Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext









No. 34.

— 8 — —












Deutſchland.

E Karlsruhe, 1, Februar. Achtzehute öffentliche Sitzung un
Praͤſidium Baaders. ; ' ME * 4*

Tagesorduung: Diskuſſion über den Bericht des Abg. Schmitt, die Ver-
zinſung der Pfarrkompetenz⸗ und Pfarrzehntablöſungs-Kapitalien veir. — Ye-
litionsberichte. —

Auf der Regierungsbank: Regenauer, Frensdorff, Bronner.

Der Praſident eroͤffnet die Sigung. Es werden Petitionen verleſen.
Scheffelt: eine nachträglich ihm zugekommene Petition einer Gemeinde
4 Wahlbezirks gegen die Unterfiüßgung der drei Fa

riken.

Straub: Eingabe des Bäckermeiſters Sauter in Konſtanz, Eingriffe der
Polizei in die Kompetenz der Gerichte.
Heimburger: eine Petition aus Lahr, Ablöſung der Jagdrechte.,,

Baffermann; Eingabe des ehemaligen freiwilligen Landwehroffiziers


Biſſing: Bitte von 1563 Volksſchullehrern, um Verbeſſe-
rung ihrer Verhältniſſe; mit Auſchluß einer Denkſchrift. *
Fauth: eine Petition aus der Gemeinde Zimmern, Amts Buchen, Stra-
ßenanlegung.
Daͤs Sekretariat legt eine Petion vor über Abänderung des S. 5, Poſ. 4
des Zehntablöſungsgeſetzes.
Die Tagesordnung führt zur Diskuſſion des ſchmitt'ſchen Bexrichtes über
Berzinfung der Pfarrkompetenz- und Pfarrzehntabloſunge-


Der Präſident verliest den Art. 1 des Geſetzentwurfes.

„Art. 1. Die nach S. 5, Sag 5, und FS. 8 des Zehntablöſungsgeſetzes
bei der Staatskaſſe zur verzinslichen Anlage kommenden Pfarrkompetenz- und
Pfarrzehutablöſungskapitalien können,

1) wenn die Anlage vor Ablauf des Jahres 1847 erfolgt iſt, bis zum

Sschluſſe des Jaͤhres 1857,
2) wenn die Anlage nach 1847 erfolgt iſt, lediglich bis zum Ablauf der

im Zehntablöſungs-Geſetz beſtimmten zehnjährigen Anlagefriſt
gegen fünf Prozent Zinfen jährlich angelegt bletren.“

Vogelmann. Die Fürſorge fuͤr die Kirche ſei nicht der ſtärkſte Theil
im Zehntablöfungsgefeß. Er ſei daher immer damit einverſtanden, der Kirche


Bevölkerung noch klein, der Boden uicht ſehr kultivirt ſei. Dadurch werde be-
ſonders auch der Landwirtyſchaft aufgehoifen. Bei dem Staate ihre Kapitalien
anzulegen, ſei für die Kirche nicht das Vortheihafteſte; denn die Kirche müſſe
auch für Kriegsfälle geſichert ſein. Vogelmann wurde freilich viel lieber einen
andern Geſetzentwurf geſehen haben. Schon im Jahr 1843 ſei bei der evan-
geliſchen Geueralſynode der Vorſchlag gemacht worden, das Vermögen der

Pfründen zuſammenzuwerfen in einen gemeinſchaftlichen Fond, und theils durch


wenden, und die Berechtigten daxaus zu beſolden. Dieſe Einrichtung werde
den Nutzen haben, daß nicht mehr, wie dieß heute geſchehe, auf den ſchlechten
Pfründen junge Geiſtliche ſich befänden, welche ſo bald als möglich wegzukom-
men ſuchten; auf den gutdotirten dagegen alte unthätige Geiſtliche: waͤs Bei-
des nicht den Vortheil der Gemeinden befördere. — Einſtweilen ſtimmt der
Redner für den Regierungsentwurf. *
Straub. Die Regierungsvorlage ſagt ſelbſt mit lobenswerther Offen-
heit, daß die Pfründen durch die Ablöſung nur gewonnen haben, und daß
man ihnen daher kein Opfer mehr bringen ſolle. Ich trage fomit darauf an,


Verzinſung nach dem jeweils niedrigſten Zinsfuß.“ Ich bemerke übrigens,
im Intereſſe der Pfarreien ſind. Verwaltet
der Geiſtliche ſeine Wirthſchaft gut, ſo wird er geizig genannt; verwaltet er
ſchlecht, ſo ſchadet es ihm ſelbſt. Ich bin für Verwerfung des Geſetz⸗Ent-
wurfes. *
⏑ bemerkt, daß Straub gegen die Vorlage geſprochen und
für ſie geſtimmt habe. Der Zinsfuß würde vorausſichtlich lange Zeit derſelbe
bleiben. Mit Vogelmann beklagt er die Uebelſtäade, welche aus dem großen



