlichen moraliſchen
Affektation ſeine Verdienſte um die Freiheit ans Licht zu ziehen und die Urſache
ſeiner politiſchen Netamoxphoſe zu entwickeln fucht. Herr Baſſermann iſt dar-
über ſo ganz im Reinen, daß er ſich nicht einmal über ſich ſelbſt wunderk, ſon-
dern im vollſten Pathos über die Ruchloſigkeit und Verblendung alter derjeni-
gen hinweg deklamirt, die eben nicht auch zu gleicher Zeit mit ihin den Bündel
geſchnürt und in das Lager der Reaktion hinüber gewaͤndert ſind.

Wer kann ſich darum wundern, daß der Herr Unterſtaatsſecretär ſich ſo
gewaltig über die „Entſittlichung“ ſeiner Vaterſtadt entſezt, die eben über ihren
ehrenwerthen Mitbürger ſeit den Märztagen ſehr mitleidig die Achſel zuͤckt?
Herr Baſſermaun ſucht Vergeltung zu üben, er unterhält die Nationalverfamm-
lung zu Frankfurt von den großen Gefahren, die er in Mannheim am 18.
September für die Einheit und Freiheit Deutſchlands ausgeſtanden und von der
„Moͤrderbande“ die des Nachts an ſeinem Haus geklopft“hat.

Hr. Baſſermann iſt damit ſchon für ſeine Abweſenheit von Frankfurt gerecht-
fertigt; er hat hewieſen, daß er ſeine Hrn. Collegen niſcht im Stiche
Laffen wolltez Hr. Baſſermann hat gewußt, was ihm hier Alles bevorfteht;
Hr. Baſſermann hat Vieles, hat entſetzlich Vieles hier ausgeſtanden; er weiß
zu exzäblen, daß von der Volksverſammlung auf dem Markte die Majorität
der Nationalverſammlung für verrätheriſch erklärt worden, daß in einer der
Gruppen ſogar auch von ihm die Rede geweſen, daß endlich wie ſich's heraus-
ſtellt, zwei Menſchen, — etwa ihm aukgelauert? etwa die Dolche gegen ihn
gezuckt? etwa einen Angriff guf ſeine Wohnung oder ſeine Perſon gemacht? —,
nein, des Abends beim Vorbeigehen an dem Baſſermann'chen Haufe, vielleicht
in einer etwas erhitzten Stimmung, in einer Anwandlung von gerechtem Zorn, —
mit der Fauſt an die Thüre geſchlagen.

Es weiß freilich nicht Jeder, der dieſe Schilderung Baſſermanns von dem
Zuſtande ſeiner Vaterſtadt liest oder hört, daß die damalige Volksverſammlung
bart vor dem elterlichen Hauſe des Herrn Unterſtaatsſekretaͤrs ſtattgefunden hat
und Derfelbe ganz ungeſchoren hinter den Fenſterjalouſieen die Menſchenmenge
auf dem Marktplatze beobachten konntez es weiß nicht Jeder, daß derſelbe Herr


und kein Hahn nach ihm gekräht hat.

Zum Neberfluffe erfahren wir jetzt noch aus der Neuen Rheiniſchen Zeitung
ein nettes Stückchen, durch welches die Rede des Herrn Baſfermanns einen gar
artigen Commentar erhielt: Herr Baſſermann hat nicht bloß in den Bewohnern
der friedlichen Stadt Mannheim ſeine Mörderbande geſchen, er hat auch noch
andere Banden! auf der Volksverſammlung zu Woͤrringen über die „Ermor-
bung“ Lichnowsky's und Auerswald's Hurrah rufen hören; und die Volksver-
ſammlung zu Worringen, fiel auf den fiebzehnten, der Tod Auerswald's
und Lichnowsky's auf den achtzehnten September.

So macht ſich alſo der Hr. Baſſermann die Ereigniſſe zurecht, um die linke
Seite zu verdächtigen und ihr die moraliſche Mitſchuld an den Frankfurter Er-
44 aufzubürden. — Und das, Herr Baſſermann, — iſt eine That-

achel —

Geidelberg,??. Okt (Republit) Die hieſige Polizeibehörde überſandte
uns, zu unſerm nicht geringen Erſtaunen, heute den „Befchluß“ :
Werden die Nummern 163 und 164 der dahitr erſcheinenden Zeitſchrift
„Republik“ polizeilich mit Beſchlag belegt, weil der ganze Inhalt des ſog.
„Abſchiedsmantfeſtes Heder’s“, insbefondere deſſen zweiter Theil

4 g5waltſamen Umſturz der beſtehenden Ordnung unzweideutig auf-

ordert.

