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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 261 - No. 286 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#1134

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. 4848,

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No. 265.















Deutfſchwand-

ch Mannheim, 4, November. Dir preußiſche Nationalverſammlung
zu Berlin hat in ihrer Sitzung vom 31. Oktober durch mehrere wichtige Be-
ſchlüſſe den Rechten des Voltes iene gebührende Anerkennung gezollt. Sie ver-
yandelte über die Gleichheit der Bürger im Staate; ſie hat dilfe Gleichheit in
auggebehntem Sinne feſtgehalten und alle Anträge, welche die Möglichteit größerer
Beſchränkung dieſes Grundſatzes zuließen, zurücgewiefen. Es gibt im Staate
weder Standesunterſchiede noch Standesvorrechte? iſt der erſte einſtimmig
angepommene Satz. Die weitexe Auseinanderlegung dieſes Satzes führte auf
die Frage nach der Bedeutung des Adels, und die Nationalverſammlung beſchloß
mit anſehnlicher Stimmenmehtheit: der Adel ift abgeſchafft. Aber nicht
bloß das Vorrecht der Stellung ſollte der Adel dem Voͤlke opfern, die Natio-
nalverſammlüng erkannte zugleich, daß jegliche prunkhafte Erhebung über das
Volk eine Berlegung der hürgerlichen Gleichheit enthaͤlte: der Gebrauͤch
adeliger Zitel und Präbikate if unterfagt, und in gleicher Weife
zum Beſchluß erhohen der Antrag: Orden ſo wie Titel, welche nicht
bloß das Amt bezeichnen, Tönnen nicdht mehr ertheiltwerden.

Wir exinnern, daß bereits kürzlich, die Nationalverſaminlung den königlichen Ti-
tel „von Gottes Gnaden aufgehoben hat. &s ſind dies freilich nur Beſchlüffe, die noch
immer der königlichen Sanktion unterworfen ſind, Beſchluͤſſe, an deren Auf-

ſelbſt den vor dem Volke ſchwer wieder gut zu machenden Fehler begangen hat,
ſich auf den Standpunkt „der Vereinbarung“ geſtell

doch der Beweis vorhanden, daß man wenigſtens das Recht der Meinung an-
erkennt und der Stimme des Volkes Rechnuͤng zu tragen fucht.


welche dieſelbe dem Volke ſowohl wie der Regierung gegenüber behauptet. Sie
nimmt nicht den mindeſten Anftand , die Sffeniliche Stimme bei Seite zu fez-
zen; die Forderungen der Zeit ſcheinen gleichgültig an ihr vorüberzugehen; dẽr
Grundſatz von einer allgemeinen bürgerlichen Gleichheit iſt wenigſtens noch
nicht in das Bereich ihrer Wünſche gelangt; ſie rathet und berathet mit der
Regierung und nach dem Willen der Regiexung über das Volk, und hat aller
Wahrſcheinlichkeit nach ganz vergeſſen, daß die Zeit vorüber iſt, wo das Voͤlt
von dem Senuffe bloßer Kammerverhandlungen fatt wird. Sie hat noch nicht
einen einzigen ſelbſtſtändigen Schritt der Regierung gegenüber für das Voͤlt ge-
han; fie läßt erſte Rammer erfte Kammer, VBorrecht Vorrecht, Adel Adel
fein urd vört den Miniſter Befk in gedulviger Erbauung an, wenn er über die


Gngden, verlangen. Darum Auflöſung der Kammer, Zuſammenberufung einer
conſtituitenden Verſammlung.

4 Mannheim , 3. Nop. Geſtern iſt Bürger Cart Hoff von hier (Bru-


Hoff) von der wegen No. 21 des deutſchen Zuſchauers, von welchem er eine
Zeitlang im Intereſſe der xepublikaniſchen Sache die verantworttiche Nedaction
übernommen hatte, gegen ihn gerichteten Hochverrathsklage vom großherzoglichen
Hofgerichte freigeſproͤchen worden. Die Freiſprechung mußte Jeder uın Voraus
alg zweifellos betrachten, denn Ddie angeklagten Artifel genannler Nummer find
von der Art daß man billiger Weiſe ſich verwundern muß über den Verfuch,
auf folche Gründe hin eine Hochverraihs-Anklage eiazuleiten. Man ſieht übri-
gens hieraus, was nicht Alles bei uns möglich iſt! Die Anklage liefert einen neuen
Beweis von der Achtung, die man hoͤhkren Ortes für die Gewaͤhrleiſtung der
Preßfreiheit Degt. _ *
LKarloruhe, 3. Nov. In ihrer heutigen Sitzung beſchäftigte die M,
Kammer eine materielle Frage von. großem Belang. Faft die ganze Dauer
derſelben füllte die Berathung eines Berichtes aus, den der Abg. Mez iın Na-
men der Büdget Commiſſion über eine Petition des Uhrengewerkbereins auf dem
Schwarzwald erftattete; dieſelbe geht auf Bewilligung der nachträglichen und
außerordentlichen Büdger von der Regierung zur Beförderung der Uhrenma-
cherei auf dem Schwaͤrzwald beantragten Summen. Dieſer wichtige und vor-


