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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0165

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; Deutſchland.
Vom Neckar, 9. Febr.

TT Aufruf an alle Deutſchen!

DerkHunger verzehrt in einem Theile unſeres Vaterlandes ‚ in Oberſchle-
ſien, das ungluͤckliche Volk. Die Schredensberichte melden taͤglich neue Opfer
des Mißverhältriſſes zwiſchen Reich und Arm, der Tbaxmungewurdigſten Noth.
Kinder reihen den verhungernden Eitern das letzte Stück Brod don den bleichen Lip-
pen; Eltern ermorden ihre Kinder, um fich zu erhaͤlten odex dieſe vom
Hungertode zu retten. Die Unnatur, die Entmenſchung, die hier ihren letz-
ten Grad erreichte, macht uns als Mitmenſchen verantwortlich für alles fluch-
würdige Unglück, das daraus entſpringt. — — Hier iſt der ſchnellen That
Hier gilt es die Ehre der Menfchheit zu ret-
Gebe Jeder, was er
Ganz
Deutſchland ſoll ſich zu dieſem Ziveck vereinigen, keine Partei, kein Einzel-
weſen ſich ausſchließen! Unſer Zweck muß ſein, durch Zufammenſteuern, 'ei-
nes an ſehulichen Kapitals den Menſchen es möglich zu machen, als Men-
ſchen fortzubeſtehen, die Quelle des Yammers dauernd zu verſtopfen! Jede
Stadt, jedes Dorf, jedes Haus, ſoll eifrig und ſchleunig ſammeln! Deutſch-
laud möge den
geben. Jeder, der bereit iſt, thätig für den Fortgang des Werkes zu arbei-
ten, unterzeichne öffentlich ſeinen Naͤmen!

Speyer Die Grundzüge des däniſchen Verfaſſungsentwurfs ſind von
der Art, daß ſie durchaus nicht befriedigen köunen „ſelbft wenn man ganz da-
von abficht, daß dieſe Verfaffung nicht Scelbftzwed ſein ſoll, ſondern nur
das Mittel, die Herzogthümer wider Willen an Daͤnemaͤck zu knüpfen. Den
Ständen ſoll das Recht nicht zuſtehen, das Budget regelmäßig zu prüfen und
zu genehmigen, ſondern nur bei Veränderungen im Steuexweſen haben
ſie mitzuſprechen. Von Miniſterverantwortlichkeit, Preßfreiheit, Schwurgerich-
ten )e. vernimmt man keine Silbe. Wir zweifeln zwar nicht, daß die zuſam-
menberufene tonſtituirende Berfammlung ſich beſtreben wird, das Verfaſſungs-
werk auf eine andere Grundlage zu bringen. **

Deſſenungeachtet ſteht zu erwarten, daß die Herzogthümer es mit hehaͤrr-

ten.




V

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zu laſſen, deren ganzer Zweck nur darin beſtcht, ihre gewaltſame Losreißung
von Deutſchland zu pervollſtändigen und zu verewigen. —
Hier hat der Rhein heute Nacht bigonnen ſich ſeiner Eisdecke zu ente
Lebigen. } (Speyerer 3tg.)
Dürkheim. Von ſämmtlichen Mitgliedern des Stadtraths
und des Presbyteriums in Dürkheim wulde unter dem 24, Jan. ein
Echreiben an den zur dritten proteſt. Pfarrſtelle hierher ernannten Pfarrer,

Hrn. Fleiſchmann erlaſſen, worin es heißt:


kerzlichem Vertrauen nicht entgegen kommen zu fönnen.
Ihnen offen und unverhüllt in ihrem und ihrer Mitbürger Namen in dem Au-


Bemeinde anzutreten. Sie wollen mit dieſer, Erklaͤrung ihrer Verſonlichkeit
nicht zu nahe treten; die Darlegung dieſes Mißtrauens bezieht ſich auf Ihre
Heſinnung, auf Ihren kirchlichen Standpunkt. Wer auch nur im Allgemeinen
dem muß das
Urtheil fich aufdrängen, daß Ew. Hochwürden allerdiugs derſenigen theologi-
men Richtung angehören, welche, wie in der ſchon erwähnten Einzabe an
Ge. Dajeftät dargethan wurde, in ihrem bermeintlichen Aleinbefiße der Hriſt-
lchen Waͤhrheit auf alle Weife für die Annahme ihrer ſymboliſchen Lehrmei-
ng Anhaͤnger ſich zu verſchaffen und die freieren Grundſätze der vereinigten
Ktche zu bekämpfen bemüht iſt. Durch dieſe Richtung würde ſicher hier Zwie-
tucht ausgeſät, und unſere bis jetzt ſo friedliche Gemeinde mit kirchlicher
Epaltung bedroht ſein.


