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‚18] Die Präſidenten-Wahl in Frankreich.
Leuis Napoleon wird Präfident der Republik; es läßt ſich nicht mehr
daran zweifeln, daß ſich zwei Millionen Stinimen auf ihn vereinigen.
Mir fragen, was hat die Revolution von dieſer Wahl zu erwar-
ten? Die Antwort waͤre einfach, wenn überhaupt angenommen werden könnte,
daß Louis Napeleon den beftünmten einh ülichen Willen feiner Wähler ⸗
ſtellte; es wäre um die Revolution geſchehen; Louis Napoleon könnte mit Er-
folg wagen, den Thron wiederherzuflellen. Anders verhätt ſichs dagegen, wenn
tereſſen zu verfolgen ſtreben; es muß dieß nach der Lage der Verhäͤliniſſe be-
yauptet werden. Um uns daher über unſere Frage klar zu werden, müſſen
wir nur vor Allem die Parteienſichten, die einander in der Wahl enigegentre-
ten und die Motive ins Auge faffen, von denen ſie geleitet werden.
im Ganzen unbedeutenden Stimmenzahl, die ſich je naͤch der Neigung der Wäh-
lenden auf einzelne in dex Candidatur untergeoxdnete Perſönlichkeiten zerſtreuten,
ſehen wir bier ab; den Stimmen, die auf Kaſpail und Ledril Rollin fielen, Lee:
Proteſt beſtimmter in dem geſellſchaftlichen
lungen zu dokumentiren. Die Wählenden haben ſich zum Theil ſeloͤſt aus drücklich in die-
Irdnung der Dinge, der Repräſentant der honneten Republikf. Er erhält die
Minderzahl der Stimmen; es iſt damit ausgemacht, daß die Mehrzaͤhl der
Franzoſen wenigſtens von der honneten Repubiik nichts wiſſen will!Ee bleibt
der Monarchie; zu einer von beiden muß die Lräſidentſchaft Louis Napoleon's
nothwendiger Weiſe führen.
zur monarchiſchen oder zur ſoctal⸗demokratiſchen Partei, oder theils zur einen,
theils zur andern, indem beide Parteien darin einauder gleichſtehen, daß ſie einen
gemeinſchaftlichen Gegner haben; auf den Sturz desſelben baut jede für ſich ihre
eigenen Hoffnungen. Man braucht ſich nur noͤch daran zu erinnern, wie Louis
Napoleon durch das Verſprechen ſocialiſtiſcher Reformen einen Theil des Volkes
auf ſeine Seite gelockt hat, und man wird vollends die Vereinigung einer
Tömmen 3 bar gug Mplitif, — und verlaſſen „ADu.2ieDer.,. . Wenn ſte ihren
Zweck erreicht haben; die Anderen wollen es einmal mit ſeinen Verſprechuͤen
probiren; ſie fallen ab, ſobald ſie ſich enttäuſcht ſehen. Den zahlreichen, duͤrch
Geld erkauften Anfang laſſen wir außer Acht; wir gehen zu den Monarchiſten,
die ebenfalls nicht von einerlei Art ſind.
DSDie Zahl derjenigen, die aus Anhänglichkeit an den großen Namen und
die glorreichen Erinnerungen der Vergangenheit das napoleoniſche Kaiſerthum
noch einmal heraufbeſchwoͤren möchten ift vielleicht nicht unbedeutend; die Or-
Jeaniften, die Legitimiſten ſind abex ebenfalls da; beide ſind ausgemachte Feinde der
Republit; ſie ſtehen alſo ebenfalls unter der Fahne Louis Napoleon’s ; die or-
Laniſtiſchen Jeurnale haben ſich ausdrücklich auf ſeine Seite geſtelli. Was
bleibt nun an der Perſon Louis Napoleons hängen, wenn der demolratiſche, der
legitimiſtiſche Theil ſeiner Wähler abgezogen wird? Wir ſehen, Louis Napo-
leon vereinigt fafßt alle die verſchiedenen Parteien unter ſich, die mit dem gegen-
wärtigen Zuͤſtand unzuͤfrieden ſind; jeder Theil erwartet kurch ihn eıne Veränz
derung der Dinge; jeder Theil gebraucht ihn zu ſeinem Werkzeug, mit dem er
nach Umſtänden im Truͤben zu Fiſchen gedenkt, Louis Napoleon, umfaßt ſo-
nad) das volſtändige Material zu einex neuen Revolulion. Louis Napokeon
ſiegt in den Wahlen. Wird Paris ruhig bleiben? Für die Zeit unmittelbar
nach der Waol höchſt wahrſcheinlich.
