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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 61 - No. 90 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0275

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9, März.



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Auf die „Mannheimer Abendzeitung-
noch täglich abonnirt werden; die











48 fr., durch die Poſt bezogen in * Baden
ag

riefe und Gelder: frei einzuſenden.














— — — — —













ſammt „Nheiniſchen Blättern“ und „Landtagsbericht⸗⸗ kann




— * Der Augenblick.
”” Die neue peliiſche Gefaltung Deutfylands foll erfehen — ſie ſtützt ſich
auf die Freiheit der Nation — fie wird deren Geiſt bekunden und Zeugniß
geben von dem Adel ihrer Natur.
Itt dieſes Weſen edel und groß, ſo müſſen die Formen ihrer Verfaſſung
klar und einfach ſein — wie ſie den Schein knechtiſcher Geſinnung nicht dulden
wird, ſo dürfen die Formen ihrer Verfaſſung keinen Namen bieten für einen
Feind der Freiheit. \
Die Würde der Nation findet aber nur Anerkennung wo ſie allein dem
Weſen und der Form nach die Trägerin derz Souveraenität {ft], wo ſie Alles
ſich beyerrſcht und die Trager ihrer Mandate ihr unbedingt veraͤntwortlich ſind.
Auf eine ſolche Verfaſſung verweiſen uns die Vernunft und die Ge-
chichte: x
Undenkbar iſts, daß ein Volk mit freiem Willen die Herrſchaft über ſich
ſelbſt verſchenke, ſich Fittionen dilde, um den einfachen Gang ſeines Organis-
mus zu hemmen und zu ſtören. 7

Und die Kraft unſeres deutſchen Vaterlandes beſtand nur ſo lange in
Macht nach außen und freiheitlicher Entwickelung nach innen, als e& ffeine
Herrſcher ſich wählte und fie vor ſeinen Richterſiuhl berufen konnte.

Deutſchland iſt bei dieſem Ziele angekommen, es veriangt ein Parlament,
worin die Abgeordneten aller Länder ſitzen, welches die oberfie Gewaͤlt des Ge-
ſammiſtaates bildet. *

Dieſes Parlament vereinigt die Erfüllung zweier Wünſche, welche zur
Größe der Nation gleich un erlaͤßlich ſind: Freiheit und Einheit.


Fragen ihre Erledigung finden, welche die Begründung und Sicherung der jje-


tungen — als
Freiheit der Rede und Freiheit der Preſſe.
Geſchwornengericht.
Oeffentliches Gerichtsweſen.
Verantwortlichkeit ſämmtlicher Diener der Nation.
Sodann diejenigen Inſtitutionen, welche nothwendig ſind um die Sociale
Rrform zu bewirten, als:
einfacher Berwaltungsorganismus, ſo weit er die tief eingehenden ge-
meinſchaftlichen Juſtitutionen betrifft, Inſtitute zur Hebung des Wohl-
ſtandes, mögliche Sicherung vor Armuth durch Gewährunß der Arbeit,
Grundung umfaſſender Woh lthätigkeitsanſtalten.
Sie werden ſie aber nur auein durch das Parlament finden; dies iſt
das unerlaͤhliche Deittel. — Dies iſt diejenige Eincichtung, auf welche die Na-
tion alles Gewicht legen, die ſie mit aller Macht, aller Energie, aͤllem Nach-
druck erſtreben muß.
Die Stellung dieſes Parlamentes iſt klar —
Erlaͤuterung desſelben ebenſowenig, als einer weiteren Ausfuͤhruͤng ſeiner
Nothwendigkeit. * } |
Es erhebt ſich aber eine weitere, eine wichtige Frage, eine Frage, deren
Beantwortung einen großen Theil der deutſchen Buͤrger mit Bangigkeit er-
wartet — bedarf es der entfernung der Fürſten — um das Parlament zu er«
laugen, bedarf es aller der Folgen einer Revolution, welche mit der Enifer-
nung verbunden gedacht werden! Wir antworten: 44
Die Nation verlangt nicht den plötzlichen Umſturz des Beſtehenden, ſie
verlangt die volle Moͤglichket einer friedlichen Fortentwickelung; geſtehen dies
die, Furſten zu/ ſo werden ſie ihren Kronen einen Schmuck erwerben, der ſie
läßt in der Geſchichte; den Schmuck, in Waͤhrheit ebrenhaft




Verhältniſſe vermeiden, ſie müſſen noch weiter die Möglichkeit ſchaffen, ohne
alle Hemmniſſe des Verkehres die wichtigſte Reform zu vollenden, und ſich
ſelbſt eine freiere Stellung ſichern, als es geſchehen kann, wenn ſie uur eitiem


ſchwören, deren Ende ſie nicht zu berechnen vermoͤgen, deren Gaͤng ſich viel-
leicht nicht mehr durch die Beſonnenheit lenken läßt!

