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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 209 - No. 234 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0883

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— — — *





g6 Reue Btamage des Neichsminiſters Heckſcher.

- j ‚
ın 31. Auguſt betrat Herr Hecf er mit wichtiger Miene die Rednerbühne

in der Paulzkirche zu Frankfuxt 4. M ıl verkündete den Vertretern des föu-
yeränen. D üffd)m‘b%i)%i * Ei ein Waffenſtillſtand mit den Dänen zu Malmö
—⏑— worden Dieſe Nachricht ward mit einiger Befriedigung aufge-
nommen, aber der Zufaß, daß nicht etwa Die Gentralgewalt offizielle Nachricht

erhalten habe, ſondern dieſe Mittheilung der —4—
* in Frankfurt verdanke, S Gefälligkeil des preußiſchen Geſand-

den eine telegraphifche Depefche zwar den Abſchluß
habe, erregte das Lächeln

des Mitle idens und dex Verachtung {n er ganzen Verſammlung. Alſo in

Schleswig ſteht ein deutſches Bundesheer, vdeffen Ober AA

Händen der Centralgewalt liegen ſoll, das * wird —4 — —
desfeldherrn commandirt, dex ſchon in ſeiner Eigenſchaft aͤts —— ear
ebenfalls unter dem Oberbefehl dex Centralgewalt. ſtehen ſollte; überdies fchict
der Miniſter des Auswärtigen noch einen befondern Fiplornalifchẽ Ageuen feinen
Unterſtaatsſecretär Max von Gagern nach Schleswig, um den Krieg it Dä-
nemark zu beendigen; nichts deſtoweniger wird in Malng ein Waffenſtillſtand
abgeſchloſſen und das Reichsminiſterium des Auswartigen erfährl nichts; der
der Abſchluß ward pflichtgemäß nach Berlin gemeldet — ver %eid)éminifie’r 8
Auswärtigen erfährt nichts; der preußiſche Gefandte erhält von ſeiner Regierung



lich hat der Herr von Camphauſen Erhaxmen, mit ihm und läßt ihn den In-
halt ſeiner Depeſche erfahren — und ſtolz wie ein Schulknabe, dem Nektors


ſcher nichts Eiligeres zu thun, als in die Natignalperſaminlung zu ſtürzen, und
auszurufen den Waffenſtillſtand in Malmö! In Malmiö Waffenſtillſtaͤnd! Da
erſt beſinnt er ſich, daß drei Worte wohl noch keine Rede ſeien, daß er wohl
noch etwas ſagen müffe und da er nichts anderes weiß, ſo erzählt er ganz treuherzig,


bahe gucken laſſen, wie er freilich nicht viel gefehen habe, aber alles gleich hübſch
weiter ſage, und wenn man ihn noch mehr werde ſehen laſſen, noch mehr ſagen
werden. Das iſt recht hübſch artig vom Hrn. Reichsminiſter, aber das Erzüh-
len allein thut's nichis; und hätté er lieber nichts erzählen ſollen, wenn er
nichts ordentliches und vollſtändiges zu erzählen hatte, vor Allem aber, wenn
ſein Unterſtaatsſecretär ihm nichts meldete, wenn der Commandant nicht an ihn,
ſendern nach Berlin berichtete, ſeine Maßregeln im Stillen treffen ſollen, beide
Herren gebührend zurecht zu weiſen, nicht aber der ganzen Welt verkuͤnden, daß
ſein Unterbeamter es verſündet, und der preußiſche General es gar nicht dek
Mühe werth krachtet habe, ihm eine Anzeige zu machen. Wer im Gefühle
ſeiner eignen geringen Wichtigkeit ſich aufbläht, wie Herr Heckſcher, und dann
zu erfennen gibt, daß man feine Wichtigkeit von keiner Seite anerkenne, wie
Herr Peckſcher, der macht ſich lächerlich, wie Herr Heckſcher, und ein Miniſter
der ſich wiederholt lächerlich gemacht hat, kann unmöglich die Achtung fremder
Völkex für Deutſchland erringen, was wohl die erſte Lufhabe eines Reichsmini-
ſters des Auswärtigen wäre.
Und der Reichsverweſer, welche Rolle ſpielt er der preußi Regi

der keinesfalls unabſichtlichen Uebergehung * — 4 — 4
neral Wrangels gegenüber? Es fcheint nun doch wohl klar, warum die Für-
ſten für fein Wohl ſich ſo lebhaft Intereffisten: Er iſt ein alter guter Mann
bei ſeiner perſönlichen Liebenswuͤrdigkeit gerade gut genug, dem Volke als Fuͤße!
der Einheit vorgeſchoben zu werden; während er uns machen läßt, was wir
wollen, ohne ſich um uns zu beküinmern. — Das iſt probiforifche Cclais
walt; wie wird die definitive beſtellt fein?



