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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 287 - No. 313 (1. Dezember - 31. Dezember)
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Der Kreisausſchuſ bad. Volksvereine zu Mannheim an die
Volksvereine in Baden.

Mitbürger! Die Laye des Vaterlandes fordert die Bürger auf, . das

energiſchſte zu einer Aenderung der Zuſtände beizutragen. — —

Die Reaktion greift mehk und mehr um ſich, und wird, —0

mit den Waffen den Reſt der Freiheit zu vernichten, D& Mechte des Rı
Boden zu treten. —

Die nächſten Tage ſchon können den Kampf des Volkes mit reaktionären
Fürſten zur Entſcheidung fahren. Bereits hat das Reichsminiſterium die
Theilung Deutſchlands als Grundſatz der Fürſtenpolitik proklamirt und die
Vationalverſammlung aufgefordert, diefem hochverrätheriſchen Beginnen ihre
Zuſtimmung zu ertheilen. * *

Bei dieſer Lage der Dinge fordern wir. Fuch auf: Z

1) Entſchiedene Schritte zur Seltensmachung des Rechtes der Bürge

bewaffnung zu thun; d. i. die Eiaführung der Bürgert

dem Geſetze zu verlangen. 5

2) Das willige Organ der reaktionären Politik unſerer Regierung —

die Kammern — entſchieden zu ihrer Auflöſung aufzufordern und

auf Berufung einer eonſtituirenden — verfaſſunggebenden — Ver-
ſammlung zu dringen.

Unſere Vereinsolganiſation wird Euch gecignete Mittel zur wirkſamen Agi-
tation in dieſer Beziehung geben.

; Ein offenes Senbſchreiben an die Nationalverſammlung bezüglich des mi-
niſteriellen Programmes vom 18. I M, werden wir Euͤch dieſer Tage zu-
ſenden.

Mannheim, den 22. Dezember 1848.



Für den Kreisausſchuß:
Der Präfident? Florian Mördes.
Deut{i O lanbd

LMannheim, 22. Dezembtr. Sicher wird es für die Republikaner
von Intereſſe ſein, Einiges über die gegenwärtige Lage Guſtav Struves


fortwährend — 2— — ſteht mit
handlung ſeiner Angelegenheit entgegen.
Minder erfreutch iſt, was ich Ihnen über die Behandlung, die ihm zu


Tag und Nacht in Ketten geſchmiedet, wovon er theilweiſe jetzt noch die Nar-
ben aufweiſen fann, mußte der an eine unermüdete Geiſtesthätigkeit gewöhnte
Strupe lange Zeit der Bücher und Schreibmaterialien gänzlich entbehren. Letz-


er noch in Bruchſal ſaß, erhalten, was aber ein preußiſcher Hauptmann zuͤ


für ihn unentbehrlichen Gegenſtände erlangen konnte. Aber auch jetzt noch un-
terliegt er darin der kleinlichſten Beſchränkung; er erhält nur 2 Bogen Papier
auf Einmal und erſt, wenn dieſe beſchrieben und obgeliefert ſind werden idm 2
Neue gereicht. Ein Federmeſſer erhält er nicht; mit dem Meſſer, womit er die
Kartoffeln ſchält, die ſeine tägliche Mittagskoſt ausmachen, muß er ſo gut es
gehen will ſeine Schreibfedern ſchneiden. Ueberhaupt ſcheint man ſcharfe oder
ſpitze Inſtrumente nicht gern in ſeinen Händen zu wiſſen; ſogar eine Scheere
zum Beſchneiden der Fußnägel hat man ihm verweigert. Auch wurde ihm ein
kleines Koͤfferchen, wolin er einige Kleidungsſtücke und etwas Weißzeug aufzu-
bewahren wünſchte, ohne Angabe eines Orundes abgefchlagen

Seine Dtät iſt, wenn möglich, noch etafacher als zuvor. Außer Kartof-
feln machen Aepfel, die er Morgens und Abends genießt, ſeine einzige Nah-
rung aus. Seine törperliche Gefundheit läßt nichts zu wünſchen übrig. Hei-
ter und muthig blickt er in die Zufunft, und hegt die ſichere Hoffnung, daß
die öffentiche Verhantlung ſeines Prozeßes der republikaniſchen Sache großen
Vorſchub leiſten werde! Allen guten Repablikanern entbietet er ſeinen Oruß. —

Heidelberg 10. Dezember (Der Volksbund in Heidelberg — Baron


forderung des Cetralvereins in Franffurt ſchneller zur Ausführung gebracht.
Schon am 8 Dezember wurde eine Verſammlung des hieſigen Turnvereins,
Volks⸗, Arbeitere und Handwerker-Vereius gehaͤlten und die von einem Aus-
ſchuſſe entworfenen Satzungen zur Berathung gebracht.

