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Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 235 - No. 260 (1. Oktober - 31. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1015

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Deutſchland-

1


„Beobachtungscolps“ im bad. Oberlande aufgeſtellt bleiben, werden 1184 Mann
mit 59 Officieren, 352 Pferden und Geſchütz das Hauptquaxtier Freiburg
beſetzt halten; dieſe Mannſchaft beſteht aus Würtembergern und Badenern.


4000 Mann erhalten; zur Caſexnirung derſelben werden bereits neue Einrich-
tungen getroffen, deren Maß jedoch nicht ausreicht, die Bürger von unmittelbarer
Quaͤrtierlaſt frei zu halten. Nach Oberſchwaben kommen ebenfalls 12,000 Mann mit
dem Hauptquartier Memmingen, ebenfo 12,000 nach Sachſen mit Alten-
burg als Hauptquartier und 12,000 Mann nach Frankfurt und der Umgegend.

Carlsruhe, 1. Okt. -Oberrh. 3.) Der Vorſtand (?) des Miniſteriums
des Innern, Miniſterialrath Weizel, und die Mitglieder des Oberſtudienraths
haben ſchon mehrere Conferenzen über die Reform des Schulweſens gehabt.
7 Wichtigſte iſt und bleibt eben die Sache der Volksſchulen, die unter der
Leitung der beiven Kirchenräthe und der Geiſtlichen am alten Schlepptau des
geiſttödtenden Mechanismus forigezogen wurden und einer totalen Umgeſtaltung
in Lehrbücherg Methode und Uuͤterlichtsgegenſtänden bedürfen. Schon bei dem
Eintritt des Miniſteriums hatte man gehofft, daß hierin etwas von Belang
geſchehe, aber nicht einmal die Confeſſiobnsſchulen wurden in Gemeinſchulen um-
gewandelt, geſchweige für tüchtige aufgeflärte Volksſchullehrer geforgt, vielmehr
der alte Schlendrian ganz fortgefeßt; ſelbſt Dircktor Stern wuͤtt noch gerade
fort, wie wenn das Jahr 1848 nicht erſchienen wäre. Als neulich hier eine
Berathung wegen der Kleinkinderſchulen ſtattfand, wurde von hochgeſtellten pro-
teſtantiſchen Metiſten ſogar dex Antrag geſtellt, keine kathoͤlifche Lehrerin dabei
anzuſtellen. So wenig begreifen dieſe eſnhefleiſchten Frommen die Zeit, und die
nächſte Zukunft wird nun zeigex, was jene Conferenzen zu Tage fördern; von
einerlei politiſcher und religiöſer Geſinnung ſind wenigſtens die Theilnehmer

nicht.

- *1* Frankfurt, 5 Okt. Geheim-Rath Welcker, der Abgeordnete der
ſog. National-Verſammlung, der früher ein Amt als Voͤlksvertreter bekleidete,
waͤr bekanntlich von Schmerling-Heckſcher als Oiplomat nach Stockholm ge-
ſandt worden, um die Anerkennung der „Centralgewalt“ zu vermitteln. Herr
Welcker hat glücklich ſeine Sendung vollzogen und wird Ende dieſer Woche
zurückkehren. Er bringt uns ferner die intereſſanteſten Aufſchlüſſe über den
Eindruck, welchen die ſchmachvolle Genehmigung des Malmöer Waffenſtillſtands
in Schweden hervorgerufen.
hochſt erſtaunt über die Ratifikation, ſie vexhöhnten gleichſam die Anfänge der
Reichsdiplomatte und begriffen nicht, wie die „National-Verſammlung“ ſich an
dem königlichen Atte Preußens betheiligen und die Ehre und Unadhängigkeit
Deutſchlands preisgeben konnte. Herr Welcker kann uns zugleich Über - Die
Geſchicklichkeit und das Vertrauen Aufſchluß geben, womit die Centralgewalt
ihre eignen Agenten oder Vertreter &a la Gagern behandelt; Herr Welcker
wurde von ihr über die Unterhandlungen des Waffenſtillſtandes und ſeinen
Abſchluß in Nichts unterxichtet und kam ſo bis Lübeck, wo er das Geheimniß
von anderer Seite in Erfahrung brachte. Daß die damit vertrauͤten Hın.
Unterſtaatsſekretäre Baſſermann und Mathy dem“befreundeten „Staatsmauͤne“
gegenüber zu ſchweigen wußten, begreift, wer die Feinheit ihres „Charak-
ters“ tenntz er begreift auch, daß ſie es hauptſächlich waren, welche Herrn
Welckers Sendung nach Schweden veranlaßten, indem fie den Heren Reichs-
Miniftern einredeten, daß derſelbe hier ein Gewicht in die Wagſchaaͤle der Gegner
des Waffenſtillſtandes werfen und den Sturz des Miniſteriums befördern wuͤrde.
Man bemerkt bereits eine große Geſchäftigkeit, Herrn Welcker durch Freundlich-
keiten und exnſte Zurede zu bewegen, daß er nach ſeiner Hierherkunft die ſchick-
liche Schweigſamkeit beobochte; die -Ehre“ Deutſchlands erforvert dieß.

