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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 155 - No. 181 (1. Juli - 30. Juli)
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1848.










Weitere Beſtellungen für das mit dem 1. Juli be-
gonnene Halbjahr der täglich erſcheinenden


und ihrer wöchentlich drei Mal erſcheinenden „Rheiniſchen Blätter,“
bitten wir des vollſtändigen Bezugs wegen möglichſt bald zu machen.

Es iſt ſichere Vorſorge getroffen, daß, ungeachtet der Verleger und Re-
dakteur J. P. Grohe noch immer im Zellen-Gefängniſſe zu Bruchſal feſtge-
halten wird, keinerlei Störung in dem Erſcheinen dieſer Blätter eintrete, und
die Redaktion wird fortfahren, unermuͤdlich und unerſchütterlich dahin zu ſtreben, daß
alle dem Volke und allen Einzelnen gebührenden Rechte verwirklicht,
und hierzu beſonders unbedingte Preßfreiheit und die auf dem Princip der
Volksſouveränetät gegründete freieſte Staatsform errungen werden. Ent-
ſchiedene Volksfreunde und Volks-Vexeine werden uns dabei kräftigſt unterſtützen.

Man abonnirt in Mannheim bei der Expedition Lit. E 6 No. 3,
aus wärts bei allen verehrlichen Poſtanſtalten; für Frankreich und überſeeiſche
Länder bei Herrn Alexandre in Straßburg, Brandgaſſe No. 28, Paris Notre-
Dame de Nazareth No. 29, für England bei Herrn Elwer u. Comp., New-
gate Street 72 in London.

— Zu amtlichen und nichtamtlichen Anzeigen aller Art empfiehlt
ſich die Zeitung ihrer ausgedehnten Verbreitung wegen noch beſonders,



Landesverrath.


furt einzieht, tritt die große Verſchwörung der Kamarillen von ganz Deutſch-
fand keck und offen heraus, und erklärt, daß man nicht im Entfernteſten daran
denke, der neuen Centralgewalt zu gehorchen. Die Sache wird zum Bruche
kommen, wenn es ſich darum handelt, einen dem Reichsverweſer Gehorſam
ſchuldigen Oberfeldherrn für alle deutſchen Armeen zu ernennen. Die Partei,


nommen, die ruſſiſchen Armeen ſind an der Gränze, der Prinz von Preußen,
das Haupt der Verſchwörung, iſt wieder im Lande, weitere Gründe, die Maske

xath, und die ſüddeutſchen Vertrauensmänner, die den „kühnen Griff! gethan,


Aernte einzuthun, die ſie erwartet.
Die deutſche Zeitung predigt ſchon ſeit Wochen den Verrath, ſie ſagt, durch
die beſchloſſene Einheit des Bundesdirectoriums und die Selbſtwahl des Parla-
ments iſt der Becher der Ehreukränkung für Preußen bis zum
Rande voll geworden!! So ſpricht das ffizielle Organ Preußens in
Süddeutſchland, welches ſcheinbar mit den Führern der Vertrauensmänner
ſchmollt, um ſie „möglich“ zu machen. Es würde nicht ſo offen mit der Farbe
herausrücken, wenn die Verſchwörung nicht — dem Ausbruche nahe wäre, —
Noch deutlicher ſprechen ſich die preußiſchen Organe über die ehrgeitzigen Abſich-
ten Preußens aus. — Das Miniſterium Auerswald hat ſich in offener Stände-
verſammlung gegen die Souperänität des Parlamentes erklärt, Ernſt Auguſt
hat in der hanndverifchen Ständekammer erklärt, er walle Eintracht, denke aber
nicht daran, ſich der Centxalgewalt unterzuordnen. Das heſſiſche Miniſterium
hat in dem bekannten Erlaſſe dieſe Frage ganz übergangen, die heſſiſche Kam-
mer iſt über dieſe Punkte ſtill wie das Grab, und ein ſolches Schweigen iſt
eine ſehr beredte Erklärung. Sachſen hat erklärt, daß es die Anerkennung des
Reichsverweſers von Seiten der Staaten für eine Nothwendigkeit halte.
Wäghrend dem beſchließt die preußiſche und die Vertrauunge-Partei im Par-
lamente die Vermehrung der Armee um 400,000 Mann, von einem unter dem
Befehle des Reichsverweſers ſtehenden Oberbefehlshaber aber reden ſie kein
Woͤrt. Sie beſchwören den Kampf herauf, deshalb rüſten ſie. Wir ſtehen am
Vorabend des Bürgerkrieges. Das Volk, das ſeither das Geſetz aufrecht er-
halten, wird auch diesmal auf der Seite des Geſetzes ſtehen. Das Geſetz
wird, wenn es zum Kampfe kommt, auf der Seite des Volkes ſein, und nicht
auf der der Wühler in den höchſten Regionen. (: 30