Der Rame „MärzeDerein“ wurde einſtimmig verworfen, weil das deut-
ſche Volk duͤrchals nicht mit Freude und Ehre an den letzten Monat März
ſich erinnern fonne;.e6 ſei eine größere Schmach für daffelbe, da e8 wie ein
Berauſchter einmal aufgeſchrieen und dann wieder in den alten Taumel verfallen
wäre. — Da hier die Berbindung mehrerer Vereine ſtattfand, ſo wurde der Name

ſten Linken in Franckfurt anzuſchlichen, weil man zu einem Verein, in welchem
völlige Eutſchiekenheit nicht oberfter Grundſetz ıft, kein Vertrauen baben kann.

Weun ir e.d eine Stadt in Ocutichland iſt, welche ſich der Maͤrztage mit
Entrüſtung erinnert, ſo iſt es gewiß Deivelberg, Hagn

Zur Zeit des Fuufziger⸗Aueſcuſſes, als %ünf;igerauäf’fb_pnz@omz_mfia?e in
das gelobte Baͤdiſche geſendet wurben, kam der Herr Präſident des weiland
SOr-Ausfchuffes, au chemals Vicepräſitent des Parlaments , abweſender ba-
Aſwher Lantiage-Abgeorbneter 2e., Baron . Soiron, in eigener %)erfpn nach
nachdem ſchon in der Fruͤhe ourch Mauerguſchläge zu 5 *
—— — die Aula eingeladen worden war. — Die Herren des Muſenm
n frierlich an vem Bahnhofe ab und brachten ihn, wie ein abgöttte

MD, im Triumphe in die Aula.







3

Wer hat noch nicht, beſonders Nachmittags, Soirows Stimme gehört?
Er ließ ſie kräftig erſchallen, wie eniſchieden der Fünfzigerausſchuß mit den
Herren Fürſten ſpräche und daß es nur einen Federſtrich koſten wuͤrde, einen
unfolgſamen Fürſten zu entſetzen. ;

Aber nun: Hört! Hört!

* „ Buürgen! — ——

„Sie müßten das ganze Parlament, ſobald es zuſammengetreten iſt, für
politiſche Stümper halten, wenn Sie glauben, daß daſſelbe alle Fürſten
in Deutſchland beibehalten würde. Nur menige werden bleiben; vielleicht
4, höchſtens 6. Mit dieſen wird es gehalten , wie mit einem Hausmie-
ther. — Gegenwärtig wird das Haus gebaut, alle Materialien ſind da-
zu beiſammen; iſt es fertig, ſo ſetzen wir einige Miether hinein; und ge-
fallen ſie uns auch nicht mehr, ſo wird ihnen vom Volk aufgekündigt.
Dann ſind wir Alle los!“ * e 2
Vor 3000 Menſchen ſprach Herr Baron v. Soiron dieſe Worte,/ und es
iſt nicht zu erwarten, daß er dieſes in Abrede ſtellen wird.
Wie hat aber dieſer Volksredner bei der Mediatiſirungsfrage ſich benom-
men? Hat er, ſeinem Worte gemäß, für Abſchaffung von Fürſten geſprochen
und geſtimmt?? — Wenn er das Gegentheil gethan hat, verdient er nur den
Namen Stümper???
Wir wollen jedoch noch bemerken, daß dieſe Rede allgemein mit Jubel auf-
genommen wurde, daß es am meiſten bewundert werden muß, wenn wir ſagen
können: Die Muſeumsherren hatten dieſe Worte ſo ſteif und feſt geglaubt, wie
der bei weitem größte Theil der Handwerker und Proletaxier. Die Letztern ſind
aber zu entſchuldigen, wenn ſie leichtgläubig waren, weil jeder Menſch gerne das
glaubt, was er von Herzen wünſcht. Dagegen die Erſtgenannten nur ſo leicht-
oͤläubig waren, weil der große Mann v. Soiron geſprochen hatte, Sie glaubten
es ſo feſt, daß ſie den freudig empfangenen allein laufen ließen und derſelbe nun
ſeine Zuflucht in der Harmonie ſuchte, von wo aus er auch begleitet wurde.

Dieſe Herrlichkeit iſt untergegangen. — Er ſoll es nochmalg magen als irgend
ein Kandidat aufzutreten? So wenig er ſeinen, ſchon in der Wiege mit parlamen-
tariſchem Geiſte belebten Buſenfreund Buhl durchzuſetzen im Stande war, eben
ſo wenig, oder noch viel weniger, ſoll er für ſeine Perſon daran denken.