Ankaͤufe hiudere, ſo ſtimmi er für ſie.
Buß macht auf die Folgen aufmerlſam, welche die Zehntablöſung nun
habe. Er iſt durchaus für Anlegung der Zehntabloͤſungs⸗Kapitalien in liegen-


wil aug Bewirthſchaftung durch die Geiſtlichen, „weil dieſe in Einführung
guter Landbaumtthoden mit Beiſpiel vorangehen können. Güterankauf aͤußer-
halb der Gemeinde will er nur da, wo Richts Anderes moͤglich iſt. Er


würflung der Kirchenvekmoͤgen, und ſtimmt für den Geſetzentwurf, weil Dieſer
den Guͤtexankauf moͤglich mache.
Bohme. Er wiſſe, daß — wenn auch hie und da eine Pfarrei durch


franden fei, Alle Gemeinden, welche den Zehnten forterhoben, um damit die
Zehntſchuld zu tilgen, ſeien bereits aus dem Zehntertraͤg vollfommen ſchuld-
frei geworden. Bei einex ſolchen Thatfache könne man doch nicht von einem
Sewinn der Zehntberechiigten ſprechen! Die Anwendung der Ablöſungskapi-
talien zum Guͤterankauf ſei eben eine Folge der Zehntaslöfung. Schlauer, als
Buß, behauptet der Redner, daß Feder, der Das verhüten wolle, für das
Sejeg ſtimmen, ja ſogar eine Verzinſung auf undeftimmte Zeit waͤnſchen müffe.
Bogelmann’s Eifer fuͤr die Kirche erkennt er an; nur harmoͤnirten feine Vor-


%



gegen die Zumuthung, auf Koſten der Pfründen in den foͤlechttultt
dirten Landestheilen, die Landwirthſchaft zu befördern. Stimmt
für den Geſetzesentwurf.
Knapp. Nach den Staatsverträgen und dem Konkordat mit Rom muͤſſe
die Kirche mit Gütern ausgeſtattet werden. Das ſei noͤch nicht geſchehen, und
müffe deßhalb jegt geſchehen Die Vermögenszufjammenwürfelung erflärt er
für „Kommunismus.“ Der Staat ſolle Ailes ruhig gehen laffen; die Kirche
werde ſchon zu Grundbeſitz zu kommen wiſſen. 72 *
Stoſſer ſtimmt mit Boͤhme für den Regierungoͤvorſchleg.
Bogelmann bemerkt hauptſächlich dem Abgeordneten Böhm
daß die Regierung bet ihrer Vorlage an die — ——
ben werde, 0O Die Vermögenszufammenwerfung qus Rechtsgründen zu rechts -
‘‚ieflrta%m 5 5 * * 4 hierher. Die Landwirthfhaft will er
allerdings heben; do aubt er, daß durch feinen tas Bermpaen
der Kirche weiter kein 2— — raae *
RNeihenbadh zeigt dem ubg. Blanfenhorn, daß er für den Gefegesent-
wurf geftimmt, aber gegen denſelben geſprochen habe. Deun der @Gé—feßent}
wurf beabfichtige allerdbings, wie bieß der Regierungsvortrag mit Maren "Wors
ten ſ * 4 * 54 40 — in Guͤtern; und
eine ranſammlung in todier Hand will { ördern. Cr {n
fläerm‘érfung des 2 H 9* *
‚ DHelbing verlangt eine beſondere Verrechnung für dieſe Ranitalien :
ſei beſſer, — zu Bauern zu * Pr * **
app. Sehr gut!“ Buß. v NRein! inl Wir wollen
* 4— haben! * 00l * *
eder. Die Geſammtſumme der Zehntkapitalien i d ei
balbe Million oder drüber. 4, 200, 000 * — — —
feld, Wieſen und Weinberge, worin die Ablöſungskapitalien angelegt werden
betragen davon 1%, Million. Betraͤchiet man dicfee Ablöſungskaͤpitaͤt im *
gleich mit dem durchſchnittlichen Güterpreis, den Morgen zu 3 — 400- 2*
rechnet, 10 könnte es bald kommen, Dıf des ganzen Laudes ſich {n todier
Hand befände. Bedenken Sie, was das jür Folgen haben fann, wenn 4,
ber ganzen Bevölferung, ja mehr al8 ",,, in einem helotijden —
verbältutgß ftcht! Bedenken Sie, welchta politifchen Einfuß vas ſchon bei
Wahleu haben würde. Die Agrifultur geht dadurcy audy zu Grunde, wenn
der Boden in todte Hand kömmt. Die Pfarrer und der Oberkirdenrath wers


