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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 2 – No. 31 (2. Januar – 31. Januar)
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Kein offentliches Blaͤtt liefert die Verhandlungen des


der mit der täglich erſcheinenden

Maunheimer Abendzeitung
und den „Kheiniſchen Blättern“ in beſondern,
geſtatteten Beilagen gratis ausgegebene
„Landtagsbericht?.

Wir erinnern hieran ausdrücklich, da ſo eben die vom Abg.
Mathy bisher herausgegebene „Landtagszeitung“ mit ihrer
letzten Nummer ihr Aufhören angekündigt hat.

Die „Mannheimer Abendzeitung“ mit ihren Unterhaltungsblät-
tern und dem Landtagsbericht“ koſtet halbjährlich in Mann-
heim 2 fl 48 fr., in ganz Baden fünf Gulden, wozu außer-
halb des Großherzogthums noch ein Poſtaufſchlag kommt.

L Da der Abonnementspreis der aufhörenden „Landtags-
zeitung? wieder herausbezahlt werden ſoll, ſo iſt zu dieſer hexauszu-
gebenden Summe außerhalb Mannheim die kleine Summe von
dreißig Kreuzern weiter zu zahlen, um das vollſtändige halb-
jährige Abonnement auf die Abendzeitung? mit ihrem „Land-
tagsberichte zu erhalten. *

Wir bitten um baldige Beſtellung.

Mannheim, 15. Januar 1848.

ſchön aus-



Deut ſchland.
A ug Aus dem 22. Aemterwahtbezirk Badens. In mehreren kon-
ſtitutionellea Staaten iſt es gebräuchlich, daß jeder Waͤhlkandibat den Urwaͤh—
ſern vor der Wahl ſein Glaubensbekenntniß öffentlich ablegt.
; Dieſer Grundſatz hat auch in Baden ſchon theilweije Eingang gefunden.
Wenigſtens haben ſchon da und dort, volksthümliche Maͤnner, ibren Wäh-
lern auseinandergeſetzt, von welchem Standpunkte aus ſie das Mandat als
Abgeordnete auffaſſen, und in welcher Richtung ihr Wirken in der Kammer
erfolgen werde.
tritt der landſtändachen Verſammlungen, ihre Wahlmäuner um ſich verſammelt,










tyeils um die Wünſche und Forderungen kennen zu lernen, deren Verwirkli-
chung die Bewohner des Bezitks oder des Landes wünſchen.
Schon hieraus, und aus dem weitern Umſtande, daß die Stelle eines
Wahlmanns ſo gut S Jahre dauert, als die Stelle des Deputirten, geht un-
zweideutig hervor, daß das Amt eines Wablmanns mit dem Att der Wahl
des Abgeordneten nicht beendigt iſt, daß es vielmehr ſo gut in der Befugniß
Als in der Pflicht der Wahlmänner liegt, im Laufe der parlamentariſchen
Verhandlungen darauf zu ſehen, ob der durch ſie gewählte Deputirte auch
ſeine Pflicht und Schuldigkeit ſowohl für des Landes Allgemeines, als unter
Umſtaͤnden ſeines Bezirkes Wohl erfülle, oder nicht.
* Wir haben es leider in neuerer Zeit erleben müſſen, daß mehrere Ab-
geordnete, welche als Freunde des eniſchiedenen Fortſchritts gewählt worden
woaren, mit ihren frühern Freunden voͤllig gedrochen, ſich von der linken zur
rechten Seite hingeneigt, um theils mit Letzteren zu ſtimmen, theils mit dem
Miniſterium zu liebaugeln. — — —
Die rechte Seite kennen wir als die der Büreaukratie, und theilweiſe des
Ultramontanismus — das Miniſterium ungeachtet ſeines freiſinnigen Namens,
nicht als freiſinnig.




Der Abfall mehrerer bürgerlichen Abgeordneten im engern Sinn, iſt im
Ganzeu nicht zu beklagen, indem ſich jetzt die Oppoſition unbeengt bewegen
kann/ während ſie ſich früher durch die Aengſtlichkeit und Zweifelſucht der ſo-
genannten Mäßigkeitspartei, allenthalben gebunden ſah.