* ; ; — (Neichstags.-3ig.)
Freiburg, 22. Dezbr. Der hieſige Gemeinderath hat ſich Fürzlid an
das Miniſterium gewendet und dasſelbe erſucht, für die Hebung der Univerſitaͤt
die gecignete Sorge zu tragen. Er bezeichnet dem Miniſterium die vorzüglich-
ſten Mängel, an denen die Univerſität leidet, und kommt dabei auch **
Wirkſamteit des Herrn Dr. Buß zu ſprechen, der bekanntlich auch auf feiner
legten Rundreiſe als katholiſcher Agitator an manchen Orten eine denkwürdige
Abfertigung gefunden hat. ® 3 — —
Wir köynen, — ſagt der Freiburger Gemeinderath — einen wahrhaf-
Lten Krebsſchaden nicht unerwähnt laſſen, der in der Wirkſamkeit des
„Hofraths Dr. Buß für die hieſige Univerſitaͤt liegt. Dieſem Manne,
„deſſen nur allzuvielſeitige Ausbildung wir zwar nicht widerſprechen/ ſind
„gerade die wichtigſten Zweige des öffentlichen Rechtes anvertraut, waͤh⸗
„rend derſelbe in- und außerhalb ſeinem Hörſaale, wie notoriſch iſt, in
„einem über alles Maaß gebenden ultramontanen, und nebſtdem bald voͤl⸗
„lig reaktionären, bald aber durchaus revolutionaͤren Sinne zu wirken, und
„insbeſondere die rohen, ungehildeten Maſſen gegen die vernünftige frei-
„heitliche Entwickelung des Völkerlebens mit ſeinen berüchtigten, waͤhren
„Kapuzinaden aufzuſtacheln ſucht. — Daß die akademiſche Jußzend , die
„gewiß ſtets vor Allen begeiſtert und erglüht iſt fur Wahrheil, Licht und
Kecht, ſich von einem ſeichen Manne, der ſich ſogar vor Jahreu nicht
„ſcheute, als er ſeinen Abfall von dex Sache der vernuͤnftigen Freiheit
nicht mehr läugnen konnte, in der badiſchen Kammer, alſe im Angeſicht
„ſeines Volkes, ja der ganzen deutſchen Nation, zu erklären: Er ſei Apo-
„ſtat geworden, mit tiefſter Entrüſtung abwendei, wird niemand beſtreiten
„können und wollen, und deſſen augenblickliche Entfernung von der ihm
„anvertrauten Lehrkanzel erſcheint ſowohl im Intereſſe der hieſigen Hoch-
„ſchule, ols des Unterrichtes überhaupt als eine dringende Nothwendigkeit.“

Armer Dr. Buß, das mußte dir widerfahren an dem Orte, an welchem
du den Samen deiner göttlichen Lehre ausſtreuteſt, an dem Orte, wo die katho-
liſche Univerſität und der Sitz des römiſchen Erzbiſchofs iſt. Tröſte dich, armier
Doktor Buß, du Märtyrer der katholiſchen Sache, du theilſt das Schickſal an-
derer großer Männer. Ein Prophet gilt nichts in ſeinem Vaterland.

Ueberlingen, 19. Dez. Oraufam iſt es für einen Familienvater,
Monate, Viertet ja Halbe- und Dreiviertehahre in Kerkerhaft zubringen zu
müßen, wie es bei ſo vielen unſerer republikaniſchen Bruͤder der Fall iſt graus
ſamer iſt es, wenn man bedenkt, daß dieſes lediglich nur Unterſuchungoͤhaft
iſt und eine Strafe immer nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegt; am
empörendſten aber iſt es, wenn man den Unterſuchungshaft lediglich durch Be-


aus geſchoben ſieht. Iſt es ſchon Pflicht des gewiſſenhaften Beamten, den
Staat baldmöglichſt wieder ſeiner Diätenlaſt von täglich 5 fl. und noch mehr
zu entheben, ſo iſt es aber doppelte Pflicht deſſelben all ſeine Thäuigkeit an-
zuwenden, wenn er wegen ſeinem Mangel an Dienſtfleiß und an Geſchaͤftoliebe
nicht nur den Staat allzulange belaſtet, ſondern auch zahlreiche Familien län-
ger als nöthig in Noth und Mangel, in Angſt und Sorge verſetzt hält. Die
Büreauſtunden ſind ohnehin bei überhäuften Geſchaͤfteu nicht zuxeichend, um
rechtzeitige Erledigung erhalten zu könnenz man ſollte daher glauben, daß hier
der Beamte ein übriges thäte, nicht aber, daß er dieſe kurze Arbeitezeit noch
um einige Stunden verkürze, dem Vergnügen nachgehe, waͤhrend die armen
Gefangenen Stunde um Stunde, Minute um Minute zählen, wann ſie der
Freiheũ wieder zuxück gegeben ſein können. Abex ein Buͤreaukrat hat kein
Perz; verlaͤngerie Diaͤten gepen uͤber den Nothſchrei von Frauen und Kindern


 
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