ferung anzulegen, wo der Ertraͤg fuͤr ſie ein geringerer ſein muß. — Man
ſtelt uns in eine zweifelhafte Lage: weiſen wir die Berzinfung durdh die Staatss
kaſſe ab, ſo wird der Güterankaͤuf darch dıe Kirche befordert; nehmen wir fie
an, fo halfen wir den Steuerpflitigen eine Laſt von 63000 fl und mehr auf.
Ein Mittelweg iſt der: Die Pfarreien ſollen eben verfahren, wie die Spital-
berwaltung in Mannheim oder die Hoͤvelſche Stiftung, &s ſoll ein Theil
der Kapitalien in guten Hypotheken augelegt werven, Da sit das Geld in Zir-
fulation fömmt, &ine neue @üteranhaufung in tobter Hand darf nicht ge-
vehen. JO tenue Ortfehaften, w:lche teia freies Feld mehr haben, und Sie
täglich den Fluch des Volkes hören. \ — ———
ch beantrage daher, das vorliegende Geſetz zwar zu verwer . br
auch zugleich den Wunſch zu Protofoll zu geben: — Regierung 4 *
allen Kräften dahin wirfen, daß die Ablöfunyskapitalien von Zehnien und an-
dern Gefällen nicht zu Güterankäufen in todter Hand verwendet werden.n Die
Regierung kann das In Beziehung auf die Gkund⸗ und Gtaudesherru werde
ich ſpäter eine foͤrmliche Motion ſtellen.
(Kapp. Sehr gut! Ich unterſtütze den Antrag.)
Mathy ſtimmt auch heute wieder für die Regierungevorlage.

8*

Er glaubt,


ſogleich zur Zehatablöſung herbei ließen; den Spaͤterkommenden aber woll?
man das Recht geben, auf 10 Jahre gegen 5°% bei der Staatskaſſe ihr
*— anzulegen! ' 2
eizel behauptet, die Regierung ſei „verpflichtet,“ der Kirch

und Boden zu verhelfen. * ' * — ⏑

‚Deder jedoch liest dem Herrn Abgeordneten ſofort die beireffende Gefezʒ-
* vor, aus welcher ſich ergibt, daß die Regierung dies thun „Fann:
worau D S

Weizel durch den Saal ſchreitet, ſich bei Heder das ausbi
und unter eifriger Lektuͤre desſelben —— — * * ——
Sads ſtimmt mit Hecker; beſonders damit die Kapitalien {n Zirkulation
kommen. Er will wie Helbing eine befoͤuderẽ Verrechnung. Die Regierunge-
vorlage hat felbft geſagt, daß die Pfarreien durchfehnittlih aus der Ablöſuͤng
einen großen Gewian zogen. Man muß alſo die hohe Berzinfung aufbeben.
Wären auch einzelne ſchlecht dotirte Pfarreien aufzubeffern, {0 braucht die
Stagtekaſſe noch nicht eine allgemeine Zubuße zu geben. 63,000 Wulden Zin-
ſen ſind für mich ſehr viel! Wir follen nächfter Tage für die dringendſten
Prozeßordnungen beim Oberhoftzericht 6000 ſl. bewilligen; das iſt gerade die
Summe, mit der eine gut dotirie Geiſtlichkeit noch 10 Zahte laug weiter aus-


Mein Antrag geht daher dahin, das Sefeg zu verwerfen, eventuell
aber jedenfalls nicht mehr zu garautiren, als 4%,

Helbing. Bei reichen Pfründen iſt wohl eine Redultion von 5 pt.
auf 4 möglich. Aber viele evangeliſche Pfarreien ſind zu ſchlecht dotirt, um
dies ertragen zu können. Verwerfen wir die Vorlage ſo muͤßten wir die
ganze Summe zuruͤckgeben. Ich ſchlage daher vor, die Berzinfung auf 5 Jah-
re herabzufetzen und in dem Eutwurfe ſtatt 1857, — 1852 zu fchreiben.

‚ Negenauer, Die Zufammenwerfung der Fonds mache den Güterankauf
unmöglich. Die Regierungsvorlage hahe die national⸗öbkonomiſche Rückſicht als
entſcheidendes Moment gebabt. Die Pfarreien ſeien allerdings auf den Beſit

Wenn aber die ganze Vorlage verworfen


 
Annotationen