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reuzer. — Briefe und Gelder: frei einzuſenden.
Deut ſchland.
Stuttgart, 8. Febr. Die heutige Sitzung war eine ſehr bewegte, die
Berathung über den Rechenſchaftsbericht des ſtändiſchen Ausfchuſſes betreffend.
Die Eingabe Römers in Folge der Maiunruhen des letzten Jahres ſtand auf
der Tagesordnung. Die Gallerien waren dicht beſetzt, auch der Kronprinz
war anweſend, der Miniſtertiſch war gleichfalls beſetzt. Ehe jedoch die erwar-
tete Berathung begann, mußte das Publikum harren, bis 2 Geſetzentwürfe über
die Vereheligung der Gemeindegenoſſen und Zuſätze zum Verwaltungsedikt, die
Gemeinderathswahlen beir., vom Miniſter des Innern verleſen waren. Die
Beſtimmungen des Letztern ſind nicht ſehr im Sinne einer liberalen Entwicklung
des Gemeindeweſens. Endlich brachie der Präſident die Tagesordnung zur
; Vorauszuſchicken iſt, daß der ſtändiſche Ausſchuß eben jener Bitte
Römers, bei der Staatsregierung die geeignete Verwendung eintreten zu laſ-
ſen, keine Folge gegeben hat. Zunächſt ergriff Römer das Wort: Am 4,
Mai, dem Tage nach den Unruhen, ſo erzählte er, ſei ſein Zimmer nicht leer
geworden von Solchen, welche ſich über Brutalitäten des Militärs beſchwerten,
Dies habe er abge-
ſchlagen, aber bei der Siadtdirektion um Maͤßigung gebeten, wenn die Auftritte
ſich wiederholen ſollten. Da aber die Stimme des Einzelnen Wenig vermögen
tounte, ſo habe er ſich an den ſtändiſchen Ausſchuß gewendet, und deſſen Ver-
wendung bei der Staatsregierung nachgeſucht, um ſie zur Unterſuchung zu ver-
anlaſſen. Er habe geglaubt, daß in Ermanglung pofitiver Vorſchriften die
Dienſtinſtruktion der Landjäger gelten müſſe. Aber ſelbſt von der dort vorge-
ſchriebenen Form ſei kein Gebrauch gemacht worden. Er verlieſt die Zeugniſſe
vereint angeben, daß ſie vor der Salve nur ein einmaliges Trommeln gehört ha-
ben. Die Folge der Salve ſei ein Todesfall geweſen. Dieſe Zeugniſſe habe
er dem Ausſchuſſe übergeben. Ob nun dieſe Zeugen Recht hatten, oder nicht,
will er dahingeſtellt ſein laſſen, jedenfalls aber hätte der Ausſchuß im eigenen
Intereſſe der Staatsregierung eine Unterſuchung beantragen ſollen. Der Aus-
ſchuß leite aus einer Ergebenheitsgdreſſe, welche kan Wort von Exceſſen euthalte,
her, daß ſie nicht Statt gefunden, natürlich aber werde man in einer ſolchen
Adreſſe an den König nicht das ſagen, was er nicht gern höre. Er enthaite
ſich nun, irgend einen Antrag zu ſtellen, ſei ja doch der Ausſchuß das Pro-
duct der Majoritat der Kammer; nur werde er ſpaͤter eine Molion zur Rege-
lung künſtiger Fälle einbringen. Zum Schluß verwahrt er ſich zegen die Ver-
dächtigung einer politiſchen Partet; die Regierung möge ihre Gründe ſagen,
weßhals Radikalismus und Kommunismus nicht im Spiele ſeien, denn gerade
in Regierungsorganen ſeien die Verdächtigungen geſtanden.