*Frankfuxrt, 5. Okt. In der heutigen Sitzung der Natioͤnal-Verſ.
wurde durch den Präſidenten ein Schreiben der Fraͤnkfuxter Gerichtsbehörde
verleſen, wodurch die Genehmigung der Natjonal-Verſammlung zur Verhaftung
der Abg. Zitz, Simon von Trier und Schlöffel beantragt wird.

Simon von Trier ſtimmte dem Vorſchlage des Präſidenten auf Ernennung
einer Commiſſion zur Prüfung der Vorlagen unter Hinzufügung des Erſuchens
bei, daß dieſer Kommiſſion die Befugniß des S. 24. der Geſchäfts-Ordnung er-
theilt werden möge, Betheiligte vorzufordern, ſowie fernere Zeugen zu verneh-
men oder vernehmen zu laſſeu.

Da die Unterſuchung bisher gänzlich einſeitig geführt und er von derſelben
noch gar Nichts erfahren habe, ſo könne möglicher Weiſe die Nothwendigkeit
der Vernehmung von Schutzzeugen eintreten, ſofern die Entſcheidnng der Na-
tionalverſammlung überhaupt einen unpartheiiſchen Werth haben ſolle.

Simon erklärte es alg eine wahre Wohlthat, hierdurch die Gelegen-
heit zu erhalten, jenen ſchimpfenden Bedientenſchwarm vor der ganzen Nation
bloß zu ſtellen, welcher während der letzten Wochen über ihn und ſeine Freunde
in Wort und Schrift mit allen Mitteln der Entſtellung, Lüge und Verläum-
dung hergefallen jei.

Wolle die Nationalverſammlung der Commiſſion nicht die Befugniſſe des
S. 24 der Geſchäfts Ordnung geben, wolle ſie einen blinden Griff nach einem
politiſchen Gegner thun, ſo appellire er an das Urtheil der Nation, werde
aber auch für dieſen Fall ſeinen Gegnern nicht aus dem Wege gehen. Die
Nationalverſammlung beſchloß die Erwählung einer Commiſſion mit den von
Simon beantragten Befugniſſen. ;

m Frankfurt, 5. Oktober. Die immer weiter um ſich greifende Reak-

tion hat es gewagt, mit kecker Hand zu einem frechen Streiche auszuholen, der

®


Appellationsgericht zu Frankfurt hat, höchſtwahrſcheinlich nicht aus eigenem An-
trieb, ſondern in Folgẽ ſtatigefundener Aufhetzungen, bei dem Reichsjuſtizmini-














