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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 61 - No. 90 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0319

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— — 8 8—












halbjährlich




Briefe und Geldẽr: fret einzuſenden.







** Deutſches Parlament.


rungsform, fet dieſelbe nun rein monarchiſch oder confitutionell, den Bedürf-
niffen des Volkes nicht entſprach, denn woͤher ſonſt die ungeheure, Aufrcgung
der Voͤlkerſchaften bei der erſten Nachricht von den franzoſiſchen Exeigniſſen?
Woher die Freudigkeit, der Jubel womit wir Deutſche dieſe zweite Revolution


den, fo würde * ſich bei jenem ruhig phlegmatifchen Grundkarakter nicht viel

Frankreich bekümmern.
* * —— Sympathie des deutſchen Volks für Frankreichs
Erhebung und der ungeſtüme Drang nach eigener Regenergtion und Selbit-
ſtaͤnbigkeit wurzelt nur allzutief in unſeren unhaltbareu, unngtürlichen ſozialen und

ichen Einrichtungen.
* 2 — nicht allein, die Europaͤiſchen find morſch und faul
bis in ibr iunerſtes Mark! Darum muß die Geſeltſchaft ſich von
Grund aus nen erbauen. Daß dieß ohne Blutvergießen geſchehe, nöge
das eifrigſte Beſtreben aller deutſchen Regierungen, aller wahren Patrigten
fein. Die Forderungen der Zeit laſſen ſich nicht mehr zurückreiſen; Der
Wille des Bolks ißf ein eiſerner geworden. Deutſchlands Reziergn
gen haben die Nothwendigkeit der Revolution und Rıpubhk von 1792, ihre
jegenbringende Bedeutung für die Menſchheit nicht verſtanden. „Freiheit
und Gleichhe it“ wurden durch Liſt und Gewalt unterdrückt und das franzö-
ſiſche Volk um die Früchte ſeiner Julikämpfe abermals betrogen.

Zum drittenmale ſchwingt der Genius der Menſchheit die Fackel der Auf-


trägt. — Laßt ihn nicht umſonſt vorüber ziehen, nützt ſein Kammen!
Zum drittenmale pocht die Geſchichte mit donnernden Schlägen an die
Pforten der Welt,
Thaten mit ehrnem Griffel auf die Tafel zu ſchreiben.
Werdet ihr die Maßnung nochmals überhören?
„Freiheit! Gleichheit! Bruderliebe!“ iſt der Wahlſpruch dır Repu-
blik 1848. Da nit erobert Frankreich die Herzeu.
Freiheit, Gleichbett, Bruderliebe! rufen auch wir, rufen mit
uns alle Völker, denn darauf hat der göttliche Erlöſer der Menſchheit ſeine uns
ſterbliche Lehre gegründet.


Staates, vorzüglich einer „chriſtlichen- ſein. Wir alle Geſchoͤpfe Goͤttes,
Kindex., der Erbe, ſind von unſrer großen Mutter Natur darauf angewiefen,
ſchon bier auf Exden glucktich zu felm. ** 2
Auf denn, deutſche Bruͤder, laffet ung einig und ſtark ſein um gemein-
ſchaftlich dießes große Patladium der Menfchheit zu erringen!
Doch wie gewinnen wir dieſe hohen Güter? Nicht durch Meuterei, Auf-
ruhr und Mord. Wir predigen nicht, gleich Tollköpfen, Vertilgung
der Fürſten. Unſchädlich wollen wir die einzelnen machen, damit ſie ferner
nicht die Macht mißbrauchen könuen. Geſetz und Orduung follen herrſchen;
als Garantie dafur verlangt das Volk für ganz Deutſchlaud?
; in Barlament ;
deſſen Bildung: durch unbedingtes Wahlrecht. Jeder deutſche Bürs
ger waͤhlt und iſt wählbar. Bürger iſt jeder Sohn des Landes von
21 (resp. 24) Jahr.
Vertretung des Volls: durch Abgeordnete (Parlamentsglieder) etwa
‘ 1 — 20,000, Dieſe haben Beſchlußfaſſende Stimmen, die Bes
ſchlüſſe Geſetzeskraft *
Vertretung der Negierungen: durch Geſandte (Miniſterbank) ſie briugen
Vorlagen, ohne Stimmrecht, geben Auskunft, debattiren u {. .
Die Fürſten: ſind in Bezug auf privat- und perſönliche Intereſſen nicht ver-
treten, haben in ihren Landen den Vollzug der Gefetzt zu überwa-
chen, dürfen die Miniſterien in Erfülkung ihrer Pflicht nicht hindern,
beſchwoͤren die Verfaſſung, ſind in ihrer Perſon unautaſtbar, erhaheuͤ
Zivilliſte vom Volk und ſorgen ſelber für ihre Fanulienglieder! weil
dieſe vom Volke nicht dotirt werden.
Die Miniſter: ſollen das Zutrauen des Volks genießen, ſind für ihre Amts-
handlungen verantwortlich, dürfen ſich daher vom Fürſten nicht be-
fchränken laſſen.
fn Domanen der Fürſten, die Lehen des Feudaladels, welcher aufgeho-
A 10fD, werden zu Staatseigenthum erklärt.
Alle Staats- und Gemeindeämter ſollen, im Falle der Betreffende Ver-
mögen genug befißt, (vor der Hand) unentgeltlich verwaltet, im audern Falle
durch maͤßige Beſoldung für Mühwaltung entſchädigt werden.