35. Sitzung der konſt. Nationaſverfammlung.
Dienftag den 11. Zuki 1548,

Der erſte Gegenſtand der heutigen Sitzung iſt die Verkündigung der geſtern
erwählten Deputation zum Empfang des Erzherzogs Johann In ihr finden
wir Fuͤrſt Lichnowsky, Koch, v. Gagern (Wieshaden), v. Soiron, Hermann
(von München), Fallati, v. Mayern, v. Kirchgeßner, Brons, Eette, Meviſſen,
%, Bally, v. Radowitz, Beſeler, Rönne.

v. Kirchgeßner verliest das von dieſem Ausſchuß entworfene Programm,
deſſen Inhalt hauptſächltch darin beſteht, daß die Commiſſion, den Präſidenten
der Verſammlung an der Spitze, den Reichsperweſer in ſeiner Wohnung er-
warten umd ihn den Tag der Einführung beſtimmen laſſe. An dieſem Tage
ſoll derſelbe durch eine neue Deputation von 50 Mitgliedern zu Fuß nach der
Paulskirche geführt, vom Präſidenten angeredet, und ihm dabei für die Annahme
der Wahl gedankt werden.

Simon (von Trier): Friedrich M, erklärt den Fürſten für den erſten
Diener des Staats und habe es verſchmäht, über Sklaven zu herrfchen, Man
müſſe vermeiden, im Jahre 1848 einen ähulichen Ausſpruch hervorzurufen. Da-
rum ſei er dagegen, daß die Verſammlung zum Reichsverweſer gehe, fondern
verlange, daß er in die Verſammlung komme.

Nach eiher ſalbungsvollen Rede Arndts verlangt die Rechte ſtürmiſch den
Schluß, die linke Discuſſion. —








eit ſanfter Bitte fordert Präſident die Anhörung der weiter ſich melden-
den Sprecher und Aufrechthaltung der Geſchäftsordnung. !

Hartmann. Was der Präſident nach dem Progkamm in der Anſprache
an den Reichsverweſer ſagen werde, werde als Aeußexung der Berfaummlung
angeſehen werden, darum ſſchlage er vor, daß der Präſident ſeine Rede vorher
der Verſammlung zur Genehmigung vorlege.

Weſendonck fordert entſchieden Discuſſion über die vorgelegten Formen,
und ſchließt ſich dem Hartmann'ſchen Vorſchlag unter der Vorausſetzung an,
daß der Präſident im Namen der Verſammlung ſpreche. Gegen die Abfendung
einer weitern Deputation ſpricht er ſich entſchieden aus, da man ja ſchon eine
an ihn geſandt habe. Es fehle ja noch an einer offiziellen Urkunde über die An-
nahme ſeitens des Erzherzogs; die müſſe man zunächſt abwarten, ehe man
etwas Weiteres thue. —

Deetz iſt gegen weitere Discuſſton.

Präſident laͤßt abſtimmen, die Verſammlung entſcheidet ſich für Schluß der
Discuſſion. Das Hartmann'ſche Amendement wird unterſtützt; das Programm
in Bauſch und Bogen angenommen, der Hartmann'ſche Antrag aber abgelehnt,

Der Präſident ſchreitet zur Wahl der Fünfziger-Deputation durch bas
Loos. Mehrere Abgeordnete haben ſich entfernt. Man beſchließt, die auf Ab-
weſende fallenden Looſe nicht gelten zu laſſen; und manches Loos fällt auf dieſe
Weiſe — zum Theil wohl ſehr zum Verdruß der Betreffenden — daneben. Un-
ter den Gewählten befinden ſich von Vinke, von Auerswald, Grävell, Arndt,
Blum u. A.

Nach einigen Bekanntmachungen wird die Sitzung um halb 10 Uhr auf-
gehoben, auf morgen 9 Uhr die nächſte angeſagt, um zu hören, welchen Tag
der Reichsverweſer zu ſeiner Einführung beſtimmen werde,

So ſind wieder zwei Tage für die Berathung der Grundrechte verloren-
(Meichstagsstg.)