ſterium nicht nur angefragt, ob das am 30. Septembex erlaffene Reichsgeſetz
über gerichtliche Verfölgung eines Abgeordneten auf die bereits früher eingelei-
tete Unterfuchung gegen Rob. Blum und J. S. Günther, als Redaktoren **
Reichstagszeitung, wegen des Jahalts von Po. 104, 105 und 106 Diefes
Blaites in Anwendung zu bringen, ſondern ſogar die Genehmigung ver Yas
tionalverſammlung nachzufuchen gewagt, die Abgeordneten Simon von Trier,
Zitz und Schlöffel zur Unterſuchung zu ziehen und zU verhefch Vicepräſident
Simfon, der den Vorſitz führte, ſchlug vor einem beſondern Ausſchuß zur! Be-
gutachtung dieſer beiden Angelegenheiten niederzuſetzen. Dieß eranlaßt eine
längere Debatte, Simon von Trier trat dem Vorſchlag des Vicepräſidenten
bei, verlangte abex für den zu wählenden Ausſchuß die in S. 24 der Geſchäfts-
ordnung naͤchgelaſſene Befugniß, Zeugen vorzufordern, zu vernehmen oder ver-
nehmen zu laffen. Eine Woͤhlthat werde es fur, ihn fein, nicht um ſich von
den wider ihn erhobenen Beſchuldigungen zu reinigen, ſondern auch Dem ganzen
ſchimpfenden Bedientenſchwarm In Deuͤtſchland, der ihn und andere Volksman-
ner mit Berläumdungen und Schmähungen bedeckt habe, vor Dden Augen des
ganzen deutſchen Volks zu Schanden zu machen. Nachdem Plathner und von
Vincke, um ſich das Vergnügen, ihre gefürchtetſten Hegner in gefängliche Haft
bringen zu laſſen, nicht Länger binauczuſchiebey
dieſek Befugniß erklärt, ja Erſterer auf Rießers Bemerkung, daß, in Holge eines
fruͤhern Befchluffes der Nationglverſammlung dieſelbe bereits allen Aueſchuſſen
beigelegt ſei, ſogar ſich zu dem Antrage hatte hinreißen laſſen, ſie ausnahmsweiſe
diefem Ausfchuffe zu entziehen, nahm Simon nochmals das Wort, um ſeine
Feinde drohend auf das Urtheil der ganzen Nation hinzuweiſen, wenn ſie einen
Flinden Griff nach einem ihrer politiſchen Gegner thun wollten; er für ſeine
Perſon werde ihnen keinen Schritt weichen. Dieß veranlaßte Schmidt aus Lö-
wenberg, den Plathner'ſchen Antrag zu unterſtützen, damit das Volk ſehe, was
e& an der Centralzewalt habe, die ohnmächtig nach außen, nach innen um
nichts beſſer ſei, alg der alte Bundestag, was ihm einen Ordnungsruf 84809
Nach einer längern Debatte wurde der Antrag des Vicepraͤſidenten genehmigt.
Der Antrag Plathners fand dagegen nur bei von Vincke, Unterftüßung, Da
braͤchte ein Antrag von Schmidt aus Löwenberg und Wisner, den Viceprä-
ſident erſt nach der Abſtimmung verlas, den in der Verſammlung geſammelten
Zündſtoff zu lichten Flammen.“ Sie beantragten, ſofort die Verhaftung der prei
Ibgeorduelen zu genehmigen, damit die Nationalverſammlung ſich dem Bolk in
ihrkm wahren Charakter zeige. Nachdem der Sturm von Beifall und Miß-
fallen, der dadurch hervorgerufen war, ſich einiger Maßen gelegt hHatte, betrat
Präſident von Gagern, vor Zorn ſchäumend, die Rednerbühne, um die Ver-
weiſung dieſes Antrages an einen Ausſchuß zu beantragen, der Maßregeln gegen
eine ſoͤlche,Frechheit“ vorſchlagen ſolle! Dieſes Woͤrt Frechhett aus [0
„edlem“ Munde ward, wie nicht anders zu erwarten , mit den lauteſten Zei-
chen einer empörten Entrüſtung aufgenommen, man hörte wiederholt den Ruf:
Unverſchämtheit, Nichtswürdigkeit und zur Ordnung. v. Gagern ſah ſich ge-
nöthigt, die Rednerbühne zu verlaſſen, worauf nach Wiederherſtellung der
Ruhe beantragt ward, ihn zur Ordnung zu rufen. — Das war Ddem nNeuen
Vicepräſidenten Simſon doch zu viel zugemuthet, er verweigerte den DrdnungsS-
ruf. Eine lange ſtürmiſche Debatte, in welcher Scheller zum großen Selächter
der Verſammlung an Ciceros: Wie lange willſt du, Catiling, unſere Geduld
mißbrauchen? erinnerte, trat darauf ein, bis ihr Schaffrath durch den An-
trag ein Ende machte, den Schmidt'ſchen Antrag ſowohl als den Ausdruck des
Präͤſidenten und die Weigerung des Vicepräſidenten, dieſen zur Ordnung zu
rufen, dem Ausſchuß für Geſchäftsordnung zuzuweiſen. Diefer Antrag wurde


