Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 209 - No. 234 (1. September - 30. September)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0909

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext












zeitur

























— .
* Abonnement in Mannbeim halbfährlih 2 fl. 48 Fr., durch die Poſt bezogen in ganz Baden *
18 48 — 5 ſt. im Ausland erhöht ſich das Abonnenient um den Poſtaufſchlag. No. 2 17
Inſerate die gefpaltene Zeile in Petitſchriſt oder beren Kaum vier Kreuzer. — Briefe und Gelder: frei einzuſenden.

2

73, Sitzung der konſt. Nationalverſammlung.
Donnerſtag, den 7. September 1848

\

\


pag ohne dleelamation genehmigt wird. Präſident liest darauf ein Schrei-


und Unterfigatsfecretäre in Folge des am 5. über den Waffenſtillſtand gefaßten


yerwefer dieſelbe angenommen habe. Die bisherigen Miniſter würden bis zum
Amigantritt der Neuͤzuernennenden die lanfenden Geſchäfte beſorgen, mit wel-
chen keine Verantwortlichkeit verbunden iſt. (
er die Anzeige des am 5. gefaßten Jeſchluſſes dem Neichsmintfterium ſchriftlich
gemacht, dieſes aber ſich geweigert habe, denſelben zu vollziehen, weil dieſe Voll-
ziehung nicht in den Kreis der obgenguyten Geſchäfte gehöre. Uebrigens ſei
Dahlmann mit Bildung eines neuen Miniſterinms beauftragt. Darauf habe
er Dahlmann denſelben Beſchluß zugeſchickt, allein die Antwort erhalten, daß
noch Fem neues Reichsminiſtexium zu Stande gekommen ſei. Endlidy habe er
eine Interpellation an die bisherigen Miniſtex von Schüler aus Iena und Ge-


5,- D, getroffen hätten. Abſtimmung über die Dringlichkeſt dieſes Antrags, Die
Zählung der Stimmen exgibt 205 füx, 190 gegen die Dringlichkeit

Schüler begründet ſeine Interpellation mit der Eröxterung der Verbind-
lichkeit des abgetretenen Reichsminiſteriums, auch dielen Beſchluß zur Ausfüh-
rung zu bringen und beantragt, daß ihm durch Beſchluß der Nationalzer-


fehl zur Siſtirung des Zurückziehens der deutſchen Truppen nach Schleswig ge-



ter, Händcklatſchen und Bravo). Das Miniſterium habe am 5., Abends 7
(Ein einzelnes Bravo). v. Schmerling: ich danke. Den Be-
ſchluß der ſie dazu bewogen, hätten ſie geachtet und zu ſeiner Ausführung das


nach dem voͤrgeſtrigen Beſchluſſe bei ihrer Ehre verpflichtet ſeien, ihn auszufüh-
ren! Weiter könnien ſie nichts thun. Sie hätten alles gethan, was ſie als
treue Diener der Krone Eaute Unterbrechung: gibt keine Kronel); der Redner


; ; * (Woher weiß das Präſident?)
Die Wahl der Mittel zu Ausführung jenes Beſchluſſes bringe eine Verantwort-


Weſendonck: Das Miniſterium habe mit ſeinem Rücktritt fehr geeilt, ſei es


ihre Ausführung zu hemmen. (Unterbrechung von der Rechten. Präſident:
Ich traue dem Hrn. Weſendonck das Ehrgefühl zu, daß er auf dieſe Beſchul-
digung eine Klage folgen laſſe. Zuruf von der Linken: „Iſt ſchon beſchloſſen,
Der Redner verwahrt ſich energiſch gegen den Präſi-

Er widerſetze ſich jedem Abſolutismus, auch der abſoluten und parteiiſchen Herr-

haͤbe thun ſollen. Ich will den Miniſter ſagen, was ſie thun mußten; ſie muß-
ten ſofort den Beſchluß den Bundesfeldherren und der preußiſchen Regierung
notificiren, damit hätten ſie ſich nicht compromittirt, keine Verantwortlichkeit


Mag Schülers oder Eiſenmanns Antrag angenommen werden, das verlange ich


Beſchluß unterwerfen und zu deſſen Ausführung beitragen ohne Rückſicht auf
(eifall, Mißfallen rechts.) Er beantragt, in-

wenn der Beſchluß revolutionär genannt verde, ſo übernehme er gerne die
antwortlichkeit dafür, gefalle aber dieſer Antrag der Verſammlung nicht, ſo be-
antrage er weiter einen Vollziehungsausſchuß zu ernennen. Eauter Beifall.)


durfte es nicht handeln. Eauter anhaltender Beifall.)