ſtellt. Damit hat der Militär- und eximirte Herichtoſtand ein Ende. *
Kein Fürſt darf ohne Zuſtimmung * ** (des Parlaments) Bünd-
niſſe ſchließen, noch fremde Truppen ins Land ziehen.
* * Volk wird, durch frei erwählte Geſandte, hei andern Nati
nen vertreten. (Damit haben die einzelnen fürſtl. Geſandſchaften ihr Ende
und tritt große Erſparung ein.)
Geſetzgebung und Rechtspflege.
V Einführung einer freten Verfaſſung für alle de ut ſchen Lande
auf deutfchen Grundlagen ruhend, mit Beibehaltung des Beſten was


Einrichtungen aufzuweiſen haben.


“ 33 Thunlidfe Beſeiti ung römiſchen Rechts und Einführung eines all gemer
* — — in Civil— Preß⸗ und Criminal-

— — —— *

— —— Trennung der Juſtiz von der Verwaltung.














Polizeigeſetzbuch).

6) Handelsgeſetz uuͤd Gewicht. Wechſelrecht. \

7) ;?etb'w); und Schutz des Ackerbaues, der Induſtrie, der Gewerbe (Aſſo-
ziation). *

8) Poſtreform:
Briefporto ꝛe.

9) Regelung und Sicherung der Arbeit. Aſſoziation der Arbeiter, Armen-
gifege, durchgreifende Maßregeln gegen Verarmung. Beſchräukung des
Kapitalwuchers. —

10) Aufpebung aller indirekten Steuern. Dagegen: ; -

11) %iurübruug allgemeiner und progreſſiver Einkommens⸗ und Vermögens-

euer. 2
NB. Die Staats⸗ und Privatbeſoldungen, Zivilliſten, das Einkommen
der Künftler, Hewerbe; und Handelsteute , der Arbeiter, das Einz -
kommen aus Grundbeſitz, odne alle Ausnahme, wird verſteuert,
(Mobilien ſteuerfrei.) —

12) Oeffentliche Erziehung aller Staatsbürger. Es iſt gleichguͤltig, welcher
Religionsform der Bürger anhängt; nicht gleichgültig iſt es, wie
der Meuſch erzogen wird! Die Kinder werden Staatsbürger, und weil
die jetzige Erziehung unzweckmäßig, ſo hat die Staatsregierung die Pflicht,
mehr für die Erziehung als für den Glauben der Bürger zu forgen.
Darum öffentliche Erziehung wo auf Grundlage der Geſchichte und Era

_ fennens dex Natur alle andere Wiſſenszweige gelehrt werden.

13) Volksbewaffnung. Möglichſte Verminderuug des fleheadeu —— —

14) Wahrung der Volksinlereſſen nach Auffen. Schutz der Deutſchen in
fremden Ländern. Koloniſation. Schutz der Ausgewanderten,

15) Aufhehung des bisherigen unzwedmäßigen Zweifammerfyftems, Eine
Volkskammer herathe die Landesangelegenheiten und bringe die Bedürf-
nıffe der Provinzen zur Kenntniß und Beſchlußnahme des Parlaments.

16) Gleiche Berechtigung aller Religionsparteieu.
Dos waäͤren nach unſerer unvorhreiflichen Meinung (vor der Hand) die

Obliegenheiten des deuiſchen Parlaments.

Deutſchland.

