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Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 91 - No. 118 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0433

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: 1848,






— Weitere Beſtellungen für das begonnene

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Ao 106.

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Deutſchland.
+} Manuheins, 15. April. So eden tommt uns folgende Erklaͤrung

zu:

Zur Erlaͤutexung der von Herrn Mathytabgegebenen Erklaͤrung, er habe ſich
bei dem Herrn Praͤſidenten Mittermaier uͤberzeugt, daß urkundiiche Beweiſe
vorlicgen, daß dickler landesverraͤtheriſche Berbindungen gepflogen, habe ich
den Herrn Kammerpräſideuten um eine beſtimmte Erklaͤrung gebeten, ob ſich
Hr. Mathy von dem Vorhandenſein dieſer urkundlichen Beweife dadurch übers
Lugt, dab er ſolche bei Hr. Mittermaier eingeſehen und habe darauf folgendes
Ant wortſchreiben erhalten: *

Karlsruhe, 14. April 1848,

Hochgeehrteſter Herr Kollege!

Wenn ich auch feinen Grund einſehen kann, aus welchem zu der von Ihnen
ubernommenen Vextheidiguug Fickler's eine Ertlaͤrung über mein Geſpraͤch mit
Many beitragen ſoll, jo will ich doch auf Ihr Schkeiben vom 13. d, im In-
tertſſe der Wahrbeit erklaͤren, daß ich dem Herrn Mathy Feine auf die An-
ſchuidigung Fickter e bezuͤgliche urkundliche Beweiſe vorgelegt, wohl aber die


Bezieyung auf eine Verbindung Fickler's mit den in Frankreich ſich ſammeluden
Arbeitern vorlaͤgen, welche einen Einfall in Baden zum Zwecke gewaltſamer
Einfuhrung der Republit in Deutſchlaud beabſich tigten.
Hochachtungs voll
Ihr
ergebenſter
Mittermaier.
Sr. Vohlgeb. Herrn Brentano, Dberg.-Adv., Abgeordneter
in Karlsruhe. 2
In Bezug auf dieſes, bei der Redaktioa der Abendzeitung in Urſchrift
niedergelegte Schreiben habe ich nur noch zu beiierfeu, daß ich mich zu die-
ſer Aufrage dadurch veraͤnlaßt fah, weil die Erklärung des Hr. Mathy dahin
ausgelegt werden lonnte und auch ausgelegt wurde, alg habe Hr. Maͤthy dei
Hr. Mittermaier die urkundlichen Beweiſe geſehen uͤnd daduͤrch ſeine Ueberzeu-
gung von deren Vorhandcuſein erlangt, während er doch nur von Hr. Mitter-
maier höxte, daß dem Miniſterium folche Beweiſe vorliegen.
Ob Hr. Mittermaier die Beweiſe geſehen oder ob auch er nur von ihrem
Vorhandenſein gehört, ſagt das Aniwortſchreiben nicht; jedenfalls aber er


welche Verhaftung felbſt von

weiſe des Laudesverratyes, ſondern uur auf die in den Seeblättern enihal-

tenen Preßvergehen beſtaͤtigt wurde.
Karlsruhe, 14. April 1848.
Der Anwalt des J. Fickler

D Gerichts Advokat Brentano.

> Lörrach, 13. April. Bei einer Verſammlung unſerer volitiſchen
Lomite's wurde eine Adreſſe an die Kammer gegen das Anrücken des 8. Armee«
lorps, ſo wie gegen das Einziehen der Altersflaffen von 1818—24 beſchloſſen
und unterſchrieben. Ebenſo einigte man ſich dahin, mit Hecker und Struve in
Bezug auf die Parlamentewahl in Briefwechſei zu treten, Was die Parlar
mentswahl betraf, waren alle Stimmen für die Kepublil. Der konſeguenteſte
MRepublikaner aber war Herr Bürgermeiſter Wenner von Loͤrrach, indem er
jede Einmiſchung der Schreibſtubenherrfchaft in die Angelegenheiten des Volkes
entfchieden zucüdwies. Za, er wünſchte ſogar, daß Niemand etwas von dieſer
Verhandlung erſahren möchte. Vielt nämlich verlangten, daß das Oberamt
die Boiksbewaffnung anordne und betreibe. Neben dieſm waren die gemäßigtſten
xolitiſchen reute fuͤr die Republik. Nur meinten {ie, allein die Badner feien
dazu reif, nicht aber die andern Deutſchen. Sie werden ſich bald eines Beſſern
überzeugen, Sie ſollen dald ſehen, daß ſich in Revolulioͤnen das Volt nicht
mit ein paar armfeligen Nechtstiteln befricdigen laͤßt. Aug wollen dieſe Ge-
mäßigten Niemanden eine Republit aufzwingen Wenn ſie das Volk nicht will,
Die Stimmenmeh heit werde am künf-
ligen Varlament gegen die Republit ſein. Wer könnte aber noch ſo thöricht
ſein unb glauben, das Volt wolle die Republit nicht? Was iſt die Republik


