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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 187 - No. 208 (6. August - 31. August)
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1848.














— — 7

E Die Frauen unb die Politit᷑.

Die Zeitungen haben uns von vielen Petitionen erzählt, in welchen badi-
ſche Frauen und Ingfrauen bei der Nationalverſammlung in Frankfurt die
Amneſtie der politiſchen Gefangenen und Flüchtlinge nachſuchten. Die fonſt ſo
galanten Ritter des Paxlamentes, Binde, Lochnowski und ihr ganzer Troß ha-
den die Bitten trauernder Frauen nicht ſo ſehr geachtet, wie das Lächeln ko-
quetter Dirnen und ſind über dieſe Petitonen mit gewohnter Gleichgültigkeit
zur Tagesordnung übergegangen. Dieſer häßliche Unterſchied zwiſchen der Po-
litit der Frauen und der Männer veranlaßt uns, die Stellung der Frauen zu
der gegenwärtigen politiſchen Weltlage näher ins Auge zu faffin.

Die Frauen ſind in jeder Beziehung radikalex als die Männer. Sind ſte
religiös, ſo fließt die Religion aus dem Innerſten ihres Gemüthes und be-
herrſcht ihr ganzes Weſen. Humane Frauen dagegen bringen die Humanität
zu edler, volleudeter Erſcheinung, ſo daß kein Mann ſie nachahmen kann. Die
Frauen ſind in dieſem, wie in jenem Falle einheitlicher, harmoniſcher wie die
Männer.
mit ſich ſelbſt entzweit und die Quelle ſeiner Thaͤten bildet, fehlt ihnen. Wie
die abgerundeten, weichen, ſchönen Formen ihres Körpers ſchon andeuten, ſo
iſt auch ihr ganzes Weſen in ſich abgerundet, und alle Richtungen und Stre-
bungen der Seele ſtehen ebenſo miteinander in Einklang, wie die einzelnen
Theile ihres Köxpers. Da iſt nichts Eckiges, nichts Schroffes, nichts Abſto-
ßendes; überall Harmonie, Einheit, Schönheit. Sie ſtellen das dar, was der
Menſch erſtrebt, die Humaͤnität, die Freiheit. Wie die Venus von Medici m
körperlicher Beziehung das Ideal der Kuͤnſt iſt, ſo iſt in geiſtiger Beziehung
eine edle Frau das Ideal des Lebens. Wenn man auf einen Mann allen Reiz der
Schönheit, der Bildung und Tugend häufen wollte, er würde nie die Huma-
nität ſo wahr und edel repräſentiren, wie die in ihrer Unmittelbarkeit befan-
gene, naive Jungfrau oder die ſelbſthewußte Mutter. Der Mann wird nie fer-
tig; das Weib iſt es von Anfang an. Sie entwickelt fich nur innerhalb der
ihr von Aufang an durch Natur und Erziehung angewieſenen Sphäre, wäh-
rend der Mann zu der Tantalusqual verdammt iſt, ſtets neue Baͤhnen ſeiner


len Worte die Verſchiedenheit beider SGefchlechter
„Das Weib iſt, der Mann wird.“

Die Zamitlie ift die Welt der Frau; hier iſt ſie Königin. In ſehr vie-
len Fällen laͤßt ſich das edle Weib nicht einmal durch die foclalen Mißverhält-
niſſe und Ungerechtigkeiten der beſtehenden Zuſtände daran verhindern, in das
Familienleben die ſchönen Ideen der Freihelt, Gleichheit und Brüderlichkeit hi-
neinzutragen, deren Berwirklichung wir im allgemeinen Sigatsleben noch lange
vermiſſen werden. Die Frauen bilden die Familie; der Mann gehört derfelz
ben hloß an. Er ſteht braußen in der Welt und wirkt und ſchafft; uur in
den Ruhez und Mußeſtunden iſt ex Mitglied der Familie, während des Weibes
ganze Thätigkeit in derſelben aufgeht Dieſe Thaͤtigkeit erreicht ihr Ziel; die
Liebe, die Humanität herrfcht in der Familie, während des Mannes Bemühen
nie zu einem glücklichen Reſultat führt, da es ihm nie gelingt, der Liebe, der
Humanität die Herrſchaft in der bürgerlichen Geſellſchaft und im Staate zu
erobern.