rurrenz des Auslandes ſehr geliiten, in völliges Stoden aber gerieth er durch
die neueften politiſchen Ereigniſſe. Die Regierung beabſichtigt in Berückſichtigung
der Wünſche der Petenten und des drohenden gänzlichen Untergangs diefer In-
duſtrie, an welche die Exiſtenz von Tauſenden von Familien geknüpft iſt, eine


für Uhrmacher einzurichten und damit eine Muͤſterwerkſtätte zu verbinden, daͤmit


renz in wirkſamer Weiſe begegnet werden könne. Die Buͤdgetkommiffion, in der


Tafhe und gruͤndliche Abhülfe des ſonſt zu erwartenden unabfehbaren Nothſtands
bringend erforderlich fei, ſtellt den Antrag auf Bewilligung der verlangten
UMMeN und eventuell an die Regierung die Bitte um beſchleunigte Ausfuͤhruͤng.
Im Verlauf der Berathung machten Kuenzer und Kiefer auf. einen


Lage jener vllfebedürftigen auf die Dauer nicht erzielt werden könne! Es iſt
dieß die unerhörte Ausheutung der Uhrenarbeiter duͤrch die Verpacker, wel-


inden diefelben den an ſie gebundenen Arbeiter nöthigen, an Zaͤhlungsſtatt alle
möglichen Lebensbedürfniffe in natura von ihnen anzunehmen, und zwar zu
Ihem Preife, der den wahren Werth bei weitem überſteigt! Regierungs-
kommifſär Weizel erfklärte die Negierung zu dieſer Abhülfe außer Stand.
Sache des einzelnen Arbeiters fei es, wie er feine MWaaren veräußern wolle.
Zur Hebung des aus der häuftgen unmöglichleit direkter Verſendung entſprin-










genden Nachtheils beſtehe das einzige Mittel in der Bildung eines großen Ge⸗—
werbsvereins und mit dieſem zuſammenhängender kleinerer Ortsvexeine, mit wel-
chen auch gewerbliche Leihkaſſen zu verbinden ſeien. — Die allgemeine ſoziale


und Chriſt erörtert, welch Letzterer beſonders darauf hinwies, wie durch die
Uebermacht des großen Kapitals die Exiſtenz der kleinen Gewerbe vernichtet
wird. Die Fabrikanten Buhl und Dennig ſprachen dagegen alg Cicerones pro
doino. Junghanns, Lehlbach und Schaaff naͤhmen Gelegenheit, auch
die gedrückte Lage des Odenwaldes zur Sprache zu bringen und ſchleunige Ab-
hülfe zu verlangen. Nach Schluß der Diskuſſion wies Metz als Berichterſtaͤtter
auf die Bedeutfamkeit der deutſchen Einzelkammern beſonders für die maͤteriellen
Fragen hin und ſpraͤch ſeine Freude aus über die Aufmerkſamkeit, welche dem vor-
liegenden Gegenſtand von der Kammer gewidmet worden. Der Commiſſions-
antrag wurde ſofort einſtimmig angenommen. 5

Kaſtatt, 0. Dkt. Dem neugewählten Commandanten der Bürgerwehr,


Eintauſend Gulden ausgeworfen, die er nun zu ſeiner Staatspenſion bezieht
— und doͤch wurde der rüftige Mann auf Staatsfoften penſionirt! —
N Bom bad· Oberlande, 2. Nov. Die Unterſuchungen wegen dem
letzten Aufſtand greifen immer weiter um ſich. ©arze Gemeinden werden hin-
Das Vermögene der meiſten beſſern Bürger wird mit Beſchlag be-
legt. Das würdige Amt der Denunzianten verſehen die Pfaffen. Deſſen be-
von Oetlingen; ſie

In Lörrach wurde der Bürgermeiſter Wimmer abgeſetzt. Hier zeigen die




beſten Republikaner und ſporen ſie an, dieſe zu quälen und ihnen den Haus-
rath unter den Händen zuſammenzuſchlagen. Doch das Volk kennt ſie und ihr
wohlverdienter Lohn wird nicht ausbleiben. — Es läßt ſich leicht denken, daß
unfer Bezirk, wenn er anders noch daran denken mag, entſchieden für eine Auf-
löſung der Kammer ſein muß. Es wundert uns, daß unſer Abgeordneter Schöf-
felt, deſſen Wähler jetzt groͤßtentheils im Exil leben, noch nicht von unſerm
ſchwachmuͤthigen Landtag von Carlsruhe zurückgetreten iſt! Ein Bezirk, wie der
unſrige, der die Republit gewollt hat, gehabt hat und noch will, ſchickt
keinen Abgeordneten mehr nach Carlsruhe, um zu maͤrkten und zu feilſchen um
die Broſämlein von Freiheiten, die von jener Herren Tiſche fallen,