Regierung? Das iſt die Frage. Das Voll verfteyt allerdings nicht lateiniſch
oder gat gtiechiſch. Daher kann es ſich im Allgemeiuen einen Teufel bekümmern,
namentiid das Landvoll, um die Worte „Republik oder Monarchie/“ großens
iheile mag e&r dunlte Vorſtellungen an die Worte knuͤpfen. Fragt es aber
auf deutſch, ob es eine einfade, vernünftige, gerechte und wohl-


wolle, und laßt c$ daun antworien. Nicht aber erſt durch Wahlmänner muß
diefe Antwort gegeben werden, fondern laßt das Voͤlt felbf reden. Wabhlmänner
werben gewöhnlid die Reichſten der Gemeinde. Diefe find aber meift arifko-
fratifdh. Defwegen taugen mittelbare Wahlen durdy Wahlmänner — ic
fpreche felbft als Wahlmann — durchaus nichts. Das Bolk wird größtentyeils
dadurch um ſeixe Stimme betrogen. Wird auch ein durch ſolche Waͤhlverfaͤl⸗
ſchung zuſammengebrachtes Parlaͤment eine monarchiſche Stimmenmehrheit haben,


Nur die, welche fuͤr die ewige Idee der Gerechtigkeit, für die Republik


haben, werden ierſtie ven wie Spreu im Sturme. Fedenfalls find auch bei
ung einige reiche Leute, die aus Angft vor dem Volle die Nepublik nicht wollen.
“ { der ganze Troß der Staatsdiener, Viberale wie fervile, mit wenigen

ahmen dagegen. Ueberhaupt ſiud alle, welche an der alten fetten ſtuh des



alten Stgates mit gemolken haben und noch mit melken, dagegen. Ob aber

die alte Staatsfuh das Mark des Volkes fraß und aoch frißt, befümmern

ſie ſich wenig — ſie melken nur. Aber der Bauer, der fie füttern muß,

befümmert ſich ſehr darum. — Geuug, ix unſerm Bezicke wird troß alledem

ſicherlich ein Republikauer gewaͤhlt. Selbſt die moraliſche (?) Perſon das le-

dige Weib von Loͤrrach, das kürzlich noch mit den Burcaukraten liebäugelte,

hat den Struve vorgeſchlagen. Bei der letzten Deputirtenwahl war es hwaͤl?
tig gegen Struve. Die moraliſche Perſon maß nicht wiſſen, daß Stiruve Nea

publikaner iſt. Weiß ſie es aber, dann iſt der Fortſchritt in wenigen Tagen

ein ungeheurer. *

Naſtatt, im April. Auch von hier ging eine Petition der Unteroffie
ziere und Soldaten des 1. und 3. Inf.» Regiments und Kanoniere an die 2;
Kammer ab, mit 670 Unterſchriften Dieſelbe iſt zu karakteriſtiſch (ür die
Stimmung des hieſ. Militärs, als daß wır es u.$ verſagen könuͤten die kraͤf⸗
tigſten Stellen derſelben hier mitzatheilen. — / 7

Die Peteuten ſagen unter Anderem:

Alles jauchzet und jubelt der aufgegangenen Morgenröthe einer golde-

men Zeit entgegen ... ... .3 nur wir, die Brüder und Söhne der

„freien ſtolzen Bürger, wir Soldaten, ſind noch die Stieffinder einer al-

„ten abgeſtreiften Zeit und ihrer beſchaͤmenden Ueberlieferungen. — — —

Es thut uns Noth:

1) Ungefäumte Revifion des Militärfirafgefegbuchs, des Dienſteeglements,
der Kriegsartifel und der erlaſſenen Kriegsminiſterial⸗Reſtripte, die ins geſammt
dem Bevormundungsſyſtem angehoͤren. — — — — ‚ ;