Der Eruſt der vergangenen Tage mag die Fürſten überzeugt haben, daß
die Nation feſtbeharrlich iſt, mögen ſie nicht dem Volke durch ihr Zaudern


Weg zur Einheit und Freiheit nur über die umgeſtürtzten Throue geht.
Ein doppeltes Gewicht hat aber die Zeit fur die kleinen Fürſten; ſtrauben
ſie ſich gegen die Gewährung aller Forderungen, verbinden ſich die Völker


b die größeren Mächte nicht die Einheit

die Frage iſt ſehr ſchwankend
De inne als bisher auf Koſten der kleinen Mächte

Deulſchlaͤnds in umfaſſenderen
herbetzuführen ſich beſtreben.
Der Tage ſind nicht mehr viele, welche dem Bedenken gegeben ſind; bins
nen kuͤrzem wird man die Forderungen zum letzten Male an ſie richten; die





Friſt benügen; verbinden ſich die Fürſten nicht mit dem Volle, dann ſind ſie
gegen Voͤt. —








Deutſchland. ——

** Mannheim, 5. März. Ungarn ſoll ſich unabhängig von
Oeſterreich und zur Nepublik erflärt haben. Diefes feit geſtern Abend
bier verbreitete Gerüdt, foll eine Beſtätigung in einem Briefe finden, wel-
&en Gehr. Raih M, in Heidelberg erhalten habe, 2* Jtalien
feblen Briefe und Zeitungsnachrichten. Die politiſcheu Flüchtlinge Louis Phis
tipp und Guizot ſind am 4, März in London angelommen. *

() NRueiupfalz, 5. März. Die glorreiche That des franzöſſſchen Vol-
kes, waͤches in wenig Tagen das Truggebäude ſeines Tyrannen ſtürzte, hat
; ganz Deutſchlaud elekitiſirt. Allüberall iſt das Volk erwacht und fordert ſeine

unveräußerlichen Rechte zurück, die theils Gewalt, theils Trug und Hinterliſt
ihm ſeit Jahrhunderten entzogen hat. Wie kommt es, daß nar bei uns in der
Pfalz, an den Grenzmarken Frantreichs, Alles wie im tiefſten Schlaf hegraben
ſcheint? Sind etwa die Fruͤchte baͤteriſcher Herrſchaft ſo ſüß, daß die von
Frankreich ausgegangene Mahnung an uns ſpuͤrlos vorüherging? Moge ſich
Niemand hierüber täuſchen, es iſt keineswegs Zufriedenheit mit haieriſchem Re-
gimente, es iſt der Ernſt des Augenblicks, die Ueberzeugung, daß die Zeit der
Bitten vorüber und die Zeit der Handlung gekommen iſt, was die einem Sturm
vorangehende Stille hervorgerufen.
Noch iſt es vielleicht möglich, daß dieſer Sturm gefahrlos vorübergeht,
aber ſoll er verhütet werden, ſo muß die Regierung aus eigenem Antrieb —
denn bitten werden wir nicht mehr — die vollſtändigſten Konzeſſionen machen.

Wir wollen Preßfreiheit ohne Zenſur, Nachzenfur, Poſtverbote und allen

ſolchen Plunder kindiſcher Vormundſchaft. D
Wir wollen ein freies Gemeindeweſen, nach dem Muſter des badiſchen.
Wir wollen Religionsfreiheit im vollſten Maße — nicht daß Roͤmlinge

und Mucker das Regiment führen und Deutſchkatholiken aus Staatsraͤths Koͤl⸗

legien verdrängen.

— 2ır wollen eine wahrhafte Volksrepräſentation, dann freie Wahl ohne will-

kürlichen Ausſchtuß von Männern des Vertrauens. *

Wir wollen Volksbewaffnung, kein dem Abiolutismus unterthaͤniges Mi-
litär, darum fort mit dem ſtehenden Heere der Soldaten, fort mit den in Ka-
denenſchulen gebildeten Offizieren. ; *

Wir wollen Deutſche ſein, darum fort mit den Zeichen des Sonderlandes
und als Symbol der Einigkeit die ſchwarz roth goldene Fahne aufgeſteckt; ein
deutſches Parlament errichtet und dafür Sorge getragen, daß in allen deutſchen

Staaten die Rechte des Volkes gleichmäßig zur Anerkennung gelangen.