Dentſchhand.


mando von zwei Compagnien nach Mithelſtadt verlegt, welches nach kuͤrzem



und unſeren in der erften

desherrlichen Verhältuiſſe, find die Bauern wieder dem Verhungern nahe ge-
bracht und theilweiſe außer Stande, die Steuern zu bezahlen. Man ſieht ſich
daher genöthigt, dieſe Wühler zu überzeugen, daß ſie als Patrioten verpflichtet
ſind, zur Aufrechthaltung dex ſtandesherrlichen Rechte, zu verhungern und den!
Reſt ihres Schweißes „als Steuer zu bezahlen, widrigenfalls ıman ſie, wie die
ſchleſiſchen Weber, mit Kartätſchen zur Ordnung bringen wird. Allgemeine
Indignation, hat es erregt, daß einige dieſer Elenden ſich ſogar erfrecht haben,
in dem Parke Sr. Erlaucht des Grafen von Erbach einige Haſen zu ſchießen.
Im Odenwald ſieht es fürchterlich aus, in diefem geſegneten Jahke zeigt ſich
an einigen Orten jetzt der Hungertyphus, die Zehnten dauern fort, und der
Winter wird ein fürchterlicher werden. Es iſt alfo eine Erleichterung, wenn
die armen Teufel, auf einem möglichſt ſchnellen Wege aus der Welt fommen.
Der Boden iſt jetzt ſchon faſt 4 4 in wenig Jahren werden die
tatt daß ſie jetzt Zehntenbeſttzer { Ü
wenig Geld Eigenthümer des ganzen *4— fein. — * 4
Parks anlegen, und es wird dann zum erſtenmal Gelegenheit gegeben ſein,
auch Bären und Wölfe zu hegen, die leider beinahe ganz aus Deulſchland ver-
ſchwunden ſind. ; ( 30 —
Frankfurt. (R. 3.) Vor einigen Tagen wurde in der Nationalver-
ſammlung der Vorſchlag gemacht, das Heer in Deutſchland um 400,000 Mann
zu verſtärken. Das iſt alſo die Erfüllung der Verſprechungen vom 6. März
ſtatt Minderungdes ſtehenden Heeres, ſtatt Erſparung in dem rieſenaͤl
Militärbudget, Vermehrung,, Der Antrag wird durchgehen, das ftehende Hrer
wird verdoppelt werden, während man überall das Zuſtaͤndekommen der Bürz
gerwehr hindert, und dieſelbe unter nichtigen Vorwänden entwaffnet. Das
Volk ſoll verrathen worden, und das böſe Gewiſſen fühlt ſich unter 500,000-
Bajonetten noch nicht ſicher genug. *
4* Berlin, 9. Juli. Es gewinnt immer mehr Wahrſcheinlichkei
der Adel und die Königlichen einen Staatsſtreich * 2— *
Schilde führen. Dieſer Streich foll auf die Konfkituirende ausgedehnt werden,
ſobald dieſelbe eine demokratiſche Verfaſſung, d. h. Einkammerſyſtem und kein
königliches Veto beſchließen ſollte. Der Adel droht bereits öffentlich und redet
von einem Königsgeſetz wie das däniſche, das dem Könige die entriſſene Macht
wieder überliefern ſoll. Als die Zeit, wo ſichs für ihn entſcheiden müßte, wer-
den die Tage vom 15. zum 19. Juli bezeichnet. Wir werden wach und ge-
rüſtet ſein. *
In einer geſtern abgehaltenen Volksverſammlung ſind zum erſten Mal
wieder @Gensdarmen und ein Polizeikommiffarius ſichtbax geweſen. Der „wa-
triotiſche Verein“ odex Denunziantenklubb ſoll um die Aufhebung der radifalen.
Klubbs agitiren, und das Verbot des Berkaufs von Flugblaͤttern auf den
Straßen iſt bereits, polizeilich angeordnet. Wenn das letztexe wirklich ausge-
führt wird (das erſtere würde doch wohl ſeine bedeutenden Schwierigkeiten ya-
ben, alſo vorderhand frommer Wunſch bleiden), ſo würde dadurch der demofra-
tiſchen Sache empfindlicher Schaden gethan. Denn die Jungen, die mit diefen
Flugblättern Handel treiben, ſind raſtlos thätig und verbreiten dieſelben alltäge
lich tauſendweiſe.
Zu Potsdam war am 7 Juli großes Feſt bei Hof. Der Geburtstag
des ruſſiſchen Kaiſers wurde gefeiert Der König und alle Prinzen erſchienen
in ruſſiſchen Uniformen. Der König brachte auf das Wohl des mächtigen Kat-


 
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