ſeilige Pflicht. Wir würden uns freuen, wenn Sie, ungeachtet des Rufes,
jer Ihnen vorangeht, wirklich einer unſerer Vereinigungsuͤrkunde entſprechen-


ngeſetzten Falle aber müſſen wir Ihnen den Mangel alles Vertrauens jetzt,


nöglich von einem gemeinſchaftlichen Unglücke bewahrt werde.
Es zeichnen mit vollkommenſter Hochachtung 26, 26 —

‚ * Aus Kurheſfen, 2. Febr. Es iſt weltkundig, daß ſich die Zppoſi-

ſion in unſerer Kammer von aͤllem Anfang an ohne Feſtigkeit und Energie

zenommen hat. Es mangelte ihr augeuſcheinlich an innerem Halt, wie an

äußerer Organiſation. Männliches Handeln, entſchiedenes Auftreten und tact-

volles Yenehmen laſſen ſich da nichi erwarten, wo Klarheit der Grundſatze,

| Auffaffung der
Verhältniſſe fehlen. Die Früchte dieſer Blößen ſind nicht ausgeblieben. Die

Oppoſition iſt bei allen Hauptfragen unterlegen, und ſelbſt, vo ſie in Neben-

dingen obgeſiegt hat, hat ſte e& mehr einem mitleidigen Zugeſtändniß der Geg-
ner, alg ihrem eignen Verdienſt zu verdanken. Dieß hat ſie aber nicht weiſer
gemacht und gekräftigt, ſondern vollends entmuthigt. Was größtentheils ihr

eignes Verſchulden war, das ſchreibt ſie jetzt allein den Intriquen und Mas
Abex es haͤtte eben nur einer von vornherein

1 um jene Intriquen und Ma-

chinationen theils zu verhüten, theils unwirkſam zu machen. Es iſt daher

‚micht redlich von der Oppofition, nachdem ſie Aues unterlaffen hat, was ſie

thun mußte, um der guten Sache den Sieg zu ſichern, daß fie die Laft der
Verantwortlichkeit von den ihrigen auf andere Schultern abzuwälzen ſucht, an-












mit verdoppeltem Eifer nachzuholen. Die Gegner haben zwar einen großen
Vorſprung, allein ſie fönnen wenigftens in ibrem Lauf aufgehalten werden,
wenn es auch nicht gelingen ſollte, fie zu überflügeln. Die Hoffnung auf Ers
folg aufgeben, und den Eintritt Goͤll weiß welcher beſſeren Zeiten und Um-
heißt eine ſchlimme Sache durch eine ſchlimmere gut
machen wollen. *2

Die Vergangenheit ſoll uns eine Lehrmeiſterin ſein, kein Alp, der uns das
freie Athmen erſchwert und die Glieder lähmt. Laſſen wir die Fluͤgel hängen,
werden wir kleinlaut, ſo ſieht der Feind darin nur die Einladung, uns vol?
lends zu entwaffnen und nach Gefallen mit uns zu fchalten, Die Majoritaͤt
in unferer Kkammer macht Miene, ſo zu verfahren, aus keinem andern Grunde,
A8 weil ſte bemerkt hat, daß ſich die Oppoſition von ihrem wilden Feldge-
Kann dieſe auf Gehoͤr rechnen, wenn jeder blinde -
Larm genügt, um ſie zum Schweigen zu bringen? Erzwingt man ſich durch
Anen geduckten Rückzug Achtung? Geduckt aber hat ſich unſere Oppoſition
bei ieder Gelegenheit! Sie hat die kräftigſten Anträge zuͤrückgenomuien oder
hnen die Spitze abgebrochen! wenn ſie fah, daß dieſelben nicht die Mehrheit
baben würden. Sie hält mit den gegründetften Forderungen zurüc, weil im
Augenblick keine Wahrſcheinlichkeit vorhaͤnden iſt, daß ſie allgemeine Zuſtimmung
erhalten. „Es, hilft doch zu nichts“; damit entſchuldigen ſich die Bequemen
dann, und beftätigen nur damit auf's Neue die uralte Erfahrung, daß die
einfachften Wahrheiten am langſamſten in Saft und Blut verwandelt werden.
Eine ſolche einfache Wahrheit ift die, daß aucdh ein Tropfen den Stein aus-
boͤhlt wenn er beharrlich darauf fält. Beharklichkeit alfo verlangen wir von
unſern Volksvertretern vor allen Dingen. Mögen ſie ſich darin den zaͤhen
Engländer zum Muſter nehmen. Was der für wahr und recht haͤlt, das ſagt
und fordert er immer und immer wieder, trotz Menſchen und Umftänden, bis
es wirkt. Soll denn auch das Schlechte gleich dem erſten Angriff weichen?
und muß man den zweiten unterlaſſen, wen der erſte nicht gefruchtet? Oder
iſt es wirklich an dem, daß es Verhättniſſe gäbe, unter denen eine Wahrheit
ganz nutzlos ausgeſprochen würde? Nein, nimmermehr! einen Gewinn bringt

die Lüge im ſüßen Wahn ihrer Sicher-
heit und Ewigkeit zu ſtören. Darum nochmals: Beharrlichkeit!