bat) ſich noch hineinmiſchte, und heimtückiſcher Weiſe beantragte, den Schaff-
rath'ſchen Antrag getheilt zur Abſtimmung zu bringen, mit der Abänderung
angenömmen, daß man anſtatt des Ausſchuſſes für Geſchäftsordnung einen
befondern Ausſchuß für dieſe Angelegenheiten zu wählen beſchloß.

Darauf interpellirte Rösler aus Oels den Juſtizminiſter, oh er offizielle
Nachricht darüber habe, daß der Abgeordnete Mincus aus Schleſien verhaftet
worden ſei? ob er in dieſem Fall bereits in Gemäßheit des Geſetzes vom 30.
September Schritte zu deſſen Freigebung gethan, oder m entgegengeſetzten Fall
Erkundigungen eingezogen habe. Reichsjuſtizminiſter Mohl benüßte diefe vor-
treffliche Gelegenheit ſeiner Popularität nachzuhelfen, durch die geſcheidte Er-


rücht bekannt geworden, bei der preußiſchen Regierung Anfrage gethan.


—— — wurden:

5. 27. Jeder Unterthänigkeits- und Hörigeits-Verband hört für immer auf! Ohne

— 4— ſind aufgehoben : } 9 / f } '
2 ie Patrimoͤnial Gerichtsbarkeit, die grundherrliche Polizet ſo wie alle andere ete

nem Grundkück oder. einer Perſon zuflauͤdigen — 8

2 2. Die aus dieſen Rechten fließenden Befugniffe, Exemtionen und Abgaben jfever

3. Die aus dem guts⸗ und ſchutzherrlichen Ver ingenden perſoͤnlichen Ab-
gaben und Leiſtungen. — erbande entſpringenden perſönlichen A

Mit dieſen Rechten fallen auch die Gegenlet i
Befaßeten — D g — und Laſten weg, die dem bisher
$. 28. Alle Zehnten ſind auf Antrag des Belaſteten ablöshbar, die Norm der Ablo-
ſung beſtimmt die Geſetzgebung der einzelnen Staaten. — Alle übrigen unzweifelhaft auf
Gründ und Boden haftenden Abgaben und Leiſtungen ſind ablösbar ohne Ruͤckſicht auf die
Perſon und das Verhältniß des Verpflichteten oder Berechtigten, inſofern die Gefeßgebung
nicht die unentgeldliche Aufhebung der einen oder der andern begründet findet. Die nähe-
ren Beſtimmungen hierüber und über die Art der Ablöſung bleiben den Geſetzgebungen der
einzelnen Staaten überlaſſen. Es ſoll fortan kein Grundſtuͤck weder durch Gefeß, noch durch
Vertrag, noch durch einſeitige Verfügung mit einer unablösbaren Rente belaſtet werden
5.29. Die Jagdgerechtigkeit auf fremndem Grund und Soden die Jagddienſte, Jagde
frohnen und andere Leiſtungen zu Jagdzwecken ſind ohne Entſchädigung aufzuͤhebenn; Jedem
ſteht das Jagdrecht auf eigenem Grund und Boden zu. Oer Landes-Geſetzgebung f vor-
behalten zu beſtimmen, wie die Ausübung dieſes Rechts aus Gründen der öffentliche Sichere
heit zu ordnen iſt, 2— 2



 
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