Der Miniſter v. Schlayer bedauert, daß die Sache übexhaupt zur Sprache
gekominen ſei.
gitimirt geweſen ſei, und ob er einen Beweis für ſeine Beſchwerde habe.
trägt der Miniſter eine Reihe von Zeugniſſen vor, welche ganz das Gegen-
theil von dem enthalten, was Römers Zeugen ausſagen, der Officier habe das
Kaufmann Reihlen geht in ſeinem Zeugniß ſogar ſoweit, zu ſagen: „ſie ver-
fuͤhrten dergeſtalt ein Geſchrei von Freiheit und Republik, daß es mir und
meiner Familie ganz angſt und bang wurde.“ Allgemein ſei die Maßigung
des Militars bewundert worden. Ob es nun damals an der Zeit geweſen fet,
ſolchen Zeugniſſen gegenüber Beſchwerden über Mißbrauch zu erßeben? ſich
gleichſam auf die Seite der Unruheſtifter zu ſtellen? Ueberall, auch in Frank-
reich (England nannte der Herr Miniſter, zog aber das Wort wieder zuͤrück)
rechtfertigen ſucht: nach allen Zeugniſſen ſeien auch die Behörden vollſtändig
in ibrem Rechte geweſen, und der Ausſchuß habe varausſetzen müſſen, oaß
die Behoͤreen ihre Schuldigkeit gethan. — Roͤmer: Der Ausſchuß habe den
ier den Scheffel der Klugheit geftellt, weil er angenommen, daß jeder Tadel
gegen die militäriſche Macht von Nachtheil ſein Fönnte. Er habe natürlich
San Allgemeinen erkenne er die Mäßigung des Militärs an, Exeeſſe Einzelner
aber feien zu beklagen, und was er allein hervorhebe, ſei das Schießen vor
der Haidlen ſchen Apotheke. \ ng.
Zeugen hören ſollen, es ſei ſchwer zu begreifen, warum die Polizei zwar den
Kaufmann Reihlen, nicht aber den Apotheker Haidlen (Beide Nachbarn des
betreffenden Platzes) gehört habe. Zu einer Unterſuchung habe er Beranlaf-
fung geben wollen, und das habe dann ſogleich geſchehen müſſen. — v. Schla-
yer: Die Regierung habe eine Unterſuchung nicht zu [dheuen gehabt. Römer
heiße ſeine Eiuͤgabe eine Denunciation, er fei aber kein Betheiligter geweſen,
nirgends ſei von Betheiligten eine Beſchwerde eingelegt worden. —
Eine lange heiße Debatte entſpann ſich auf dieſe Hrundlage hin.
Nur die Gedanten der Hauptredner koͤnnen wir hier auführen Miniſter
v. Beroldingen: Roͤmer habe ſich auch gegen die Cenſux beklagt, weil ſie die
Vertheidigungen ſeiner Partei gefirichen habe; ſie habe ſtreng fein müffen und
Alles ſtreichen, was zu neuer Auflehuung veranlaſſen Fonnte, — Frhr. Berli-
chingen! Kömer könne die Entſcheiduͤng des Ausſchuſſes kritiſiren, er habe ihn
aber verdächtigt, denſelben der Parteilichkeit beſchuldigt, nahe gelegt, daß der
iungsweiſe des Ausſchuſſes ausſpreche. — Römer: Er habe ſeinen Vorwurf
auf eine übergroße Aengſtlichkeit des Ausſchuſſes gegründet. (Schluß morgen.)
München, 6. Febr. (S. M.) In Folge einer Miniſterkalweiſung hat-
ten die äußeren Behörden Bericht über die oͤrtlichen Zuſtände und Verhaͤltniſſe
der Iſraeliten in den verſchiedenen Landestheilen zu erſtaͤtten. Jetzt hört man,
Reviſion der betreffenden Geſetzgebung neu dargethan worden iſt, ſondern daß
auch die meiſten Stimmen ſich für die bürgerliche Gleichſtellung der Juden aus-
geſprochen haben. 4 7
— 9. Febr. Die ſeit mehreren Tagen unter Studirenden verſchiedener
Verbindungen (Landsmannſchaften) beſtehenden Zwiſte, die heute wieder zu ei-
tungen hervorgerufen. Die Ruhe waͤrd jedoch ſchnell hergeſtellt, und man darf
hoffen — auch ſcheinen es die ergriffenen ernſten Maßregeln zu verbürgen —
daß ſie nicht mehr unterbrochen wird. Man ſpricht davon, daß künftig an
unſerer Univerſität ſämmtliche Verbindungen ſammt ihren Abzeichen aufhoͤren
ſollen. (A. Allg. 3.)