Leipzig, 5 For. Man vernimmt, daß der Entwurf der allgemeinen
deutſchen Wechſelordnung von Seite der preußiſchen Regierung unbedingt ge-
nehmigt worden iſt, jedöch vor der Publikation noch den Provinzialſt au-
den vorgelegt werden wird. Wie man hört, hat Preußen ſaͤmmtlichen deuts
ſchen Renieruugen dieß durch ein Circular angezeigii.

&7 Leipzig, 4. Februar. Vor Kurzem drang wieder einmal die Kunde
eines jagdgeopferten Menſchenlebens zu uns. Der Corporal Gerber in Wurs
zen behibt ſich, mit Jagdtafche und Doppelg wehr verſehen, auf ein Revier in
der Nahe der Stadt. Von dem Fagdauffeber Görlich betroffen und aufgefor-
dert, ſein Gewehr abzugeben, weigerte er ſich deſſen und ergreift nach einem
Handgemenge mit dieſem die Flucht. Der Jagdaufſeher ſendet ihm eine La
dung Schrote in der Entfernung von 25 —30 Schritte nach,
30 Stüd die Fuͤße Gerbers durchlöchern und eines durch die Knieſcheibe he-
drungen iſt. Der Jazdaufſeher entfernt ſich nun und ruft noch einein Bauer,
Zuſchauer des Kampfes zu: den habe ich gezeichnet; der Soldat aber hat ſeine
Flucht fortgeſetzt. Kächſien Tages iſt er an einem Felddamm gelehnt, das Ge-
wehr zwiſchen den Füßen, Dden Ladſtock neben der rechlen Hand, das Herz
durchſchoſſen von ſeinen Kameraden aufgefunden worden. *

In Sachſen beſteht noch die Verordnung, daß ein Jagdbeamter auf Wild-
diebe, ſelbſt wenn ſie ſich nicht wioerſetzen, den Jagdbeamten nicht bedrohen,
ſchon dann, wenn er fein Gewehr auf Zuruf nicht weglegt odet das wegge-
alſo ſelbſt auf fliehende Wilddiebe ſchießen dürfe, in-
dem ſie die erzwungene und unnatürliche Präſumtion einer in jener Liebe zum
Eigenthum des Gewehr's gefundenen Widerſetzlichkeit aufſtellt. Spaßhaft iſt
es, wie trotz dieſer Verordnung die miniſterielle Preſſe, die Leipziger Staatsʒei-
tung mit wahrer Phariſäer-Entrüſtung ſich über ähnliche Verordnungen und
Vorgänge in andern Ländern, zumal in Hannover aueſpricht; vielleicht iſt
hierin ein Vorzeichen zu erblicken, daß auch die ſächſiſche Regierung von
der hoͤfiſchen Veneration des Wildes zurücfommen werde. Dieſe macht ſich


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Katt iyre Fehlet zu erkennen und das Verſäumte,



Neuſtadt ging eines Tages ein armer Mann, ein Paketchen Salz unter dem
Arm, ohne Gewehr, ohne irgend etwaͤs einer Waffe Aehnlichem, auf einem
renze zu. Plötzlich wird er voͤn dem Jagdburſchen
des Fuͤrſten Reuß angehalten, angefchrieen mit der Frage, was er hier wolle
und zum Umkehren aufgefordert. Als der Mannn ſich hierein nicht foͤgleich füs
gen will, ſchrei; ihn der Burſche an: Marſch fort, oder ich ſchieße! und machte
Miene dazu. Der Mann, der ſich übrigens auch nie fruͤher eines Wilddiebs
ſtahls ſchuldig gemacht, wird nuͤn auch zum Foͤrſter transportirt ins benach-
barte Dorf und hier in einen Stall eingeſperrt, als er von hier weiter tranga
portirt werden ſoll, mag der Arretirte feiner Behandlung überdrüffig geworden
ſein und er ergreift die Flucht. Der Foͤrſter ruft: ſchieß zu und der Jagd-
purſche ſchießt wirklich die Ladung feines Gewehrs auf den Fliehenden und die
ſer bricht zaſammen. Der ſo Augeſchoffene und Gehetzte wurde in ſeine Hei-
mathſtadt gebracht, anfänglich ſchien er zwar verloren zu ſein, er erholte ſich
jedoch nach und nach wieder zu jener Geſundheit, welchẽ mit verſiechten Kraͤf⸗
ten ſich fortſchleppt. In einem ſolchen Falle hätte jeder, der noch einen Funken
Gerechtigkeitsgefühl hat, erwarten follen, daß der Verbrecher, welcher ſich ei-
ner Freiheitsberaubung und eines Mordverſuches ſchuldig machte, gebuhrend
werde beſtraft und in Entſchädigung an den Verletzten werde verurtheilt wor-
den ſein. Allein ſchon was das Vergehen anlangt. ſo mußte erſt eine Denunciation
an das Gericht, obſchon dieſem der Vorfall bekannt genug war, gelangen und
als dieſe eingereichi war, vergingen viele Wochen, ehe der Verwundete und
ſein energiſcher Saͤchwalter D. Schaaffrath erfuhren, daß auf ſeine Anklage
nichts geſchehen ſei. Faſt durch Aurufen der Föyern Behörden und Befchwerdea



 
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