heuis Napoleon wird ungeſtört die Prä ſidentenſtelle antreten. Die Partei
Aufſtand auf eigene
SHauft, am allerwenigfien wenn fie etwas zu tistiren haͤt. Die Demokraͤten,
die nicht für Couig Napoleon geſtimmt haben, ermabnen felbft zur wiligen Un-
rerwerfung unter die Majorität des Bolfes, Man muß Louis Napoleon erſt
als Präfident bandeln laſſen, das iſt nach der jeßigen Lage der Dinge der ein-
3ige Weg, dn zu ruiniren. Louis Napoleon wird ſich durch feine eigene Un-
fähigkeit oder durch einen der tollen abentheuerlichen Streiche, die wir an ihm
gerohnt ſind, ſelber umbringen; mit ihm iſt dann auch' das Kaiſerthum zu
Orabe getragen. Die Partei! die jetzt zu ihm geſtimmt hat, fällt auseinandck.
Die Orleaniſten und Legitimiſten werden erfolglofe Anſtrengungen zur Wieder-
einführung einer Monarchte machen; die „honnete“ Republit iſt mit Cavaignac
untergegangen; es bleibt nur noch üorig — die demekratiſche Republik.
Deutſchland.
Mannheim, 17. Dezember. Wir theilen hier ausführlich den be-
TeS erwaͤhnten Autrag des Abgeorbneten Werner von Oberkirch in der „eonſt.
Verſammlung zu Frankfurt, die außerordentliche Conſeription in Baden betr.,
(Sitzung der Nat. Verſ. vom 15. Dezbr. 1848) mit wie folgt:
Das badiſche Conſcriptlonsgeſetz beſchraͤnkt eine jede auſſerordentliche Con-
ſeription ausdrücklich auf den Fall eines Krieges! wenn die ordentliche Con-
ſeription nicht ausreicht, um das Armeekorbs auf den Kriegsfuß zu bringen,
oder guf demſelben zu erhalten. Nun iſt aber Baden zur Zeit nicht in ei-
nen Krtes verwickelt, und überſteigt überdies der Stand der Truppen den ge-
wöhnlichen Friedensfuß. — ; *
Die Nationalperſammlung hat nun zwar durch Beſchluß vom 15. Juli
D, 3, die Centralgewalt ermächtigt,, die deutſche Streitmacht naͤch dem Saße
von 2 Prozent der jetzigen Bexölkerung zu vermehren; allein nacdh vder Erklärung
des Reichoͤtriegsminiſtets vom 21, Auguſt d. J. ſind zur Verwirklichung dieſes
Beſchluſſes nur erſt anleitende Anordnungen getroffen, eine allgemeine, alle
dentſchen Einzelnſtaaten umfaſſende Verfügung iſt aber noch keineswegs veroͤf⸗
fentlicht. Es erſcheint ſonach ein einzelnes Miniſterium auch nicht befugt, ges
gen die Landesgeſetze in beliebiger Weiſe den Vollzug jenes Beſchluſſes anzus
— Ueberdies wurde auch durch jenen Beſchluß der Ausſpruch des Wehraus-
ſchuſſesadoptirt, /es werde keineswegs eine Bermehrung des eigentlichen ſtehen-
alle Einſchränkung durch Vermehrung der Landwehr erfolgen..
Das badiſche Bürgerwehrgeſetz vom 1, April d. 3. geftattet aber die Ver-
wendung der Alterellaſſeu von 18--30 Jahren zum Kriche, es iſt alſo durch
Organiſirung und Mobilmachung dieſes Aufgebots der Bürgerwehr dem Be-
ſchluſſe der Nationalverſammlung zu genügen. Der letzlerk beſtimmt ferner,
daß die fragliche Aushebung „mit Wegfall aller und jeder in den Einzelnſtaa-
ten kisher ſtattgehabteu Ausnahmen“ vorgenommen werden muß, während rie
badiſche Negierung nur die nach dem Conſcriptions-Geſetz Pflichtigen aufruft,
unter welche jedoch die Angehörigen der ſtandesherrlichen Familien nicht ge-
Dieſe Gründe rechtfertigen den
Antrag:
das Reichskriegsminiſterium wird veranlaßt! die Zurücknahme, mindeſtens den
einsweiligen Einhalt wit dem Vollzug der Verfügung des bariſchen Miniſteriunis
des Innern vom 25. v. M., „die Ergänzung des badiſchen Armeekorps beir.,“
ſofort zu bewirken, oder wenigſtens das badifche Miniſierium zur Organiſtrung
und Ausrüſtung des erſten Aufgebots der Bürgerwehr anſtatt der aufferoͤrdent!