55. Mannheim, 17. März. In Bezug auf die Kammerverhandlungen,
betreffend den Ankauf der Gewehre, fragen wir: ob die vom Zollverein ange-
botenen 60,000 Stück etwa preußiſche ſind und wollen im Falle der Be-
jahung daxauf aufmerkſam machen, daß die Waffenkommiſſionen der ſtehenden

5) Perſönliche Sicherheit — Corpusaete.) Oeffentliche Sicherheit

Aufhebung des Taxiſchen Monovols, Herabfezung des

*


namentlich in Preußen auch noch voͤllig ſchießfaͤhige Gewehre ausgemuftert wers
den, ſobald dieſelben erwieſenermaßen die Kugel nicht in gehoͤriger Rich-
tung forttragen. Es dürſte a ſozwecmäßig erachtet werden, daß eine waf-
fenkundige Kommiſſion den Einkauf beſorgt, oder daß man nicht ohne die gehö-
rige Garantie der Brauchbarken zum Aufauf der Mueketen ſchreitet.

** Der preußiſche „Vereinigte Landtag“ iſt auf den 27. April nach
Berlin berufen; er wird hoffentkich alobald erkennen, daß er nicht die gefor-
derte Bolksvertretung buͤdet und nach Feſtſtellung der freieſten Grundlage
einer ſolchen und des erforderlichen Wahlmodus ſeine Sendung als beendigt
anſehen. Die betr. königliche Kabietsordre werden wir morgen bringen.

** In Erfurt wurde am 14 Adends die Wohnung des durch die Miß-


befannten Regierungsrath von CEhrenberg demolirt, Das Militar fchrilt ein;z
ſchwer Berwundungen fielen vor; das Bolk ift äußerft erbittert .

* Dr Dronfe ift ſeiner Haft auf der Euavelle {n Wefel darch Lıft
unter ener Schaar Kriegsreſerviſien entkommenz ſie fangen zuſammen eb
din ein Vreuße?. —

‚ * Der Gemeinderath zu Koin bat eine Ubreffe an den König burch
eine Deputation gefidt, worunter Dr. Claufen, D’Efter, Kaycaur, Kupp e
. 2 Un Aien haben eiwa 2000 Studirende eine Adreife um ufdedung
der Cenſur 236, an den Kaifer gerichtet und durch die Profeſſoren His und


** Hm 14. März Abends fanden ahbermals btutkge Auftritte {n Bera
lin ſtatt. Der Köntg hat ſich nach Potsdam zurückgezogen; die Königin und
die ſie begleitende Leibgarde wurde mit Spott und Geſchrei verfolgt. N

*Bei Halle ſind 30,000 Mann Preußen verfammelt, wie man verſi-
chert, um dem „lonſtitutionellen Sachſenkönige“ im (Nothfalle“ () gegen die
pttitionirenden gutmüthigen Bürger des Landes Beiſtand zu leiſten.

In Schwarzburg Sondershauſen, Altenburg, Lippe, Sa
ſen Meiningen, Hittesheim 3, ſind gleichfalls Petitionen, nach Art der
Forderungen des Bolte“, zu Stande gefommen und Zuſicherungen erfolgt.

** Die 3000 Mann Oeſterreicher, welche naͤch Uın durchbrechen wollten,
waren, nach den Berichten der A. A, Z., durch Las würtembergifche Ka
binet vom Wiener verlangt worden; die theilweiſe Kabinetsänderung und ins-
beſondere die Entſchloffenheit des Voltes, das in Tettnang bereits zum Auf-
ſtand kam, verhinderte es Der würtemb. Staatsminiſter d. Beroldingen und
Andere werden „ſpringen“ müſſen.

Vom See, 15. Maͤrz. Die Stimmung im Seekreis wird täglich auf-
geregter. Die Nachricht daß von Carlsruhe Artillerie in den Seefreis gelegt
werden ſoll, und daß Markaraf Mar in Bregenz warte, um mil dem zum
Theil dort liegenden öſterreichiſchen Infauterieregunent „Großherzog von Ba-
dena einzumarſchiren, hat aufs aͤußerſte erbittert, da bisher im Seefreis auch
nicht die mindeſte Ruheſtorung vorkam, und derfelbe mit Recht auf diefes fein
Verhalten ſtolz war. Möge man die ruhige aber auf das außerſte entfchlofe
ſene Bevoͤlkerung des Seekreiſes, und des öſtlichen Schwarzwaldes uicht unvodra
ſichtig reizen. Die dolgen fönnren unberechenhar, werden. Die Volksbewaff-
nung, an der Alt und Jung Theil nimmt, ſchreitet aufs raſchſte vorwaͤrts;

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