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Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 126 - No. 153 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0607

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*



— —
















28. Juni.










ordert, uns dabei kräftigſt zu unterſtützen.

aber ſind beſonders aufgef


Der Preis ſämmtlicher Blätter fuͤr das Halbjahr iſt in



Ermäßiguug des Abonnementspreiſes eingetreten.


noch beſonders.











8i#8 Wie will ſich das ſouveraine Volksparlament über die
fortdauernde Fähigkeit und Uneigennützigkeit des erblichen
Reichsoberhauptes eine Garantie verſchaffen?

Der Dahlmann'ſche preußiſch-deutſche Reichsentwurf denkt wohl an
ein Mittel gegen Begehungsfünden des gewaltvollen Reichs-
gbergaupts. AÜber er findet nur ein Mittel, das in der Wirklichkeit, wenn man
ſolche Fantaſien nicht blos auf dem Papier theoretiſch betrachten lernt, gar
wenlig Anwendbarkeit haben kann., Und, was noch viel ſchlimmer iſt, gegen
die Unterlafungsfünden des aus einex oder mehreren Perſonen beſtehenden Ge-
waltherrſchets, dem das Uebermenſchliche, die oberſte umfaſſende Fürſorge für
Bie aus 30 vis 35 Millionen beſtehende, zu ihm aus den entfernteſten Gauen
hinaufblickende Nation zugemuthet wird, iſt wohl kein Mittel zu finden. —
Wenn der ſelbſtdenkende Leſer des Entwurfs vox der Gewalt ſchaudert, die
der Eine Federſtrich des (zum Beiſpiel aus ganz Deutſchland verweiſen, wenig-
ſtens von allen Anſtellungen abweiſen könnenden) Imperators ausüben kann,
ſo tröſten uns im S. 10 die ohne Zweifel das Slaatswohl Aller wollenden
7Bertrauensmänner mit dem inhaltsſchweren Saß: „Alle von dem (unperant-
wortlichen) Kaiſer ausgehenden Verfügungen müffen von wenigſtens Einem
der Reichoͤminiſter unterzeichnet werden, zum Zeichen, daß derſelbe die
Verantwortung auf ſich nehme für die Zweck- und Geſetzmäßigkeit der
*— Der Mangel einer folchen Unterſchrift macht die Verfügung un-
gültig.“ — ;

Unſtreitig ſehr wohl gemeint! Aber was ſagt uns die Wirklichkeit, die
30 jährige Erfahrung?

Bacher von all den Miniſtern, die in den Carlsbader und den Wiener
Conferenzen und in mehreren Bundestagsbeſchlüſſen die in der Bundesakte ſpar-
fain und unbeſtimmt genug zugegebenen Voltsrechte durch Umdeutungen und
alle möglichen Hemmketten unwirffam zu machen verſtanden, und welcher von
den hohen Staatsbeamten, die ſeitdem jene fogenannten Ausnahmsgeſetze voll-
zogen und noch durch eigene Sophismen umnebelten, iſt indeß irgend zur Ver-
Antwortung gezogen worden, ungeachtet Der mit einemmal wunderhar befehrte
Bundestag felbſt, ſogar durch den preußiſchen oder preußiſch/ dentſchen Vice-
praͤſidenten v. Döhnhof den 1. März, und feitdem feierlich für Etwas, das
Weher zweckmäßig, noͤch geſetzlich das Rechte war, vor dem ganzen großen


/ Sal müßte nicht ich ſelbſt vielmehr befürchten, daß von irgend einem für


Unterfudhung: ob ich nicht wegen meiner Kritik des Hochverraths wenigſtens
{im Dritten oder vierten Graͤde ſchuldig zu machen wäre? aufgefordert werden
fönnte, wenn nicht indeß die Februarbeſtrafung der immer von Miniſtern con-
traſignirten Verfaͤſſungsverletzungen Louis Philipp's dazwiſchen getreten wäre,
und plötzlich auch dieſſeits' die verkezertſten, verwünſchteſten Mitglieder der
Oppoſition in die Stellung der orthodoreſten Stützen deutſcher Staaten empor-
gehoben hätte?

Wer aber, wenn er auch alg Volksvertrauensmann zum voraus das re-
ſignirteſte Vertrauen für den Lunmöglichen) Impexator des (unmöglichen) deut-
ſchen Univerſal-Imperiums ſich einkeden läßt, kann nur einen Augenblick be-
zweifeln, daß ein ſolcher alle Stellen im Eivil und Militär beſetzender Halbgott
ſich auch ſeine Reichsminiſter ſo zu wählen wiſſen werde, wie er ſie zum Un-
ierzeichnen, alſo zui Decken ſeiner Begehungsfünden, nöthig haben kann?