Wir ſind begierig, wie weit der Staatsanwalt ſeine Verfolgung noch treibt.
Wir müſſen unwilfürlih demſelben die Worte zurufen: „Wex da fteht, der
ſehe zu, daß er nicht falle!“

‚T Karlsrubhe, 21. Oft. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde
in der Berathung des Geſetzes über die Vexwaltuygsbehörden fortgefahren.
Der S. 20, der beſtimmt, in wie fern die Beſchlüſſe der Bezirksverſammlungen
der Stastsgenehmigung bedürfen, wurde nochmals an die Kommiffton zurück-







verwieſen, und Chriſt's Antrag, dem die einzelnen Competenzgegenſtände der
Bezixksausſchüſſe aufzählenden S. 22 den Grundſatz voranzuftellen: „Dder Bez.
Ausſchuß entſcheidet übex die dem öffentlichen Recht angehörigen Streitigkeiten
der Einzelnen und des Bezirksperbands“, — nach längerer Diskuſſion verwor-
fen. Vom Finanzminiſterium wurden der Kaminer nachſtehende Vorla-
gen gemacht: 1) Ein Geſetzentwurf, betreffend die Exmächtigung der Amortifa-
tionskaſſe, einen Vorſchuß von 2 Nillionen und 200,000 fl. an
die Staatsfaffe zu leiften, 2) Ein Geſetzentwurf, die Ermächtigung vder
Regierung zur Erhebung der Steuern in den erſten Monaten des Jahrs 1849
betr. 3) Ein, proviſoriſches Geſetz, die Zufhlagszölle wegen der Ausfuhrprä-
mien in Frankreich betr. 4) Eine vorläufige Mittheilung über den Vollzug des
Geſetzes über die Bauſchſummen der Wein? und Bierfteuer. Die 3 erſten Vor-
agen wurden an die Abtheilungen, die letzte an vie hiefür beſtehende Commif- -
ſion verwieſen. Nächſte Sitzung: Dienſtag, 24. Oktöber, 10 Uhr Morgens.

Konſtanz. Die Regierung von Baden hat ihrem Heere eine Aner-
kennung gegeben; den Offizieren und Soldaten, die im grauſamen Bruder-Kriege
waren und an all den Schlachten ſo ruhmvoil Theil genommen, ſind Ordens-
kreuze und Felddienſtzeichen verliehen worden; — den Offizteren Ordenslreuze
— ben Soldaten Medaillen. Verſtebt ſich, das Blut der Sfftziere iſt ver-
ſchieden von dem ihrer Soldaten, und es herrſcht ja Gleichheit der Stände.
Napoleon war noch weit zurück, ſo viel Weſens . man aus ihm macht. Er
kannte dieſen Unterſchied im Aute vicht; das Kreuz der Ehrenlegion hing er
dem Tambour um, wie dem Obriſt. (Seebl.) _

m Frankfurt, 18. Oktober. (Schluß.) / ‘

Die Beſtimmung üher Schleswig ruft zunaͤchſt einen Streit zwiſchen Clauf= -
ſen und Esmarch einerſeits, Frande, an dem noch die Blutſchuld der Waf-


dererſeits, hervox; indem die beiden erfteren, (von denen Esmarch auch noch
der Vorwurf trifft, daß er hauptſächlich jene Genehmigung herbeiführte, wenn-
gleich er dagegen ſtimmte, weil er den Antrag über den zweifachen Ausſchuß-Au-
trag auf einmal abzuſtimmen aufnahm, deſſen zweiter Theil Wehrere veranlaßte,
gegen das Ganze ſich zu erklären) nur die ganzen Gränzbeſtimmungen, nicht
aber die geſammten Verhältniſſe Schleswigs einer zukünftigen definitiven An-
ordnung vorbehalten wollten. Außerdem vertheidigten den Entwurf Zachariä,
v. Reichenſperger, Reichsminiſter v. Beckerrath und Viebig, während er von
Hagen, Gräwell und Liebelt (vom Standpunkt Poſens aus) entfchieden ange-
griffen wird und Jacobi und Bally einzelne Abänderungen in der Fafluna
verlangen, ohne im Weſentlichen dagegen zu ſein. Trefflich war Hagen's ge-