Alein zu beklagen iſt, daß ſich das Volk in ſeinen Vertretern getäuſcht
ſieht. Dieſes hat ſehr wohl eingeſehen, daß an eine Gewährleiſtung, der,
jowohl in der Bundesakte, als in der badiſchen Verfaſſungsurkunde iym zu-


muͤihig und behaͤrrlich Alles das fordern, was dem Volke vertragsmäßig ver-
heihen iſt, und daß eine Halbheit der Volksabgeordneten der guten Sache
mehr ſchadet als nützt. K
Die Belege hiefuͤr liegen in den Ereigniſſen unſerer Zeit. — — —
Aus Ddem Badiſchen, 14. Jan. Obgleich in der öfters erwähnten
Mannheimer Pfartangelegenbeit die Entſcheidung des Miniſteriums ſchon längſt
erfoigt, und daͤdurch das Wahlrecht der Gemeinde gyerkannt (??) worden in,
ſo iſ voch dis jetzt derfelben keine Mittheilung der Miniſterialentſchließung ge-
worden, und auf die deßfallſige, von einigen Kammermitgliedern an den Diree-
or Bohme gerichtete Frage gab dieſer zusweichende Antwort. Der Grund
ſoll darin liegen, daß der evaͤngelilche Ooerkirchenrath nun ſelbſt den Reeurs
an das großh. Staateminifterium ergriffen hat, und ihn nöthigenfallg in das
Cabinet fortſetzen will. Fur die Gemeinde hat dies den Vortheil, daß ihr
Wahlrecht von allen Seiten anerkannt werden muß, aber die Publifation jener
— Enifheidung darf ſie trotz des Conſiſtorialrecurſes jetzt ſchon mit Recht fordern,
denn da der Oberkirchenrath die Beſchränkung des Wahlrechts als ein ihm


— f9o ift wohl ausgemacht, daß eine Partei der andern die für beide ergangenen
— Yrtheile nicht vorenthalten darf. ; ;
2 81+* Fraukfurt, 15. Januar. In unſrer freien Reicheſtadt wo das Le-
pen und Treiben kaum aus feinem alten gewohnten Schlendrian herauszutre-
































































ten in Stande iſt, folgt ſeit einiger Zeit ein Ereigniz auf das andre, welches
eine Aufregung in allen verſchiedenen Kreiſen hervorbringt. Noch hal ſich die
Handelswelt von ibrem Schrecken nicht erholt, den die verſchiedenen Fallimente
veranlaßten; ſo wird auch der Spießbürger aus ſeinem freireichsftädtijchen
Schlafe geweckt und belommt einen Spiegel vorgehalten, worin er mit ureNDds
lichem Erſtaunen, und ſeinen ſchlaftrunknen Augen kaum trauend — ſehen
muß, wie es ſich eigentlich mit ſeiner freircichsſtädtiſchen Freiheit verhaͤlt.
Nachdem erſt fürzlich in den beiden Heſſen ein Kreuzzug gegen die Turner
begann, iſt man auch hier auf unſerm ſogenanuten freien Boden dieſem erhaba
nen Beiſpiele gefolgt und hat die hieſige Gemeinde erwachſner Turner aufgelößt
— nein nicht aufgelößt, ſondern auseinander gejagt. In Kurheſſen hat man
aber dennoch den aufgelößten Turngemeinden eine letzte Verſammlung zur Bes
kanntmachnng des Verbots und zur Ordnung der Oemeindeangelegenheiten , be-
willigt; wer aber glaubt, daß man vielleicht hier toleranter verfuhr, der iſt ge-
waltig auf dem Holzweg. —
Heute wurde dem Vorſtande von dem Polizeiamte der Senatsbeſchtuß er-
offnet mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß durchaus keine Zufammenkunft der
Btitglieder mehr Statt finden, daß keiner derſelben auch nicht einzeln den Turn-
plag noch betreten dürfe und daß jeder fernere Beſuch deſſelben für denjenigen,
welcher das vierzehnte Jahr zuruͤckgelegt hat, unterſagt ſei. Eine Abſchrift des
Dekrets wurde auch auf Verlangen nicht verabfolgt; man bedeutete dem Vor-
ſtand, daß er und die Gemeinde ſeit dieſem Augenblick nicht mehr beſtehe und
man geneigt ſei dieſe Abſchrift einem Mitgliede dieſes Vereins privatim zu
überlaſſen. 2 4 —
Wenn man auch hie und da fürchtete, das ſich ſeit einigen Tagen verbrei-
tete Gerücht von einer bevorſteheuben Auflößung, moͤchte nicht ohne Grund ſein,
ſo hatte aber doch gewiß kein Menſch an eine Auflößung in dieſer Art gedacht,

muͤſſen. Der Schlag trifft die hieſige Turngemeinde um ſo em:
pfindlicher, da ſie die Ueberzeugung hat, zu einem ſolchen Verfahren gegen ſie keine
Veranlaſſung gegeben zu haben und ſich überhaupt durch Fleiß auf dem Turn-
platze, Ruhe und Ordnung In ihren Gemeuideverfamuilungen ſtets rühmlich 4
nete, und wenn man im aͤllgemeinen die Turnvereine von gewiſſen Seiten der Theil®
nahme an politiſchen Umtrieben beſchuldigt, ſo wird derjenige, welcher den Geiſt
der bieſigen Gemeinde genau fennt, ſolche Tendenzen am wenigſten bei ihr ge-