Frankfurt, 3, Febr. Die Verhandlungen der Bundesverſammlung über
die Preſſe dauern noch fort. Der voriges Jahr bekannt gewordene preußiſche
Entwurf eines Preßgeſetzes iſt jetzt verlaſſen und ſtatt deſſen der Antrag ge-
ſtellt, unter gewiſſen Bedingungen oder Garantien jedem Bundesſtaate anheim-
zugeben, die Angelegenheiten der Preſſe ſelbſt zu regeln. Dieſem Antrage ba-
den alle Staaten, mit Ausnahme von Kurheſſen und Hannover zugeſtimmt,
und ſeloſt dieſe haben zuletzt erklärt, daß ſie der Majorität beitreten werden.
Daß auch Oeſterreich für Aufhebung der Cenſur geſtimmt, mag in Erſtaunen
ſetzen, doch hängt ja Alles von den ſogenannten Garantien ab, unter welchen
dies geſchehen ſoll, und dieſe können, wie der bad. Abg. Welcker neulich rich-
tig bemerkte, am Ende noch beſchränkender werden, als jetzt die Cenſur.
Es wird gut ſein, ſeine Hoffnungen nieder zu halten. (Dtſch. 3.)
*8 Aus Sachſen, 5. Febr. Die Auftlärung und Bildung des Volkes
werden als gefährliche Feinde des Beſtandes unfreiſinniger — Regierungen
und deren Adels- und Beamtenanhänger von dieſen mit Recht angeſehen und
gefürchtet. Dies zeigt u. A. auch deren Begünſtigung und Bevorzugung der
Geiſtlichen, welche dem Verſtaude nur das Recht der Selaverei eines blinden,
überlegungsloſen Glaubens einräumen und ihre Gemeinden in einen alle Keime
freierer Geiſteskraft und die innere Lebensheüerkeit erſtickenden, brütenden Glau-
den zu ziehen und zu verwirren ſuchen. &3 iſt nichts natürlicher, als daß dieje-
nigen, welche in der Religion eine geiſtige Selbſtſtändigkeit zu beſitzen ſich für
unwerth haͤlten, auch fügſame, unterwürfige Geſchöpfe in den Angelegenheiten
des Staats und der Gemeinden ſind. Seitden in Sachſen ein muͤthigerer
Sinn für Fortſchritte aufgeſtanden, wird auch die Gegenwirkung des Frömmlers
und Muckerthums immer officieller. An der Spitze das Miniſterium des Cul-
tus ſteht von Wietershem, ein im Polizeifache erzogener und alt gewordener,
und jedem Selbſtſtändigkeitsz und Unabhängigkeitsſinn abgeſagter Mann. Seine
Berufung des Dr. Harleß, einiger ſtrengglaubigen Schuldirektören, ſein Verfaͤhren
gegen einige, eine Abänderung des Symbolzwanges bittende Geiſtliche iſt
ſchou bekaunt. Mehr als Alles, was er ſeit ſeinem Einiritt {n’s ,, Miniſtexiunis der
Aufklärung“ wie es Oberländer in der Kaminer ſpoͤttiſch zu nennen pflegte, be⸗-
zeichnet ihn eine neuerlich an die Gymnaſien erlaſſene Verordnung, wodurch
den kleinen Staatsbürgern eröffnet wird, daß ſie ſich bei ſchwerſtek Strafe in
keine Verbindung einlaſſen ſollten, worig ſie verpflichtet werden, jeden Sonn-
tag in Reih und Glied mit ihren Lehrern die Kirche zu beſuchen und worin
endlich beſtimmt wird, daß die Lehrer hauptſächlich religioſe Erbauung dem
Unterrichte vorausſchicken müßten. Die Schüler mochten nicht wenig
überraſcht ſein, als ſie plötzlich hoͤrten, daß und welche hoͤhere Macht es noch
über ihren Lehrern gaͤbe; bis dahin hatten ſie in ihrer Unbefangenheit noch
nichts von einem Miniſter v. Wietersheim gehört; die Kirche iſt nun fuͤr ſie
eine Zwangsanſtalt geworden. Die Andacht wird zum Bildungsmittel fruh-
ze tiger Heuchelei und die Verſunkenheit in kirchlich Unbegreiflichkeiten zur Lüge
des Gebets!
