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Mannheimer Abendzeitung — 1848

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No. 2 – No. 31 (2. Januar – 31. Januar)
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2






















Deut ſchland.

»¶¶* Karſsruhe, 27. Jan. Die heutige Verhandlung über die Unter-
ſtütung der drei Fabriten dauexte bis nach drei Uhr! Die gehaltenen
Reden bewegten ſich in einer ſolchen Ausführlichkeit, daß es uns unmöglich iſt,
ſofort dieſelben mitzutheilen. Eine Abſtimmung fand nicht Statt! Viel-
mehr wird morgen halb neun Uhr die Sitzung forigeſetzt.

Vorerſt geben wir hier die Namen der Redner, weldhe heute ſprachen und
die Hauptrichtung, in welcher ſie ſich hielten.

Mathy als Berichterſtatter theilte einige Modifikationen der Kommiſſions-

vorſchläge mit.



Baſfermann ſetzte in einem trefflichen Vortrage die Haltloſigkeit des


der drei Fabriken durch, und erflärte ſich ſchiießlich für Nichtunterſtuͤtzunßtz.


überzeugen, welche Baſſetmarn gegeben hatte. Er iſt aus einem „nationalen“
rinzip für Hebung der Indufirie, glaubt, daß die Ddrei Fabriken ſich ohne
Unterſtützung nicht halten können, wil daher unterſtützen, vorerſt jedoch
noch den Verlauf der Diekuſſion abwarten. \ ‘
Rettig iſt lebhaft für Unterſtützung der waghaͤufelſchen Fabrik,


Peter bat Argwohn, daß auf Koſten der Geſammtheit der Vortheil Ein-


Welder will weder durch die Ruͤckſicht auf die Aktionaͤre ſich bewegen
laſſen, noch auch durch die Noth von 4000 Arkeitern. Aug Nationakismus
will er die deutſche Induſtrie zu der Blüthe der engliſchen bringen. Stimmt
für Unterſtützung.
Soiron führt unwiderleglich juriſtiſch aus, daß zuekſt ein Borg? und
Nachlaßvergleich ſtattfinden müſſe, ehe die Kammer in die Sache Lin-
treten könne. Er ſtellt den Antrag, daß bis dahin die Berathung aufgeſchoben
werde.

Mez iſt für Unterſtützung, beſonders weil die Arbeiter dadurch in
ihrem Exwerb bleiben.

Schmitt erklärt ſich in einer hin- und hergewundenen Rede nicht für

Ulrich iſt bei der Fabrikſaͤche

Sachs konnte nicht gengu verſtanden werden, da der Laͤrm im Saalc
zu ſtark war. Er ſprach fuͤr Nichtunterſtützung.
Helbing als Freund der „großen nationalen Induſtrie“ will Unter-
ützung.
f LKter kann nur die Unterſtützung der Maſchinenfabrik, nie aber die
der andern Fabriken, welche in den fchlechteſten Verhaͤltniffen ſich befinden, ge-
rechtfertigt finden. — °

Deunig iſt zwar auch mit feinem Vermögen betheiligt, will aber doch
ſtimmen. Die Sitzung wird morgen fortgefeßt.

Offenburg, 22. Jan. Es ſind bereits 4 Monate, feit Cand. med-

Schaible von hier aus ſeiner halbjährigen Unterſuchungshaft zu Raſtatt Ge-
ſundheitshalber entlaſſen worden iſt. Heute kam ihm vom Hofgericht zn Bruch-
jal das Urtheil zu, demzufolge er „wegen entfernten Verſuches“ voͤn Maͤjt-
ſtaͤtsbeleidigung oder Hochverrath zu Einem Jahre Arbeitshausſtrafe verur-
iheilt iſt. Der Recurs wurde ſogleich angezeigt.
‚ *+** Miosbach, 26. Jan. Heute war in unſerer Stadt zum zweiten-
mal tine Gemeindeperſammlung angeordnet um ꝛarüher zu beſchließen, ob ein
großer Bürgerausſchuß eingeführt werden ſoll. Da ſich abermais die erforder-
ſiche Auzahl von Bürgern nicht eingefunden hatte, ſo erklärte der Bürgermei-
fier die Verſammlung für aufgelöſt und ſprach dabei den Grundſatz aus, es
ſei nicht zweckmäßig die Bürger unter Androhung einer Geldſtrafe vorzulaͤden,
weil es ſich um eine Sache handle, deren Realiſirung ganz in den freien Wil-
Zen der Buͤrger geſtellt fei. *

