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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 126 - No. 153 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0639

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— —













— —
— Abonnement in Mannheim halblährlich 2 A, 48 kr., durch die Poft bezogen in ganz Baden 8*
1848. halblährlich 5 fl. im Ausland erhöht fich das Lvoͤnnenent um den Poſtaufſchlag. XN0. 9 7 2
Inſerate die gefpaltene Zeile in Petüfchrift oder deren Raum vier Kreuzer. — Briefe und Gelder: frei einzufenden.
— —















Sinlia





dung.




raubt in dem Zellengefängniß zu Bruchſal feſtgehalten wird,

Redakteur J. P Grohe noch immer ſeiner Freiheit be-
in dem Erſcheinen dieſer Blätter eintrete;



freiheit zur Wahrheit zu machen und die auf dem

die vom Volke geforderte unbedingte Preß-


*

die Bedeutung und Nützlichkeit dieſer Blätter zu exhöhen: dazu
Gang der Zeit und die uns gewordene
aber ſind befonders aufgefordert, uns dabei kräftigſt zu unterſtützen.
Man abonnirt in Mannheim bei der Expedition Lit E
Frankreich, Spanien und überſeeiſche Länder wendet man
Dame de Nazareth, Nr. 25, für England an Herrn Clhwer n,
Großherzogthums kommt ein weiterer Poſt-Aufſchlag hinzu.
Ermäßiguug des Abonnementspreiſes eingetreten.


.

durch den ereignißſchweren



und in ganz Baden 5 fl.; außerhalb des
iſt durch Herabſetzung der Poſtgebühr eine



*

Zeitung ihrer ausgedehnten Verbreitung wegen







DD — 2 — —

Dentßſßch Land.

Vom Neckar, Ende Juni. (Schluß.)

Mas die Schleswig Holſteiniſche Sache helrifft, ſo iſt ſte ſehr einfach; die
Schleswig-Holſteinex wollen einmal nicht däniſch ſein, ſondern deuͤlſch; alſo ſind
ſie's. Ihre ganze Berechtigung liegt in dieſem ihrem Willen, wahrhaftig aber
nicht in alten, hundertjährigen Verträgen, wie ſie neulich im Parlamente mit
ſo enormer Gelehrſamkeit auskinandergeſeht worden ſind und mit noch größerer Geduld
angehört. Und wenn es ſelbſt vor mehreren Jahrhunderten durch Verträge —
wie c6 heißt — auf ewige Zeit feſtgeſetzt wäre, daß Schleswig-Holſtein zu Dile

Deutfchland gehoͤren, ſo hätten ſie das vollkoͤmmene Recht dazu, und es wäre
auch dann von Deutſchland brav und gut, ſeine Brüder, welche es um Hülfe
anriefen, nicht im Stich zu laſſen. Nur Eines iſt dabei empörend, nämlich das
theilweiſe Zaudern und die Schwäche der deuiſchen Negierungen, welche ſich
durch ruſſiſche Noten ſchrecken Yaffenz dex ſchmähliche Rückzug Wrangels aus
Jütland und Schleswig, ſo lange unerklärlich, er Yt endlich aufgeklärt durch
ein würdriges Aktenſtück, eine Note der preußiſchen Regierung an die däniſche,

mitgetheilt und dadurch Aufſchluß gegeben hat über die patriotiſchen Motive
deofo viel und hochgerühmten, ſchnellen Einrückens von Seiten Prenfens. —
ſagte Note nämlich erklärt! /Preußen beabſichtige keineswegs, die Rechte des
„Königs voy Dänemark anzutaſten; es hätte ſeine Truppen nur einrücken laſſen,
zum zu verhindern, daß die Schleswig-Holſteiner die Hülfe einer gewiſſen re-
publikaniſchen Partei in Deutſchland angeſprochen hätten, und um dieſer Par-
tei zuvorzukommen. Deutſches Volk, erkenne hier abermals den Patriotismus
und die Ehrlichkeit Deiner Fürſten und Miniſter, welche man in der Pauls-
kirche jetzt mit einem blendenden Glorien-Scheine zu umgeben bemüht iſt! —
Am ſchwierigſten und verwickeltſten ſind die Verhältniſſe in Polen, weil die Für-
ſten hier am längſten und. frechſten ihr Spiel getrieben und die yimmelſchreiend-
ſten Ungerechtigkeiten verübt haͤben; ferner, weil Polen und Dentſche theilweiſe
vermiſcht untereinander, wohnen, und endlich iſt die richtige Anſicht von der