69. Sitzung der konſt. Nationalverſaminlung.
Donnerſtag, den 31. Auguſt 1848.

Nach Verleſung und Genehmigung des Protokolls vom 29., wogegen keine
Reclamation gemacht wird, theilt der Neichsminiſter des Auswaͤrtigen Heckſcher,
mit, daß mit Dänemark ein Waffenſtillſtand in Malmö abgeſchloſſen ſei, wie
er durch den preußiſchen Geſandten bei der Centralgewalt erfahren, an den eine
telegraphiſche Depeſche von Berlin gelangt ſei. Bas Reichsminiſterium werde
in Kurzem ein Programm über die von ihm zu befolgende
wozu es durch eine Interpellation Dahlmanns aufgefordert worden, doch halte
dasſelbe für angemeſfen, erſt die nähere Kunde über diefen Waffenſtillſtand ab-
warten zu müſſen. Präſident verliest dieſe Interpellation, welche hierauf von
Dahlmann zurüch von Bogt aber wieder aufgenommen wird.

Hierauf verliest Juſtizininiſter Mohl einen Geſetzentwurf. die Verkündigung
der von der Nationalverfammlung erlaſſenen Geſetze nebſt Motion. Die Yub-
lication ſoll theils durch ein neu zu gründendes Geſetz-Blatt und theils durch
die Organe der Einzelnregierungen erfolgen. / -

Schüler aus Jena fragt, ob der Geſetzentwurf vom Abgeordneten Mohl


epalt das Recht habe, Geſetzeschtwürfe vorzulegen, da ihr in dem Geſetz
über deren Errichtuͤng nirgens die Initiative der Geſetzgebung eingeräumt fei-
Er beantragt, zuerſt dieſe Frage zu erörtern und zu entſcheiden, ehe man über
das Geſetz felbſt verhandle.

Reichsminiſter Mohl bezieht ſich auf einen beſonderen, dem Reichsminiſte-
rium gewordenen Auftraͤg, worauf Präſident vorſchlägt, den vorgelegien Geſetz-
entwurf dem Geſetzgebungsausſchuß zur Begutachtung, in welche auch die Frage
Schülers zu ziehen ſei, zu Überweifen.

Nach einigen Worien Behrs und nachdem man Schaffrath und Schüler
das Wort durch Schluß der Debatte abgeſchnitten, ſtellt Präſident die Frage:






den Schülerſchen Antrag dabei zu erwähnen, verweigert er Schaffrath u. Schl-
ler das Wort darüber, und erklärt, nachdem die Majorität die Frage befaht
hatte, es verſtehe ſich von ſelbſt, daß jener Ausſchuß dieſe Frage mit in 5*
trachtung ziehe! (Alſo was der edle Gagern andentet, verſteht ſich gon ſelbß
auch ohne Beſchluß der Verfammlung!! Vergleiche den 4 Griff“, in
dem ja auch ein perſtecktes Amendementchen perborgen ſein follte ! 1)

Weiter verkündet Präſident eine Erklärung des Reichsminiſters Heck-
ſcher, daß er auf Eiſenmanns Interpellation — in 8 Tagen! antworten werde
coh, oh, ſchon!) Nach Anzeige einiger Berichte, worunter der von Feÿ über
das Anerbieten des Buchhändlers Hahn in Hannover, ſeinen Verlag zur
Sründung einer Reichsbibliothek hexzugeben, ſogleich zur Berhandlkung gezogen,
das Anerbieten angenommen, die Auswahl den einzelnen Ausſchüſſen überlaſſen
und Hrn. Hahn der Dank der Verſammlung ausgeſprochen wird, interpellirt
Mammen zum zweiten Male den volkswirthſchaftlichen Ausſchuß wegen des
Bexichtes über ſeinen Antrag auf eine proviſoriſche Zollgeſetzgebung; ‚SGeve-
foht antwortet, daß er Berichterftatter ſei und am 25. d. M. den Bericht dem
Vorſitzenden übergeben habe.

Vicepräſident v. Herrmann erklärt, daß er dieſen Bexicht M. Mohl,
dem Correferenten zugeſtellt habe, und M. Mohl bittet, zu bexückſichtigen, daß Geve-
koht auf Tagesordnung angetragen, alſo ihm die eigentliche Hauptaxbeit ohliege.

Mammen iſt damit nicht befriedigt, und beantragt, den volkswirthſchaͤft-
lichen Ausſchuß aufzufordern, binnen 8 Tagen den Berlcht zu erſtatten, I0 Ddaß
am 8, d. D darüber berathen werden könne. Der Antrag wird, da er von
der linken Seite kommt, nicht für dringlich erklärt. —

Man geht zur Tagesordnung über. Zum Präſidenten wird v. agern
mit 396 Slimmen gewählt, neben ihm haͤtte v. Herrmann aus München
31 Stimmen erhalten, die übrigen ſich vereinzelt. Als erſter Vicepräſtdent
ward v. Soiron mit 284 St. ernannt. 141 hatte v. Herrmann erhalten.