Wie uuſtichhaltig dieſer Grund iſt, kann ſchon daraus entnommen wer-
den, daß eigentlich jede Sache, deren Entſcheidung vor die Gemeindeverſam-
lung kommen ſoll, dem Willensausſpruch der Buͤrgerſchaft auheimgegeben iſt;
folglich könnte unſer Buͤrgermeiſter nie eine Geldſtrafe wegen unentſchuldigten


würde aber auch zu Conſequenzen führen, die an das Abſurde ſtreifen. Ich
ſetze den Fall, es erſcheinen ſämmtliche Stimmberechtigte, mit Ausnahme von
drei Bürgern, bei der Abſtimmung vertheilen ſich aber die Stimmen auf das
Ja oder Nein ſo, daß keine abſolute Stimmenmehrheit zu erzielen war, die
aber eingetreten wäre, wenn jene drei Bürger nicht uncntſchuldigt auggeblie:
ben waͤren. Dieſe könnten ſich dann den Spaß maͤchen, eine Zeit lang gegen
den Bürgermeiſter nach ſeinen eigenen Grundſätzen und gegen die Buͤrgerſchaft
auch einmal einen Schwank aufzuführen und den Zweck der Gemeindeverſamm-
lungen, ſo lange es ihnen gefällt, zu vereiteln, weil es in ihren freien Willen
geſtellt iſt, ob ſie erſcheinen wollen bder nicht.
Der S. 36 der G. O. ſagt, daß die Vürger zum Erſcheinen in der Ge-
weindeverſammlung verpflichiet ſeien, und der Gemeinderaͤth konne wit Zu-
ſtimmung des Ausſchuſſes Strafen des nicht gerechtfertigten Ausbleibens feſt-
ſetzen, deren Betrag nicht einen Gulden überfteigen darf.

Wenn alſo das Geſetz ausſpricht, die Bürger ſeien zum Erſcheinen ver-
pflichtet, ſo müffen ſie auch zu dieſer Pflichterfüllung angehalten werden kön-
nen, und dem Gemeinderath und kleinen Ausſchuß ſteht es zu, die Größe der


Will man aber irgend etwas von der Zweckmaͤßigkeit der Strafandrohung
















abhängig wachen, ſo wird man vernünftiger Beiſe, nur den Unterſchied feſthal-
ten, ob in einer Gemeindeverſammlung bie Bürgerſchaft über einen Gegenſtand
Leſchließen ſoll, oder ob nur eine Eröffn ung an ſie ſtatt zu finden hat.
m erftern Jal find die Bürger verpflihtet zu erfheinen und müfen noͤthi-
genfalls gegen die Ausbleibenden Geldfirafen erkannt werden, damit der Zweck
der Vihlcnserklärung erreicht wird, im letztern Fall aber kann man von einer.
Strafe Umgang nehmen, weil der Bürger nicht ein artives Recht auszuüben,
ſondern nur etwas anzuhören und ſich felbft die Folgen zuzuſchreiben haͤt, die
aus ſeinem Nichterſcheinen bei der Pudlikation fuͤr ihn entſtehen, 3. B, wenn
Geſetze oder Verordnungen verfündet werden. ; 2—
Die Stadtgemeinde Mosbach hat ein Geundſtocko vermoͤgen von mehr als
500,000 ffl., davon ſind bereits ndhe an 17,000 ſl. in der Gemeiudewirth-
( gen ſteht nach der Rech-
nung pro 1846 horribile dietu ſo, daß das Soll der Einnahme auf 50,500 fl,
lautet, worunter über 7,000 fl. Wiebererſatzpoſten begriffen ſind, von diefen
50,500 fl blieben aber nahezu 24,000 fl. im Rücftand und im Fahre 1847
wurben über 40 Ffr. auf das 100 fl. Steuer-Rapital. umgelegt!! Ü
Bei ſolchen zerrütteten Vermögens-Verhältniffen iſt es bei uns noch noth-
wendig, über das A B E der ſeit 17 Jahren eingefuͤhrten Semeindeorduung
eine oͤffentliche Kritik eintreten zu lafſen und ſtatt unvernünftigen Deuteleien,
die andern Zwecken als der Saͤche dienen, dem maͤnnlichen Erůſt Eingang zu
verſchaffen, welcher ſolchen Gemeindeverhaͤltuiſſen gebührt.
* Darmftadt, 26. Januar. Unſere zweite Kammer wird ſich auf laͤn⸗
gere Zeit vertagen, da die geſtellten Anträge und die Regierungepropoſitionen
in den Ausſchüſſen noch nicht zur Berathung vorbereitet werden konuten. Die
Ausſchuſſe werden jedoch verſammelt bleiben. — In der heutigen Sitzung hat
Abg. Cehne den Autrag geſtellt, die beſtehende Cenſur für verfaſſungswidrig
zu erklaͤren. Abg. Reh hat einen aͤhnlichẽn Antrag, jedoch in einer weniger
yerausforbernden Weiſe eingereicht. Die letzte Motion, in welcher die Auf-
hebung der Cenſur becutragt wird, dürfte het der Regierung, nach allem, was
* hört, die die Anſicht Badens und Württembergs theilt, Leinen Widerſtand
inden.
Aus Franfen, 23, Zan, Die Juſttuetion über die Ceuſurorduung vom
3, Des. d. 3, ift am 27 Dez, erlaffen und nun bekannt gemacht worden. Diew