Präſident fucht ſich gegen Weſendonck zu vertheidigen, indem er ihm Worte
unterlegt, die er nicht geſprochen, und welche Weſendonck u. andere in Abrede
ſtellen,
worauf W. nach einigem Hin- und Herreden fortfährt: Er habe das Recht, die
Verſammlung auf die Geſichtspunkte aufmerkſam zu machen, die ihm ins Auge


Präſident erklärt ſich bereit, auf einen Antrag auf Prüfung ſeines Verfah-
rens, ſich auf Grund der ſtenographiſchen Mittheilungen und der Geſchäftsord-
nung zu vertheidigen. *

R. Mohl. Eiſenmann habe beantragt, den Reichsverweſer zu veranlaſſen,
bald ein Miniſterium zu ernennen, wo möglich ihn ſelbſt cheftige Untexbrechung).
Er ſtelle den Satz auf, das Miniſterium
hätte weder das Recht, noch die Pflicht gehabt, die Vollziehung eines Beſchluſ-
fes zu übernehmen, der ſie zur Niederlegung ihres Amtes veranlaßt habe. Im
Gegentheil hätten ſie ein Verbrechen begangen. Die Verſammlung koͤnne Nie-
mand mit Vollziehung ihrer Beſchlüſſe deauftragen, nur Minifter, welche vom
Reichsverweſer ernannt wären, hätten das Recht dazu. Meinen Sie aber Deutſch-
land ſo regieren zu können, ſo ſehen Sie zu.
Daͤhlmann bittet dringend, die Anträge nicht zur Abſtimmung kommen zu






gehandelt; in ſo gefährlicher Lage ſei Beſonnenheit nöthig 20. —
Mittermaier. Was geftern beſchloſſen iſt, muß ausgeführt werden. Die
Männer, die den Beſchluß faßten, haben nicht wie Kinder mit Feuer geſpielt,
ſie wiſſen, was ſie geihan haben EJahn: Nein! Präſident ruft ihn zur Ord-
nung.) Der Redner führt aus, daß zwar der Miniſter verbunden ſei, die Be-
ſchluͤffe der Verſammlung auszuführen, ſo lange er Miniſter ſei, dann aber habe
auch jeder Miniſter das Recht, zu verlangen, daß man ſeine Ueberzeugung ehre,
und wenn er eine Maßregei nicht mit ſeinem Gewiſſen vereinigen koͤnne, abtre-
ten duͤrfe. Mit einer Nolifizirung ſei e& nicht gethan, e& handle fih um Be-
fehle und um Mittel, ihnen Geliung zu verſchaffen. Spricht ſich für ein vom
Reichsminiſter zu ernennendes Interimeminiſterium aus und gegen eine aus der
Verſammlung direlt hervorgehende Vollziehungsbehörde. ——
Vogt. Das Miniſterluin ſei nicht abgetreten, weil es keine Mittel zur
Vollziehüng gehabt, ſondern weil der Beſchluß nicht ſeinen Anſichten gemäß
mäß gewefen, es hätte ſeiner Ehre nichts vergeben, wenn es ihn vollzogen hätte,
allein da es nicht geſchehen, ſo könne man es nicht zwingen. Unſer Beſchluß
muß ausgeführt werden, varin wird auch die vorgeſtrige Minorität einverſtan-
den fein. Ja, Ja von der Rechten) Bedauern müffe er, daß der, der mit
der Bildung eines Miniſteriums beauftragt war, nicht Die Verantwortlichkeit
übernahm, fofort einige Miniſter zur Vollziehung unſeres Beſchluſſes zu ernen-
nen. Der Vorwurf ttrifft alſo nicht die alten Minifjter, fondern Hrn. Dahl-
mann, der raſch und entſchieden hätte handeln und ein Miniſterium, wenn auch
nur auf 12 Siunden, ernennen oder ernennen laſſen ſollen. So hätte ein po-
litiſch gebildeter Staatsmann gehandelt Gelächter) und hätte dadurch den Dank
der Nation verdient. Eine Verantwortlichkeit übernehme das Miniſterium nicht,
das die Beſchlüſſe der Nationalverſammlung vollziehe; es werde jeder Zeit von
dieſer gedeckt und vertreten werden. Einige Gutherzige würden ſich wehl gefun-
den haͤben, die das Schickſal übernommen hätten, einige Zeit das Miniſterium
zu führen, bis ſie, wie das vorige, zu ihren Vätern verſammelt worden
wären. 2 B ;
Fuürſt Lichnowsky erklärt ſeine Uebereinſtimmung damit, daß die Unzufrie-
denhelt der Verſammlung allein Hrn. Dahlmann treffen könne. Uebrigens könne
in Sachen, wo es fih um Krieg und Frieden handle, die Verſammlung nicht
allein Befchlüſfe faſfen, ſondern nach dem Geſetze über die Centralgewalt nur
in Vereinigung mit dieſer, deßhalb könnte auch die Vollziehung ihrer einſeitigen