Vor längerer Zeit trat unſer badiſcher Kapp, neulich Arnold Ruge aus
dem Frankfurter Parlament aus, weil ſie einſahen, daß dieſes weder Kraͤft noch
Willen beſäße, um etwas zu thun für das deutſche VBolk., Warum treten unz
ſere badiſchen Abgeordneten nicht ebenfalls in Carlsruhe aus? Oder iiſt
unſere Kammer etwa beſſer als jene in Frankfurt? Waruin gehen ſie nicht ſo
ſchnel als möglich zum Democratencongreß nach Berlin? Keiner würde mehr
ün Sinne ſeiner Wähler handeln, wenn er nach Berlin ginge, alg eben unſer


zurück? Sein Bezirk wird unter keiner Beeingung mehr mit den Fürften un
lerhandeln., Bei der nächſten Wahl werden wir, wie in Thiengen den Heder,
ſo waͤhrſcheinlich hier den Str uve wählen. ——E —

Frankfurt, 3. Novbr. In der heutigen Sitzung der Nationalverfamm:
lung erftattete Benedey im Namen des Ausſchuſſes für die öſterreichiſchen Anz -
gelegenheiten Bericht über die verſchiedenen, die Lage Wiens betreffenden Anträge.
Aus demſelben, dex zugleich gedruckt vertheilt wurde, heben wir folgende Punkte
hervor: Der Ausſchuß hatte das Reichsminiſterium des Aeußern aufgefordert,
ihm die exhaltenen Depeſchen der Reichskommiffäre, ſowie die an diefelben ab-
geſchickten Inſtruktionen mitzutheilen, wozu ſich der Miniſter des Aeußern auch
ſofort erbötig zeigte. 42—

Dieſe Mittheilungen beſtanden aus zwei Briefen der Reichskommiffäre,
der erſte von Linz, d. d. 2p. Oktober und der zweite von Olmütz d..d, 24.
Oktober und drei zum Theile auszugsweiſe mitgetheilte Antwortſchreiben des
Miniſterpräſidenten, eins vom 24. Oktober und zwei vom 29, Ofktober. (Der -
Miniſter Schmerling mußte ſpäter von der Rebnerbühne bekennen, feit dem
Brief vom 24, Oktober keine weitern Depeſchen erhalten zu-haben). .

In dem erſten Briefe der Reichskommiſſäre vom 21. Okt heißt es: „Unz
ſere Aufnahme hier (in Linz) war fehr günſtig. Von Nachmittags Luhr bis
zu unferer Ankunft um 9 Ubr haͤtte die gefammte Nationalgarde mit ihrem


uns in feierlicher Aufſtellung mit fliegender deutſcher Fahne und, im Vereine
mit dem umgebenden Volke, mir wiederholtem Lebehoch. Unſere, durch Staf-
fette vorausgeſchickte Proklamation hatte den günſtigſten Eindruck gemacht, und

die zum Theile ſehr aufgeregten Gemüther beruͤbigt.“ — —

Die Reichskommiſſäre glaubten vorerſt ihre Schritte nach dem f I Hofla-
ger richten zu müſſen. Sie ſagen in demſelben Briefe: „Dieſer Entſchluß fiel
in Uebereinſtimmung mit dem auch von dem Erzh.Reichsverweſer ſchon in Frank-
furt gusgeſprochenen Wunſche dahin aus, zuerſt in das kaiſerliche Hoflager nach
Olmütz und erſt von da nach Wien zu reiſen!“ *

Sie deuten noch einen andern Grund für dieſen Umweg an, indem ſie ſa-
gen: Waͤhrſcheinlich wird die Vermittelung (in Wien) viel leichter, wenn!
durch die Foͤrtdauer der Einſchließung von Wien die Sachen dort eine beſtimmte
Geſtalt gewonnen haben.“ , uula —— 64 —

An demſelben Tage, 21. Okte, richten dann die Reichskommiſſäre ein


ſie ſich nach Olmütz als Vermittler begeben. Sie ſetzen hinzu: „Wir hoffen
von dort recht bald alg Boten des Friedens und der. Verſöhnung nach Wien
zu fommen, Uuſer dringendes Erſuchen, unſere Aufforderung im Namen des
Reichsverweſers (im Uriext unterſtrichen) an alle Parteien, Behörden und
Einzelne geht dahin, bis zu unſerem Erſcheinen jedes Zufammentreffen mit den
Waͤffen zu vermeiden“ EEbenfalls im Urtert unterfivichen;) ; 2


 
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