drücke, 3. B. unter IV. ſtatt Stagteverwaltung, — politifches Raderwert
des Vandes 20, Uetex die Berordnung, die Reviflon . der Studienordnung
vom 9, Dez. v. I, Letreffend, iſt noch Feine Infiruktion erlaffen. Die Schüs
ler werden baher immer noch nicht gehörig in der deutſchen Sprache untere ·


zen, die ihnen ziemlich willtuͤrlich übertrag n werden, und müffen ſich acht bg
zehn Jahre mit Erlernung der lateiniſchel und toͤdlen griechiſchen Sprache bes
faſſen, bis keine Zeit mehr zur Erlernung lebender Sprachen übrig iſt. *

&3 Y

München, 20. Jan. Laut Kriegsminifterial-Refeript M.
hat der Koͤnig die Einführung des Waffenrocks und der ſo genannlen
Schlitzhoſe dei der Jufanterie für alle, welche den Helm tragen, dann eine
Anperung des Mantels und der Achſelblaͤtter (bisherigen Epauletten) der
Offieiere aller Waffengattungen befoylen, wogegen der bisherige Uniformrod
ſowohl der Officiere als der Unterofficiere und Soldaten, daun der Spenſerrock
der Unterofficiere und der Ueberrock dır Offieiere für alle, welche den Waffen-
rock erhalten, abgeſchafft wird. Die alte Uniformirung muß bis 1, Januar
1851 verſchwinden. (. v. u. f. D.) *

.. Stuttgart, 25, Jan. Heute wurden von der Äbgeordnetenkammer die
3 für die Viceptaͤſidentſtelle vorzuſchlagenden Mitglieder erwählt, von denen
der König einen zn ernennen hat. Die Waͤhl des Praͤſidenten und Bicepräfidenten
geſchieht auf ſechs Jahre, nur war der bisherige Vicepräſident v Werner aus·
getreten. Gewählt wurden: in der erfien Wahl Duvernoy (entfchiedener La
berafer) mit 45 Stimmen unter 853; in bder zweiten Konfiftorialdirettor. v.
Scheuerlen mit 48, in der dritten der ritterſchaftliche Abg. Frhr. v. VBarubüs
— dankte mit den Worten: er nehme an, daß die
@runb'fäße‚ welche er von jeher in der Mammer vertreten habe, mehr und
mehr ihre Anerkennung finden — Aus dem vom Finanzminiſter v. Gaͤrti-
ner vorgelegten Hauptfinanzetat wäre zu bemerken die Forderung fuͤr den
Dau bder mürt. Eifendahn zur badiſchen Orenze bei Bretten, Weiter wird
die Adreſſekommiſſion gewählt, beſtehend aus folg. Abg: v. Scheuerlen, Fe-
— Fetzer entwi {
Motion auf Aufhebung der Kreisvegierungen, deren — —
* * ( Diſch. 3.)

19 Berlin, 24, Januar. In der zweiten Sitzung des Kereinigten
ſtändiſchen Ausſchuſſee iſt die Kompetenzfrage zur Sprache gefommen,
aber in einer Weiſe, daß man ſagen kann, ſie fei beſprochen, um verſchwiegen
zu werden. Im Namen der vorberathenden Abtheilung erklaͤrte Gr. Schwerin,
dieſelbe ſei einſtimmig der Meinung geweſen, daß. die bei den Wahlen zum:
Ausſchuſſe gemachten Erklärungen und Voͤrbehalte durch die Berathung des
Eutwurfs zum Strafgeſetzbuche in keiner Weiſẽ alterirt werden, indem daͤdur
in die für den Vereinigten Landtag in Anſpruch genommenen Rechte nicht ein-
gegriffen wird; die Abtheilung haͤlte daher „eine weitere Erörterung über die
Stellung des Ausſchuſſes unter ſolchen Umftänden uicht für erforderlich noch
wünfdenswerth.“ Der zweite Redner, v. Auerswald, gab kund, viele Mit»
glieder des Ausſchuſſes ſeien der Ueberzeugung, „daß ſie nur ein bedingtes
Mandat, eine bedingte Berechtigung haben,“ und dieſelben erklaͤrten, „daß ſie
zu anderen Berathungen und Handlungen (außer Begutachtung des Strafge-
feg-Entwurfs) ſis außer Stand gefegt fehen würden der Nedner gab diefe
Erklaͤrung für ſich und 34 andere Mitglieder ab, Ddenen weiterhin noͤch einet
beitrat, ſo daß ungefaͤhr eix Drittel der Verſammiung den Boden des 3, Febr.
zu betreten ſich weigert. Camphauſen gab zu der augefuͤhrten Erklaͤrung noch


 
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