1818
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L Die Politik der Centralgewalt.
„Das Syſtem!! Dieſes Wort, in welches ſich von jeher die Werke
der Biplomatie zuſammenfaßten, hat den Fluch der Menſchheit auf ſich gela-
den. n ſein „Syſtem? hüllte ſich der Abſolutismus, in ihr „Syſtem“ hüllte
ſich die eonſtitutionelle Monarchie, wenn die Bedürfniſſe der Zeit ihre gebie-
leliſche Stimme geltend machten. Das „Syſtem“ leidet es nicht, wir dürfen
das / Syſtem / nicht aufgeben, das „Syſtem“ iſt die Grundlage unſerer ſtaat-
lichen Ordnung. Das war die ewige Ausrede, mit welcher immerfort di— Völ-
ker abgewieſen wurden, wenn ſie vor die Throne hintraten und ihr Recht und
ihre Freiheit verlangten. Sie ſind noch jedesmal dieſer beſtändigen Schnürereien
zuleßt müde geworden und haben die Feſſels gewaltſam in Stücke zerriſſen.
das / Syſtem/ zerbrochen und wieder iſt es das „Syſtem“, welches ein neues
Unheil heraufzuͤbeſchwören drobt. Die Männer welchen es geluͤngen iſt, in
Frankfurt das Ruder in die Hand zu bekommen, haben ein „Syftem “ aufge-
Fflanzt und mit dieſem „Syſteme“ ſuͤchen ſie die ganze Revolution aufzuzehren.
Schon jetzt iſt es ſoweit gefommen, daß ſich in dem Auftreten der aus der Re-
Deutfhlands im Munde herumgetragen, wer bat mehr für deutſche Einheit und
Freiheit in Wort und Schrift gepredigt, als gerade die nämlichen Menſchen,
Jaͤche jeßt durch ihren Einfluß die Leitung der allgemeinen deutſchen Angelegen-
heiten vorzugsweiſe beſtimmen? Die Aufrichtigkeit ihrer Geſinnung liegt jetzt
vor uns.
Was wir ſchon lange vorausgeſehen und vorausgeſagt, das tritt jetzt im-
mer HMarer zu Taͤge; jene mit ſo vielem Aufwande doctrinäver Nedfeligkeit aus-
gebotenen Schlagwörter waxen nichts weitex als das Aushängeſchild, hinter
weldyem ſich die beſonderen Intereſſen eines Standes, einer Kaſte derſteckt hat-
Aen, :nichts alg die blendende Staffage des „Syftems;u fie halten nur ſo lange
Stich, als ſie das „Syftem“ zu ſtühen im Stande ſind. Nimmt die Richtung
der Nation einen Weg, welcher dem „Syſteme. nicht ent{pricht, dann darf das
Anfehen auch ſchon etwas leiden, wenn nur die. beliebte „Ordnung“ nicht ge-
foͤrt wird, und auf die Einheit und Freiheit wird in diejem Falle au nicht
mebr ſo genau geſehen. Die bisherigen Hayylyngen der. Central⸗ Gewalt
‚erläutern. dieſen Saß volllommen; in ihrer Politik im Innern wie nach
Außen giebt ſich überall ſtets nur das Befireben kund, um jeden Preis das ein
iſt daraͤuf hin gerichtet, alles zu verhindern, wodurch die demokratiſchen Tenden-
zen, die in dew Volk verbreitet ſind, irgend wie einen Anlaß finden könnten,
ſich in einer beſtimmten Form eine feſte Geſtaltung zu geben. In dieſem Sinne
drückt die Eentralgewalt eine Auge zu, wenn ein einzelner Staat ſeine Stellung
zu dem Ganzen ſo weit üherſchreitet, daß er ſeine beſonderen Intereſſen über
die allgemeinen ſtellt und ſich in dem einen odex anderen Fall, wo er für ſich
einen Gewinn zu ziehen hoffen kann, von der Einheit losreißt; die Centralge-
walt redet fich dann ein, die deutſche Einheit verlange, daß man geſchehen ſrin
Eonfliet, ein Zerwürfniß zu umgehen, weil ſie in der beſtändigen Furcht ſchwebt,
dem demokratiſchen Geiſt des Volkes eine Grlegenheit zu verurſachen, ſich der
chen Sinne leiht fie den dynaſtiſchen Intereſſen dex einzelnen Staaten ihren
ſelben Sinne beſiegelt ſie ihre Unverletzlichkeit und Untadelhaftigkeit durch dra-
koͤniſche Geſetze und ſucht durch ausgehreitete Polizeimaßregeln jegliche Aeuße-
rungen des democratiſchen Geiſtes zu beherrſchen.