Sache deßhalb ſchwierig zu finden— weil man ſich kaum dem Einfluſſe ſeines
Herzens, welches nur der Sympathie für ein edles, lange geknechtetes und zer-
fteiſchtes Volk Gehör gibt, entzieben kann. Will man jedoch nach beiden Set-
ien gerecht ſein, ſo iſt — da einmal die Deutſchen ebenſowenig polniſch ſein
pder dielinehr regiert werden wollen, als die Polen deutſch — der einzige ra-
tionelle Ausweg der, daß diejenigen Orte und Strecken, welche in überwiegen-
der Anzahl von Deutſchen bewohnt werden, deutſch bleiben, diejenigen aber,
wo die Polen überwiegen, ſofort freigegeben werden, nicht etwa reorganiſirt,
ſondern durchaus getrennt und unabhängig von preußiſcher Oberhohtit; natür-
lich bleibt beiden Paxtelen das Rechi vorbehalten, in den andern Theil anszu-
Pa ſo daß ſich mit der Zeit die beiden Nationalitäten ausgleichen kenn-
ten. Wuͤ finden hierin das einzig gerechte Verfahren, denn die Beutſchen kön-
men daͤffelbe Recht in Anſpruch nehmen, was auch die Polen; unſinnig iſt es,
wenn ſich die Polen auf ihren Grund und Boden berufen, der zu dem ehema-
ligen polniſchen Reiche gehört habe; nicht der Boden, ſondern die Menſchen
ſind das Beſtimmende. Aber Ihr ſeid Fremdlinge, können die Polen ſagen,
Eindringlinge, welche mit roher Gewalt ung vertrieben haben. Darauf iſt die
Antwork: Allerdings war die Unterjochung und die Theilung Eueres Landes
eine {chreiende, veräpſcheuensperthe Ungerechtigkeitz aber die Dentfchen , welche
jegt unter Euch wohnen, haben ſſie nicht begangen; ſie find unſchuldig daran,
fie haben ſich frierlich bei Euch Niedergelafen, ipve @rundfiüce und ihr Ver-
wögen ſich rechtlich erworben, Die Ungerechtigfeit, welche Luch widerfuͤhr, be-
ſtaud hauptſächlich darig, daß man ſich die Negiexung über Euch anmaßte; das
ſoll jeßt gufhören. — Aber, welche Genugthuung, welche Entſchädigung erhal-

gen mir für die langen Jahre unferer Knechtſchaft, für die Schmach, die uns







angethan, für die Väter und Brüder, welche Ihr uns gemordet und gerichtet
habt, wider alles menſchliche Recht? In der That, diefe Entſchädigung muß
Euch von Deutſchland werden; ſie muß darin beſtehen, daß ſofort auch Gali-
zien freigegeben, mit Poſen vereint, und Rußland aufgefordert und nöthigen-
falls gezwungen wird, auch ſeinen Theil der Beute hekauszugeben. — Waͤhr-
lich, thäten dies die Deutſchen, und ihre Ehre erfordert es, die Polen würden
nicht hadern um ein Stückchen Land, welcdhes — meiſtens von Deutſchen be-
wohnt — zu Deutſchland gehören will; ſie würden alle ihnen widerfahrenen
Ungerechtigkeiten vergeſſen und einen innigen Bruderbund mit Deutſchland ſchlie-
ßen. Und warum handelt man nicht alſo, wie es die Gerechtigkeit und die