Der freie Staat, die demokratiſche Republik, welche wir erreichen wollen,
iſt nichts Anderes, als das Familienleben dex menſchlichen Geſellſchaft. Alle
Menſchen ſollen Eine Familie bilben und durch das Band der Humanität und
Liebe mit einandex verbrübert ſein. Das Streben nach dieſem Ziel, welches ſeit


iſt der weiblichen Natur zu ſehr verwandt, als daß die Frauen es nicht theilen
ſollten. Die Frau, deren Leben und Thätigkeit ganz in der Familie aufgeht,
deren ganzes Glück die Familie bildet, kann an einem Staate fich nicht bethei-
ligen, der mit den Principien, auf welchen die Familie ruht, im Widerſpruch ſteht.
Das iſt das ganze Geheimniß, weßhalb die Frauen noch nicht „emanzißirt“
ſind. Ihre harmoniſche, einheitliche Natur verbictet ihnen, nach zwei verſchiede-
nen Richtungen hin zu ſtreben; ſie müſſen alſo zwiſchen dem Fainilienleben und


weiſt ihnen das Familienleben als die Sphäxe an, in welcher ſie ihr Prinzip
und ſich ſelbſt zur Verwirklichung bringen koͤnnen. Daraus folgt ferner, daß
ſie dem Staate der Zukunft, welcher, auf Liebe und Humanität gegründet, uur
eine weitere, großartigere Ausführung und Entwicklung des Famitienlebens ift,
nicht fremd mehr ſtehen werden, und daß ſie ſich durch ihre eigene ſittliche Na-
tur gedrungen fühlen, an dem politiſchen Bildungsproceſſe unſerer Tage, deſſen
Reſultat dieſer freie Staat iſt, mit aller Hingebung und Liebe ſich zu be-
theiligen. ; .


Natur der Frauen, Humanität und Liebe haben! Nicht minder, wie durch thre
Natur, ſind ſie durch die beſtehenden Verhältniſfe der demokratiſchen Bewegung
zugewendet. Sie leiden am meiſten unter den jetzigen Zuſtänden, ihre Men-
ſchenwürde wird am gröbſten beeinträchtigt. Sie, die am tiefſten fühlen und
lieben, koͤnnen nicht herrſchen über ihre Gefühle und Liebe. Die ſogenannte
Sitte, welche eben ſo weit von Sittlichkeit entfernt iſt, wie das Parlament von
der Volksſguverainität, feſſelt ſie, und verfälſcht oder unterdrückt ihre Leiden-
ſchaften. Wie manche Jungfrau trauert ihte Jugend hin, und darf, gebeugt
unter den Feſſeln des „Anftandes,“ der „konventonellen Sitte,“ nicht einmal
ſagen, woraͤn ſie ſtirbt. Mit allex Gluth der Jugend and der Leidenſchaft im
Herzen muß fie, wenn der Zufall ſie mit Glücksgütern beſcheukt hat, in Ge-
ſellſchaftsſälen die alberne Rolle der Anſtandsdame ſpielen, und die faden Phra-
fen. ibrer Schmeichler hören, wenn aus ihrem tiefſten Herzen ein Lied oder eine
Thräne auffteigen möchte! Oder im andern Falle, wenn fie in der Hütte gebo-
ven ift, muß ſie in der unwürdigen Stellung als Dienerin oder öffentliche
Dirne das Gefuͤhl ihrer Weiblichfeit und alle Selbftachtung verlieren, Wie




ſelten darf ſie ihrem Prinzip folgen und alg liebendes Weib im edlen Familien-
kreiſe die Humanität verwirklichen, welche ihre innerſte Natur iſt! Die Eheniſt
in den meiſten Fällen ja nichts als eine ewig todtgeſetzte Proſtitution Der
Mann feilſcht mit ſeinen Thaͤlern um die ſchöne Braut, die vom Zufall den
Gemahl hinnimmt, den der Anſtand ihr verbietet, ſelbſt zu wählen, Doch wir


ohne Wehmuth und Trauer aber kann man die unfreie, niedergedrückte Stellung
der Frauen betrachten, welche Menſchen gebären, aber ſelbſt nicht Menſchen
ſein können.

Die Frauen haben von der Demokraͤtie Alles zu gewinnen. Glück, Frei-
heit, Ehre, Sittlichkeit! Deßhalb kann man ſich die Begeiſterung leicht erflä-
ren, wit welcher eble Frauen an der Sache der Humanität und Freiheſt han-
gen. Sie treiben die Polttik mit Hefühl und Leidenſchaft der Mann mit Ver-
ſtand. Sie haben das Ideal im Auge, der Mann, die Mittel, um Dasielbe zu
erreichen. Sie leben nur von der Hoffnung auf die Zukunft, während der
Mann an dem Kampf mit der Vergangenheit ſich freut. —