v. Soiron, deſſen Wahl ſtark beziſcht ward, erflärte darauf mit uner-
hörter Dreiſtigkeit, daß er die Waͤhl annehine und wie bisher ſeine Pflicht thun
wWerde (D, D. in einex Sitzung ſeine Pflicht ſiebenzehn Mal verlegen werde, —
Ziſchen von der Linken, Beifall von den Centren und der Rechten.) Darauf
rliest Präſident eine Erkläruͤng von 40 Mitgliedern der Linken, daß ſie, Da D,
Soiron trotz der gemachten vielfältigen Erfahrungen wieder gewählt worden fet, -
fih zu der Erflärung veranlaßt fänden, daß fie ihm ihre Stimme nicht mur
nicht gegeben hätten, fondern auch Feinen Theil an den nachtheiligen Folgen die-
Wigard und Rösler erklären ihren An-

ſhluß! (Lärm von der Rechten und den Centren.) Bei der Wahl des zweiten


v. Herrmann nimmt die Wahl an.

Bevor man zur weiteren Tagesordnung ühergeht, zeigt Präſident an, daß
die Abgeordneten, Buchhändler Veit aus Berlin, Schwehßſchke aus Halle dem
Beiſpiele des Buchhändlers Haͤhn gefolgt ſeien, was die Verſammluͤng dank-
bar annimmt. Ferner verfündet Präſident die Wahl des Finanzausſchuffes, be-
Schoder, Siehr, Breu-
fing, v. Salzwedel; Rotenhan, Wichmann, ſFriedrich, Anz, Sachs, Reh und
Schott, und den Eingang neuer Beiträge zur deutſchen Floͤtte. **

Auf der Tagesordnung ſteht der Bericht des Ausſchuſſes für Geſchäftsord-
nung über die Ergänzung der in verſchiedenen Ausfchüffen zur Erledigung ge-
fommenen Stellen. Muͤrſchel erhält zunächſt, alg Berichterſtatter das Wort.
Vach einer halbſtündigen Debatte, an der ſich Spatz, Degenkolb, Neugebaur,
Fuchs, Pfeifer, VBogel, von Dillingen und von Lindenau betheiligt, und aus
pelcher nicht weniger als acht verſchiedene Anträge hervorgegangen, entſcheidet
ſich die Verſammluͤng, nachdem ſie auf einen Antrag v. Soirons noch einige
Zeit mit unnützen Abſtimmungen verloren, für Annahme des Ausſchußantrags,
nach dem die Ausſchüſſe, in denen einzelne Mitglieder ausgefallen, Candidalen
zu ernennen hahen, aus welchen die Nationalverſammlung nach relativer Stim-
menmehrheit wählt. ;

... Die Berfammlung beſchließt noch die Rückzählung von 2000 fl. an das
Nechnziamt 3U Frankfuͤrt, genehmigt eine Auszaͤhlung des Bureau des Fünf-
giger Ausichuffes ; votirt gegen Fürſt v. Lichnowsky's Stimme Letzterem einen
Zank und billigt feinen Vtitgliedern Vergütung der Reiſekoſten und Diäten im
Betrag von 3 Chalern aus der Reichskaͤſſe. Nach Bewillung einiger Urlaubs-
geſuche wird die Sitzung aufgehoben, *

eoordnung für morgen: Antwort der Reichsminiſter auf verſchiedene
Shterpellationen, und der Bericht über die Verringerung der dem Publikum zu-
gänglichen Räume.



Deutſchland.

AT Mannheim, 2. September. Der Verleger der Mannheimer Abend-
zeitung, J. %. Grohe, wurde geſtern, nachdem er 4 Monate lang im Zellen-
gefängniß zu Bruchfal geſchmachtet hatte, vom hieſigen Hofgericht ſchuldlos be-
funden und freigeſprochen. Mit lebhaftem Jubél wurde dieſes Erkenntniß von
den Bürgern Mannheims Aul gendmmen, und Grohe ſo wie ſeine wackern Ver-
Vedigen Brentano und Eller, erhielten im Laufe des Tages die unzweideu-
tigftien Beweiſe allgemeiner , freudiger Theilnahme, Da die Abficht mehrerer
Hürger, dieſen Männern auf den Abend einen Fackelzug zu bringen, durch
olizeiverbot vereitelt ward, peranſtaltete man eine feſtliche Verſammlung im
Badner Hof, wo die im Saale Weilenden durch ein Stäudchen begrüßt wur-:
den, das bei Fakelſchein im Garten ſtattfand. Die Begrüßten dankten ihren
Mitbürgern für den Beweis ihrer Anhänglichkeit und ſprachen Worte der Er-
munterung zum kräftigen Aushaxren im Kainpfe für ihre heiligen Rechte zu
ihnen. Der ſchöne Geſang des Turnvereins haͤtte alle Hörer ergriffen, Alles
athmele Freude und PBerzlichkeit, und kein Menſch dachte an einen Exzeß.
Die Anweſenden ſchloſſen ſich an Grohe und Brentaͤno an, um beiden auf der


 
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