Wie unüberfehbar groß und vick müffen wohl auf der andern Seite die
voch äußerſt ſchädlichen Unterlaſſungsſünden des zum Erbkaiſer aufge-
ſteilien Mitmenſchen ſein, dem die (infallible) Stimmenmehrheit der ſouveränen
Abgefandien der geſammten deutſchen Volksſouveränetät zur Pflicht machte, als





Reichshaupt ſich vorerſt den erſt zu verfaſſenden Reichsleib, d. i. die Organe
zu bilden, durch welche die 30 Millionen des einigen, großen, an die Spitze
der Nationen tretenden Deutſchlands zuvörderſt unter eine einige Centralkanzlet
gebracht und alsdann Tag für Tag von Pofen und Schleswig an bis nach
Limpurg, Cöln und Kehl durch Ceniralverordnungen in wohlthaͤtiger Ordnung


Wo giebt es ein Mittel, die Volksſouveraͤnetät gegen den Mangel an Kraft,
Willigkeit, Uneigennützigkeit des neuen Imperators ſicher zu ſtelen? Sanz
etwas anderes war es wenn ehedem ein Kaiſer gewählt wurde. Das aus den
kleineren und größeren Immediatſtagten zuſammengeſetzte Reich beſtand, wie es
ſich allmählig gebildet hatte. Es wurde immer mehr aufgelöst und vom Wayl-


gentheil deßwegen, weil die einzelnen Theile ſtärker, ſelbſtſtändiger geworden
waren, alfo Cwie befonders Brandenburg) für ſich beſtehen wollten und konnten
So traf ſie Napoleon und formte den Kheinbund, um Oeſterreich zu iſoliren
und der Hülfe der Reichscontingente zu berauben. Seitdem beſteht von Ddem.
yormakigen Kaiferreich, als folchen, nichts mehr. Nur die Bundeseinheit verknuͤpft
die Staaten, die für ſich gelten können und wollen. 2

Sollte ein Reichstaiſck werden, ſo müßte er ſich Alles, was zur Regie-
rung eines ſolchen Reiches gehört, erſt wieder ſchaffen. Welches Haupt vermag
dies? Und' wer giebt dazu' die zur erſten Einrichtung nöthigen Millionen?

Dazu wären“ die alten Reichsinſignien, wenn ſie von Wien hergeſendet
würden, nur ein ſehr kleiner Beitrag. 4

% Die Kammermajorität in ihren letzten Zügen.



Karlsruhe im Jani. In der Nachmittags-Situng vom Tepten Sam-
ſtag wurde mit 28 gegen 16 Stimmen die Verhaftung des Abg. Peter anss
gefprochen. Das Miniſterium Bekk-Mathy hat alſo mit einer ſchoͤnen Ma-


ten es übrigens der Mühe werth, dieſe Majoxität etwas zu beleuchten, damit
das Land erfahre, welche Genoſſenſchaft dieſelbe in ſich faßt. —— 4—
Kehren wir daher in den Sitzungeſaal zurück; wir erblicken auf der rech-
ten Seite 11 Abgeordncte aus zer weiland Ilittersderfmetternichſchen „Beit, '
als: Schaaff, Hägelin, Fauth, Rettig und Conforten; 9 diefer Herren bleiben
ſtumm und ſcheinen ſich zu langweilen, ihre Phyſiognome ſagt uns: wir brau-
chen keine Rechtfertigungen übex den Angekiagten zu hören, unſer Prinzipat
will, daß Peter eingeſieckt wird, daher ftecfen wir denſelben ein, denn wir
waren von jeher die Zehorſamen Knechte und wir bleiben es auch heute wieder.
Zwei ihrer Kameraden dagegen motiviven ihre Abſtimmung; Zentner hält uns
einen langweiligen Vorträg, der aber am Ende keinem Menſchen irgend Ueber-
zeugung für die Schuld Pliers, nein im Gegentheil Jedermaun einen Zeutner
Gewißbheit verſchafft, daß der Angeklagte nicht ſchuldig ſei. Der Abgeordnete
Uttrich, ein rähmüüchſt bekannter Name, findet ſich wieder einmal dewogen,
ſeine geiſtreiche Rede abzuleſen, bleibt aber, wie früher ſchon geſchehen, einige-
mal flecken. Wir geſtehen es offen, dieſe Eilf mit dem Berichterſtatter Stößer,
dem Karlsruher Juste millieu, der das Dutzend voll machte und dem mehr-
mals der gerechte Vorwurf wurde, daß ſein Eommiſſions-Bericht nicht das Er-
gebniß einer ruhigen unparteliſchen Ueberlegung und innern Ueberzeugung / ſondern ein
feibenſchaftlichis' Machwerk fei, machten auf uns den peinlichſten Eindruck;


Dutzend dieſer Sippſchaft können wir den Vorwurf der Inkonſequenz nicht ma-
chen, ſie war immer was ſie auch geſtern und beute iſt: das blinde Werkzeug
der Regierung. Richten wir nun unſere Blicke nach der Linken, da ſehen wit
einen ganzen Troß von Abgeordneten, welche ſich dadurch den Schein geben


 
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