Nirgends iſt es der durch die freie Thätigkeit der Einzelnen entwickelte Volks-
wille, der zur Geltung kommen ſoll, nur „das Syſtem“ muß aufrecht erhalten
werden., Diefe Rückſicht für das „Syſtem“ geht ſo weit, daß man ſich nicht ſcheut,
Holſteiniſchen Angelegenheit geſehen, wir fehen e& wieder in dieſem Augenblike, wo die
Eentralgewalt es rubig duldet, daß in Oeſterreich ein fremdes Heer in feindlichen
Fürſten nicht bloß den Thron ſchirmen, ſondern noch mehr zur Unterdrückung
Grenzen ſoll — gar nicht geredet werden,, wiewohl die Beziehungen der Cen-
walgewalt zu den auswärtigen Stagten ſich dadurch am deutlichſten erklären,
daß das „Keich⸗ gegen Rußland hin förwlich offen gelaſſen iſt, während an
den Grenzen der republikaniſchen Länder die „Reichstruppen“ Quarantäne ge-
Wohin ſoll es am Ende kommen
mit; dieſer Thorheit? Ihr wollt das, Syſtem“ halten. Habt Ihr nicht geſehen,
wohin ſelbſt in den Zeiten der allerruhigſten und gemeſſenſten Entwicklung, „das
Syftem” zuͤletzt die Völker geführt hat, und Ihr wollt Euch vermeſſen in den
nämlichen Tagen, in denen das Volk durch einen Aet machtvoller Aufraffung
ſeiner Kräften' ſelbſt eine freie Bahn gebrochen hat, ihm Cuer Syſtem in den
Weg zu legen? Nein, das iſt mehr als Thorheit, das iſt Wahnwitz. Wißt
Ihr denn nicht, was eine Revolution iſt? Kennt Ihr nicht das Geſetz der
RNeyolution ? Seht Ihr nicht ein, daß alle Kräfte, „welcdhe zum Entſtehen der
Revolutionsin Bewegung geweſen, auch in dem Verlauf derſelben vollſtändig
theils ſchaffend, theils anregend über die verſchiedenen Verhältniſſe des Lebens ſich
ben foll. - Fahrt nur ſo fort mit Eurem Syſtem“; Euer „ Syſtew! wird Euch
man keine Revolution. —
*
Karlsruhe, 27. Ott. (Landtagsverhandlungen · )? · Kammer.
Eine Pelition der Gemeinde Ilzingen ſum Auflöſung der Kammer und Beru-
fung einer konſtit. Verſammlung wird vom Sekretariat angezeigt und zum Erſatz-
mauͤn für Hecher alg Mitglied der Budgetkommiſſion der Abg. Buhl gewählt,
worauf die Berathung des Geſetzes über die Errichtung und den Geſchäfts-
kreis der Verwaltungsbehörden fortgeſetzt wird. D .
Folgendes iſt der Wortlaut der beiden Artikel, deren Berathung bereits
geſtern begonnen wurde.
5. 30. Wenn die Bezirksſtaatsbehörde gegen den Beſchluß des Bezirks-
ausſchuffes im öffentlichen Intereſſe weſentliche Bedenken hegt ſo kann ſie Ein-
ſprache einlegen und die Sache zur Entſcheidung an das Miniſterium des In-
nern bringen.
In diefem Falle hat ſie den Ausſchuß binnen acht Tagen, von der Schluß-
faſſung deſſelben an gerechnet, von der Einſprache in Kenntniß zu ſetzen.
Erklätt ſich das Miniſterium des Innern binnen 4 Wochen von dem Tag
dieſer Benachrichtigung an nicht über die Einſprache der Bezirksſtaatsbehörde, ſo
iſt dieſe Eingabe alg aufgegeben zu erachten,
S. 31. In allen andern Fällen findet eine Anfechtung gegen die Aus-
ſprüche des Bezirksausſchuſſes nur im Wege des Reeurſes ſtatt. /
In welchen Fällen und unter welchen Vorausſetzungen ein ſolcher Rekurs
ſtattfindet, wird durch eine Regierungsvexorduung beſtimmt.
Keinenfalls darf aber gegen die Entscheidungen des Bezirksaus-
shusses mehr als ein Rechtszug eröffuet werden.
Der Abg. Lehlbach hatte, wie bereits geſtern berichtet ward, das Bedenk-
liche in der erſten Beſtimmung des S. 30 vollkommen erfaßt und einen An-
trag Bergers, der gar keinen Rekurs von den Beſchlüſſen der Bezirks aus ſchüſſe
gellen laffen und deßhalb beide SS geſtrichen wiſſen wollte, mit der Modift-
fation unterſtützt, daß es bei dem Strich des erſten verbleiben ſolle.