lichen Aushebung zu beſtimmen! 4
Ueber dieſen Antrag wurde wegen Dringlichkeit der Sache ſofortige Ver-
handlung und Beſchlußfaſſung begehrt; die Nationalverſammlung verwies den-
ſelben jedoch nach ihrer Gewoͤhnheit, zur Begutachtung an den Wehi-
ausſchuß. Es wäre nun geeignet, daß die einzelnen Ortsporſtaͤnde ſchleunigſt
den Antrag durch Pelitionen an die Nationalverſammlung untexſtützten, um
derſelben aufs neut Gelegenheit zu geben, dem Willen des Volkes Rechnung
zu tragen, oder aber wiederum zur Tagecordnung überzugehen, wo es gili,
der offenbaren Geſetzesverletzung einer Rehicrung entgegenzuireten, bis endlich
dit Ereigniſſe über ſie zur Tagesordnung übergehen. — -
Weinheim, 17. Dezbr. Der bekannte Amtmann Herterich von hier
iſt der weitern Fühxung der Unterſuchung über die Zerſtörung der Eiſenbahn
gegenwärtig bier, um wie dasſelbe ſich geaͤußert haben foll, die von Herterich
ganz verkehrt geführte Unterſuchung ins rechte Geleife zu bringen. Schöne
Ausſicht füe die verhafteten Bürger, welche ſeit 80 Tagen verkehrt unterfucht
woͤrden finb, nun voraus ſichtlich noch mindeſtens ebenſolange auf die rechie
Weiſe unterſucht zu werden. —
Der Amimann Herterich hat kurz zuvor, ehe ihm die Unterſuchnng abge -
nommen wurde, ungefähr 18 Verhafteie freigelaſſen, damit, wie er in einem
4 Hofgericht erſtatteten Bericht fagt, „das. Geklapper in der Kammer“
aufhöre.
Um Ihnen abex einen Beweis davon zu liefern, wie dieſer Mann, dem
die Staatsgewalt ein ſo wichtiges Amt anvertraut hat, vie Pflichten ſeines
Amtes erfüllt und wie er Geſetz und Behörden zu Anſehen zu bringen verſteht,
heile ich Ihnen die wörtliche Abſchrift einer Verfügung an einen Bürger, der nicht
vor einer ihm drohenden Strafe, ſondern vor dem Unterſuchungsrichter und
der greßb. bad. Unterſuchungshaft ins Ausland geflohen iſt, als Antwort auf
eine Eingabe mit, worin dieſer gegen die Zuſicherung freien Seleites ſich zu
ſtellen anbot. —
Dieſer Erlaß heißt wörtlich, wie folgt: 2
‚. Beinheim, den 11. Nov. 1848. J. U, S. gegen Zat. Haffet und . Corf.
von Weinheim, wegen Beſchädigung der Eifenbahn. An Thierarzt Lydtin in
Straßburg. Dem total Unfchuldigen kann es, faͤlls er der f, g. Bewegungs-
partei zugehört, nur erwünſcht fein, wenn er in eine Unterfuchung wie die voͤr⸗
gehalten wird. *
Ein ſolches Verfahren wird dem Unſchuldigen dann Gelegenheit geben Dies
jenige Behörde anzugreifen, welche ihn längere Zeit unſchuldiger Weiſe in
Unterſuchungsverhaft gehalten hat, und auf dicfe Weife das Anfehen der be-
ſtehenden Regierung zu untergraben. B
Auf die Frage: wo ſich Jemand zur Zeit als die Eiſenbahn beſchädigt
wurde aufgthalten, kann es bei Unterſuchungen dieſer Art nicht anfommen , da
es eine geſchichilich feſtgeſtellte Thatſache iſt, daß die intellektuellen Urheber erſt
an's Tageslicht ireten! wenn eine Inſuͤrection gelungen und zur Revolution
geworden iſt. ...... *
Freies Geleit kann dieſſeits nicht gegeben werden. 4
Der Unterſuchungsverhaft wurde zur Vermeidung von Kolluſionen erkannt.
Großh. bad. Bezirks-Aint.
Herterich. —
Daß die Regierung bei ſolchen Beamten keine Unterſtützung ihrer Gegner
zur Untergrabung des Anſehens der Gerichte bedarf, leuchtet von ſelbſt ein.
. ir wollen aber doch ſehen, ob die Regierung oder die höhern Serichte
von dieſer Mittheilung keine Beranlaffung nebmen, den Hrn Hetterich zur Ver-
antiortung zu ziehen, oder ob erſt ein „Geklapper in del Kammer“ abgewartet
werden will
O München, 15. Des Die juͤngſten Tage brachten uns militaͤrifche Un-
Dienftage gab es argen Spektakel in der Jufanterie Kaſerne in der Türkenftraße.
Ein Feldwebel des 1ten Negiments hatte ſich halb laut mißfällig varüber ge-
aͤußert, daß bei der Expedition nach der Parade die Offteiere übet Stadineuig-
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