Preußen und des Kaiſers von Defterreich iſt; denn daß des deutſchen Folkes
Äntereffe in jeder Bezlehung ein freies und verbrüdertes Poken-Neich erfordere,
iſt ſchon ſo oft und ſo ſchlagend nachgewieſen worden, daß wir uns füglich
deffen entheben können. Geht aber die Großmuth nicht zu weit, daß man,
um Polen wieder herzuſtellen, den Krieg mit Rußland beginne? Nein, es iſt
gar keine Großmuth, es iſt weiter nichts, als Pflicht und Schuldigkeit, geſche-
henes Unrecht wieder gut zu machen; üherdem iſt der Krieg mit Rußland ſo
wie ſo unvermeidlich, und iſt es da nicht beſſer, man hat die tapfern Polen zu
Bundesgenoſſen, als — treibt man ſie zum Atußerſten und iſt der Gzaar


fügen: man beruft ſich preußiſcher Seits auf die materiellen Wohlthaten, die
man den Polen erwieſen; man habe es mit dem Pfluge crobert, iſt die abge-
droſchene Kedensart. Aber, abgeſehen davon, daß der Pflug doch immer evft .
nach'dem Schwerdte gekommen iſt — den Polen gelten nun einmal dieſe ma-
teriellen Vortheile weuͤiger, als die geiſtigen Güter der Freiheit und Unabhän-
gigkeit; und was die Hauptſache ift: Niemayd darf einem Andern wider Wil-


feine. — ‚

Wir kommen nun zu der böhmiſchen Frage, welche eben ſo ſchwierig und
noch bei weitem gefährlicher iſt: indem die Lage Boͤhmens im Herze Hon
Deuͤtſchland einer feindlich geſinnten Bevölkexung furchtbare Mittel in die Hand
gibt. Niemand wird freilich den Czechen die Berechtigung abſprechen wollen,
ſich untereiyander zu nähern und zu vereinigen, ja ſogar, ſich ſelbſt zu regieren;
zehen ſte aber ſo weit, ſich mit allen Slaven und beſonders mit dei Ruſſen zU


öſtliche Deutſchland krſtrecken und womöglich das ganze Oeſterreich mit allen ſei-
nen Provinzen umfaſſen ſollen, nehmen ſie eine Oberherrſchaft der ſlaviſchen
Weiſen
ſelbſt unter ruſſiſcher Knuten-Herrſchaft zu erreichen! nun, dann hört jede andere
Rückſicht auf, dann ſehen wir in ihnen weiter nichts, als Feinde und gefähr-
liche Feinde, welche den Ruſſen den Weg in das Herz unſeres Landes bahnen
wuͤrden; dann iſt ihnen eine Alternative zu ſtellen: ſchätzen die Ezechen ihre


ſich verbinden wollen, als zu einem freien und gebiloeten Volke gehöüren, wel-

ches ihre Sprache und ihre Nationalität zu achten vexſpricht, nun fo mögen fr
auswandern zu ihren geliebten Ruſſen oder ſonſt wohin; wollen ſie aber bleiben
und dennoch die feindliche Stellung gegen Deutſchland nicht aufgtben, ſo bleibt
nichts weiter übrig, als fie zu vernichten, und zwar ſchnell, ehe wir die
Ruffen auf dem Halſe haben werden, Deren treueſte und gefährlichſte Bundess
genoſſen ſie ſein würden; hier gilt es, wenn ſonſt wo, enexgiſch und fchnell zu
handeln, che es zu fpät {ft. — Indeſſen entſagen wix der Hoffnung noch nicht-
Mehrzahl der Ezechen zur Beſinnung kommen werde und jene

jedenfalls müſſen auch die anſcheinend Nachgiebigen unſchädlich gemacht werden.

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