ſentirende Fürſtenthum die naturwüchſige Entwickelung der einzelnen Volksſtämme
aufgelöst habe; womit er einen Antrag Schlöffel's auf Eintheilung Deutſchlands


vorwortete.
Michelſen, der Verbündete des königlich däniſchen Etatsraths Francke und der

berüchtigte Stockpreuße Jordan ſecundirien vieſem in ſeinen Angriffen auf Clauf-
ſen's Antrag, und Letzterer fiel vor Allem über Liebelt her, wobei er ſeinem Poͤ—
lenhaß in den erbärmlichſten Schmähungen Luft machte. Doch auch ihn krifft
das Schickſal Baſſermann's und Jahn's — er wird ſchwach — ſo ſchwach, daß
er, der einſt ſo begeiſterte (Wort-) Verfechter des Barricadenrechtes, jetzt feine
Furcht vor der rothen Republik von der Rednerbühne berab bekennt! Seine
gemeinen Ausfälle wurden von Liebelt, der ſich für einen Polen erflärte, mit
eben ſo viel Derbbeit als Würde zurückgewieſen, die Rechte beurkundete dabei
wiedex einmal ihren gänzlichen Mangel an Auſtands-Gefühl, in dem ſie ihn,
obgleich er durch beſondern Beſchluß das Wort zu einer perſönlichen Angelegen-
heit erhalten hatte, faſt nach jedem Wort durch wüſtes Schreien und unbändiges
Toben unterbrach. Nachdem hierauf noch Rießer alg Referent den Entwurf
vertheidigt, wurde die beliebte unlogiſche Abſtimmung über beide Sätze des Ent-
wurfs auf einmal, auf Biedermanns Antrag von der Mehrheit genehmigt und
der Lutwurf ſelbſt angenommen.

+1 Fraukfurt, 18. Okt. Durch ihre geſtrige Abſtimmung hat die hiefige
Bürgerſchaft den Artikel 50 unſerer ſtädtiſchen Verfaſſung, der dahin lautet:
„daß eine Berfaſſungsveränderung nur dann geſchehen könne, wenn


des geſetzgebenden Körpers und zwei von den drei Abtheilungen der chriſtlichen
Bürgerſchaft dafür geſtimmt haben,“ mit 2312 Stimmen gegen 547 für abge-
ſchafft und ſich für die Berufung einerkonſtituirenden Verſammlung
erklärt. ; . ; ,

O München, 19. Okt. Mittags 4 Uhr. Die Vorfälle im Pfhoͤrr-
ſchen Brauhaufe , von welchen ihnen mein geſtriger Brief fagt], waren impo-
nirend. Die Maffe, beſtehend aus Soldaten und Arbeitern, war Ddurdy die
Nachricht in Wuth verſetzt, daß mehrere Soldaten in dem gedachten Bräuhauſe
erſchlagen worden ſeien, und zerſtörte Alles, was ihr in die Hände fam. Geld,
Geräthſchaften, Banknoten, Ohligationen, Betten wurden auf die Straße her-
abgeworfen, und Raubgierige ſtürzten darüber her. Nachdem in Kolge des Ge-
nekalmarſches nach und nach Laͤndwehr, Freicorps und Linie ſich geſammelt
hatten, ſäuberte eine Abtheilung des Freicorps die Straße vor dem gedachten


Herabwerfen der Gerathſchaften aus dem erſten Stofe — denn nur dieſen be-
* Pſchorr — fort, und die anweſende Linie that hier keinen Einhalt,
indem der Offizier, der ſie befehligte, erklärte, er habe keinen Befehl das Haus
zu nehmen und zu fäubern, Nachdein dieſes Werk der Zerfiörung über 2 Stunz


wehrfreicoͤrps das Haus zu fäubern, und ungefähr 60 Individuen wurden ver-
* * ** * Geld und Banknoten die Summe von 10,000 fl.
efunden worden ſein. *

gef Das Gerücht, daß fünf Soldaten in demn Pſchorrſchen Brauhauſe getöd-
tet worden ſeien, haͤt ſich nicht beſtätigt. Nach einer gedruckten Erklärung Pſchoreg


 
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