Wenn die Frauen die demoͤkraͤtiſche Bewegung ebenfo kräftig unterſtützen
wie tief und innig ſie das Gerechte und Edle derfelben fühlen, dann werden
die Tage der Unfreiheit bald gezählt ſein. Wenn dem halben, unentſchloͤffenen


will, Verachtung aus dem Auge edler Frauen übetall entgegenblikt, dann


wenig wir auch die halben und unentſchloſſenen Politiker achten, ſo glauben




62. Sitzung der konſt. Kationalverſamnelunz.
Freitag, den 18. Auguſt 1848.
(Schluß)

Nach einer langen Pauſe, in welchet Präſident die Fragſtellung ausarbei-


zweiten Minoritätserachten und in den einzelnen Ainendeinents abgeſtimmt, und
der Antrag mit dieſem Vorbehalt angenommen; angenommen Weiter die Zuſätze
des Minsritätsantrags, des Trützſchlerſchen, Nauwerkſchen und Mohlſchen
Amendements; angenommen ferner der Antrag Raumers und Shuberts urb
endlich der Antrag Veits. * ;
Der S. 10 lautet nun folgendbermaßen: _
Jeder Deutſche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bild-
liche Darſtellung ſeine Meinung frei zu äußern! Die Preßfreiheit
darf unter keinen Umſtänden und in keiner Weiſe, namentlich weder
durch Cenſur, noch durch Conceſſionen, Sicherheitsſtellungen, Staats-
guflagen, noch durch Beſchränkungen des Buchdruckergewerbes und
Buchhandels, durch Poſtverbote ober andere Hemmungen des freien
Verkehrs beſchränkt, ſuspendirt oder aufgehoben werden. — Ueber
Preßvergehen wird durch Schwurgerichte nach einem zu erlaffenden
Geſetz geurtheilt. 2 *
Vogt beantragt, dieſe Abſtimmungen ſofort dem Geſetzgebungsausfchuͤß zu
Entwerfung eines Geſetzes zu übergeben, ; *


den Auftrag zur Eutwerfung eines allgemeinen Preßgefetzes erhalten. In Folge
deſſen wird Vogts Antrag, ſowie ein weiter ſchriftlich eingereichter auf Entwer-
* * Geſetzes, das zugleich mit der zweiten Berachaͤng vorzuͤlegen fei,
abgelehnt. —

Ebenſo ein Antrag Pinkerts, die beſchloſſene Faſſung des S. 9 drucken zu
laſſen und an die Abgeordneten zu vertheilen!

Hierauf bittet Rrichsminiſter Mohl in Betreff der nicht beantworteten In-
terpellation und der Abweſenheit der Miniſter in den Sigungen, noch einige
Tage um Nachſicht, die Miniſterien müßten jetzt erſt orgaͤniſtrt werden, und
es nehme das viel Zeit weg! Auch hätten die eixzelnen Minifter noch gar
nicht officiell in Erfahrung gebracht, daß ſie interpellirt worden (allgemeines
Staunen), was wohl an den mangelhaften Einrichtungen der Canzlelen liege
(zeugt aber von großer Unordnungh.

Viſcher beantragt bei Fortſetzung der Berathung der Grundrechte Artifel
V. das Petitionsrecht und die gerichtliche Verfolgung der Beamten wegen amt-
licher Handlungen betreffend, ſogleich und im Voraus zur Diskuſſion und Bez
ſchlußnahme zu ziehen, Artifel ilt betrifft die kirchlichen Verhältniffe, Art. IV.
die Schulen) worauf Vicepräſident vermann mehrere UrlaubsGeſuche vorträgt,
welche zu einigen Bemerkungen Veranlaſfung geben., — Nach einigen Ber-
kündigungen wird beſchloſſen, morgen keine Sigung zu hakten‘, den Montag


Sitzungen!! (Reichstagszeitung)

Deutſchland.

Vom bad. Schwarzwalde. Wenn das Vaterland durch äußere
Kriege, oder durch innere Noth und Unxruhe in Gefahr iſt; wenn gefährliche
Krankheiten im Lande ausbrechen; wenn Hagel und Ueberſchwemmungen Länder-
theile verheeren; wenn durch Braud Noth und Armuth entſteht u. ſ. w.z ſo
werden alle möglichen Mittel aufgeboten, die Gefahr abzuwenden und das Un-
glück zu lindern. Aber gegen einen viel gefährlicheren Feind, gegen eine viel
kutfetzlichere Gefahr, gegen ein viel gräßlicheres Unglück für unjer Vaterland
iſt man unbegreiflicherweiſe ganz blind und taub — wir meinen die ſchrecklich
wuchernde Agitation unter kinem Theile des kathol. Klerus. Im Schaafspelz



 
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