Bereits früher wurden die Schullehrer-Seminarien, {a ſelbſt die höheren
Schulen in mönchiſche Clauſur, trotz ihrer Folgen an geheimer Sünde und,
was der Geiſt will, an Duckmäuſerei, umgewandelt und die lernenden künftigen
—— nebenbei mit dem ſtupid⸗pietiſtiſchen Schimpfblatte: „Volkoblatt“ ges
peiſt. — — — ——
Noch beſſer, als der Miniſter, weiß der Adel Sachſens es, wie die
pietiſtiſchen und hierarchiſchen Tendenzen der Prieſter die beſten Mittel ſind, das
Volk in Unwiſſenheit und Knechtſchaft zu erhaͤlten. Der Fürſt von Schoͤnburg
ſucht die verſchrobenſten Mucker aus dem ganzen Lande zuͤſammen, um ſie den
Gemeinden, in denen er Patron iſt, aufzudtängen; er fcheut ſelbſt, ſo zach, hart,
begehrlich und prozeßluſtig er auch ſonſt ſeinen Vauern gegenüber ſich bezeigt,
bedeutende Summen nicht, um Schulen zur Unterſtützung ſeiner Lieblingsidee
zu errichten und das Muldethal, in dem er ſein Regimeut übt, iſt in Saͤchſen
ſprichwortlich geworden als Waideplatz der Elecioralheerde des geiftlichen
Mucterthums. Der Graf v. Hohnthal in Püchau ſtellie den füngern Groß-
mann, Catheget an der Kirche St. Petri in Leipzig, welche die Hochſchule des
ſächſiſchen Pietismus und der Prieſteraxroganz iſt, in ſeineni Wohnorte alg Geiſt-
lichen an. Es iſt dies derſelbe glaubensübereifrige, bekehrungsſüchtige Jüngs
ling, welcher auf ſeinen ehmals freiſinnigen, doch ſpäter in euͤgherzige Befeß-
dungen der Katholiken und in Vertheidigung der eigennuͤtzigſten welilichen Pre-
tenſionen der Geiſtlichen aufgelöſten Vater ſo influenzirte, daß dieſer daͤs Werk-
zeug dex Ausſchlichung Rupps von der Berliner Verſammlung des Guſtav-
Adolph Vereins wurde, und nach ſeines Vaters tiefer Demüthigung, die er deß-
halb erfuhr, ſelbſt noch als Vertheidiger jenes Schrittes mit Gruͤnden, wie fie
trat. Er iſt einer der geſchliffenſten und klügſten ſeiner Partei. Blicken wir ius
Getriebe ſeiner geiſtlichen Wirkſamkeit, ſo haben wir noch das vortheilhafteſte
Bild von einem der Geiſtlichen, wie ſie jetzt in Sachſen en voque ſind. In
ſeinen Predigerconferenzen ſpielt natürlich die ſeligmachende 4 7 Erb-
uß f.
Vom Main, 10. Febr. Die Noth in Oberſchleſien iſt furchtbar gewor-
den und uͤberſchreitet alles Maß. Alle Zeitungen, auch die „Oberpoſtamts-