Eine ganze Gemeinde aber, wegen ſogenanuten politiſchen Vergehen?) Ein-

ende Ungerechtigkeit. Wenn ſich Jemand gegen das Geſetz vergeht, ſo ſirafe
man ihn nach dem Geſege. Einen Staatebuͤrger, der zufällig Mitaglied eines
Geſang⸗, Turn- oder ſonſtigen Vereins iſt, fann man nicht wegen irgend einem -
Vergehen als Sänger oder Turner vor Gericht ziehn, ſondern in ſeiner Eigen-
ſchaft als Staatsbürger. Nur wenn ein Verein als folcher und in ſeiner Eie

dieſes aber dennoch und ſtraft man vollends ohne Unterſuchung, ſo iſt es ge-
gen das Geſetz und eine Gewaltmaßregel. Uebrigens weiß man, auf welche Ver-

des Fortſchritts hat, geführt werden; bedauerlich ım höchſten Grade aber iſt
die Bereitwilligkeit, mit welcher manche Regierungen, den leiſeſten Wünſchen
ſogar, einer gewiſſen Politik entgegen ſchnappen; welche Politik ihre Schlappe,
die ihre Reactionsbeſtrebungen in der Schweiz empfingen, nur ſchwer verdauen
kann. Die hieſige Turngemeinde ſteht unter dem Schutze des hieſigen Vereins
für körperliche Ausbildung, welcher erſt vor 2 Jahren einen neuen Turnplatz
für mehr alg 80,000 fl. einrichten ließ, und durch das Verbot nun jaͤhrlich zu
ſeinen zroßmüthigen Opfern noch einen Verluſt von beinah 2000 fl tragen
muß. Auf diefen Verein, welcher aus einer großen Anzahl Bürger aus den
hoͤhern Klaſſen beſteht, beruhen die Hoffuungen der hieſigen Turner und einer
nicht geringen Auzahl turnfreundlich geſinnter Bürger, daß derſelbe die ſchöne
Sache der koͤrperlichen Auebildung hier nicht untergehen läßt, und mit Ent-
ſchiedenheit und Feſtigkeit alle geſetzliche Mittel und Wege einfchlagen wild/ um das
Verbot rückgängig zu machen, oder aͤuch nur zu dem fernern Beſuch des hie-
ſigen Turnplatzes die Erlaubniß auszuwirken.

* Aus Kurheſſen, 10 Jan. Sie haben ohne Zweifel ſchon geleſen,
daß General-Major von Specht, Commankeur der erſten Infaͤnterie-
Brigade, ſeiner Nebenſtelle alg zweiter Commandant von Kaſſel, deren Emo-
lumente auf beinahe 800 Rthlr. geſchätzt werden, entbunden worden iſt. Ich
haͤbe jetzt das Vergnügen, Ihnen zuͤ melden, daß er geſtern dieſe Nebenſtelle
wiedererhalten hat. Wenn man ihren Verluſt der Ungnaͤde zuſchreiben durfte,
die er ſich wegen ſeiner Theilnahme an dem hochherzigen Schritte des Officier-
Corps am 6. Dez. zugezogen, ſo wird es auch erlaubt ſein, ihre Wiedererlan-
gung dem Eindrucke zuzuſchreiben, den die in Folge jenes Zeichens der Ungnade
unter dem Militär hervorgerufene unverkennbar erbitterte Stimmung höchſten
Orts machte. Dieſe Erbitterung iſt indeſſen noch keineswegs beſeitigt. Denn
zu gleicher Zeit mit Herrn von Specht traf drei Offiziere vom RNegiment —

zwei von ihnen, ſehr gebildete und noch rüſtige Männer, die nie außerhalb

die Invaliden und der dritte nach Fulda verſetzt wurde. Man hofft jedod,
daß es auch in Rückſicht auf ſie beim Alten bleiben werde. — 2— —
X SHersfeld, 16. Jan. An 15. und 19. Dec. v. Yı wurde hier der
Kurfürſt auf ſeiner Reiſe nach Hanau und zurück mit vielem Gepränge und
Jubel empfangen. Wir haben als gutconftitutionell gefiunt natürlih .
fichts gegen ſoͤlche Huldigungen einzuwenden, vorausgefeßt, daß fie ſich von
Kriechcrei fern haͤlten. Wenn man aber das Eine thut, muß man das Andre
nicht unterlaſſen; man muß nicht dem Staatsoberhaupte huldigen und dabet.
des Staatsgrundgeſetzes vergeſſen. Mit Bedauern müſſen wir es fagen, daß












 
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