Chriſt daͤgegen hatte in einer ausführlichen Erörterung auf die Nothwen-
digkeit eines eigenen, vom Miniſterium unabhängigen Verwaltungsgerichis hofs
alg Rekursbehoͤrde hingewieſen und in dieſem Sinne einen Antrag geſtellt, den
Biſſing alg Motion behandelt und ſomit an die Abtheilungen verwieſen wiſſen
wollte! Bekk dagegen hatte gegen Lehlbach, der auf die Gefahr, die aus
einem nur durch den vagen, überall leicht anzupaſſenden Begriff des „öffent-
lichen Intereſſes“ bedingten Veto der Staatsbehörde für das Prinzip der
Selbſtregierung erwachſen könnte, mit Recht aufmerkſam machte, die erſte Be-
ſtimmung des S, 30 in Schutz genommen und Schaaff in Bezug hierauf ein
unbeſchränktes Aufſichtsrecht über Alles für die Regierung in An-
ſpruch genommen.
In der heutigen Sitzung wurde die Discuſſion, an welcher ſich beſonders
Junghanns, Cyriſi, Zentner, Schmitt und der Berichterſtatter Lamey betheilig-
ten, fortgeſetzt und hatte ſchließlich das Reſultat daß die Anträge Bergers und
Lehlbachs verworfen, dagegen auf den von Schmitt und Böhme unterſtützten
Antrag Zentners beide Paragraphen an die Commiſſion zur Umarbeitung unter
Berückſichtigung der neuen Vorfchläge rückverwieſen. Zu Chriſtis Antrag er-
theilte die Kammer ihre Zuſtimmung und beſchloß demgemäß, daß die Commiſ-
ſion ſich zugleich mit der Organiſation des Verwaltungsgerichtshofes beſchäfti-
gen folle. Nachdem ſodann Juſtizminiſtexialpräſident v. Stengel einen Ge-
fetzentwurf über das Verfahren bei den Amtsgerichten vorgelegt und dieſer an
die Abtheilungen verwieſen worden war, berieth die Kammer die übrigen Artikel
des Geſetzes, welche von der Oeffentlichkeit der Verhandlungen der Bezirksaus-
ſchüſſe, cauf deren Exweiterung Jungkanns vergeblich antxägt ) und von
den, von mehreren Bezirksverfammlungén zu beſchickenden Kreisverſammlun-
gen handeln, und ſämmtlich nach der Faſſung der Commiſſion angenommen
wurden.
Die namentliche Abſtimmuig über das ganze Geſetz aber wurde wegen der
vielen an die Commiſſton zurückverwieſenen Naragraphen. noch verſchoben.
Nächſte Sitzung Morhen früh um 10 Uhr. Tagesordnung: Berichte der
Petitionseommiſſion — vorzugsweiſe die Amneſtie betreffend. ME
— ** Thiengen, 26. Oet. Bei der heute ſtattgehabten Wahl
einces Deputirten zur Nationalverſammlung in Frankfurt er-
hielten von 135 Stimmen
Dr. Friedrich Hecker von Mannheim . . . 82 Stimmen
Ober-Amtm. Dreyer von Blumenfeld — ⏑
Fabrikant Buhl von Ettlingen. . 2 do.
Örn ve Andlaw in HÖEg Lanr aaı en el 9 ND
138 —
Deutſchrand-
Waldshut, 26. Qet.
Heute will ich fröhlich, fröhlich ſein,
Leine Weiſ und keine Sitte ſiören;
Will mich wälzen und vor Freude ſchrein,
Und der König ſoll mir das nicht wehren.
‚ So fang Mathias Claudius, der Wandsbeckex Bote, beim Beginne des
Frühlings und ſo ſingen auch wir auf das Ergebniß unſerer ſo eben in dem
benaͤchbarten Thiengen ſtattgehabten neuerlichen Deputirten-Wahl zur deutſchen
Nationalverſammlung.
Wieder und zwar mit größerem Stimmenmehr als früher wurde gewäblt:
Dr. Friedrich Hecker.
Von 135 anweſenden Wahlmännern erhielt er 82 Stimmen.
mann Dreyer in Blumenfeld erhielt 50, Buhl 2, Andlaw 1,
. M Ftankfurt a. M., 27. Ott Die Debatte über Oeſterreich ward
in der heutigen Sitzung ſogleich nach Vorleſung des Protokolls wieder aufge-
nommen, und nach Anhörung dreier Redner, Riehls, Maifelds und Wurms,
Oberamt-