Wir wollen frei ſein in jeder Beziehuug, darum auch fort mit den laͤcher-
lichen Formen veralteten Kanzleiſtyls. Klingt es doch wie Hohn, wenn freie
Vaunex ſprechen: „Allerduxchlauchtigſter König, Groͤßmaͤchuͤgſtel König und
Herr, es erſtirbt in tieffter Eyrfurcht Ew. königlichen Majeſtät allerunterthaͤnig-
ſter, treugehorſamſter Diener.“ —

Eine niederträchtige Form gewöhnt gar leicht auch eine nieder? Geſinnung/
darum nochmals, fort mit ſolcher Form. ** *
Wir ſind das Hrenzland der franzöſiſchen Republik, unſere Vaͤter waren
Republikaner, wir lieben die Freiheit und wollen ſie, aber wir ſind auch von
ganzem Herzen Deutſche; mögen daher unſere Brüder auf dem rechten Ufer





Ufer vergeſſen,
Aglagen. . ! 2
‚ = Garlöpuhe, 7, Marz. „Allen Sündern folt vergeben, und
bıg Dolte nıcht mehr. ſein!“ — Daf in den denkwürdigen Tagen, wo in
anſerer Kammer das Programm der Reform nicht für Baden allein, foudern für
das ganze Deutſchland berathen und beſchloſſen wurde, durch die Schuld Einzel
ner ein Mißton in den Enthuſiasmus des Tages kam und daß mit den unfere
Stadt Beſuchenden, unſere Brüder aus Nah aus Fern, eine Miß ſtiminung mit
nach Hauſe nahmen, hervorgerufen durch die Phiſiognomie der Stadt, wie e die
Stadt damals fanden, Mt eine Thatfache, die geradẽ der Carksruher, dem die frei»
heitliche Entwickelung ſeiner Vaterſtadt am Herzen liegt, am wenigſten Leugnen
wird, Eben ſo ſehr ift es aber auch ſeine Pflicht, zumal wenn das brüderliche
Verhaͤltniß zu andern Gemeinden davon abhängt, diejenigen, welche ſich nur aͤn
vorgekommenenen beklagenswerthen Exſcheinungen halten, ohne nach ihrem Grunde
zu fragen, auf dieſen hinzuweiſen. Daß aber an jenem Tage die Haltung Carls-
ruhe’$ gerade diejenige war, welche bei Bielen Mißſtimmung hervorrief, kain haupt-
ſächlich gaher, daß durch Gerüchte von allen Seiten, über das Herumziehen die
biſcher Banden verdächtiger, aus dem Elſaß hexübergeſpülten gauueriſchen Indivi-
duen 2e. — Gerüchte, die in der thatſächlichen Verhaftung von mehr alg 50 Per-
ſonen, worunter mehrere der Brandſtiftung verdächtig, ihre Beſtatigung gefunden
haben — daß durch ſolche die ganze Einwohnexſchaft nicht wenig einge-
ſchüchtert war und es für ihre erſte Pflicht hielt, zum Schutz des Eigenthums
und der Familien dem Anfgebot der ſich orgaͤniſirenden Bürgerwache Folge zu
leiſten. Unter dieſen Umftänden wird es jeder ruhig Denkende, der ſich nicht blos
dem Eindruck des Augenblik® hingibt, wenn auch nicht ganz entfhuldigt, Doch
mindeſtens entſchuldbar finden, wenn man nicht an Empfang 20 der anfommenden
befreundeten Gemeinden und ihrer Deputationen dachte, fonderu dieſelben ſich felbſt
überließ, — ja ſogar — da man nicht wußte, ob nicht gerade ſolche durchs Ge-
rücht bezeichnete verdächtige Zudividuen dieſes Zuſtröinen der Beſucher benützend,
ſich ihnen uutermifcht, in die Stadt ſchlichen, ſtaͤlt einer ſorglos, dem höhern Hna
tereſſe des Tages ſich hegeiſtert hingebenden Haltung, mehr oder weniger die der
aufmexkſamen Zurückhaltung annahm. Daß damit nicht Alles entſchuldigt ver-
ſteht ſich von ſelbſt; wenn namentlich die Kokardengeſchichte wahr ift, was ich

ſondern vereinigt mit uns der Freiheit eine feſte Brüce





nicht weiß, ſo war es die Pflicht der freien Preſſe, diefes „Zopf- und Spießbuͤr⸗



gerthum“, eines oder das andere in ſeiner wirklich großarligen Bornirtheit.
Jämmerlichkeit und Armſeligkeit vor aller Weit an den Pranger zu ffellen
 
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