2) Wir verlangen die Zulaſſung eines jeden Soldaten zur militärijhen Bile
dungsſchule und Beförderung eines jeden Befaͤbigten ohne Anſehung des Stan-
des zu Offizierſtellen unter ſtrenger Einhaltung des Dienſtalters. W 'r mol
len aufboͤren, als willenloſe Drabtpuppen zum Varaden -
chen und zum Amüſement hoher Herrfchaften miß br aucht zu
werden, man wird uns unſerer Beſtimmung naͤher rüden, welche das jüugſt
erſchientne Geſetz über die Bürgerwehr in feinem zweiten Paragraphen ſo
würdig dahin feſtſtellt, daß die Bürgerwehr — und das ſind auch wir, und
etwas Andexes nicht — die BVertheidigung des Landes, der Verfaſ-
ſung und der durch die Geſetze geſicherten R echte und Freiheit gegin ingete
und dußere Feinde obliege. — Soldaten im Kriege, — Bürger im Friedlu/
wollen wir zunächft, und ſo lange nicht für höhere O fizersftellen auch eine
höbhere techniſche Augbildung. welentliche Bedingun: iſt, nur von b
nen befehligt fein, die wir adten und Keben, die gleihe Gefionung, viefelbe-
Entbehrung , daſſelbe Geſchick, die gleiche Gefabr mit uns theilen. — Zunge
minderjährige Dffiziere, febroftauc iugendlich unbefonnene
{n der er‘egß_!unß Fremdlinge, ſich überfchaäͤtzend, bleiben 8
fremd; fiefühlen fi®d nicht vcimiſch unter uns, und theilen ung
ihnen gegenüber daſſelbe Gefühl mit; fie leiſten Nichte odet
wenig, und würden ohne unfereUnteroffiziere, die ung lehren,
die unſere Bedürfniſſe kenne n, die alle MüdHfeligkeiten deg
Dienfes tragen, wahrtich eine klagtiche Nolle ſpielen. —

3) Würdigere Behandiung von Seiten der Vorgeſetzten, insbeſ. Abſchaf-
fung des vEru und Du⸗.

Unſer ſogenanntes Recht der Beſchwerde iſt eine wahre Verhoͤbauug
des menſchlichen Berftandes, und es emprt uns, menn man ung nur da-
vatı erinnern will, Wir find feine geworbenen Södfinge, wir find Bürger
foldaten, und wollen unfere Eyre aegeB Das Deanfentbum geſchützt wiffen
um den Schug nicht {n der Bigenimacht fuden zu mülfenm
_ 4) Unfer Sold iſt kümmertich! vie Borferge für gebiente Uateretfizter-
Hoſdnien dürftig, Die Laſt unſertt Beik mitfelofen Elteen uneıtrd @, Denn
wr in den Dienft des Vaierlaudes berufen ſind, muß das Mareclanb für
unS förgen, Eine Verminvetung der beben Penfionen möcdhte woͤhl
Daju Sienen, einen Theil des kuteyſtilsungofondo zu bilden, 24
‚5) Mit Wehmuth und tiefer Enttuͤſtung blicken wir auf die entſehlichen
Borgänge in Paris, Wien und Berlin, wo loͤnigliche Unmenfhlicteit den
Soldaten zum Wuͤrger ſeiner Bruͤder und Vaͤler berabwuͤrdigte, Die, des
frechen Nebermuthes des Polizeiſtaates müde, ihr freies Kecht fich erkaͤmpf-
ien. Mit dem Dichter aber ſingen wir aus vollem Herzen:

Wir waffnen freudig Derg und HGand

Und zieben in fchoͤnen Tod

Wenn unſerm deutſchen Vaterland

Der deind von Außen droht;

Doch wenn des deuiſchen Voͤltes Nutb

Die Fretkeit ſich erfiet,

Schließt Manı für Mann

Dem Volk ſich an — ;

Denn unfere deutſchen Brüder

l"@r.f@ic‚fi'cn wir nicht. 2

Sollte unſer Gefühl im Wiederſpruch mit der ſogenanuten Soldatenpflicht

ſteheu? Sollten wir unſern Dienſteid verletzen, wenn wir eia
nem ähnlichen Commando den Gehorſam weigern? Wir wollen
uns nicht gegen unſer Belt, das feinen eigyenen Herd vertheidigt,
in den Kampf führen laſſen, und dringen darauf, daß die Geſetzgebung
ſich hierüber ſo klar und unumwunden ausſpreche, daß keinem braven Sohne
des Vaterlandes ein Gewiſſenszweifel uͤbrig bleibe —


HH
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So ſprechen 670 Soldaten in Raſtatt, Die Worte derſelben hallen ge-
wiß in tauſend Herzen ihrer Cameraden wieder. Rechnet auf den Dank des
Vaͤterlandes, Ihr brave Maͤnner; denn Ihr werdet handeln, wie Ihr ge-
ſprochen. *

O Baieriſche Pfalz, 12. April. Es iſt auffallend, wie unklar und
ſchüchtern die Reformverſuche in unſerer Provinz hervortreten und in welche
Widerſpruͤche unſere Stimmfuͤhrer gerathen. Dieſe Widerſprüche beſchraͤnken


 
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