— Simon von Trier? Es handelt ſich darum, ob der Beſchluß der Bera .
faͤmmlung vollzogen werden ſoll. Der Reichsverweſer muß ſich erklären, ent-
weder beiſtimmend oder wenn er das Recht zu haben glaubt, durch ein Veto.
Der unvetantwortliche Reichsverweſer muß für verantwortliche Perſonen ſorgen.
Damit werden die Anhaͤnger des konſtitulionellen Prinzips am meiſten einver-
ſlanden ſein, denn eine Verzögerung wird keine Begeiſterung für das Prinzip
erwecken. ; *
Siemens: Wir haben kein Geſetz über Verantwortlichkeit, können alſo
auch Niemand verantwortlich machen. 2
Weſendonck: Die Sache ſteht ſo: Der Waffenſtillſtand iſt nichtig, ſo lange
die Verſammlung ihre Einwilligung nicht erklärt; ein Beſchluß, daß das nicht
ausgeführt werden ſoll, was nichtig iſt, bis unſere Genehmigung es für be-
ſtändig erklärt, gehört nicht zu denen, wo wir die Zuſtimmung des Reichsver-
weſers brauchen. Man ruft nach Schluß. ——
Präſident ſieht ſich genöthigt, Fürſt Lichnowsky zurecht zu weiſen, der ſich
der Abſtimmung über den Schluß der Debatte widerſetzt, der hierauf ausgeſpro-
chen wird. Schüler und Wefendonck nehmen ihre Anträge zurück; da Eiſen-
manns Antrag nicht unterſtützt wird, ſo erledigt ſich die Sache von ſelbſt.
Man befchließt ſofort die Diskuſſion über Dringlichkeit oder Nichtdringlich-
keit eines Antrags des Abgeordneten v. Reden, auf Entſchädigung der Rheder
und Schiffseigenthümer, welche durch den däniſchen Krieg bedeutenden Schaden
erlitten, wozu die Centralgewalt die Einleitungen zu treffen habe,
Zell widerſpricht die Bringlichkeit, weil die Schwierigkeit det Formulixung
der Verpflichtung nöch nicht gelöſt ſei, und weil Millionen hier an der Faſſung
haͤngen, weshalb er um Ausſetzung der Verhandlung auf die nächſte Sitzung
bittet, damit man die Sache reiflich überlegen könne. — —
Löwe. Hauptaufgabe der Verſammlung ſei Herſtellung der Einheit; Ddie


lichſte, was es jetzt gebe; die Verpflichtung des gaͤnzen Vaterlandes zu jeher


Erfolge des Kriegs geſprochen hat, an dem das Volk zweifelt, gerade weil die,
welche die Entſchädigung erhalten ſollen, Beendigung des Kriegs wünſchen,
deſſen Fortſetzung jetzt von uns verhandelt wird, iſt dikſer Gegenſtand im Sinne
der Einheit das Dringlichſte, was es geben kann. Er wolle ſich eine Aus-
ſegung des Gegenſtandes gefallen laſſen, aber nicht länger als auf morgen;
nicht um die Verfaſſung, um die Exiſtenz Deutſchlands handle es ſich Meifalk.)
M. Mohl, Wicheinann, Graf Schwerin ſprechen gegen, Merck, Venedey

und Nauwerk für die Dringlichkeit. * ——
Wurm beklagt ſich, daß die Actenſtücke über den däniſchen Waffenſtillſtand,
welche noch wichtige Aufklärungen enthielten, erſt ſo ſpät in die Hände des Ausſchuſſes
gekommen Chört! hörth. Zwar würde die Entſcheidung Desfelben nicht an-
ders ausgefallen ſein, wohl aber die Motivirung chört! hört h. In der Haupt-
ſache iſt er gegen die Dringlichkeit und verlangt Prüfung des Redenſchen An-
trags durch einen Ausſchuß.
Heckſcher verkündigi, daß morgen Nachmittag um 5 Uhr Alles gedruckt
ſein werde, was zur Beurtheilung des däniſchen Waffenſtillſtandes nothwendig
ſei. Weſſen Schuld es ſei, wenn der Beſchluß unrichtig motivirt worden ſei,
wenn das Miniſterium geſagt habe, man ſolle warten, bis alle Vorlagen ge-
druckt ſeien? Auch begreife er nicht, wie man in einem Athem ſagen könne,
die Motive taugen nichts! und ſich doch darauf berufe. *


 
Annotationen